Freitag, 30. 12. 2005:Um 7.15 Uhr läutet wie fast immer der Wecker. Um 8.15 Uhr gehen wir zum Buffet-Breakfast ins hoteleigene Restaurant.
Pro Tag Restaurant-Besuch besitzen wir einen $ 5-Voucher, den wir heute gleich mal einlösen. Nach Voucher-Abzug bezahlen wir für’s Frühstück $ 17.
Anschließend nehmen wir unsere Rucksäcke, die Wanderschuhe haben wir ohnehin im Auto, und fahren um 9.10 Uhr in Richtung Saddle Road los.
Saddle Road, im Hintergrund der Mauna KeaHeute steht die Fahrt auf der Mana Road am Programm. Die Mana Road ist eine unpaved road, die den Mauna Kea vom Südosten nach Nordwesten umfährt. Laut meinen Recherchen soll die Mana Road landschaftlich traumhaft schön sein. Mal sehen, was uns erwartet.
Unser Auto ist vollgetankt, denn auf der ganzen Saddle Road und auch der Mana Road gibt es keinerlei Versorgungsmöglichkeiten, egal, ob es um Benzin oder um Speisen und Getränke für den menschlichen Körper handelt.
Die Saddle Road ist bis zum MM 28 (Abzweigung zur „Mauna Kea Access Road“, wie sie jetzt vor Ort beschrieben ist (heißt „normalerweise“ John A. Burns Way), in bestem Zustand.
Mauna Kea mit den ObservatorienBeim MM 28 steht linkerhand das uns schon bestens bekannte Hunter Checkin-Häuschen, wo wir uns kurz einparken. Ein Blick auf den gegenüberliegenden Mauna Kea zeigt, wir können die Mana Road in Angriff nehmen, das Wetter ist traumhaft schön.
Also nichts wie los
Zu diesem Zeitpunkt ist es 10.10 Uhr, Temperatur im Schatten 29.2° C.
Achja, ich lese noch rasch den Meilenstand ab: 594,8 mi (gesamt).
Nach ca. 2 mi am John A. Burns Way zweigt rechterhand die Mana Road ab, die deutlich erkennbar ist. Auf einem Schild ist „4WD recommended“ zu lesen.
So, aber jetzt geht es wirklich los
Die Mana Road ist ab Beginn eine Sandpiste, die mit Lavasteinen durchwachsen ist. Die tiefsten Löcher wurden mit kleineren Steinen ausgefüllt und sind somit gut zu passieren.
Mana RoadInsgesamt ist die Road aber äußerst unruhig zu befahren, ich komme mit kaum mehr als 20 mi/ph weiter. Das kann ja noch lustig werden
Das Dumme an meinen sämtlichen Informationen ist, dass die wenigen Schreiber, die den Weg fuhren, ausnahmslos von Waimea gestartet sind. Waimea ist aber unser Endziel der Mana Road, wir fahren also in umgekehrter Richtung.
Fährt man in Waimea los, sind den Infos nach die ersten 18 mi ungeteert, aber ausgezeichnet zu befahren, dann kommt man zu gut 5 mi Track, die „schwierig“ zu befahren sind und dann – weiß man gar nichts mehr.
Bedeutet, wir wissen überhaupt nicht, was uns zu den 5 „schwierigen“ Meilen von unserer Richtung aus gesehen, erwartet.
Gut, schwierig sind die Meilen, die wir jetzt gerade fahren, nicht. Von Australien sind wir weitaus Schlimmeres gewöhnt, aber mir ist klar, dass die erwähnten 5 Meilen gewiss kein Honiglecken sein werden. Naja, warten wir ab, was kommt
Ich bin ja bekannt dafür, dass ich 4WD-Tracks liebe
Noch ein Hinweis zur Mana Road: Sie führt durch das Privatgelände der Parker Ranch, aber die Mana Road selbst steht der Öffentlichkeit zur Verfügung. Abkommen vom Weg ist allerdings nicht erlaubt, meist durch die umgebenden Zäune auch nicht möglich.
Beim Befahren der Mana Road erlischt mit einem „normalen“ Mietwagen automatisch der Versicherungsschutz. Mietet man einen Allrad, sind mit dem Vermieter die Bedingungen abzuklären. Letztendlich bleibt noch das Befahren auf eigene Gefahr übrig, was jeder mit seinem Gewissen vereinbaren muss.
So, wir fahren weiter
Den Mauna Kea mal von seiner bisher unbekannten Seite zu sehen, ist interessant, hat er doch von hier eine völlig andere Form und ist als Mauna Kea nicht zu erkennen.
Mauna Kea von der eher unbekannten SeiteVöllig unerwartet ist die üppige Blüte der Sträucher, die links und rechts des Weges, soweit das Auge reicht, die Landschaft zieren.
Wir kommen uns vor, als würden wir durch einen Botanischen Garten fahren
Es ist an Schönheit nicht mehr zu überbieten
Diese gelb blühenden Sträucher haben jedoch einen riesengroßen Nachteil: die enorm langen Dornen, an denen man besser nicht ankommt
Dann taucht plötzlich ein Schild auf „road works next 5 ½ miles“. Schreck
Hoffentlich ist die Mana Road nicht gesperrt
Ich freue mich seit März 2005 darauf, nun vor einer eventuellen Sperre zu stehen, wäre grauenvoll
Doch von Straßenarbeiten ist kaum etwas zu sehen. Ab und zu ein rotes Hütchen am Wegesrand, ansonsten die Piste mehr eben als zuvor, so, als sei der Grader darüber gefahren.
Was ist das denn linkerhand weiter vorne
Ich nehme von meiner ohnehin geringen Geschwindigkeit noch etwas zurück und wir entdecken zwei Nene
Wir steigen aus dem Auto, greifen zu Digicam und Camcorder und widmen uns längere Zeit diesen seltenen Tieren. Eine Nene trägt die Nummer 126, die andere die Nummer 107, also bereits registrierte Tiere.
In unmittelbarer Nähe ist ein großes Waterhole, umgeben (bis auf einen kleinen Durchschlupf
) von einem Stacheldrahtzaun.
Seite an Seite arbeiten sich die beiden Nene zu dem Waterhole vor und schlüpfen unter dem Stacheldrahtzaun durch
Schlingel
Klar, es ist Mittagszeit und sie sind durstig.
Wir lassen sie nun in Ruhe und fahren weiter, sonst wird es dunkel, ehe wir Asphalt unter den Rädern haben.
Es dauert nicht lange, sehen wir rechterhand (Gesamtmeilenstand des Autos 613,5), ein wenig hügelabwärts gelegen, eine ziemlich neu errichtete Farm, die aus mehreren Gebäuden besteht.
Einige Zeit später sehen wir ein Schild mit der Aufschrift „Hakalau Forest National Wildlife Refuge“, „Maulua Tract“, „Access by Permit only“. Das Ganze ist mit einem verschlossenen Gate versehen, aber wir haben ohnehin nicht vor, den Weg zu verlassen.
Die blühende Landschaft liegt nun hinter uns, unser Auto (und wir
) sehen aus – oh Schreck
Was soll’s, das gehört nun mal dazu und irgendwann, ehe wir das Auto retournieren, müssen wir wohl einen halben Reinigungstag einlegen – andernfalls die Reinigung bezahlen.
Mittlerweile sind wir in einer Graslandschaft gelandet, die von bizarren Bäumen gesäumt wird. Es sieht irgendwie gespenstisch, aber trotzdem außerordentlich schön aus.
Wann kommen eigentlich jene 5 Meilen, von denen geschrieben wurde
Bis jetzt gibt es keinerlei Probleme.
Ich fahre halbwegs gemütlich dahin, konzentriere mich auf die Piste und sehe mich völlig unvorhergesehen, weil nicht extra angekündigt, vor den „berühmten“ 5 Meilen Track, die „schwierig“ zu befahren sind.
„Schwierig“ ist ein äußerst dehnbarer Begriff und was hier zu Lande unter „schwierig“ eingestuft ist, würde ich – als halbwegs erfahrene 4WD-Fahrerin – eher unter „schwer“ einordnen. Etliche Stellen sind zu überwinden, wo entweder ich alleine oder mit Michi gemeinsam aus dem Auto aussteigen und die Piste begutachten, beratschlagen, welcher Weg der „Bessere“ zu befahren sein würde. Ich nehme Höhenkontrollen unseres Autos im Vergleich zur Piste vor, Vergleiche des Radstandes zur Breite der zu befahrenden Möglichkeiten werden gezogen – es ist echt nicht leicht, um nicht zu sagen – schwer
Dann gibt es eine Passage, wo wir beide ans Umdrehen denken – doch umdrehen ist schlicht und einfach unmöglich
Ich habe keine Chance – ich muss mich durch diese miesliche Lage kämpfen.
Es ist der Punkt gekommen, wo Michi außerhalb des Autos, einige Meter davor, steht und mir exakte Anweisungen gibt: 2 cm nach rechts, stopp
10 cm geradeaus, stopp
Und jetzt 5 cm schwach nach links, stopp
Ein Segen, dass ich beim Allrad die niedrigste Stufe eingelegt habe, auch die Differentialsperre ist drinnen. Trotzdem muss ich ehrlich zugeben, bin ich äußerst angespannt, da ich das Auto nicht ruinieren will.
Nach einigen Minuten ist diese Hürde überwunden, Michi steigt gar nicht mehr ins Auto ein, sondern geht per pedes zur nächsten Hürde, die nur wenige Meter weiter vorne auf uns wartet.
Das Spielchen beginnt von vorne: Es gibt zwei Wege, nehmen wir den rechten oder den linken
Wir beratschlagen, entscheiden uns und ich bekomme wieder exakte Anweisungen in Zentimeter-Angabe. Uff, auch das wäre geschafft
Diese 5 Meilen haben es faustdick in sich
Anmerkung: Dieses Teilstück der Mana Road hat uns so sehr in Anspruch genommen, dass wir aufs Fotografieren völlig vergessen haben.Dann ein ungewohntes Geräusch… Was ist das
Ein Motor
Ja, schon, aber es hört sich nicht nach Auto an. Kurz darauf sehen wir drei Jugendliche mit ihrem Motorrädern an uns vorbei knattern, schlittern mehr am Weg herum, als dass sie fahren, aber mit zwei Rädern ist man auf diesen Meilen eindeutig besser aufgehoben als mit vier Rädern.
Nach langer Zeit sind diese Meilen hinter uns, Michi öffnet ein Gate, schließt es nach meinem Durchfahren und wir landen wiederum in einer Graslandschaft.
Der ganze Stress fällt von uns ab und wir können wieder die Landschaft genießen.
Zur weiteren Schonung unseres Nervenkostüms ist die Piste ab diesem Zeitpunkt ganz problemlos zu befahren, es ist eine Sand-/Steinpiste, die sehr eben ist.
Kühe weiden hinter Zäunen und gucken uns an, als kämen wir vom Mars. Nun gut, wir sind schon ziemlich schmutzig bzw. verstaubt, aber dass wir deswegen sooo sehenswert wären, kann ich nicht recht glauben
Eine der großen Rinderherden hat es mir angetan, ich steige aus und nähere mich. Mit einem Satz, gerade so, als hätte ich Giftspritzen in den Händen, flüchten die Kühe ein paar Meter landeinwärts. Sie haben nicht bemerkt, dass uns ein Stacheldrahtzaun trennt
Wie versteinert bleiben sie stehen und glotzen weiter. Na gut, dann eben nicht. Ich gehe in Richtung Auto und höre hinter mir ein allgemeines „muhhhhhh“. Ach nein, wie freundlich, die gesamte Kuhherde nähert sich dem Zaun – und glotzt weiter. Gut, nächster Anlauf
Ich nähere mich ihnen wiederum, schwups, sie laufen davon, anscheinend verwechseln sie mich mit dem Farmer
Geduldig wie ich bin, bleibe ich stehen und harre der Dinge – äh, Kühe – die da kommen. Nur wenige Meter von mir entfernt stellen sie sich in Reih’ und Glied auf, gerade so, als hätten sie jetzt einen Fototermin
Diese Gelegenheit nehme ich wahr und knipse, der Anblick ist auch wirklich zu köstlich
So, weiter, es hilft nichts, ich möchte unbedingt vor Einbruch der Dämmerung Asphalt unter den Rädern haben.
Der Mauna Kea leuchtet in rötlicher Farbe und wirkt fast schon kitschig.
Bei Gesamtmeilen 638,4, es ist 17.45 Uhr, haben wir Asphalt unter den Rädern. Also ganz nach meinem Wunsch
Nach ein paar weiteren Fahrminuten sind wir in Waimea bei der Tankstelle angelangt, denn unser Tank ist nicht mal mehr halb voll, wir müssen bzw. wollen über die Saddle Road nach Hilo zurück, das könnte mit der jetzigen Restmenge Benzin knapp werden.
Michi tankt gerade unser Auto voll, ich steige aus dem Auto, um ein wenig die Füße zu vertreten und sehe plötzlich genau auf der gegenüber liegenden Seite der Straße feine helle Blitze. Was ist denn das
Rasch ins Auto gegriffen, Camcorder zur Hand und ich filme los.
Ach
Das ist eine „Trockenübung“ für Silvester
Meterlange Spritzkerzen, die von der Erde bis zum oberen Drittel eines ungefähr 10 m hohen Baumes reichen, prasseln ab. Das sieht unheimlich gut aus
Dieses Beispiel kann gerne Schule machen, es ist eine sehr gute Idee
Das Spektakel ist beendet, unser Auto vollgetankt und wir haben Hunger. Also genehmigen wir uns in der Tankstelle Hühnerteilchen, die mit einer sehr gut schmeckenden Panier überzogen sind.
So gestärkt geht es weiter Richtung Saddle Road. Auf der Saddle Road sind auf der ersten Hälfte nur sehr wenige Autos unterwegs sind, sodass ich die Mittellinie wieder zwischen die Räder nehmen kann und somit viel rascher vorwärts komme, als würde ich „gesittet“ fahren
Tja, gewusst wie oder besser gesagt: Schon vor Jahren bei den Einheimischen abgeguckt
Beim Hunter Checkin-Häuschen machen wir Pause, um den Sternenhimmel beobachten zu können. Innerhalb weniger Minuten sehen wir ein paar Sternschnuppen. Der Sternenhimmel hier in dieser Gegend ist einfach durch nichts zu überbieten.
Ich bin am Überlegen…. Sollten wir meinen für morgen geschmiedeten Plan umändern
Eigentlich steht für morgen Abend am Plan, dem aktuellen Lavafluss umzusehen, aber den Silvesterabend unter solch einem Sternenhimmel zu verbringen, wäre auch nicht übel
Naja, mal abwarten, wie sich Michi äußert…
Um 22 Uhr sind wir beim Hotel in Hilo und sehen, dass die Bar noch geöffnet sind. Diesen wunderschönen Tag (und uns) gönnen wir zum Abschluss je einen Blue Hawaii. Leider wird dieser Drink in der Bar ausnahmslos mit crashed ice zubereitet, was uns nicht ganz behagt, aber geschmacklich ist er trotzdem sehr gut. Nebenbei spielt live music, allerdings in einer Lautstärke, die kaum auszuhalten ist. Einige Leute tanzen, aber auf mich wartet noch der technische Teil sowie das Schreiben des Reiseberichtes, daher gehen wir bald auf’s Zimmer.
Um 0.45 Uhr drehe ich das Licht ab und gönne mir eine Runde Schlaf.
Gefahrene Meilen: 136,7 (= 220 km)