12.09. Grand Teton NP - Jackson(183 Meilen / 294km)Hier ist wieder Buffalo Bill. Ich melde mich noch immer aus dem Yellowstone National Park, den wir heute aber verlassen werden. Zum Abschied gibt’s noch einmal ein gemütliches Frühstück im Old Faithful Inn. Unsere Extremfrühaufsteher Anja und Danilo haben sich bereits gestern verabschiedet und sind nun schon längst auf Tour.
Als wir mit frühstücken fertig sind, gesellt sich auch Extremlangschläfer Markus zu uns. Den ärmsten hat heute niemand geweckt, wo er doch sonst oft mit den Worten „Ich bin wach, mir ist langweilig, darf ich aufstehen?“ geweckt wurde. Irgendwie aber auch ein doofer Spruch. Wenn Micky so langweilig ist, warum steht er dann nicht einfach auf, macht sich im Bad fertig und surft noch ein wenig im Internet?
Nach dem Frühstück wird sich überschwänglich „Auf Wiedersehen“ gesagt und an der Rezeption ausgecheckt. Laut Voraussage bricht der Old Faithful in etwa 7 Minuten aus, aber er könnte ja wie gestern Abend auch Verspätung haben. Micky wartet schon ungeduldig im Auto und meint, der Geysir wäre nun wirklich nichts Besonderes. Diskussion beendet, wir fahren ab.
Wir wohnten so nah am Old Faithful, aber Markus hat ihn tatsächlich nicht einmal richtig gesehen.
Im Süden des Parks halten wir noch einmal kurz an den Moose Falls an und laufen die paar Meter bis runter zum Wasserfall. Sportlich springen wir von einem Stein zum nächsten über dessen Abfluss, um einen vermeintlich besseren Blickwinkel zu erhalten, nur steht die Sonne für diesen Wasserfall im falschen Winkel, so dass alles im Schatten liegt, egal, aus welcher Richtung man auch schaut.
Moose Falls, Yellowstone NP |
Oben auf der Straße ist ein Kommen und gehen. Viele Autos fahren langsamer, aber nicht, um auf die Touristen zu achten, die hier blindlings die Straße überqueren, sondern weil sie annehmen, hier wäre irgendwo ein Tier in der Nähe, was meist der Fall ist, wenn irgendwo viele Fahrzeuge am Straßenrand abgestellt sind. Aber hier geht es ja „nur“ zu einem Wasserfall. Nach dieser ernüchternden Erkenntnis fahren die meisten schnell weiter.
alte Ford-Autombile im Yellowstone NP |
Auch wir setzen uns wieder in Bewegung. Der Grand Teton Nationalpark soll am heutigen Tage in Ruhe erkundet werden. Ein erster Stopp gilt dem Jackson Lake, der nächste folgt sogleich an der Oxbow Bend östlich der Jackson Lake Junction. Wenn man es einrichten kann, dann sollte man die Aussichtspunkte östlich des Snake Rivers am Morgen abfahren, dann hat man, wie auch wir, die Sonne im Rücken, wenn der Blick auf die markante Teton Range geht.
Oxbow Bend im Grand Teton NP |
Eigentlich war geplant, nun der US-191 einfach nach Süden zu folgen und einen Aussichtspunkt nach dem anderen anzufahren, aber jugendliche Neugier gespickt mit erfahrener Abenteuerlust werden wach, als wir auf dem Parkplan die kleine unasphaltierte Straße parallel zur Hauptstraße im Bereich der Triangle X Ranch entdecken. Die Straße müssen wir uns jetzt einfach ansehen.
Staubstraße im Grand Teton NP |
Zuerts geht es ein Stück den Berg hinauf und dann fast querfeldein über eine ausgefahrene Wiese mit Spuren einer Straße über ein Hochplateau. An Ausblick mangelt es überhaupt nicht. Im schönsten Sonnenschein präsentiert sich die Teton Range mit dem zackigen, alles überragende Grand Teton vor dem vor uns liegenden Tal.
Mit nickenden Köpfen schaffen wir es, die komplette Straße durchzufahren und landen wieder im Tal auf der Hauptstraße.
Als Tipp haben wir von Danilo die Schwabacher Road empfohlen bekommen. Ok, war zwar nicht geplant, aber man ist ja von Natur aus neugierig. Die kleine Straße von vorhin beweist ja, dass spontane Ideen bei weitem nicht die schlechtesten sind.
Teton Range, wie sie sich im Snake River spiegelt |
Die Straße windet sich zum Ufer des Snake Rivers hinab. Zuerst hat es den Anschein, als ob diese kleine Sackgasse genau das Gegenteil des Erwarteten bewirkt, nämlich, dass die Aussicht durch die Bäume der hier ansässigen Wälder getrübt wird, doch wenn man bei schönstem Wetter, wie heute, am Ende der Straße ein wenig am Fluss entlang läuft, bietet sich wunderschöne Motive, wo sich die Teton Range im klaren Wasser des Snake River spiegelt.
Teton Range, wie sie sich im Snake River spiegelt |
Hier gibt es sogar einen Biberdamm, aber Mittwochs scheint auf dieser Baustelle nicht gearbeitet zu werden. Ich kann gerade nur noch den Vorarbeiter wegflitzen sehen. Ob es ein Stock oder ein Koffer mit Schmiergeld war, den er unter der Vorderpfote trug, kann ich nicht mehr genau sagen.
Jedenfalls erkläre ich diesen Punkt neben der Oxbow Bend zu den schönsten Punkten im Park – bis jetzt zumindest. Hier müsste man mal ein Picknick veranstalten, doch noch ist es nicht spät genug zum Essen.
Auf der Rückfahrt ist nun die Pfütze fällig, wo Micky auf der Hinfahrt vorsichtig die Wassertiefe gemessen hat. Schlamm spritzt hoch und im Nu hat unser Auto einen neuen Tarnanstrich. Und wunderbar, nun sind auch die Seitenscheiben in Mitleidenschaft gezogen worden, so dass der Stopp am Glacier View Turnout erstmal zur Glaspflege benutzt werden darf, wenn man überhaupt noch etwas als Beifahrer von der schönen Landschaft sehen will.
Es wird Zeit, sich nun dem Westteil des Parks zu widmen. An der Chapel of Transfiguration wird geparkt und erstmal zur Manor’s Ferry gelaufen. Fest vertäut liegt die alte Fähre am Ufer neben dem betagten Fährmannshaus. Bevor es Brücken in dieser Gegend gab, war diese Fähre eine wichtige Verbindung über den Snake River, auch für den sehr frühen Ausflugverkehr in den Yellowstone Nationalpark.
Haus des Fährmanns an Menor's Ferry, Grand Teton NP | | Haus des Fährmanns an Menor's Ferry, Grand Teton NP |
Das Haus macht von außen einen etwas mitleidigen Eindruck, ist innen aber liebevoll eingerichtet, als ob heute Abend der Fährmann hier wieder einkehren und übernachten würde.
Gerade wollen wir uns im nahe gelegenen Schuppen etwas umsehen, da spricht uns ein Ranger an, wir sollen bitte hier bleiben und nicht zu weit weglaufen. Hilfe, was haben wir denn jetzt wieder angestellt? Er spricht weiter, er will nun die Fähre in Betrieb nehmen und sucht noch ein paar weitere Fahrgäste.
Cool! Ich hatte mir zwar gewünscht, das Teil mal in Betrieb zu sehen, aber das einem Wünsche so schnell erfüllt werden, da kann man schon fast drüber hinweg sehen, den Ausbruch des Old Faithful verpasst zu haben.
Ein Seil ist quer über den Snake River gespannt. An diesem Seil ist die Fähre mit je zwei weiteren Seilen befestigt. Zuerst nahm ich an, mit der riesigen Kurbel der Fähre würde der Fährmann sein Gefährt nun über den Fluss ziehen, doch die Konstruktion funktioniert ganz anders. Man bedient sich der enormen Strömung des Flusses an dieser Stelle. Die Fähre wird schlicht mit den beiden Seilen halb schräg in den Flusslauf gerichtet und den Rest erledigt die Strömung. Während das Wasser gegen die Außenwand strömt, schiebt sie damit die Fähre zur Seite und damit über den Fluss. Eine verblüffende Funktionsweise, so schön simpel und Kraft sparend, die ich aber hier zum ersten Mal in meinem Leben sehe.
Fähre über den Snake River (Menor's Ferry) |
Ok, sonst schwimmt ein Bison halt auch einfach durch den Fluss, wenn Grashalme auf der anderen Seite einem zuwinken. Menschen müssen es eben immer etwas komplizierter haben. Komische Viecher sind das.
Nachdem wir am String Lake Trailhead unser Mittagessen aufgepicknickt haben, fahren wir die kleine Einbahnstraße entlang dem Jenny Lake, wobei man vom See aufgrund der zahlreichen Bäume und Büsche relativ wenig zu sehen bekommt.
Jenny Lake, Grand Teton NP |
Am South Jenny Lake Trailhead machen wir unser Auto fest – äh parken - und hoffen auf schönere Ausblicke auf den See vom Wanderweg. Zu gut sichtbar sind allerdings die Schilder mit den Hinweisen auf die Boote über den See, so dass Markus außer Stande ist, Micky den Weg rund um den See schmackhaft zu machen. Die magische Wirkung der Reklametafeln…
Mit einer Reihe anderer Fußfauler Touristen schippern wir über den See und anschließend im Gänsemarsch hoch zu den Hidden Falls. Das faszinierende an Wasserfällen ist, das bei allen irgendwie Wasser von oben herab fällt, aber doch jeder wieder ganz anders aussieht. Die einen sind breit gefächert, die nächsten eher schmal. Manche sind sehr hoch, andere wieder kleiner. Bei manchen schießt das Wasser wie eine umgedrehte Fontäne ins Tal, bei anderen ist es dagegen eher ein gemütliches Plätschern. Richtig interessant wird es, wenn sich mehrere Elemente in einem Fall vereinen, so wie bei diesem.
Hidden Falls, Grand Teton NP |
Die Hidden Falls gliedern sich in mehrere Stufen. Einige höher, andere etwas niedriger. Im oberen Teil schießt das Wasser auf schmalem Wege in die Tiefe, im unteren Teil verläuft es sich und es wirkt gemütlicher. Man kann den Schaumkronen zusehen, wie sich auf dem Wasser immer neu bilden – wenn man nur genügend Zeit hätte.
Nächstes Ziel ist der Inspiration Point, von hier relativ einfach zu erreichen, indem man linkerhand den Berg entlang nach oben folgt.
Sind wir schon da? Sind wir schon da? Es ist nicht ganz einfach, die richtige Stelle zu finden, wo denn nun der Punkt ist. Ein Schild gibt es nicht und wir sind schon einige Zeit unterwegs, immer in der Sorge, eigentlich schon zu weit zu sein, da eröffnet sich ein kleines Plateau mit wunderschöner Aussicht und vielen rastenden Wanderern. Hier müssen wir richtig sein. Stellen wir uns hinten an und genießen den Blick auf den Jenny Lake und dem Tal rund um den Snake River.
Jenny Lake vom Inspiration Point betrachtet |
Als letzte Aufgabe im Park wollen wir uns noch die Gros Ventre Slide ansehen, den deutlichen Spuren eines gewaltigen Erdrutsches. Dazu fahren wir über die Antelope Flats Road in Richtung des Lower Slide Lake. Eine Herde Bisons versperrt uns den Weg, aber nach den grandiosen Aufnahmen dieser noch immer schönen Tiere im Yellowstone wirkt die Herde hier vor der „einfachen“ Prärie schon fast langweilig. Das muss auch Markus kleinlaut zugeben.
Es wird spät, als wir Jackson erreichen. Obwohl wir rückblickend doch gar nicht so viel im Park unternommen haben, ist die Zeit doch schnell verflogen. Aber der Park war jede Minute wert und wird mit Sicherheit noch einmal auf der Wunschliste ganz weit oben stehen, auch, wenn der heutige Tag mit dem uneingeschränkt sonnigen Wetter schwer zu toppen sein dürfte. Aber es gibt ja noch so viele lohnende Ziele im Park, vielleicht auch mal eine Wanderung ins Hinterland der Grand Tetons oder eine weitere der zahlreiche unbefestigten Straßen erforschen. Naja, jetzt haben wir erstmal ganz andere Probleme.
Wie schon in Cody, winken auch hier uns wieder freundliche „No Vacancy“ Schilder entgegen. Und diesmal fahren wir sicher auch nicht die falsche Ecke des Ortes ab, sondern wirklich einmal quer durch, doch überall dasselbe Trauerspiel.
Letztendlich bleibt uns nichts anderes übrig, als den KOA Campground einige Meilen südlich der Stadt aufzusuchen. Wir nehmen uns eine schöne Cabin, deren Veranden statt zur Straße alle in Richtung Fluss zeigen.
Einkaufsstraße in Jackson, Wyoming |
Wir fahren zurück nach Jackson und laufen etwas ziellos durch den Ort. Micky hatte sich doch gewünscht, mal wieder in einem Ort zu sein nach all der Natur, aber so richtig begeistert scheint er nicht. Daher kurze Nachfrage: „Was würdest du tun, wenn du hier alleine wärst?“ „Ich würde wahrscheinlich in irgendwelche Geschäfte gehen oder mir einige Galerien ansehen!“
Und warum schlägt er das nicht schon früher vor?
Und so hangeln wir uns nun von einem Geschäft zum nächsten. Einige Geschäfte verkaufen in der Tat nur Kitsch und Ramsch, andere stecken dagegen voller guter Einrichtungsideen. So langsam wächst die Erkenntnis, wenn man sich neu einrichtet, sollte man dazu einfach mal in den Urlaub fahren und dort einkaufen. Z.B. dieses gemütliche Bett im Blockhausstil oder dieser urige Tisch da drüben. Aber auch kleinere Gegenstände wie ein ausgefallenes Tischservice, Wanddekorationen, Gardinen usw. lässt sich hier finden, passt nur jetzt nicht mehr zum vorherrschenden Stil der eingerichteten Wohnung in Deutschland.
Auch ein Besuch der zahlreichen hiesigen Galerien ist nicht zu verachten. Man kommt leicht ins Schwärmen, wenn man die schönsten Motive aus dem Grand Teton nun an einer Leinwand sieht und sich vorstellt, damit sein eigenes Wohnzimmer zu verschönern. Je nach Größe des Bildes und Können des Künstlers müsste man dann allerdings die nächsten zehn Jahre auf Nordamerika verzichten…
Million Dollar Cowboy Bar in Jackson, Wyoming |
Zum Abschluss des Tages wird noch die Million Dollar Cowboy Bar besucht. Wieder offenbaren unsere beiden Herren in ihrer Erscheinung eine unterschiedliche Altersklasse. Micky wird einfach so eingelassen, dagegen Markus muss seinen Ausweis vorzeigen. Platz genommen wird natürlich auf den wunderschönen Sätteln an der Bar. Micky bestellt sich gleich einen Whisky, Markus nur eine Limonade, im gleichen Atemzug kleinlaut erklärend, er müsse ja noch fahren, was ja tatsächlich der Wahrheit entspricht. Mickys Drink wird sofort abkassiert, Markus kann seine Kröten dagegen stecken lassen.
Müssen alkoholische Getränke immer gleich bezahlt werden oder wie ist der Unterschied zu erklären? Vor dem Verlassen fragen wir besser noch mal beim Barkeeper nach: Markus Limo geht tatsächlich aufs Haus, aber nur, weil er jetzt noch fahren muss und solch Verantwortungsbewusstsein belohnt werden soll. Dabei war das doch nur eine kleinlaute Entschuldigung, in einer Bar nichts alkoholisches zu bestellen. Wir sagt man doch so schön: Redenden Menschen kann geholfen werden. Das gilt immer wieder.
Herzlichst, euer Buffalo Bill.
Übernachtung: KOA Campground - Jackson, WYBewertung: Gut!