Und weiter geht's...
19. Tag: Mittwoch, 08.10.2008Los AngelesEin bisschen Hollywood, ein bisschen Santa Monica und ganz viele kuriose GestaltenNachdem unser erster Versuch vor knapp 3 Wochen nach Hollywood zu gelangen gescheitert war, soll es nun heute endlich so weit sein. Diesmal machen wir nicht den Fehler, zu spät loszufahren und brechen deshalb so gegen 9 Uhr auf zur Metrostation. Mit dem WoMo ist das ja unmöglich durch so eine große Stadt zu fahren und dann auch noch Parkplätze zu finden. Unterwegs fällt uns ein, dass wir den Zettel mit dem Code vergessen haben, den man braucht, um nach 20 Uhr das Tor zu dem Campground öffnen zu können. Also zurück und erneut los, denn wer weiß, wann wir heute Abend wieder hier sein werden. Wir laufen circa einen viertel Stunde und steigen dann in den Zug Richtung Hollywood. Einmal müssen wir umsteigen, bevor wir in die Haltestelle Hollywood & Highland einfahren.
Als wir dort aus dem „Untergrund“ kommen, stehen wir direkt auf den berühmten Sternen des Walk of Fame.
Zunächst gehen wir ein Stück nach Rechts und treffen bald auf das Grauman’s Chinese Theatre mit den Fuß- und Handabdrücken der Stars.
Natürlich muss jede einzelne Platte begutachtet und mit der eigenen Hand- und Fußgröße verglichen werden. Von den Platten der Schauspieler, die mir bekannt sind, mache ich jede Menge Fotos. Will Smith, Clint Eastwood, Harrison Ford, Adam Sandler, George Clooney, alle haben sich hier verewigt. Und nicht zu vergessen, er hier mit erstaunlich kleinen Füßen:
Nachdem wir alle Platten mehrmals durchgegangen sind, laufen wir den Walk of Fame zurück und in die andere Richtung weiter. Mir fällt auf, dass ich die meisten der „Sternchen“ gar nicht kenne. Aber sogar Lassie, Gozilla und die Simpsons haben einen Stern gekriegt.
Hier wird offenbar gerade ein neuer angelegt. Wer weiß, wessen Name da drauf soll.
Der Walk of Fame ist viel länger als ich ihn mir vorgestellt habe, wir laufen ihn nicht mal komplett ab, da er sogar noch in die Seitenstraßen hinein reicht. Eine solche Seitenstraße biegen wir links ab, um den Schriftzug „HOLLYWOOD“ in den Hollywood Hills besser sehen zu können. Nachdem wir einen steilen Berg hochgekraxelt sind, stellen wir leider fest, dass die Sicht von hier oben auch nicht wesentlich besser ist. Minimal näher dran sind wir zwar, aber Bäume verhindern eine gute Sicht auf die Letter. Wir machen einen Pause –es ist ganz schön heiß heute- und gehen dann in Richtung Hollywood Blvd zurück.
Auf halben Weg stellen wir plötzlich fest, dass unsere Straßenkarte verschwunden ist. Das ist gar nicht gut, denn das ist unsere einzige Karte von LA und ohne eine Karte haben wir keine Chance, den Firestone Blvd zu finden, wo wir das WoMo abgeben müssen. Mein Vater hechtet zurück zu der Mauer, auf der wir bei unserer Pause gesessen haben. Tatsächlich haben wir die Karte dort liegen lassen! Meine Güte, haben wir Glück, dass die immer noch da liegt!
Wir gehen den Walk of Fame auf der anderen Straßenseite zurück Richtung Metro Station und gucken wieder, wer sich hier noch so alles hat verewigen lassen. Von Michael Jackson über Bugs Bunny, Tina Turner, Elton John bis hin zu Matt Damon, den Bee Gees und Jackie Chan ist alles dabei.
Das Kodak Theatre, wo die Oskars verliehen werden, darf natürlich nicht fehlen, wenn man schon mal in Hollywood ist!
Wir gehen die Treppe zu der Halle hoch, wie die Stars bei der Oskar Verleihung.
Hier kommen wir doch noch zu unserer uneingeschränkten Sicht auf das Hollywood-Sign. Leider ist der oberste Stock wegen einer Veranstaltung gesperrt, aber von hier hat man ebenfalls gute Sicht.
Auch im Innern ist das Kodak Theatre schön gestaltet. Durch den Springbrunnen würde ich am liebsten einmal durchgehen, so heiß ist es heute.
Da es gerade mal um die Mittagszeit ist und wir sowieso schon hier sind, beschließen wir, noch zum Santa Monica Pier zu fahren. Im Kodak Theatre ist ein großes Info-Zentrum, wo wir nach dem Bus nach Santa Monica fragen. Ein junger Mann zückt sofort eine Beschreibung und markiert uns alles Notwendige. Na, das ging ja einfach denke ich noch, aber da ahne ich noch nicht, dass das der Beginn einer erneuten Bus-Odyssee sein wird. Wir müssen zunächst bis zum Wilshire Blvd fahren und dann umsteigen. Eigentlich ganz einfach. Eigentlich.
Die erste Haltestelle finden wir ohne Probleme. Wir schauen auf die Infotafel und zählen die Haltestellen bis Wilshire. 6 Stück sind es, es heißt also ordentlich mitzählen und dann an der 6. aussteigen, da wir nicht wissen, ob die Haltestellen im Bus angesagt werden.
Der Bus kommt, wir steigen ein, alles ist super und am 6. Halt verlassen wir den Bus. Hier sind einige andere Haltestellen, aber von Wilshire ist nichts zu sehen. Wir irren eine Weile herum, bevor wir ein paar andere Wartende anquatschen. Der erste Herr mittleren Alters bedauert es, hat aber leider auch keine Ahnung. Wir sprechen einen älteren Mann an, der behauptet, wir müssten die Ampel überqueren und würden die Haltestelle dann sehen. Wie wir so an der Ampel stehen, kommt er uns plötzlich hinterher, nimmt alles zurück und schickt uns in die entgegen gesetzte Richtung. Wir zweifeln seine Ortskenntnisse zwar erheblich an, aber da wir nichts anderes haben, versuchen wir es halt mal. Natürlich kommt Wilshire in dieser Richtung nicht in Sicht.
Nachdem hier offenbar nicht der richtige Ort zum Umsteigen ist und wir sowieso ein Tagesticket haben, steigen wir wieder in den Bus, mit dem wir gekommen sind. Zurück können wir immer noch. Vielleicht sind wir nur zu früh ausgestiegen?
Im Bus sind noch Sitzplätze frei und die Mitfahrenden nötigen uns wie immer regelrecht uns hinzusetzen, obwohl ich gegen stehen auch nichts habe. Ich setze mich neben einen jungen, mexikanisch aussehenden Mann. Mir gegenüber sitzt ein älterer Kerl. Als an der nächsten Haltestelle ein paar Leute einsteigen, fängt er plötzlich an, eine der zugestiegenen Frauen zu beschimpfen. Der erste Teil ist ziemlich undeutlich, aber ich vermute, es bedarf nicht wirklich einer Übersetzung, um zu verstehen, was er sagt. Er endet mit einem energischen „…go to hell!!“ Die angesprochene Frau zeigt allerdings keinerlei Reaktion, sondern setzt sich wortlos auf einen freien Platz.
Als wir weiter fahren quatscht mich der Mexikaner neben mir an. Er will in gebrochenem Englisch wissen, wo ich die Karte von LA gekauft habe, die ich nach dem Beinahe-Verlust in Hollywood noch immer in der Hand halte. Ich versuche ihm klar zu machen, dass ich die Karte nicht in Amerika gekauft habe, sondern in Deutschland im Rahmen meiner Reisebuchung vom ADAC bekommen habe. Er scheint nicht wirklich zu verstehen was ich sage, da er immer wieder neu fragt, wo die Karte her ist. Also mit Spanisch kann ich leider nicht dienen. Irgendwann gibt er auf mit seinem Nachfragen.
Wie wir da so fahren, fängt plötzlich die Frau neben dem Go-to-hell-Typ an zu würgen. Sie kramt zu allem Überfluss eine Plastiktüte heraus und entleert ohne großes Aufsehen zu machen ihren Mageninhalt darin. Ich muss selbst schlucken. Auch das noch.
Mir drängt sich die Frage auf, wo ich hier eigentlich gelandet bin; zu meiner rechten habe ich einen Mexikaner, der scharf auf meine Straßenkarte ist, gegenüber sitzt ein Mann, der wildfremde Frauen im Vorbeigehen zur Hölle schickt und nun fängt mein anderes gegenüber auch noch an zu kotzen.
Wie die Amerikaner halt so sind, müssen sie sich beim Bus fahren immer mit ihren Nachbarn unterhalten und so dauert es nicht lange, bis der Mexikaner und ich mit der kotzenden Frau ins Gespräch kommen – wie genau weiß ich gar nicht mehr. Jedenfalls scheint die Frau auch Spanisch zu sprechen und der Mexikaner ergreift erneut seine Chance und bittet sie offenbar, mich zu fragen, wo die Karte her ist. Ich erkläre noch einmal die Sache mit dem deutschen AAA und sie übersetzt. Zuerst ist sie verwirrt, als ich ihr sage, dass ich die Karte nicht gekauft habe, aber dann scheint es Klick zu machen und sie erklärt dem Mexikaner irgendwas von Allemania. Das klingt doch gut. Zwischendurch gebraucht sie weiterhin ihre Plastiktüte, als wenn es das normalste der Welt wäre.
Aufgrund der Karte fragt sie mich schließlich, wo ich hin will. Ich erkläre ihr, dass wir zum Santa Monica Pier wollen, aber den Weg nicht wissen. Na ja, mein Vertrauen in die Ortskenntnisse der Leute ist nach der Sache mit dem alten Mann leicht erschüttert und so höre ich mir halt an, was sie zu sagen hat, gebe aber zunächst nicht viel drauf. Als sie anfängt im Rahmen der Wegerklärung, irgendwas von einem Rollstuhl zu faseln, bin ich schon kurz davor, sie endgültig für verrückt zu erklären, als mir wie Schuppen von den Augen fällt, dass sie nicht von einem „wheelchair“, sondern von Wilshire redet. Das hört sich schon viel versprechend an. Sie weiß offenbar den Weg und wir vereinbaren, dass sie mir bescheid sagt, wenn meine Haltestelle kommt. Tatsächlich tut sie das dann auch und zeigt mir noch wild gestikulierend –und zwischendurch sich übergebend- wo wir in den nächsten Bus steigen müssen. Wir machen alles, wie sie es gesagt hat und auf der Busfahrt wird uns bald klar, dass sie Recht und als einzige Ahnung hatte – auch wenn es auf den ersten Blick nicht so appetitlich war, sich mit ihr zu unterhalten. Eigentlich haben wir sogar alles richtig gemacht, wir sind einfach nur zu früh ausgestiegen. Wer kann auch ahnen, dass die auf der Infotafel offenbar nur ein Teil der Haltestellen aufzählen?!
Wir fahren durch Beverly Hills und am Rodeo Drive vorbei, wo man merkt, dass der Durchschnittpreis der Autos um uns herum deutlich ansteigt. Kurz danach kommt eine Durchsage, dass der Bus doch nicht bis zum Ocean Blvd durch fährt, so wie es auf dem Plan steht, sondern wir vorher aussteigen müssen. Gut, dann laufen wir den Rest halt, man ist ja flexibel. Langsam kann mich auch nichts mehr erschüttern. Auf dem Weg sind erstaunlich viele Obdachlose zu sehen, die in Mülltonnen wühlen. Sowas sieht man nicht in den Reportagen über das glamouröse Beverly Hills und Umgebung...
Es dauert nicht lange und uns offenbart sich von einem Park aus ein toller Blick auf den breitesten Strand, den ich je gesehen habe und natürlich den Pazifik. Im Vordergrund das müsste der Pacific Coast Highway sein.
Wir laufen zum Strand und als erstes ziehe ich die Schuhe aus und gönne meinen Füßen eine Abkühlung. Das Wasser ist nicht sonderlich warm, aber im Großen und Ganzen recht angenehm. Wir gehen am Strand entlang bis zum Santa Monica Pier, wo ich mich leider vom Wasserwaten trennen muss.
Vom Pier aus sehen wir einen der berühmten „Baywatch-Typen“ mit dieser roten Boje oder was das sein soll in der Hand. Wir haben uns viel zu wenig Wasser mitgenommen und die Hitze unterschätzt, sodass wir nicht umhin kommen uns zwei überteuerte Flaschen Wasser zu kaufen und als Mittagessen eine Brezel zu essen. Danach sind wir wieder fitter und laufen den Pier entlang.
Permanent fliegen Hubschrauber über den Strand. Vielleicht halten die nach Promis Ausschau oder es sitzen welche drin. Wer weiß...
Wir halten uns eine Weile am Pier auf und treten dann den Rückweg an. Es geht wieder ein Stück durch’s Wasser und dann über den breiten Strand zurück zum Highway 1.
Irgendwie herrscht hier eine tolle „easy-way-of-life-Stimmung“ am und um den Strand. Es kommen Radfahrer und Skater vorbei und alle scheinen einfach nur das Leben zu genießen.
Es geht zurück auf den Ocean Blvd und in den Bus. Diesmal ist der Bus wesentlich voller. Direkt neben uns lässt sich eine Gang von farbigen Mädels und Jungs nieder, albert lautstark herum und lässt die vorher mit viel Brimborium zerdrückten Coladosen einfach auf dem Boden liegen. Ich bin ganz froh, als wir wieder in Wilshire sind und umsteigen, obwohl die Jugendlichen keinen belästigt haben.
Dieser Bus ist zum Glück wesentlich leerer. An einer Haltestelle steigen einen ganze Horde von Leuten zu und plötzlich fährt der Bus nicht mehr weiter. Der Busfahrer macht eine Durchsage, denn anscheint hat einer der Zugestiegenen seine Fahrkarte nicht vorgezeigt. Der Bus steht, aber keiner rührt sich. Der angesprochene farbige Jugendliche mit Gangster-Rapper-Style merkt, dass er offenbar keine Chance hat, sich zu drücken, und geht schließlich doch vor. Es gibt Diskussionen mit mehr oder weniger heftigen Beschimpfungen seinerseits. Schließlich verdrückt er sich wieder auf seinen Platz, dreht sich im Gang etwa auf meiner Höhe wieder um und droht weiter mit erhobenem Zeigefinger in Richtung des Busfahrers. Er beschließt seinen verbalen Ausrutscher mit dem Kommentar, dass wenn Obama Präsident werden würde „things gonna change“. So ganz klar ist mir diese Aussage nicht, da er wohl nicht ernsthaft glauben wird, dass ein Obama die Fahrtkartenpflicht abschaffen wird. Um eine Rassendiskriminierung kann es sich jedenfalls nicht gehandelt haben, denn der Busfahrer ist selbst schwarz. Ich unterdrücke ein Grinsen, nicht dass der Kerl noch mehr gereizt wird. Die dicke Amerikanerin hinter mir kichert ungehalten herum.
In Hollywood angekommen wechseln wir wieder das Verkehrsmittel und nehmen den Metrozug. Im Zug versucht ein obdachloser, aber nicht unglücklich wirkender Amerikaner, übertrieben protzige goldene Uhren und dicke Goldketten an den Mann bzw. die Frau zu bringen. Er macht aber kein besonders gutes Geschäft.
Unvermittelt kommt kurz vor Long Beach mal wieder eine Durchsage, dass der Zug hier nicht mehr weiterfährt und jeder aussteigen und in fünf Minuten den nächsten nehmen sollen. Alle nehmen es gelassen hin und so warten wir halt auf einen anderen Zug, der tatsächlich nach wenigen Minuten kommt. Der andere musste vermutlich in die Werkstatt oder so. Am frühen Abend kommen wir in Long Beach an, laufen zum Campground und müssen nicht mal den Code benutzen, den wir extra geholt haben, weil es erst kurz nach 19 Uhr ist. „Zuhause“ angekommen, bin ich nicht mal mehr fähig, in den Pool zu gehen, sondern will am liebsten nur noch Abendessen und dann den Tag beenden... Der Tag ist ganz schön anstrengend gewesen. Aber schön war's und vor allem erlebnisreich.
Grüße