Montag, 14.05.2007
"Oh, Happy Day"
Heute war für uns Geburtstag und Weihnachten an ein und demselben Tag. Sollten wir doch endlich unser lang ersehntes Gepäck wieder bekommen. Das trieb uns regelrecht aus den Federn und so saßen wir bereits wieder um 7:20 Uhr im McD beim obligatorischen..., ok, das ist mittlerweile bekannt. Kurz darauf machten wir uns auf den Weg zum Flughafen von Moab. Dieser nennt sich Canyonlands Field und liegt rund 30 Kilometer nördlich von Moab. Wenn man nicht aufpasst, ist man ruck zuck dran vorbei gefahren. Tatsächlich standen einige Autos davor, so dass wir sicher waren, dass der Flughafen bereits geöffnet war.
Tina und ich gingen mit gemischten Gefühlen in das Flughafengebäude. Sollte tatsächlich unser gesamtes Gepäck in wenigen Minuten wieder in unseren Händen sein? Wir konnten es noch nicht so recht glauben.
Im Flughafengebäude, welches hauptsächlich aus einer gemütlichen Wohnzimmer-Sitzecke und einem durchgehenden langen Schalter besteht, herrschte gähnende Leere. Etwas verunsichert schlenderten wir an dem langen Schalter entlang. Das erste Drittel war wohl der Bereich für Charterflüge, das mittlere Drittel für die Linienflüge und das letzte Drittel für Rundflüge über Moab. Wir warteten eine Weile bis ein älterer Mann aus einer der Türen hinter dem Schalter kam. Ich erklärte ihm unser Anliegen und sah als Reaktion ein Nicken seinerseits. Er bestätigte uns, dass in der Tat vier Gepäckstücke mit der Maschine aus Salt Lake City gekommen seien.
Ich konnte es noch gar nicht glauben. Zu Recht. Er erklärte uns weiter, dass der Flughafen für die gesamte Woche geschlossen sei, da in Moab eine Rennwoche stattfinden würde. OK, aber schließlich wollten wir ja auch nicht fliegen sondern lediglich unser Gepäck holen. Nun meinte der freundliche alte Mann, übrigens ein Pilot wie sich später herausstellen sollte, dass aus diesem Grund niemand vom Flughafenpersonal kommen würde. Auch OK, aber wie gesagt, wir wollten ja nicht fliegen.
Er erklärte weiter, dass diese vier Gepäckstücke korrekterweise im Flughafen-Gepäckraum stehen würden, welcher auf Grund der Nichtbesetzung des Flughafens, der ja für die komplette Woche wegen einer Rennveranstaltung geschlossen war, abgeschlossen sei. Er selbst gehöre nicht zum Flughafenpersonal und besitze somit auch keinen Schlüssel zum Gepäckraum.
Schade, dass kein Fotograf zugegen war, der mein Gesicht in diesem Moment für die Nachwelt festgehalten hat. Irgendwie versagte auch erstmals mein langgezogenes "oooooohhhhhhmmmmmm". Ich vermute mal, der freundliche Pilot hat die Veränderung meiner Gesichtsfarbe bemerkt und lud uns hinter den Schalter ein, damit wir zumindest mal durch eine Scheibe unser Gepäck "identifizieren" konnten. Ja, da stand es nun. Unsere vier Gepäckstücke hinter einer verschlossenen Türe mit einer Glasscheibe in der Mitte. Nicht einmal drei Meter von uns entfernt.
Vermutlich hat diese Situation bewirkt, dass sich meine Gesichtsfarbe weiter veränderte. Jedenfalls kam der äußerst freundliche Pilot plötzlich mit einer Kreditkarte an und meinte, so würde man das ja immer im Fernsehen sehen. Und schon versuchte er mit der Plastikarte die verschlossene Tür zu öffnen. Nur was im Fernsehen immer gelingt, muss in der Realität nicht zwangsläufig auch gelingen.
Der wirklich nette Pilot entschuldigte sich mehrfach während er uns erklärte, dass er uns ohne das Gepäck wieder nach Moab schicken müsse. Er könne uns auch nicht sagen, wann jemand vom Flughafenpersonal mit dem passenden Schlüssel kommen würde. Er versprach uns aber, sich höchstpersönlich darum zu kümmern, schnellstmöglich jemanden mit Schlüssel ausfindig zu machen und herbei zu zitieren. Nur wann das sein würde, könne er uns leider nicht sagen.
Als wir das Flughafengebäude verließen, war ich irgendwie leer. Ich hatte nicht einmal mehr die Energie mich aufzuregen. Es war Resignation pur. Immer wieder sah ich uns vor dieser Türe stehen und unser Gepäck in greifbarer Nähe vor uns, aber dennoch unerreichbar. So fuhren wir weitestgehend schweigend zurück nach Moab. Ich setzte Tina im Motel ab und fuhr weiter zu Chip's Grand Tire, um den platten Reifen zu ersetzen. Tina begann währenddessen mit dem Schreiben der bisherigen Tagesberichte. Bei Chip's Grand Tire war richtig was los, was mich aber gerade in Moab nicht wirklich wunderte. Dennoch ging eigentlich alles recht schnell. Vermutlich der Inhaber, zumindest aber der Chef, "befahl" mir den defekten Reifen herabzulassen. Aber klar Chef, ich habe ja mittlerweile Übung. Ich war gerade fertig, da stand er auch schon wieder da und nahm den Platten mit, um ihn zu untersuchen. Kurz darauf eröffnete er mir, dass ein Flicken des Reifens leider nicht mehr möglich sei. Er erklärte mir dann, dass es bei einem Mietwagen besser sei, die gleiche Reifenmarke wieder zu montieren. Und den Michelin hätte er leider nicht vorrätig und müsse ihn bestellen. Das wäre aber kein Problem, der wäre am nächsten Morgen da. Na das passte ja perfekt. Einen Tag wären wir planmäßig eh noch in Moab geblieben und vielleicht ja noch ein paar Tage länger. Je nachdem wann der Schlüsselmeister für den Flughafengepäckraum ausfindig gemacht würde.
Also wurde ein Michelin bestellt und ich fuhr um rund 250 USD erleichtert (gedanklich, bezahlt wurde später) zurück ins Motel und zu Tina. Ach, was ist das doch für ein schöner, erholsamer und entspannter Urlaub!
Zurück im Zimmer überfiel mich Tina gleich mit der Botschaft, dass das Telefon geklingelt hätte. Ja? Und wer war es? Sie hatte keine Ahnung, weil sie nicht rangegangen war. Entweder war sie an einem anderen Örtchen oder sie hatte vor dem Englisch sprechen gekniffen. Anyway, es blinkte ja die Message-Lampe am Telefon. Auf dem Anrufbeantworter war die Stimme des super-freundlichen Piloten vom Flughafen, die mir mitteilte, dass der Gepäckraum nun offen sei und wir nochmals kommen könnten. Die überschwängliche Freude darüber verkniff ich mir nun, denn vielleicht war die Tür ja wieder ins Schloss gefallen, bis ich ankam.
So machte ich mich zum zweiten Mal auf zum Flughafen Moab. Dort angekommen war der super-mega-freundliche Pilot mit zwei Touristen im Gespräch. Während ich auf ihn zulief riskierte ich bereits einen Blick auf die Türe des Gepäckraums. Sie war noch offen!
Als mich der super-hyper-mega-freundliche Pilot sah, erklärte er seinen Rundfluginteressenten, dass er sich ganz kurz mir widmen müsse, weil wir doch so arm dran wären und schon über eine Woche ohne jegliches Gepäck unterwegs wären. OK, er hatte ein wenig übertrieben, aber mir war's recht. Und dann kam der ganz große Moment - ich konnte alle vier Gepäckstücke unversehrt in Empfang nehmen. Ja, es war Weihnachten, Geburtstag und Ostern gleichzeitig am heutigen Tag.
Ich bedankte und verabschiedete mich von meinem Lieblingspiloten und fuhr zurück ins Motel. Als ich mit dem Gepäck die Zimmertür öffnete, strahlte Tina über sämtliche Backen. Mmmh, so strahlte sie früher eigentlich... ok, lassen wir das.
Mittlerweile war es schon nach 12 Uhr und wir entschlossen uns, zum Hurrah Pass Trail zu fahren. Doch bereits nach den ersten Kilometern brachen wir ab.
Der Trail war nicht ohne und wir hatten kein Reserverad an Bord. Es siegte die Vernunft und wir drehten um. Zurück in Moab kamen wir an einem kleinen Burger nicht vorbei und fuhren dann weiter zur Onion Creek Road. Diese erreichten wir um kurz nach 14 Uhr und befuhren sie rund 5 km, bis es uns auch hier etwas zu riskant wurde.
Ohne Reserverad hatte ich einfach keine Ruhe mehr auf diesen Strecken. So drehten wir leider auch hier um und beschlossen direkt zum Trailhead der Fisher Towers zu fahren.
Um 15:45 Uhr starteten wir unsere Wanderung zu den Fisher Towers. Hin und zurück sind es knapp acht Kilometer, wobei keine nennenswerten Schwierigkeiten oder Höhenunterschiede zu bewältigen sind. Letztere belaufen sich gemäß meinem GPS auf ca. 200 Meter. Der Trails ist sehr abwechslungsreich und es macht Spaß hier zu laufen. Allerdings liefen wir überwiegend in der Sonne und es war extrem schweißtreibend.
Lediglich ein Teilstück verläuft eine Zeitlang im Schatten, was äußerst erholsam war. Nach knapp 2 Stunden erreichten wir das Ende des Trails mit einem tollen Blick auf die Fisher Towers.
In der Abendsonne ein unvergessliches Erlebnis für uns. Auf dem Rückweg trafen wir ein älteres Fotografenpärchen. Sie wollten die Fisher Towers bei Sonnenuntergang ablichten und hatten teures Equipment dabei. Nach dem kurzen Smalltalk gingen wir weiter. Etwa 10 Minuten später fand ich auf dem Weg einen Kabelauslöser für Kameras. Das konnte nur dem zuvor begegneten Pärchen gehören. Also tat ich ein wenig für meine Fitness und joggte den beiden hinterher. Tina ging währenddessen weiter in Richtung OKY. Ich holte das Pärchen relativ schnell ein und in der Tat war es sein Auslöser. Er war überglücklich und bedankte sich mehrfach. Ich dafür war komplett nass geschwitzt. Irgendwie war ich auf den Geschmack gekommen und so joggte ich auch Tina hinterher. Als sie mich ankommen sah, erklärte sie mich für total bescheuert. Wie ich denn in Anbetracht meines fortgeschrittenen Alters und der gewaltigen Hitze hier auch noch joggen könne. Naja, Frauen eben... Gemeinsam bewältigten wir in gemäßigtem Tempo die Reststrecke und trafen um 19 Uhr am Trailhead ein.
Wir hatten unsere gut gefüllte Kühlbox auf dem Rücksitz und diese enthielt doch tatsächlich noch zwei perfekt temperierte Miller für uns. Das war das beste Bier meines Lebens, auch wenn es in nahezu einem Zug leer war.
Zurück im Motel machten wir uns schnell frisch und los ging's zu ZAX. Tina freute sich bereits in Deutschland schon, endlich wieder bei ZAX eine Pizza zu essen. Und so hatte sie heute schon zum zweiten Mal das Strahlen über alle Backen und ich vermute, erneut nicht wegen mir.
Ein paar Bierchen später gingen wir auf direktem Weg in unser Bett und schliefen unsere erste komplett sorgenfreie Nacht.