06.08.19, Icefield Parkway, „Der Weg ist das Ziel“Wir frühstücken in einem Imbiss im Ort Lake Louise. Für heute haben wir uns den Icefield Parkway vorgenommen. Nach den Hinweisen aus Reiseberichten und den entsprechenden Unterlagen der Nationalpark-Verwaltung habe ich unsere Ziele ausgewählt.
Schon kurz nach dem Start halten wir wieder und zwar am Herbert Lake. Dieser See erscheint zunächst klein, unbedeutend und gar nicht so schön türkis-blau wie viele andere, aber er lohnt sich trotzdem. Da er klein und vollständig von Wald umgeben ist, ist seine Oberfläche nahezu spiegelglatt, wodurch es schöne Reflexionen gibt.
Ich spiele mit dem Gedanken, einmal um den See zu laufen, um vielleicht noch schönere Motive zu finden. Da wir heute aber noch einiges vorhaben, lasse ich es sein. Es war vielleicht auch besser so, …
… denn kaum sind wir wieder ein paar Meter gefahren, sehen wir zwei Autos mit Warnblinklicht am Straßenrand. Und was macht da der erfahrene Urlauber?
… Blinker raus, auch anhalten, die Kamera zücken und schauen, was es da so zu sehen gibt.
Falls es jetzt unter euch „Reichsbedenkenträger“ gibt, brauchen die mir nicht zu schreiben.
Ich weiß, dass das Anhalten wegen Wildlife irgendetwas zwischen „unerwünscht“ bis „verboten“ ist und gefährlich noch dazu und überhaupt …
Wir schauen in die Runde und siehe da, da raschelt es im Gebüsch.
Scheinbar tiefenentspannt läuft der Schwarzbär am Straßenrand entlang und überquert dann seelenruhig die Straße.
Schließlich verschwindet er wieder im Unterholz.
Wow, das war doch schon mal ganz nett.
Weiter geht es zum Krähenfuß-Gletscher.
Kurz danach erreichen wir den Bow Lake. Hier ist die Parksituation schon recht angespannt. Man könnte um den See bis zum gleichnamigen Wasserfall wandern, aber das würde einige Zeit kosten, die wir heute nicht haben. So begnügen wir uns mit ein paar Fotos.
Auf dem Rückweg sehen wir dann am Parkplatz noch ein rollendes Hotel aus Deutschland. Vermutlich ist das eine relativ preiswerte Methode zu reisen, wenn man bereit ist, in einem „Schließfach“ zu übernachten.
Unser nächstes Ziel ist der Peyto-Lake, der wohl die schönste Farbe aller Bergseen der Umgebung hat. Hier ist auf dem regulären Parkplatz nichts mehr frei, so dass wir an der Zufahrtsstraße parken. Bis zum See hin müssen wir etwas laufen (2,6 km roundtrip, 1 h), was nicht weiter schwierig ist. Am See merke ich dann, dass ich besser mein Weitwinkel-Objektiv mitgenommen hätte. Um es „mal eben“ zu holen, ist der Weg zu weit.
Nach dem Peyto-Lake steuern wir auf das Mekka der Touristen am Icefield Parkway zu, das Columbia Icefield mit dem Athabasca-Gletscher. Es gibt gleich drei Parkplätze, einen großen am Visitor Center und zwei kleinere, die etwas näher am Gletscher liegen. Einer der beiden befindet sich etwa auf Höhe des Gletschers, der andere um einiges weiter unten in einer Senke. „Schlau“ wie wir sind, nehmen wir den höher gelegenen, schließlich wollen wir nicht unnötig weit laufen. Wir finden schnell eine Parklücke. Gut gelaunt laufen wir los und machen noch unsere Späßchen.
Man täuscht sich mit den Entfernungen, es ist doch ein ganzes Stück zu laufen. So langsam schwant es uns, dass unsere Parkplatzwahl doch nicht so clever war. Noch ein paar Meter hin und wir haben Gewissheit …
Der gut gelegene Parkplatz war ein Trugschluss. Es führt von hier kein direkter Weg zum Gletscher. Wir müssen zunächst zu dem tiefer gelegenen Parkplatz herabsteigen, um zum Gletscher zu gelangen
… und am Ende natürlich wieder hoch. Hauptgewinn!
Vom Parkplatz (2) begeben wir uns auf die „Ameisenstraße“
und erreichen einige Zeit später den Gletscher.
Je nach dem, welche Geschichte man erzählen möchte, kann man dann die Situation so …
oder so darstellen,
wobei das zweite Foto die Realität ehrlicher widergibt.
Der Gletscher insgesamt beeindruckt uns. Allerdings sind wir enttäuscht, dass wir nicht bis an ihn herankommen. Dass zwischen View Point und Gletscher noch der Schmelzwasser-Fluss ist, wussten wir aus früheren Reiseberichten, aber den Geröllhügel, der noch dahinter kommt, hatten wir nicht auf dem Schirm. Letztlich muss man sich bewusst sein, das zwischen dem View Point und dem eigentlichen Gletscher noch ca. 200-300 m liegen und man die Gletscherkante vom View Point aus im Wesentlichen nicht sieht.
Das Panorama ist durchaus schön. Wer es aber darauf anlegt, den Gletscher von Nahem zu sehen oder gar „anzufassen“, sollte sich im Vorfeld etwas anderes überlegen. Dafür gibt es drei Möglichkeiten:
- Man setzt sich über die Absperrungen und Verbote hinweg und geht auf eigene Faust in die Nähe des Gletschers. Im günstigsten Fall hat man ein „einseitiges Gespräch“ mit einem
Bergführer oder Ranger. Im ungünstigsten Fall verletzt man sich und muss geborgen werden, was dann richtig Stress gibt.
Dass man ohne kundigen Führer nicht allein
auf den Gletscher geht, versteht sich wohl von selbst.
- Man kauft sich ein Ticket für den Gletscher-Bus und lässt sich auf den Gletscher fahren. Das ist mittelschwer teuer, gemessen an dem, was geboten wird.
- Man nimmt an einer geführten Wanderung auf den Gletscher teil. Die Preise dafür sind mir nicht bekannt. Falls man das vorhat, sollte man eigene „Heavy Duty“-Wanderschuhe
mitbringen, weil ein Gletscher nun mal aus Schnee und Eis besteht. Die Bergführer bieten auch Wanderschuhe zum Ausleihen an, aber ob man da welche mit dem passenden Fußpilz-Typ findet, ist ungewiss.
Im Nachhinein betrachtet hätten wir uns besser für die geführte Wanderung entschieden.
Im Visitor Center essen wir ein Sandwich zum Mittag. Dem Preis nach muss das mit Goldstaub gewürzt worden sein.
Während des Essens beginnen wir, uns die Busfahrt auf den Gletscher schönzureden, aber dann fängt es (glücklicherweise) an, kräftig zu regnen, so dass wir nicht weiter darüber nachdenken müssen.
Wie schon von anderen erwähnt, reichte der Gletscher Anfang des 20. Jahrhundert noch etwa bis zum Highway. Meilensteine dokumentieren seinen Schwund im Laufe der Zeit. Jetzt ist er etwa 1-2 km von der Straße entfernt.
Ja, die „größten Staatenlenker aller Zeiten“ könnten ja einmal untersuchen lassen, ob da vielleicht doch ein Zusammenhang mit dem Klimawandel besteht.
Vielleicht erfahren wir dann über Twitter, dass die „10000“ Besucher täglich den Gletscher einfach nur kaputt getreten haben.
Eigentlich ist der Athabasca-Gletscher schon Gelddruckmaschine genug, aber „findige Leute“ haben in der Nähe noch den „Columbia Icefield Skywalk“ bauen lassen (einen Glassteg, der über den Felsrand hinausragt). Der Name suggeriert, dass er etwas mit dem Gletscher zu tun hat und die Eintrittskarten werden auch gleich im Paket mit den Bustouren angeboten.
ABER
Der Skywalk liegt ca. 6 km vom Visitor Center und damit auch vom Gletscher entfernt. Ich bin selbst nicht auf dem Skywalk gelaufen und will mich daher mit einem Urteil zurückhalten.
Meine Empfehlung: Wer sich dafür interessiert, möge,
bevor er die Eintrittskarten kauft, selbst zum Skywalk fahren (liegt nördlich des Visitor Centers direkt an der Straße) und für sich entscheiden, ob diese Attraktion ihr Geld wert ist oder eben nicht.
Im Regen geht es weiter, bis wir unser Tagesziel, die Sunwapta Rocky Mountain Lodge erreichen. Nach dem Einchecken fahren wir noch an die gleichnamigen Wasserfälle. Es regnet immer noch, so dass es kein Vergnügen ist. Der Fotoapparat bleibt gut verpackt in der Tasche. Daher gibt es nur dieses Handy-Panorama der Wasserfälle.
Aber wie so oft im Leben ist an allem Schlechten auch ein wenig Gutes dabei. Unsere Hütte hat einen Kamin, Holzscheite liegen bereit, zum Anzünden möge man an der Rezeption anrufen.
Das tun wir.
Ein Maschinenbau-Student aus Braunschweig, der für ein paar Monate über Work & Travel durch Kanada reist, kommt vorbei und entfacht für uns mit einem Gasbrenner das Kaminfeuer. Wenn es draußen so richtig „usselig“ ist, macht es der Kamin drinnen umso gemütlicher.
Das Abendessen gibt es im Restaurant der Lodge, dem wahrscheinlich einzigen im Umkreis von 50 km. Das Essen ist richtig gut.
Für den Nachtisch haben die sich aber eine ganz fiese Masche ausgedacht:
Statt die Dessert-Karte zu bringen, kommt der Kellner gleich mit einem Tablett voll süßer Versuchungen an den Tisch …
… wir haben keinen Tisch gesehen, an dem er wieder weggeschickt wurde.
Während die glühenden Holzscheite im Kamin noch leise knistern, schlafen wir ein.
Morgen wird es vom „Schwarzen See“ über einen tiefen Canyon bis zum „Engels-Gletscher“ gehen.
Tipps für Planer
- Icefield Parkway
sehr empfehlenswert
(mindestens) einen vollen Tag einplanen
Plan machen, was man sich ansehen und welche Wanderung man unternehmen möchte (sonst reicht am Ende die Zeit nicht)
- Herbert Lake
empfehlenswert
schöne Spiegelungen
- Crowfoot Gletscher
empfehlenswert
- Bow Lake
empfehlenswert
- Peyto Lake
sehr empfehlenswert
überlaufen
hat für uns das schönste Türkis der hiesigen Bergseen
Achtung, ca. 1 h Wanderung einplanen
- Columbia Icefield (Athabasca Gletscher)
sehr empfehlenswert
überlaufen
sich vorher klarmachen, was man unternehmen möchte:
+ Wanderung bis zum View Point vor dem Gletscher (Achtung, man kommt (regulär) nur bis auf 200-300 m an den Gletscher heran und kann die Gletscherkante wegen des Geröllhügels davor nicht sehen)
+ geführte Wanderung auf den Gletscher („richtige“ Wanderschuhe mitbringen, Preis nicht bekannt)
+ Bustour auf den Gletscher (teuer)
wenn möglich erst vor Ort buchen, damit man einschätzen kann, was sich vom Wetter her lohnt
Verpflegung im Visitor Center teuer
- Columbia Icefield Skywalk
ist nicht direkt am Gletscher, sondern ca. 6 km entfernt
Achtung, erst selbst vor Ort ansehen, bevor man ein Ticket kauft
- Sunwapta Falls
empfehlenswert
- Sunwapta Rocky Mountain Lodge
bedingt empfehlenswert
PRO: ruhige Lage inmitten der Natur, Abend-/Nachtfotos der Sunwapta Falls möglich (geeignetes Wetter vorausgesetzt)
CONTRA: Jasper liegt verkehrstechnisch zentraler und bietet viele Alternativen bzgl. der Restaurants