Mittwoch, 10.09.2008Dank der Zeitverschiebung sind wir heute erst kurz nach 8 wach. Nach dem Frühstück laufen wir nochmals kurz zum Yukon River hinunter, die Aussicht ist heute allerdings nicht mehr so hübsch wie gestern abend, denn es regnet nun wieder stärker und die Berge haben sich allmählich zugezogen. Wir verlassen den Campground, um nach 2 Minuten Fahrt die Fähre über den Yukon River nach Dawson City zu erreichen.
Bei der kurzen 5-minütigen Überfahrt müssen wir im RV sitzen bleiben. Als die Fähre ziemlich gegen die Strömung kämpft, stellen wir fest, dass der Yukon River hier doch relativ schnell fliesst.
Da wir immer noch unseren kaputten Reifen dabei haben, fahren wir als erstes in die Reparaturwerkstatt. Wir werden gefragt, ob wir ihn gleich wieder mitnehmen wollen. Da wir aber sowieso als nächstes noch Dawson City besichtigen möchten, lassen wir ihn dort und holen ihn bei der Weiterfahrt gegen Mittag wieder ab. Zurück in Dawson City parken wir das RV an der Front Street und starten dort zu einem kleinen Stadtrundgang – leider immer noch bei ordentlichem Regen.
Aber besser hier als auf irgendeiner Aussichtsstrecke unterwegs bei diesem Wetter. Zuerst schauen wir uns am Yukon River den Schaufelraddampfer „SS Keno“ an.
Dieser wurde früher zum Silbertransport von Keno City bis zur Eisenbahnstrecke nach Whitehorse verwendet und hat hier auf dem Trockendock seine Ruhestätte gefunden. Er kann auch besichtigt werden – aber leider um diese Jahreszeit nur noch am Wochenende.
Weiter geht es nun auf die 2nd Avenue, hier kommen wir bei Rubys vorbei, einem ehemaligen Bordell, in dem heute eine Kunstschule untergebracht ist. Als nächstes erreichen wir die komplett vernagelte ehemalige St. Andrews Church, die aufwendig erbaut war, aber nun dem Verfall preisgegeben ist & langsam aber sicher in sich zusammenfällt.
Der Church Street folgend erreichen wir an der 8th Avenue die Robert Service’s Cabin. Hier werden in den Sommermonaten von Laiendarstellern Lesungen aus seinen Werken im Garten dargeboten. Gleich nebenan findet sich eine weitere Schriftstellerunterkunft – die Jack London’s Cabin.
Neben der Cabin ist ein Stelzenhaus angebracht, in dem Jack London früher seine Lebensmittel in einer Höhe von etwa 3 Metern verwahrte, zum Schutz vor Wildtieren. Hier gibt es auch ein kleines Museum – dieses öffnet allerdings erst um 1 pm, da werden wir wohl nicht mehr in der Stadt sein.
Nun geht es zurück zur 5th Avenue, wo wir an Blacks Residence vorbeikommen, dem Haus des Comissioners George Black und seiner Frau Martha, die im Alter von über 70 Jahren ins kanadische Parlament gewählt wurde. Gleich nebenan ist die „Swimming Hall“ – wir dachten erst, nur das Gebäude ist hier erhalten.
Aber nein, hier ist tatsächlich ein funktionierendes Schwimmbad mit täglichen Öffnungszeiten in Betrieb. Danach kommen wir am Dawson City Museum vorbei, das aber leider auch erst nachmittags öffnet. Hier gibt es wohl viele Ausstellungsstücke und Informationen zur Goldgräberzeit zu sehen.
Zusätzlich gibt es noch eine extra Halle mit historischen Lokomotiven, in die wir von aussen einen kurzen Blick werfen können. Von dort geht es nun weiter Richtung ehemaliger Innenstadt, wo wir an einigen historischen Häusern wie dem McCormick Place und dem McCaluey House vorbeikommen.
Dank des Regens sind die Straßen richtig schlammig geworden und man kann sich gut vorstellen, wie dies hier wohl zu früheren Zeiten ausgesehen hat. Die Holzgehwege sind auf jeden sehr hilfreich und bequem.
Als nächstes kommen wir bei Diamond Tooth Gerties vorbei, dem Saloon & Casino in Dawson City, benannt nach der ehemaligen Tänzerin Gertie, deren Markenzeichen ein Diamant zwischen ihren Zähnen war.
Nun sind wir mehr im Geschäftsviertel und sehen auf dem Rückweg zur First Avenue die alten Häuser von Dawson Daily News, das Old Post Office, sowie das Palace Grand Theatre. Insgesamt ist Dawson City zwar schon recht touristisch, aber zumindest um diese Jahreszeit nicht zu überlaufen. Viele der alten Gebäude sind gut erhalten bzw. hübsch restauriert und man kann sich doch etwas vorstellen, wie es hier zur Goldgräberzeit Ende des 19. Jahrhunderts zugegangen ist.
Wir fahren nun mit dem RV zu einer Picknick-Area Richtung Ortsausgang. Da wir noch bis 13 Uhr warten müssen, um unseren Reifen abzuholen, essen wir noch eine Kleinigkeit. Als wir anschließend zur Werkstatt fahren, ist der Reifen fertig und wir können ihn direkt wieder einladen. Bevor es weitergeht, tanken wir noch voll und erledigen die WoMo-„Tätigkeiten“ wie dumpen & Frischwasser nachfüllen, da wir heute abend wieder auf einem staatlichen Campground übernachten wollen.
Schon kurz nach der Tankstelle geht es dann ab zur Bonanza Creek Road. Diese ist die ersten Kilometer noch geteert, aber dann geht es auf einer Schotterstraße weiter. Riesige Gesteinshügel finden sich links & rechts der Straße, über deren Herkunft wir uns anfangs noch nicht so im Klaren sind.
Erst als wir die Gold Dredge No. 4 besichtigen, wird uns klar, woher die ganzen Steine kommen. Mit den Dredges wurden hier komplette Flussbetten ausgebaggert und das Gold vom übrigen Gestein maschinell getrennt. Die übrig gebliebenen Steine wurden dann von der Dredge hinten wieder ausgeworfen und daraus sind diese Hügel entstanden. Dank der kalten Witterung hier oben, bewachsen diese in die Natur geschlagenen Wunden erst langsam wieder.
Die Gold Dredge No. 4 ist nicht übermäßig gut erhalten, aber auch heute wird an ihr gearbeitet , dies scheint eine ständige Restaurierungsbaustelle zu sein. Die Ausmaße dieser Golddredge sind einfach riesig. Daher waren auch die Transportkosten von der Fabrik bis zum Fluß doppelt so hoch wie die Herstellungskosten für die Dredge – und schon diese waren bestimmt nicht niedrig.
Noch zwei Kilometer weiter erreichen wir den unter dem Nationalpark-Regiment stehenden Discovery Claim. Hier wurden die ersten Goldfunde in der Nähe von Dawson City gemacht und von dort nahm der Klondike Goldrush seinen Ausgang. Ein paar Meter weiter ist auch der Claim #6, der ebenfalls der NP-Verwaltung gehört und wo man auf eigene Faust nach Gold schürfen könnte – vorausgesetzt, man bringt seine eigene Pan mit.
Die Aussicht auf großen Reichtum dürfte hier aber wohl doch eher gering sein. Daher genügt uns ein kurzer Blick und wir machen uns auf die Weiterfahrt auf den Klondike Highway gen Süden Richtung Whitehorse. Die ersten Kilometer sehen wir immer noch die Gesteinsberge, die die Goldschürfung hier hinterlassen hat – erst allmählich wird die Umgebung dann wieder etwas natürlicher, als wir am Klondike River entlang fahren.
Nach 40 Kilometern Fahrt erreichen wir Dempster Corner und damit die Abzweigung zum Dempster Highway – dem einzigen kanadischen Highway, der den Polarkreis überquert und bis nach Inuvik zum Nordpolarmeer hinauf führt. Gerade im Herbst sollen die Landschaft und Herbstfärbung hier wohl sehr faszinierend sein. In 2 bis 3 Tagen Fahrt auf der Schotterstrecke sind die 750 km bis Inuvik wohl gut machbar – nur leider hat uns CruiseAmerica die Fahrt auf dem Dempster Highway explizit verboten. Nach unserer letzten Reifenpanne und der Info, wie hoch die Abschleppkosten sind, sind wir hier doch etwas vorsichtig. Insbesondere, da uns CruiseAmerica ja kein Bordwerkzeug zur Verfügung gestellt hat.
Aber reizen würde uns die Fahrt schon – allerdings würde dies unseren Zeitplan doch etwas sprengen und wir müssten dafür andere Punkte ausfallen lassen. Desweiteren sind die Ausblicke bei diesem Wetter wohl doch nicht ganz so hübsch bzw. eben nicht zu sehen. Wir steigen trotzdem am Dempster Corner aus, lesen die Infotafeln und schauen uns die Straße an – diese sieht eigentlich auf den ersten Blick recht gut befahrbar aus.
Die Autos, die von oben kommen, sind jedoch ringsum mit einer dicken Schlammschicht bedeckt. Es scheint unterwegs also doch auch recht schlammig zu sein. Wir gehen wieder ins Auto zurück und lassen uns noch ein paar Minuten Zeit mit der Entscheidung. Hätten wir einen Truckcamper mit 4WD gehabt, hätte unsere Entscheidung wahrscheinlich anders ausgesehen aber so siegt letztendlich schweren Herzens doch die Vernunft und wir fahren auf dem Klondike Highway weiter Richtung Süden.
Die Landschaft wird nun relativ eintönig, es geht weiterhin durch bunte Herbstwälder, ab und zu durchbrochen von rot eingefärbten Sumpfgebieten. So zeigt sich die Landschaft die nächsten 80 Kilometer bis zu unserem Campground. Die Wolkendecke will und will leider nicht aufreissen, es regnet immer noch Strömen – da wirkt die ganze Herbststimmung doch langsam etwas trostlos. Beim nächsten Stop am Gravel Lake stellen wir auch fest, dass die Temperaturen seit heute früh doch deutlich gesunken sind. Der Gravel Lake befindet sich direkt an der Tentina Trench Vogelflugroute und ist daher im Frühjahr & Herbst beliebter Zwischenstop für viele Zugvögel. Wir folgen einem kleinen Trail hinunter zum See, aber selbst den Vögeln ist es hier wohl gerade zu trostlos – es sind leider kaum welche zu sehen.
Landschaftlich bleibt es auch auf der restlichen Fahrt recht monoton, daher sind wir dankbar, als wir den heutigen Übernachtungspunkt – den Moose Lake Campground – erreichen. Dieser ist wieder sehr schön mitten im Wald gelegen. Und wir sind wieder fast die einzigen Camper auf dem ganzen Platz, lediglich 3 weitere Plätze sind belegt.
Wir versuchen, auch hier wieder ein kleines Feuer anzuzünden, was Stephan nach vielen Versuchen auch gelingt. Allerdings ist das hier zur Verfügung gestellte Feuerholz mit Wasser vollgesogen, daher brennt es doch nur sehr mühsam. Nachdem wir eine Stunde am warmen Feuer verbringen, gehen wir nach drinnen, um unser Essen zuzubereiten. Zum Grillen ist es uns einfach doch zu kalt und regnerisch draussen. Heute gibt es Chili aus der Dose – eigentlich nichts leichter als das. Doch leider stellt sich der von CruiseAmerica übernommene Dosenöffner als nicht funktionsfähig heraus. Müssen wir nun heute auf das Essen verzichten? Aber nicht doch – Stephan hat sein multifunktionales Schweizer Taschenmesser dabei, an dem sich auch ein Dosenöffner befindet. Also kein Problem!
Nach dem Essen klart es draussen langsam auf – vielleicht gibt’s ja doch morgen mal wieder etwas Sonne? Wir lesen noch etwas in den Reiseführern und beschliessen, zumindest den ersten Teil des Silver Trails zu den ehemaligen Bergbaustädten Mayo, Elsa & Keno zu fahren – zumindest ein kleiner Ersatz für den Dempster Highway. Stephan blättert noch ein wenig in den Büchern, die wir im Denali NP gekauft haben, während ich noch den Reisebericht schreibe.
Gefahrene Meilen: 126
Übernachtung: Moose Lake Campground