05.08.2008 zu Fuß in Seattle
Gleich als erstes vorneweg. Geregnet hat es heute nicht. Dafür gibt es wieder mal ein paar mehr Bilder. (Und viel Text, aber Euch geht es ja nicht nur um die Bilder, Ihr lest ja auch gerne, oder?)
Aus irgendwelchen Gründen hatten wir damals bei der Reisevorbereitung unseren Mietwagen nur bis heute gebucht. Am frühen Vormittag gaben wir das Auto ab, die Abgabestelle war irgendwo in Downtown, nicht allzu weit entfernt vom Pioneer Square. Größere Ausflüge mit dem Auto in und um Seattle fielen nun flach. Ich weinte unserem guten alten Pontiac kurz hinterher, aber auf der anderen Seite hatte das auch sein Gutes, nun konnten wir alles, was fußläufig war etwas genauer ansehen. Lieber sich auf eine Ecke konzentrieren und dafür richtig, als überall durchzurasen. Man muss nur immer das Positive sehen und aus allem das beste machen, dann hat man auch einen tollen Urlaub und überhaupt ein schöneres Leben.
Wir schlenderten dann ein wenig durch die Straßen, sahen uns den Pioneer Square und die Umgebung an. Wir entdeckten die Elliott Bay Book Company, einen schönen großen Buchladen und verbrachten zuerst dort einige Zeit. So verbrachten wir den Vormittag. Es war nicht spektakulär, wir sind im Zickzack durch die Straßen gelaufen, haben hier einen Kaffe und dort ein Eis gegessen und in ein paar Läden geschaut. Seattle ist direkt am Meer, bzw. einer Bucht und von der Waterfront an geht es teilweise ziemlich steil die Hügel nach oben.
Durch die Häuserschluchten von Seattle Downtown.
An den Häuserwänden sahen wir diese Fensterputzer in den Gondeln oder wie das heißt, die man ja aus fast jedem amerikanischen Film kennt. Hier hab ich so was noch nie gesehen.
Gegen Mittag arbeiteten wir uns langsam und in aller Ruhe Richtung Norden um Pike Place Market vor. Da waren wir gestern Abend schon kurz vorbei gekommen, aber da war schon fast alles geschlossen. Der Pike Place Market ist mehrstöckig am steilen Hang gebaut. Hier gibt es alle möglichen Geschäfte, hauptsächlich für Touristenkram, aber auch viele Lebensmittel, v.a. sea food. Und natürlich viele Restaurants. Unter anderem gibt es auch eine Art Comic Book Shop, ähnlich dem "The Android's Dungeon & Baseball Card Shop", wo ich schon einen Verkäufer wie den Comic Book Guy erwartete, denn genau so sah der Laden aus. Aber das Personal bestand nicht aus dicken mittelalten Männern, sondern jungen schlanken Frauen. Dafür war bei der Kundschaft der eine oder andere dabei, der wie der Comic Book Guy aussah.
Im Pike Place Market ist natürlich tagsüber viel los. Trotzdem hat es uns gut gefallen. Wenn man oben rauskommt, führt eine Straße vorbei und an dieser Straße sind auch wieder alle möglichen Geschäfte. Unter anderem eben der allererste Starbucks-Laden. Wie gestern Abend auch stehen da immer lauter Leute rum und machen Fotos von dem Laden. Warum weiß ich auch nicht, entweder, weil's der allererste Laden ist oder wegen dem alten Starbucks-Firmen-Logo, das nun ja, etwas freizügiger aussieht als das allerseits bekannte Logo.
Jetzt aber aufgepasst, Eltern, haltet Euren Kindern die Augen zu!
Wie versprochen kommt jetzt frontal nudity.
Bei diesem Firmenlogo sieht man nämlich die Brüste der Meerjungfrau ohne dass diese von den Haaren verdeckt sind. Freie Brüste! In Amerika!
Ich hab Euch ja gesagt, dass Ihr nicht zu viel erwarten solltet. Tut mir leid, wenn es da jetzt zu Enttäuschungen gekommen ist.
Ansonsten ist auch drinnen immer viel los. Ich habe mir dort trotzdem einen ganz normalen Kaffee gekauft, ja das gibt's dort auch, nicht nur soy latte fat-free mocchaccino mit sweetener oder sowas, was beim Aussprechen länger dauert als beim Trinken. Außerdem gab es da allen möglichen Krimskrams vom T-Shirt bis zu Kaffebechern mit Starbucks-Logo (dem neuen, nicht dem alten). Sowas habe ich aber nicht gekauft, ich zahl schließlich nicht auch noch dafür, Firmenwerbung rumzutragen.
Nach diesem Schock haben wir um die Ecke noch fish&chips gegessen und sind dann an der Waterfront weiter Richtung Norden.
An der Waterfront gibt es neben meist ziemlich teuren Restaurants auch lauter Anlegestellen für die Schifffahrtslinien Richtung San Juan Islands und Richtung Kanada. Ein paar davon haben wir uns etwas näher angesehen. Wir hatten schon vor der Reise darüber nachgedacht, ob eine whale watching tour nicht etwas wäre. Dummerweise habe ich erst angefangen, mich darüber zu informieren, nachdem wir den Mietvertrag für das Auto abgeschlossen hatten und feststand, dass wir das Auto am Anfang unseres Aufenthaltes in Seattle abgeben. Die meisten Touren gingen nämlich nicht von Seattle sondern von der Gegend um Anacortes aus und ohne Auto kam man da nicht so einfach hin. Aber beim Entlangschlendern am Wasser stolperten wir über die Firma Clipper Vacations, die neben Fahrten nach Kanada auch whale watching anbieten. Da die Fahrt von Seattle losging, war die Anfahrt natürlich deutlich länger, aber das war ohne Auto die einzige Möglichkeit. Das Angebot klang nicht uninteressant. Direkt von hier nach Friday Harbour, von dort aus eine whale watching tour und dann wieder zurück. Die Tour würde von 7.45 am bis 7,15 pm gehen, dafür würde also der ganze Tag draufgehen. Und ganz billig war es auch nicht, 85 Dollar pro Nase bei advance purchase (was heute noch für morgen gehen würde). Wir überlegten kurz und entschieden uns dann, für morgen zwei Tickets zu kaufen. Wer weiß, wann man wieder so eine Gelegenheit hätte?
Rechts unten auf dem Bild sieht man die ganzen Anlegestellen für die Schiffe.
Mit den Tickets in der Tasche gingen wir weiter zum Seattle Center und sahen uns etwas um. Hier fand die Weltausstellung von 1962 statt. Das bemerkenswerte an dieser Weltausstellung ist in erster Linie, dass sie kein Defizit sondern sogar einen Überschuss erwirtschaftete.
Im Park war viel los, vor allem Familien mit Kindern waren unterwegs.
Das bekannteste Objekt dieses Geländes ist die Space Needle, die 184 Meter hoch ist und zur Zeit der Fertigstellung das höchste Gebäude westlich des Mississippis war.
Da würden wir später noch hochfahren. Aber zuerst gingen wir ins EMP|SFM, das Experience Music Project and Science Fiction Museum and Hall of Fame. Gegründet von Paul Allen (Mitbegründer von Microsoft) und designed von Frank Gehry. Wir gingen zuerst ins Science Fiction Museum und das hat uns sehr gut gefallen. Ausgestellt waren unter anderem der Kommandostuhl von James T. Kirk, das Modell des Todessterns und der T800. Die verschiedenen Ausstellungen beleuchten alle möglichen Apsekte von Science Fiction von Büchern bis Filmen.
Danach waren wir im EMP. War auch nett, aber ich fand das jetzt nicht soo überragend, aber ich bin auch eher der Musikbanause. Wer sich für Popmusik interessiert, der ist da aber auf jeden Fall richtig aufgehoben. Schwerpunkt ist die Geschichte der Popmusik des Nordwestens, von Bing Crosby über Jimi Hendrix und Nirvana bis Pearl Jam. Es gibt auch sehr viele interaktive Sachen zu machen. Im Eingangsbereich steht eine große Gitarrenskulptur.
Es gibt dann noch einen großen Raum, in dem lauter Computer aufgebaut sind, auf denen man alle möglichen kurzen Videos auschauen kann, in denen Bekannte und weniger bekannte Musiker, Schauspieler und andere Künstler etwas zu sich und ihrem Werk erzählen. Die meisten dieser Künstler haben mir gar nichts gesagt, aber ein paar interessante Clips waren dabei. Besonders gut kann ich mich an die Geschichte erinnern, die Nichelle Nichols erzählt hat. Nach der ersten Staffel Star Trek traf sie zufällig Dr. Martin Luther King und kam mit ihm ins Gespräch. Dr. King erwähnte, dass er ein großer Fan der Serie sei. Sie sagte dann, das sei nett, aber sie werde wahrscheinlich aus Star Trek aussteigen. Dr. King war schockiert. "You can't quit" sagte er, "Don't you know you have the first non-stereotypical role in television? For the first time the world will see us as we should be seen -- people of quality in the future. You created a role with dignity and beauty and grace and intelligence. You're not just a role model for our children, but for people who don't look like us to see us for the first time as equals."
Eine wirklich herzergreifende Geschichte.
Zum Glück blieb sie dann dabei, denn sonst wäre es später auch nicht zu der Aufregung wegen des Filmkusses mit Captain Kirk gekommen. Auch diese Geschichte wird dort kurz erzählt. In der Episode "Plato' Stepchildren" zwangen böse Außerirdische die beiden durch irgendeine Art von "mind controll" zu einem kleinen Küßchen. Es war also nicht mal irgendwie freiwillig geschweige denn romantisch. Dennoch war es natürlich in den 60ern ein Risiko, solche Sahen zu zeigen. Die Verantwortlichen von NBC hatten natürlich die Hosen voll und schlugen vor, ob man nicht Mr. Spock Uhura küssen lassen könnte. Aber da war William Shatner dagegen, das wollte er schon selbst machen. Schließlich hieß es, man sollte zwei Szenen drehen, eine mit und eine ohne Kuss. Zuerst drehten sie die Szene mit dem Kuss und dann die ohne. Hierüber berichtet Nichelle Nichols:
"When the non-kissing scene came on, everyone in the room cracked up. The last shot, which looked okay on the set, actually had Bill wildly crossing his eyes. It was so corny and just plain bad it was unusable. The only alternative was to cut out the scene altogether, but that was impossible to do without ruining the entire episode. Finally, the guys in charge relented: "To hell with it. Let's go with the kiss." I guess they figured we were going to be cancelled in a few months anyway. And so the kiss stayed." Beschwerden gab es übrigens nach der Ausstrahlung nur wenige, die meisten Zuschauerzuschriften waren positiv.
Als wir wieder raus waren, sind wir noch ein bißchen durchs Gelände geschlendert und dann rauf auf die Space Needle. Es war inzwischen zwischen 18 und 19 Uhr und die Lichtverhältnisse waren ganz nett. Oben gab es eine Art Führung bei der erklärt wurde, was man gerade sehen konnte. Unter anderem wurde auf ein Haus hingewiesen, wo die Aussenszenen für das Krankenheus in "Grey's Anatomy" gedreht wurden. Die Innenszenen die anderen Aussenszenen wurden natürlich irgendwo in L.A. gedreht. Bilder von diesem Haus hamwer nicht, dafür aber
vom Lake Washington
von unserem Hotel
von Downtown
vom Hafen
vom Mt. Olympus im Olympic National Park, damit hätten wir diesen Park auch gesehen - wenn auch nur aus einiger Entfernung
und von ein paar Häusern
Leider sind wir Deppen nicht bis zum Sonnenuntergang geblieben. Aber wir hatten Hunger und oben auf der Space Needle wollten wir nicht essen, die nehmen's von den Lebenden. Wir sind zurück zum Pike Square und haben dort ein nettes Restaurant gefunden, wo wir einen Platz mit Blick auf die Bucht bekommen haben. Das Essen war sehr gut und die Aussicht bei Sonnenuntergang auch. Schöne Aussicht bis rüber zum Olympic National Park.
Bei den letzten beiden Bildern konnte ich mich nicht entscheiden, welches schöner ist. Da hab ich einfach Mal beide genommen.
Der Lachs den ich hatte, war ein Gedicht. Überhaupt nicht vergleichbar mit dem, den man hier so bekommt. Richtig guten Lachs habe ich bisher nur in Finnland und jetzt eben hier gegessen. Wahrscheinlich ist der Lachs der einem in Deutschland so vorgesetzt wird einfach nicht mehr richtig frisch. Und teurer ist er in Deutschland auch noch.
Nach dem Essen sind wir langsam zurück zum Hotel, wir mussten ja morgen früh raus, damit wir unser Schiffchen nicht verpassen. Auf dem Heimweg liefen wir über den Pike Place, der auch in der Dämmerung nett aussieht.
Um diese Zeit war wie gestern Abend fast nichts mehr los. Außer vor dem Starbucks. Wenn wo anders schon die Rollläden runtergehen, wird am Starbucks noch fotografiert.
Wir fotografierten die fotografierenden Touristen und gingen dann weiter. Auf dem Rückweg kamen wir wieder an der Space Needle vorbei.
Als wir im Hotel ankamen, überreichte der Typ von der Rezeption uns freudestrahlend ein UPS-Päckchen. Unser Fernglas! Yipie! Gerade rechtzeitig vor unserer morgigen Tour.
Jetzt kann ja nichts mehr schiefgehen ... dachten wir ... Aber erstens kommt alles anders und zweitens als man denkt ...
Im Fernsehen lief schon die nächste Skandalgeschichte. Miley Cyrus (den Eltern von schulpflichtigen Kindern sicherlich bekannt) hatte sich im zarten Alter von 15 Jahren in irgendwelchen freizügigen Posen von Annie Leibovitz fotografieren lassen. Unerhört!