Mittwoch, 02.07.2014 - Memphis Downtown, Pyramiden, BBQ und Gibson GitarrenHeute dachte ich mir : Mach mal einen Zug durch die Stadt und schau mal was Memphis dir zu bieten hat. Zuerst aber wurde ich gestoppt vom „March of the Peabody Ducks“. Warum zum Henker liegt hier im Foyer ein roter Teppich und warum zum Henker sind hier so viele Leute ? Ich war mitten in die Vorbereitungen zur Entenparade geraten. Das Peabody Hotel bietet als DIE große Attraktion zweimal täglich eine Entenparade an. Es gibt Enten, die auf dem Dach des Hotels wohnen. Diese Enten werden jeden Tag um 11 Uhr mit dem Aufzug herunter in die Hotelhalle gefahren, watscheln dann über den roten Teppich zum Springbrunnen der mitten im Foyer steht und paddeln dann den ganzen Tag in diesem Springbrunnen herum.
Nachmittags um 17 Uhr wird der ganze Zinnober in umgekehrter Richtung veranstaltet. Jedes Mal mit einen Kastellan in roter Uniform, der noch die Geschichte der Enten erzählt und einem gespielten Marsch. Und unglaublich vielen Leuten die sich das ansehen.
Ok. Da war ich ja jetzt auch bei. Aber eigentlich nur, wie die Gaffer auf der Autobahn, die beim größten anzunehmenden Unfall auch nicht weggucken können. Ich habe meine Fotos gemacht um dieses Schauspiel zu dokumentieren. Das sollte es aber auch gewesen sein.
Nach diesem ganzen Tschingderassebumm aber nun wirklich raus auf die Straße. Ich dachte, geh mal die Union runter bis zur Mainstreet und von dort kann man bestimmt ne schöne Rundfahrt mit der Trambahn machen. Tjaaa. Hätte man können, wenn die Trambahnen nicht zuletzt „suspended“ worden wären. Aus irgendeinem, nicht weiter kommunizierten, Grund waren die Trambahnen zuletzt mal aus dem Verkehr gezogen worden. Auf die Frage ob nur kurzzeitig oder für immer habe ich auch im Hotel nur Schulterzucken geerntet (Update: Intensives Googlen förderte folgendes zu Tage: Alle Streetcars werden auf unbestimmte Zeit repariert, instandgesetzt und generalüberholt).
Es gibt einen Bus-Ersatzverkehr, der sich laut Plan lose an den Streetcar Routen orientiert. Schade eigentlich. So ne alte Old-School-Straßenbahn wäre ich schon gerne gefahren.
Da ja keine Bahn unterwegs war bin ich nun der Main Street den Schienen entlang gefolgt. Die Häuser entlang der Straße waren teilweise sehr schön. Teils mit vielen Schnörkeln verbaut oder mit Verzierungen draußen dran. Es gibt Grünflecken und große Brunnen wo Kinder drinne rumspringen. In der Adams Avenue mal abgebogen kommt man am Feuer-Museum vorbei, einer großen Polizeistation und schließlich an einen fetten Gerichtsgebäude. Zurück auf der Mainstreet trifft man nach kurzem weiteren Weg auf den Overpass der Interstate. Spätestens ab hier wird die Gegend links und rechts der Straße aber dann doch einigermaßen schnell recht beliebig und fast schon ein kleinwenig schäbig.
Ich habe es noch durchgehalten bis zum Depot der Busgesellschaft wo ich noch schnell zwei Bus-Tageskarten für heute und morgen gekauft habe. Hier unten bin ich rumgedreht, da der weitere Verlauf der Mainstreet nicht sehr vielversprechend aussah. Direkt mal das Busticket aktiviert und mit dem nächsten Bus wieder zurück gefahren. Ausgestiegen bin ich in Höhe des Civic Center. Hier in der Höhe ist eine Straße weiter in der Front Street der Eingang zur Bahn nach Mud Island.
Ich weiß garnicht wie ich genau Mud Island beschreiben soll. Man kann mit einem Bähnchen rüberfahren. Kommt dann in einem fetten Komplex an der irgendwie den Eindruck macht komplett aus Beton gegossen zu sein an. Und irgendwie ist da dann nix. Auf einer der leeren Etagen ist noch ein Museum. Das hätte ich zwar auch im Eintritt dringehabt, aber irgendwie hatte ich heute keine Lust auf Museum. Ansonsten war der restliche Komplex erstaunlich …. leer.
Draußen hat man den Verlauf des Mississippi nachgebaut. Der komplette Verlauf durch die zig Bundesstaaten ist im Maßstab 1:irgendwas nachgebaut. Es fließt zwar Wasser. Aber hauptsächlich hatte sich hier auch wieder jemand mit ganz viel Beton verausgabt. Zumindest hier draußen waren auch noch ein paar Leute. Ich habe mich mal ein wenig in den Schatten gesetzt und es auf mich wirken lassen. Irgendwie kam mir das so vor, als ob man unbedingt irgendwas extravagantes bauen wollte und dann nach dem Motto „baue es und sie werden kommen“ gehofft hat, das die Leute schon kommen werden.
Verschweigen möchte ich allerdings auch nicht, das man von hier einen echt schönen Blick über den breiten Mississippi und zu beiden Seiten die Brücken über den Fluß auch recht gut sehen kann.
Ich meine, Memphis hat Erfahrung damit so zu handeln. Wenn ich die Geschichte richtig interpretiert habe, dann war es mit der riesigen Memphis Pyramide nämlich ganz genauso. Irgendwann dachte man sich, wir wollen irgendwas haben, was unsere Verbindung zu Ägypten und den alten Pharaonen symbolisiert (Memphis halt). Es war schnell ein Stararchitekt gefunden der eine riesige Pyramide inmitten von zahlreichen Straßenbrücken und Interstateabfahrten hingestellt hat. Von der Brücke nach Mud Island rüber hat man da eine sehr gute Sicht drauf. Nach den Motto „baue es und sie werden kommen“ hat man diese silberne Pyramide verkauft als das neue Zentrum mit Restaurants, Shoppingmalls, Geschäften und Events. Das Teil wurde eröffnet mit großen Brimborium. Allerdings leider ohne Restaurants, Shoppingmalls, Geschäften …. . Das Teil war der größte Flop in der jüngeren Baugeschichte von Memphis und der ganze Komplex steht seit 20 Jahren nun komplett leer! Wenn ich es richtig gesehen habe waren mal wieder Bestrebungen im Gange eventuell 2014 da was aufzumachen.
Nun gut. Genug Abschweifung. Wieder zurück auf dem Festland habe ich mir einen der Tram-Ersatzbusse geschnappt und bin zum Bahnhof gefahren. Zumindest wollte ich, musste aber feststellen, dass diese Ersatzbusse die Tramlinie sehr frei interpretieren. In der Nähe vom Bahnhof dachte ich „Ok. Nur noch ein paar Meter und wir sind da“ und prompt bog der Bus rechts ab und fuhr schnurstracks vom Bahnhof weg. Grr. Also unfreiwillige Stadtrundfahrt. Ich bin mit dem Bus wieder zurück in die Nähe von Mud Island gefahren und dort raus. Dann bin ich zur nächsten Haltestellte gegangen in die Richtung Bahnhof. Nach ca. 10 Minuten warten ist dann da der gleiche Bus vorbeigekommen aus dem ich eben ausgestiegen war. Der Busfahrer wird sich wohl auch seinen Teil gedacht haben als ich da wieder eingestiegen bin. Egal. Diesmal habe ich den Absprung früh genug geschafft und bin zum Bahnhof. Ich wollte mal schauen, wo die Amtrak Station ist.
Die Eingangstür habe ich gefunden. Auf der stand auch das eigentlich immer geöffnet sei. Nur war die Türe verschlossen. Aha. Na egal. Ich lass mich übermorgen mitm Taxi hier hinfahren. Der Fahrer wird wohl wissen, wo es hier rein geht.
Vom Bahnhof wars nicht weit zum nächsten Reiseführer BBQ Must Eat. Das Central BBQ. Wieder wurden die Ecken wo man durchmarschierte erst mal ein wenig undurchsichtig. Offensichtlich ist es hier einfach so, dass die besten BBQ Länden in den abgeschranztesten Ecken liegen. Das Central BBQ hatte auch nen ziemlichen Betrieb. Auch hier hab ich aber für mich alleine direkt ein Plätzchen an der Theke gefunden. Man muss hier beim Eingang vorher bestellen und zahlen. Dann kriegt man das Essen zum Platz gebracht. Wenn die persönliche Bestellnummer aufgerufen wird muss man sich nur bemerkbar machen.
Die Portion Nachos mit BBQ Chicken und vielem scharfen Zeugs und der BBQ Pulled Pork Burger mit viel Fleisch, BBQ Sauce und Coleslaw waren ein Gedicht ! Und es war eigentlich garnicht teuer. Also der Laden ist echt ein Tipp. Zu Stoßzeiten kann es aber hier sehr voll werden und da muss man scheinbar auch lange auf ein Plätzchen warten.
Eine Ecke weiter wie das Central BBQ ist das Lorraine Motel. Das ist das Motel, wo damals Martin Luther King auf einem der Balkone erschossen wurde. Mittlerweile hat man ein Museum für afroamerikanische Geschichte aus dem ganzen Komplex gemacht. Irgendwo auf den Motelbalkonen soll wohl auch eine Markierung sein, wo King damals gestanden hat.
Auf einmal fing es aus heiterem Himmel an zu regnen. Das gabs gestern Abend auch schon mal. Ohne Hinweise wie eine dunkle Wolke plötzlich Wasser von oben. Gestern Abend ging das noch einigermaßen. Heute wars allerdings noch ne Spur wärmer als gestern und der Regenschauer erzeugte augenblicklich eine Luftfeuchtigkeit und Schwüle die sich gewaschen hatte. Ich bin zur nächsten Tram-Ersatzbus-Haltestelle gegangen und habe dort beim warten auf den Bus leise vor mich hingeschwitzt.
An der Haltestelle Beale Street raus bin ich auf dem Weg zur 2nd Street an einer Elvis Statue vorbeigekommen. Das große Gebäude was da im Weg stand war die Zentrale von Memphis Gas, Wasser, Sch.....eibe. Dahinter, also einmal quasi um den Block gegangen kann man schon das große Gebäude des Gibson Gitarren Werkes sehen. Irgendwie war hier aber alles verdächtig menschenleer. Falsche Seite. Der Eingang war nicht an der 2nd sondern an der 3rd Street.
Drinnen kann man erst mal eigentlich garnix machen außer den Empfangsschalter begutachten, ein großes leeres Treppenhaus und den hauseigenen Gitarrenshop besuchen. Selbst jemand wie ich der eigentlich kein Musikinstrument beherrscht wird da in dem Laden von den glänzenden und glitzernden Gitarren magisch angezogen. Keine Ahnung was so ein normaler Kurs für ne Gibson E Gitarre ist, es hingen auf jeden Fall Stücke für knapp 5.000 Dollar da rum.
Hier im Shop kann man sich auch das Ticket für die Werksführung kaufen. Heute hatte ich ausnahmsweise mal Glück. Für die letzte Führung des Tages war genau noch ein Platz frei. Und da ich genau nur eine Person bin passte das ausnahmsweise mal wie die Faust aufs Auge.
Die Führung beginnt in einem zu so etwas wie einer Hall of Fame umgebauten Korridor. Hier haben recht viele bekannte Musiker den Gibsons eine ihrer Gitarren signiert wieder zurückgestiftet. Vom Februar dieses Jahres war sogar eine Widmung der Toten Hosen hier zu finden.
Wenn man die Werkshalle dann betritt hat man sofort einen tollen Geruch nach Holz in der Nase. Jedes noch so kleinste Teil Holz für die Gitarren wird hier in Handarbeit gesägt, gefeilt, geklebt, poliert, lackiert ..... . So eine Gitarre besteht zu 100% aus Handarbeit ! Der einzige Computer den ich gesehen habe wurde zum Laservermessen von irgendwas benutzt. Wenn der Computer dann irgendwelche Abweichungen festgestellt hat wurde es angezeigt und dann stand wieder jemand mit ner verdammt kleinen Holzfeile daneben und hat gefeilt und geschliffen was das Zeug hält.
Der "Guide" unserer Führung war ein Althippie mit langem Rauschebart. Er hatte ein kleines tragbares Lautsprecherchen dabei damit man ihn verstand. Allerdings hat das auch nix genützt. Sein komischer Dialekt und der allgemeine Geräuschpegel in der Halle haben mich nicht viel verstehen lassen. Aber im Prinzip brauchte man auch nicht so viel Erklärung. Die Arbeiten die man gesehen hat erklärten sich eigentlich auch von selbst.
Auch an der letzten Station wo die Elektrik in die Gitarren eingebaut wird wurde handgelötet. Während einer längeren für mich nicht verstehbaren Erklärung unseres Guide-Catweasel habe ich mal länger einem der Leutchen zugeschaut wie der mit Engelsgeduld einen Drehknopf in den Korpus eingefriemelt hat und dann die diversen Kontakte und Kabel schön sauber handverlötet hat. Das sah echt nach einer Arbeit aus wo nur tiefenentspannte Menschen für geeignet sind.
Toll. Jetzt hab ich auch mal gesehen wie ne Gitarre gebaut wird. Der nächste Programmpunkt bot sich dann direkt auf der anderen Straßenseite an. Das Memphis Rock & Soul Museum. Ich muss ja gestehen bis eben gerade hatte ich gedacht das hätte "Rock & Roll Museum" geheißen. An der Kasse interessierte man sich woher ich denn käme. Dschörmenie. Oh. Deutschläänd ! Und schon war ich mittendrin in einem netten Gespräch über Fußball und die WM und das deutsche Team. Am Ende meinte der Typ nur das er überzeugt wäre, Deutschland würde Weltmeister. Tja, wenn man da schon gewusste hätte das der Mann recht behält, hätte man schnell mal ein paar Wetten abschließen müssen.
Die Ausstellung fängt mit einem kurzen Film an der Lust auf mehr macht. Allerdings kann die Ausstellung meiner Meinung nach das geweckte Interesse nicht soooo ganz befriedigen. Ich bin eigentlich recht schnell durch. Vermutlich interessiert mich die ältere Geschichte und die Anfänge des Blues und die Anfänge der schwarzen Musiker nicht genug. Natürlich gibt es reichlich was über B.B. King und Co. Aber auch sehr viel von Leuten wo zumindest ich nie was von gehört habe. Aktuelle Musikgeschichte wird am Ende auf einer kleinen Wand nur ganz kurz gestreift.
Nun ja. Um sich während eines Regenschauers mal drinnen aufzuhalten passt es ganz gut, ein Muss Stopp ist das hier aber auf jeden Fall nicht.
Es war jetzt so gegen 6 Uhr und ich bin kurz zum Hotel. Da zerstreuten sich gerade die Massen nach der abendlichen Entenparade. Ich hab noch ein wenig die Füße hochgelegt und das Umsonst-WLAN genutzt. Gegen 8 Uhr bin ich dann wieder zur Beale Street gegangen.
Um die spektakulärsten Umbauten war auch immer ne riesige Menschentraube drum herum. Mächtig was los hier auf einmal. Nach Begutachtung von diversen Maschinen bin ich zu dem Schluss gekommen, das Motorräder, bzw. deren Umbau in Amerika scheinbar rechtsfreier Raum ist. Was ich da teilweise gesehen habe. Bei uns wäre der TÜV mit nem Sondereinsatzkommando angerückt und hätte die Hälfte der Maschinen direkt stillgelegt.
Den restlichen Abend habe ich dann beim B.B. King verbracht. Die Band die hier spielte war einfach gut.