28. September 2004In Florida war der Hurrikan "Jeane" vor drei Tagen an Land gegangen und sich zu einem großen Tiefdruckgebiet verwandelt. Ich hatte die Tage seit dem immer gehofft, das Tiefdruckgebiet würde nach Westen oder Osten ziehen - machen die natürlich nicht - immer nach Nordosten. Das Ärgerlichste an dem Tief war der vom Hurrikan übrig gebliebene Regen.
In der Nacht hatte es heftig geregnet und ich hoffte, das sei es jetzt gewesen. Es war etwas nebelig und eine hohe Luftfeuchtigkeit, aber das ist ja nach Regen normal. Auf der Fahrt zum Manassas National Battlefield Park war starker Verkehr, na ja, das ist eben der Einzugsbereich von
Washington, D.C. Und dann begann es zu regnen - "der Platzregen war unterdessen, einem Wolkenbruch gewichen". Ich gehe zuerst in das gut ausgestattete Visitor Center und sehe mir das hervorragende Diorama der Schlacht an. Alle Bewegungen sind mit Lämpchen dargestellt und man bekommt einen guten Eindruck. Da es immer noch gießt, schaue ich mir den Film im Center an. Auch danach schüttet es noch. Ich befürchte das schlimmste.
Nach zehn Minuten hört der Regen auf. Etwas misstrauisch mache ich mich auf den Wanderweg über das Schlachtfeld der ersten Schlacht am Bull Run - die Südstaaten nannten die Schlacht Schlacht bei Manassas. Die Nordstaaten benannten die Schlachten nach Gewässern, die Südstaaten nach Orten oder Gehöften. Jetzt wieder etwas Geschichte:
Im Juli 1861 drängte die Öffentlichkeit im Norden die Armee, die Rebellion endlich zu beenden. Argumente, die Soldaten seien noch nicht gut genug ausgebildet, wurden mit dem Gegenargument zur Seite gewischt, die des Südens seien ja gleich schlecht ausgebildet. Am 16. Juli setzte sich die Nordstaatenarmee über Centerville, Va langsam in Bewegung. Zielwar der Eisenbahnkontenpunkt Manassas Junction. Die Südstaaten verteidigen die Übergänge über den Bull Run. Am 20. Juli treffen die ersten Verstärkungen aus dem Shenandoah-Tal ein.
Am 21. Juli griffen die Brigaden der Unionsarmee nach einem Nachtmarsch die Stellungen der Konföderierten auf deren linken Flügel an. Der Überraschungsmonent war jedoch vertan, weil ein Südstaatenkommandeur nicht auf den Ablenkungsangriff hereinfiel.
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Bei
Sudleys Furt überquerten die Nordstaatler den Bull Run.
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Das war die
Stone Bridge über den Bull Run, an der der Ablenkungsangriff stattfand.
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Erst als die Unionstruppen auch noch über eine andere Furt auf das Schlachtfeld drängten, waren die Südstaatler gezwungen auszuweichen.
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Eine der Furten über den Bull Run.
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Die Nordstaatler griffen durch dieses Tal, rechts das
Stone House - Hauptquartier und Lazarett beider Seiten - und den gegenüberliegenden Hügel hinauf an - Henry Hill. Das Ausweichen der Südstaatler wurde bald zur Flucht.
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Hinter diesem Hügel am Waldrand stand Jacksons Brigade. Als ein anderer Südstaatler die Soldaten sah, rief er seinen eigenen, fliehenden Soldaten zu, um sie aufzuhalten: "Seht, hier steht Jackson wie eine Mauer! Versammelt euch um die Virginier." Dadurch erhielt Jackson seinen Spitznamen - Stonewall.
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Nachdem die Fucht aufgehalten worden war, unter anderem durch die Kanonen auf der Höhenrippe vor Jackson, begann am Nachmittag der Gegenangriff.
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Frisch mit der Eisenbahn aus dem Shenandoah-Tal eingetroffene Brigaden verstärkten die Südstaatler und traten zum Gegenangriff an.
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Die erschöpften Nordstaatler konnten dem Angriff nicht standhalten und wichen zunächst geordnet auf den Wegen, auf denen sie angegriffen hatten, in Richtung Washington aus. Als die vielen aus Washington mitgereisten Zuschauer, die ein Picknick mit Sieg durchführen wollten, erkannten, dass die Schlacht kein gutes Ende nehmen würde, flohen sie in Panik. Auf den wenigen Straßen, die sie sich mit den ausweichenden Soldaten teilen mussten, entstand schnell Panik, die alle ergriff und zur allgemeinen Flucht nach Washington führte.
Aber auch die Südstaatler waren erschöpft. Die fliehenden Nordstaatler wurden nicht verfolgt. Insgesamt standen bei dieser ersten großen Schlacht des Bürgerkrieges 28.450 Nordstaatler 32.230 Südstaatlern gegenüber. Mit den riesigen Verlusten - Union 2.950 und Konföderation 1.750 - hatte niemand gerechnet. Der Glaube an einen kurzen Krieg war verschwunden.
Während meiner Wanderung tröpfelte es immer wieder, aber nicht schlimm. Erst als ich das Stone Haus erreichte,
![](http://www.usa-reise.net/galerie/albums/userpics/12546/Manassas%20-%20Stone%20House.jpg)
holte mich der Hurrikan wieder ein. Es begann wie aus Eimern zu schütten. Gut dass ich nur noch den Henry Hill raufmusste.
![](http://www.usa-reise.net/galerie/albums/userpics/12546/normal_H%FCgel%20vor%20Stone%20House.jpg)
Eine Gruppe Offiziersschüler musste ihre Geländebesprechung im strömenden Regen weiter durchführen, was sie allerdings mit stoischer Gelassenheit erduldeten. Gleichmäßig trocken sein unterscheidet sich von gleichmäßig durchnässt sein nur durch den Grad der Feuchtigkeit! Ich ziehe mir im Visitor Center trockene Sachen an und fahre dann noch durch eine vom Wasser dampfende Landschaft - die Temperatur lag den ganzen Tag über 25° C - in ein motel bei Fredericksburg, Va.
Fahrtstrecke:
Va 234 - CR 621 - CR 622 - US 29 N - Manassas National B.P. - US 29 S - CR 619 - CR 675 - Va 215 - CR 603 - Va 28 - CR 806 - CR 616 - US 17 S - IS 95 S - US 1 N