Mittwoch, 9.5.2007"Up And Away"Nach einer kurzen Nacht und wilden Träumen über LHB's war endlich der ersehnte Morgen des Abflugtags gekommen. Um 6:30 Uhr wurden wir von meiner Mutter, die heute Geburtstag hatte, und ihrem Mann abgeholt. Zuhause noch schnell die Überreichung des Geburtstagsgeschenkes und schon ging es los in Richtung Flughafen Stuttgart. Zu unserer Überraschung war relativ wenig Verkehr und so waren wir bereits um kurz nach 7 Uhr am Flughafen. Unser Flug ging erst um 10:05 Uhr und folglich hatten wir ausreichend Zeit. Dies war auch geplant, da wir meine Mutter noch zum gemütlichen Frühstück einladen wollten. So saßen wir kurze Zeit später völlig relaxed in einem netten Flughafen-Cafe. Ja, der Urlaub hatte spätestens jetzt begonnen, eigentlich...
Gegen 8:30 Uhr gingen wir in Richtung Abflug-Terminal, vorbei am Lufthansa-Checkin, wo wir am Vorabend unser LHB-Erlebnis hatten. Die Schalter waren leer und ich erblickte eine neue LHB.
Da kam mir der glorreiche Gedanke, dass ich ja nochmals nach den Boarding-Pässen von Toronto nach Denver fragen könnte. Vielleicht könnten diese ja heute erstellt werden. Gedacht - getan und schon wurde ich mit einem freundlichen "Guten Morgen" von LHB3 begrüßt. Ich schilderte kurz mein Anliegen und übergab wunschgemäß meine mir vorliegenden Dokumente an LHB3. Als sich auch diese LHB-Stirn wieder in Falten legte, schwante mir bereits Böses.
Nachdem ich einen Moment später die Worte "Um Himmels Willen, was ist denn bei Ihnen passiert" vernahm, sah ich mich umgehend in meinem nächtlichen LHB-Traum wieder.
LHB3 erklärte mir nun, dass wir wohl insgesamt dreimal eingecheckt waren, teilweise mit und teilweise ohne Gepäck. Eigentlich würde überhaupt nichts stimmen und sie müsse sich jetzt erstmal daran machen, das alles zu korrigieren.
Während des Wartens suchte ich die Lufthansa-Schalter nach LHB1 und LHB2 ab, allerdings konnte ich keine von beiden entdecken. Sicherlich war das auch besser so. Nach rund 30 Minuten meinte die nette LHB3, dass sie ins Büro müsse um dieses Durcheinander zu korrigieren, weil sie dort "weitergehende" Möglichkeiten hätte. Sie stand auf und weg war sie mitsamt all unseren Unterlagen. Da stand ich nun an einem unbesetzten Schalter und erblickte hinter mir die schon obligatorische LHS (= Lufthansaschlange, s. Vortag). Während ich so vor mich hin brodelte kam meine fürsorgliche Mutter zu mir und meinte, dass ich doch mal Druck machen solle. Ich vernahm in mir ein langgezogenes "ooooohhhhhhmmmmm" und zog es vor ihr nicht zu antworten.
Sie hatte ja Geburtstag...
Nach unendlich langen 20 Minuten kam LHB3 freudestrahlend auf mich zu und verkündete mir, dass sie nun alles korrigiert hätte. Sie hätte auch noch dafür gesorgt, dass wir auf dem langen Flug von Frankfurt nach Toronto nebeneinander sitzen könnten.
Erneut war es gesünder, dass ich weder LHB1 noch LHB2 entdecken konnte. LHB3 meinte weiter, dass unser Gepäck bis Denver durchgecheckt würde, entschuldigte sich für das ganze Theater und verabschiedete uns mit den Worten "viel Glück". Irgendwie ahnte ich bereits, dass wir dies auch bitter nötig haben würden.
Nun endlich konnte es losgehen. Kurz noch verabschieden und ab ging's in Richtung Kontrolle. Natürlich traf uns gleich das volle Programm. Laptop rausholen, anschalten und wieder einpacken. Fototasche öffnen, Garmin-GPS herausholen und all diese Dinge. Leicht gestresst saßen wir endlich am Gate als eine LHB-Stimme aus dem Lautsprecher Tina zum Schalter bat. Was war denn nun wieder?
Kurz darauf die Entwarnung. Tina hatte nur einen neuen und korrigierten Boarding-Pass für den Flug Frankfurt nach Toronto erhalten. Nun saß sie offiziell neben mir, eigentlich...
Kurz darauf war Boarding Time und der Flughafen-Bus brachte uns zum Flugzeug. Mittlerweile war es auch ein richtiges Abschiedswetter - es goss in Strömen. Dies merkten wir Fluggäste vor allem in dem Moment, als wir in der LHS standen, um das Flugzeug zu besteigen. Tina war überglücklich, als eine ältere Dame ihr einen Platz unter ihrem Schirm anbot. Ich selbst stand natürlich mal wieder im Regen.
Einige Zeit später starteten wir dann zur ersten Etappe nach Frankfurt. Von einem Flug kann man hier eigentlich nicht reden, denn kaum ist die Startphase beendet wird auch schon die Landephase eingeleitet. In Frankfurt gingen wir dann direkt zum Boarding für unseren Anschlussflug nach Toronto. Dieses Gate war relativ leicht zu finden, war es doch jenes mit der absolut längsten LHS im gesamten Gebäude. Wider Erwarten ging es aber relativ zügig, was ja aber nichts zu bedeuten hatte, da sich die nennenswerte LHS erfahrungsgemäß erst hinter uns bildete.
Dies sollte jedoch dieses mal ausbleiben. Kurzweilig war es vor allem dadurch, die Anmachversuche eines Inders zu verfolgen, der direkt vor mir in der LHS stand. Das Objekt seiner Begierde, eine südamerikanische schwarze Schönheit, verhielt sich jedoch auffallend nervös und gleichzeitig reserviert. Als wir an der Passkontrolle ankamen, musste der Inder nach links und die Südamerikanerin nach rechts. Tina und ich standen hinter ihr in der LHS und bekamen die Kontrolle somit hautnah mit. Zuerst ein kritischer Blick, dann die Frage wohin sie fliegen würde. Dann kam die Frage, ob das auf dem Foto sie selbst sei. Nachdem sie das bestätigt hatte wurde sie nach ihrem Geburtstag gefragt. Hier nannte sie wohl ein falsches Datum und es wurde erneut nachgefragt. Wieder falsch. Bitte kommen sie doch mal mit...
Unsere Kontrolle anschließend war dafür rasch erledigt und wir setzten uns in der Nähe des Gates. Nun konnten wir die ganze Zeit den armen Inder beobachten, wie er sichtlich erregt nach seiner Auserwählten suchte. Sie kam jedoch nicht mehr bis wir an Bord gingen.
Unsere Plätze befanden sich fast ganz hinten und das im Airbus A340, dem wohl längsten Flugzeug der Welt.
Endlich dort angekommen mussten wir feststellen, dass entgegen der Aussage von LHB3 Tinas Platz neben mir bereits besetzt war.
Eine Prüfung der Boarding-Karten durch eine Stewardess (diesmal keine LHB) ergab, dass der Platz definitiv doppelt vergeben wurde. Tina musste sich nun erst mal zu den Stewardessen nach hinten stellen um abzuwarten, welcher Platz im Flugzeug frei bleiben würde. Tina sah sich schon die nächsten acht Stunden auf diesem Notplatz der Stewardess sitzen. Nach einiger Zeit des Wartens zeigte sich, dass ein Platz in der Reihe direkt vor mir wohl frei bleiben würde. Tina wollte sich gerade auf selbigen setzen, als der Passagier mit der doppelt vergebenen Sitznummer neben mir sich erhob und meinte, er würde sich nach vorne setzen. So konnten wir am Ende doch noch die 8 Stunden Flug nebeneinander verbringen. Sehr zur Freude der flugängstlichen Tina. Bei mir jedoch hielt sich diese Freude etwas in Grenzen, denn nun hatte ich wieder bei jedem kleinen Luftloch Tinas Nägel in meinem Unterarm stecken. Der Start verzögerte sich allerdings noch um gute 30 Minuten. Wie der Pilot bekannt gab, war der Grund für die Verzögerung, dass man bereits verladenes Gepäck eines Passagiers suchen und wieder ausladen müsse. Tina und mir war sofort klar, dass es sich nur um das Gepäck der Südamerikanerin handeln konnte. Armer Inder.
Der Flug nach Toronto war sehr angenehm.
Gleiches muss ich auch über den Service der Lufthansa sagen. Was am Boden nicht klappte, war in der Luft um so besser. Einen zusätzlichen Pluspunkt gibt es von mir für den wirklich tollen Cabernet-Sauvignon auf dem Hinflug.
Kurz vor der Landung in Toronto wurde uns noch mitgeteilt, dass die Passagiere, welche einen Anschlussflug in die USA haben, ihr Gepäck abholen und neu einchecken müssten. Was stimmte denn nun? Die Aussage von den LHB's in Stuttgart oder das aktuell Gehörte. Etwas verunsichert suchten wir uns in Toronto unseren Weg zum Anschlussflug, was deutlich einfacher war als erwartet. Dort befand sich zum einen ein Gepäckbank und zum anderen ein Schalter, an dem wir nach unseren Tickets für den Flug nach Denver fragten. Die CAB (Canadian Air Blondine) telefonierte kurz und wenige Minuten später stand eine Mitarbeiterin von United vor uns und erstellte unsere Boarding-Pässe. Wow, das klappte ja perfekt. Anschließend standen wir am leeren Gepäckband und verfolgten es Runde für Runde ohne jegliche Veränderung. Es beschlich uns allmählich das ungute Gefühl, dass es mit dem Gepäck wohl doch nicht so klappen würde, wie uns LHB3 in Stuttgart noch versichert hatte. Aber sie sagte ja auch, dass unser Gepäck bis Denver durchgeleitet würde. Mit dieser Hoffnung gingen wir relativ spät zu unserem Anschlussflug. Die Einreise-Formalitäten für die USA finden ja bereits in Toronto statt, verliefen aber absolut problemlos. Auf dem rund 4-stündigen Flug nach Denver wären wir erneut nicht nebeneinander gesessen, wäre da nicht ein älterer amerikanischer Gentleman gewesen, der Tina anbot, den Platz mit ihr zu tauschen. Auf Grund der beständigen Turbulenzen war dieser Flug deutlich unruhiger als die bisherigen und innerlich verfluchte ich den amerikanischen Gentleman bei jedem Blick auf meinen Unterarm.
Aber auch dieser Flug fand ein Ende und so standen wir um 20 Uhr im Flughafen in Denver am Baggage Claim und warteten auf unser Gepäck. Meine Erwartungen wurden leider erfüllt und das Glück wünschen von LHB3 in Stuttgart hatte auch nichts gebracht. Es kam nicht ein einziges unserer vier Gepäckstücke an.
Zu diesem Zeitpunkt waren wir jedoch bereits zu müde, um uns so richtig darüber aufzuregen. Natürlich wusste ich jetzt schon von was ich nachts träumen würde. Wir gingen also zu einem United-Schalter und meldeten unsere vermissten Gepäckstücke. Uns wurde versichert, dass diese eigentlich innerhalb 24 bis 48 Stunden nachkommen. Irgendetwas machte mich an dieser Aussage mächtig stutzig. Ach ja, das "eigentlich"...
Mit dem Shuttle ging es dann zu Alamo. Der Formalismus war schnell und ohne penetrante Upgrade- und Zusatzversicherungsversuche erledigt. Wir gingen zur Choiceline der SUV's und ich war platt, wie viele Fahrzeuge hier zur Auswahl standen. Wir ließen uns reichlich Zeit bei der Auswahl, selektierten nach zuschaltbarem Allrad mit Untersetzung und prüften auf Vorhandensein von Werkzeug und Ersatzrad. Am Ende fiel unsere Wahl auf einen schwarzen Trailblazer mit etwas mehr als 300 Meilen. Auf Grund des Kennzeichens fiel der Name unseres neuen Wegbegleiters auf "OKY".
Anschließend den Laptop angestöpselt, Earthmate und StreetAtlas angeschmissen und schon konnten wir uns ins Best Western in Aurora leiten lassen. Dort angekommen, zum Auspacken gab's ja nichts, überlegten wir, wie wir in Anbetracht des fehlenden Gepäcks weiter machen würden. Die Vorhaben für den folgenden Tag konnten wir bereits schon streichen, wollten wir doch ursprünglich gleich in Richtung Utah weiter. Erstmals in diesem Urlaub lagen unsere Nerven ein wenig blank. Wir beschlossen zuerst einmal zu schlafen (um von LHB's zu träumen) und am Morgen die nächsten Schritte zu überlegen. Beides sollte leichter gesagt sein, als getan.