18.09. Astoria - Olympic NP: Beach 2, HOH Rain Forest, Marymere Falls - Port Angeles(354 Meilen / 569km)Guten Morgen, hier ist wieder Buffalo Bill. Mann, habe ich heute gut geschlafen. Noch in der Dämmerung wird aufgestanden und das Frühstücksbuffet vor dem Balkon aufgebaut. Der Ausblick ist einfach zu schade, um ungenutzt zu bleiben. Beim Checkout werden wir gefragt, was uns denn in die äußerste Ecke von Oregon verschlägt, worauf Markus wieder mit seiner Brücke anfängt und den Kinofilm „Kindergartencop“ erwähnt, der wie auch „Nummer 5 lebt“ hier gedreht wurde. Nun ist das Eis gebrochen und auf einmal werden wir mit Informationen überschüttet, welche Filme hier noch gedreht wurden und an welchen Ecken es welche Szenen zu sehen gibt. Natürlich bekommen wir auch einen Stadtplan und eine genaue Beschreibung, wie wir zur Schule aus „Kindergartencop“ kommen. Und natürlich auch nicht den Astoria Column vergessen, einem Aussichtsturm über der Stadt. Markus findet derweil noch einen Flyer von einer historischen Straßenbahn, die zu ausgesuchten Zeiten im Hafen fährt. Mann, der Ort wird ja immer sympathischer.
Astoria mit der Astoria Bridge am Morgen |
Wir verabschieden uns, bevor wir noch Grundrisse aller Häuser und Anekdoten von jedem Ziegelstein erzählt bekommen und fahren erstmal zur Schule. Was haben wir nochmal in der ersten? Mathe?
Grundschule in Astoria, bekannt aus Kindergarten Cop |
Wie eigentlich zu erwarten war, wirkt im Film alles größer als es in Wirklichkeit ist. Aber das ist egal, das Gebäude sieht wirklich aus wie das im Film. Zumindest die Außenaufnahmen wurden wirklich hier gedreht.
Und dann der Astoria Column. Zu schade, heute sind die Maler hier beschäftigt. Der Turm ist gesperrt, weil die Wände des innen liegenden Treppenhauses gestrichen werden. Normalerweise kostet es auch einen Dollar, hier oben zu parken, den man ehrlicherweise am Souvenirladen zahlen sollte, aber der Verkäufer erlässt uns heute die Gebühr, weil der Turm gesperrt ist.
Astoria Column auf dem Coxcomb Hill in Astoria |
Und so genießen wir den Rest der Aussicht halt kostenlos.
Dann ist es soweit und wir verlassen die auffallend hügelige Stadt, die wie ein kleines San Francisco ebenfalls am Pazifik liegt, über die schöne Astoria-Megler Brücke. Die markante grüne Brücke führt zuerst hoch über den Columbia River, hoch genug, um dicken Kähnen die Durchfahrt zu ermöglichen, danach noch viele Meter lang knapp über der Wasseroberfläche, bis wir wieder im Bundesstaat Washington angekommen sind.
Astoria Bridge über den Columbia River |
Die weitere Fahrt ist nicht wirklich eine große Erwähnung wert. Auch, wenn die 101 laut Karte meilenlang parallel zum Ozean führen soll, so sieht man von diesem vergleichsweise wenig. Da hat der Highway Nummer 1 in Kalifornien weit mehr zu bieten.
Astoria Bridge über den Columbia River |
Vielleicht noch als kleine Randnotiz, Aberdeen steht auf unserer Rangliste hinter Yakima direkt auf Platz 2 der herunter gekommenen Städten. Hier würden wir gefühlsmäßig auch nicht wirklich übernachten wollen, aber das müssen wir ja auch noch längst nicht. Es bleibt noch genügend Zeit, einige Teile des Olympic NP zu besichtigen.
Kommt man von Süden, liegt als erstes Lake Quinault am Weg. Wir biegen rechts ab und fahren über die South Shore Road um den See, doch sieht man vom See selbst so gut wie gar nichts. Abgeschirmt hinter großen Zäunen erahnen wir Privathäuser mit Bootsanleger, reiche Snobs, die unter sich sein wollen. Von einem Spaziergang am See, wie es der Reiseführer versprochen hat, sind wir weit entfernt.
Quinault Rain Forest im Olympic NP |
Auch „mal eben um den See“ fahren ist nicht möglich, denn der North Shore- und South Shore Drive sind erst in etwa 8 Meilen Entfernung miteinander verbunden. Und auf dieser teilweise unbefestigten Kleinststraße kommen wir entsprechend langsam voran, man kann sich also denken, wie viel Zeit dafür drauf ging. Immerhin haben wir schon mal den ersten Blick auf den berühmten Regenwald werfen können.
Viel schöner und landschaftlich ganz anders ist der Teil der 101 direkt am Pazifik entlang. Entgegen meinen vorherigen Aussagen bekommt man hier wenigstens auch genügend Ozean zu sehen, wenn man mal anhält und die paar Schritte runter zum Strand läuft. Aber welcher ist der schönste? Wir haben die Auswahl zwischen Beach 1, 2, 3 und 4. Vielleicht sollten wir das Publikum befragen? Oder doch erst den 50:50 Joker nehmen? Nach längerer Suche entscheiden wir uns spontan für Beach 2 und balancieren unsere Picknickvorräte über den Abhang hinunter zu Ozean, wo wir auch gleich Gesellschaft von hungrigen Möwen bekommen.
"Beach 2" im Olympic NP |
Hoh, hoh, hoh, ist denn heute schon Weihnachten? Wir machen uns auf zum Hoh Rain Forest und nachdem wir am Ende der Sackgasse angelangt sind, wissen wir auch, was ein Regenwald ist. Ein Wald im Regen. Ne, da jetzt groß zu wandern haben wir keine Lust. Und bitte nicht wieder mit dem blöden Spruch anfangen, es gäbe kein schlechtes Wetter. Bei Regen hört bei mir die Freundschaft auf.
Telefonzelle am Hoh Rain Forest Visitor C, Olympic NP |
Da „Forks“ übersetzt „Gabeln“ bedeutet und dies nichts mit Regen zu tun hat, ist es auch logisch, warum wir hier wieder auf dem Trockenen sitzen. Gerade, als wir den Ort als nebensächlich abtun wollen, entdeckt Markus etwas Besonderes. Neben einem Picknick-Platz steht eine Shay!
Waldeisenbahnlok ("Shay") in Forks, Washington |
Was is’n das? Shay? Es handelt sich hierbei um eine Waldeisenbahndampflok, die sich dadurch auszeichnet, dass auf einer Seite die Zylinder senkrecht neben dem Kessel stehen, statt wie sonst waagegerecht neben den Achsen. Die Ausnahmekonstruktion sieht ein wenig seltsam aus, hat aber den Vorteil, dass man mit so einer Lok wesentlich kleinere Kurvenradien befahren kann, was auf den provisorisch verlegten Strecken in die Berge auch vonnöten war. Man brauchte eine Möglichkeit, gefällte Bäume bequem abtransportieren zu können, ohne vorher noch zig Kunstbauten wie Tunnels oder Brücken für gerade Strecken zu bauen.
Ok, nach diesem kleinen technischen Exkurs zurück zur Natur. Am Lake Crescent stellen wir unser Auto ab, um zu den Marymere Falls zu wandern. Bis wir los können, muss aber das Auto noch zweimal umgeparkt werden, weil wir ja nicht direkt am Trailhead parken, sondern 5 Ausbuchtungen weiter davon entfernt. Ja, dadurch gewinnen wir natürlich kostbare Zeit und vermeiden die Verschwendung teurer Schuhsohlen und kostbarer Energie, wenn man sich diesen enormen Fußweg sparen kann. Ja, habe fertig mit Beschweren, wir können los.
"Brücke" über den Barnes Creek im Olympic NP |
Wieder entern wir einen Abschnitt Regenwald, zu dem der sprichwörtliche Regen aber noch nicht durchgedrungen ist. Vielleicht liegt es auch am dichten Dach. Die Baumkronen sind so dicht, es fällt auch weniger Licht ein, so dass unsere Fotoapparate schon jetzt meinen, auf Nachtbetrieb mit Blitz usw. umstellen zu müssen.
Marymere Falls, Olympic NP |
Wir überqueren den Barnes Creek auf einer netten Brückenkonstruktion. Ein halber Baumstamm wurde einfach quer über den Bach gelegt und um zwei Geländer ergänzt. Na, so lange er zwei Menschen und ein Bison trägt…
Der Wasserfall ist klein, aber fein und fällt in mehreren Stufen herunter. Zuoberst noch recht gebündelt, teilt sich der Wasserstrahl kurz darauf in verschiedene Rinnsäle auf.
Zum Abschluss des Tages fahren wir noch die Straße bis jenseits von Altair bis dorthin, wo auf unserer Karte die Beschriftung „Observation Point“ angebracht ist. Zugegeben, man kann auf einen See hinab blicken, aber wirklich vom Hocker reißt uns dieser Ausblick nicht. Keine Ahnung, ob es an den Wolken liegt oder an die durch die Berge begrenzte Sicht. Andererseits – was hat man denn eigentlich groß erwartet?
US-101 zwischen Forks und Port Angeles, Washington |
Es wird Zeit, sich eine Bleibe für die Nacht zu suchen. Wir versuchen unser Glück in Port Angeles, doch finden wir hier einfach nichts Passendes. Entweder es werden Preise verlangt, die für ein durchschnittliches Motelzimmer doch etwas astronomisch veranlagt sind, oder aber der Schuppen ist schlichtweg ausgebucht. Einmal erwischen wir sogar einen Rezeptionisten dabei, wie er gerade per Telefon das letzte Zimmer vergibt und uns anlacht, "sorry, last room just gone". Wir glauben schon, die haben sich alle abgesprochen, weil wir manch überteuertes Zimmer nicht haben wollten und man es uns nun heimzahlt, indem man den günstigeren Unterkünften unser Kommen ankündigt und sie bittet, uns nicht aufzunehmen. Wir haben wohl von zu vielen Verschwörungstheorien im Fernsehen gehört...
Jedenfalls dauert es mal wieder eine ganze Weile und letzten Endes landen wir doch wieder auf einem KOA Campground. Natürlich ist es nach der langen Suchaktion jetzt schon dunkel und nix mehr mit draußen vor der Hütte sitzen.
Im Innern finden wir ein nettes Schild, „No Pet’s inside Kabins“. Aha, der Beweis, dass nicht nur Deutsche Probleme haben, wann ein Apostroph gesetzt werden muss und wann nicht.
Na toll, dann werde ich wohl draußen schlafen müssen. Viele Grüße vom Buffalo Bill, dem ersten Bison im Regenwald.
Übernachtung: KOA Campground - Port Angeles, WA Bewertung: guter Durchschnitt |