Alle ausgeschlafen? Sitzen alle bequem? - Dann kann es losgehen.
Heute gibt es eine bunte Mischung aus mir schon bekannten und neuen Sehenswürdigkeiten. Es geht ganz früh los, denn wir wollen den Jet Lag nutzen.
__________________________________________________________________________________________________________________________________
1. Tag: 09.10.2016 (Apache Trail)Nach einer ganz kurzen Nacht mit einigen jetlagbedingten Unterbrechungen stehe ich ultrafrüh um 4.00 Uhr auf und skype erst mal mit daheim. Draußen ist es natürlich noch stockdunkel, beim Check-out ist nichts los, das Frühstück verdient den Namen nicht und ich bin um 5.00 Uhr schon auf der Piste. Noch immer ist es dunkel.
Erst mal zu Denny´s in Tempe, etwas südöstlich von Downtown Phoenix, wobei ich die Adresse schon vorher ins Navi geladen habe und jetzt nur noch hinfahren und nicht mehr suchen muss. Ein einziger Gast ist außer mir da. Leider ist der Kaffee nicht mehr richtig warm, der stand bestimmt über Nacht rum, aber es ist noch akzeptabel und ich verzichte darauf das zu reklamieren. Außerdem sind die Moons klasse wie eh und je und überall bei Denny´s.
Nächste Station ist Wal-Mart in Tempe - auch die Adresse ist im Navi - und ich kaufe den üblichen Krempel: Kühltasche, Getränke, Joghurt, Eis, Küchenrolle, ein paar Süßigkeiten usw. Keine einzige reguläre Kasse ist auf, ist ja auch noch quasi mitten in der Nacht, alles muss selbst ausgecheckt werden, was aber nicht bei allen Artikeln perfekt funktioniert. Die einzige Aufsicht führende Kassiererin ist ein wenig genervt, weil mehrere Kunden Probleme mit dem Prozedere haben.
Draußen dämmert es jetzt und es ist völlig klar, dass ein sonniger Tag bevorsteht. Zartes Blau zeigt sich am Himmel und auf der anderen Seite schöne warme Gelb- und Orangetöne, wo gleich die Sonne aufgehen wird. Ich fahre ganz entspannt bei sehr leichtem Verkehr durch Phoenix Suburbia zum
Lost Dutchman State Park, wo ich um 7.00 Uhr ankomme. (Goldfield ist noch geschlossen, sieht mir aber schon von weitem viel zu touristisch aus und wäre eh nicht in Frage gekommen. Vielleicht ist das auch nur ein Vorurteil meinerseits, aber egal - alles geht nicht.)
Offenbar rechnet man mit vielen Gästen am heutigen Sonntag, denn schon zu so früher Stunde schiebt ein Ranger Dienst und ich zahle erst einmal meine 7 USD Eintritt. Der Ranger fragt nach meinen Plänen und schärft mir ein ja ausreichend Wasser für den Siphon Draw Trail mitzunehmen. Die Tour wäre ziemlich anstrengend und man sollte geübt sein, da der letzte Teil des Weges sehr steil sei.
Bevor ich losmarschiere balsamiere ich mich dick mit Sonnenschutz ein. Cap als Sonnenschutz auf, Kamera an die Seite und dann die Wanderschuhe an. Leichte Turnschuhe sind auf der Strecke keine gute Wahl, da es über viel Geröll und scharfkantigen slickrock gehen wird.
Der Siphon Draw Trail führt zunächst sanft bergan durch die westlichen Ausläufer der Superstition Mountains und bietet herrliche Ausblicke auf die gezackte Bergkette.
Klasse ist die interessante Wüstenvegetation für die Süd-Arizona ja bekannt ist. Immerhin ist die Blüte des Saguaro Kaktus die offizielle state flower.
Dann wird es deutlich steiler und der Weg nimmt Kurs auf den Flatiron, eine markante und sehr hoch gelegene Felsformation, die aussieht wie ein umgedrehtes Bügeleisen - daher der Name. Spätestens jetzt bin ich froh über meine harten Wanderschuhe. Vor allem ist gut, dass ich so früh unterwegs bin, denn fast der ganze Weg liegt noch im Schatten und nun kommt eine harte Serpentinen-Passage, wobei der trail mächtig an Höhe gewinnt. Die Ausblicke auf das Flachland hinter mir werden immer besser. Ganz in der Ferne kann man Downtown Phoenix erahnen.
Der Siphon Draw Trail führt in einer 4,2 Meilen langen Loop zu einem Canyon, der - tadaaa - Siphon Draw genannt wird. Endpunkt ist ein hoher und sehr steiler slick rock Wasserfall, und wenn man diesen hochklettert, ist man auf absolut unwegsamem Geläuf unterwegs. Einen regulären Weg gibt es dann nicht mehr, höchstens noch mehr oder weniger sinnvolle Routen.
An dieser Stelle schließt sich der nicht offizielle Aufstieg zum Flatiron an. Ich klettere noch eine Viertelstunde weiter über die Felsen auf ein Plateau, teilweise auf allen Vieren, und habe von dort aus einen guten Ausblick auf das Bügeleisen. Eigentlich muss ich nur noch runter in die Senke, und auf der anderen Seite wieder hoch. Allerdings muss man über die vielen boulders klettern, die im "Weg" liegen. Hmm.
Einen Wanderer, der auf dem Rückweg ist, frage ich, wie weit es noch ist: "`bout 45 minutes". Angesichts der Tatsache, dass ich eine sehr anstrengende Anreise hinter mir habe, total übermüdet und noch überhaupt nicht akklimatisiert bin (es ist mittlerweile schon ziemlich warm), siegt die Vernunft und ich beschließe, dass es fürs Erste gut ist. Eigentlich würde ich gerne weiterkraxeln, und ich traue es mir auch prinzipiell zu, aber vielleicht wäre das falscher Ehrgeiz.
Auf dem Rückweg habe ich zunächst Schatten und komme dann in die mittlerweile sonnenüberfluteten Bereich, wo es schon richtig heiß ist und der Schweiß in Strömen läuft. Ich bin in kurzer Zeit klitschnass und stelle fest, dass man diesen trail im Hochsommer komplett vergessen kann oder man ist extrem früh auf den Beinen und liefert sich ein Wettrennen mit der Sonne.
Während des Rückwegs kommen mir eine ganze Menge Leute entgegen. Siphon Draw ist ein populäres Ziel und heute ist wie gesagt Sonntag. Gegen und habe quasi noch den ganzen Tag vor mir. Vielen Dank, lieber Jet Lag!
Ich fahre Highway 88 weiter und bin dann schon auf dem
Apache Trail, der hier noch asphaltiert ist. Erster Stopp: Canyon Lake Overlook. Das Wetter ist herrlich! 82° F und ganz klare Luft. Perfekt!
Bei der Acacia Recreation Area, eine sehr beliebte Bade-Location am Canyon Lake, mache ich ebenfalls Halt. Mit Glück bekomme ich hier noch einen Parkplatz, denn es ist schon morgens rappelvoll.
Die prickly pear cacti am Straßenrand sehen interessant aus.
Dann komme ich nach Tortilla Flat, wo ich ebenfalls mal anhalte. Das kleine Kaff macht ein wenig bemüht auf Westernfeeling und ist dabei meiner Meinung nach einfach nur viel zu touristisch. Andererseits kann man den Leuten kaum einen Vorwurf machen, dass sie versuchen in dieser abgelegenen Gegend von den Touristen zu profitieren. Den Laden mit dem Kaktus-Eis finde ich, aber mir ist eine cone für 3,25 USD einfach zu teuer und so richtig habe ich vormittags noch keine Lust auf Eis. Das war´s für mich in Tortilla Flat und ich fahre weiter.
Hinter Tortilla Flat ist viel weniger Verkehr und nach ca. vier Meilen endet der Asphalt. Jetzt beginnt erst der richtig schöne Teil des Apache Trails, hoffentlich wird das Teilstück bis kurz vor dem Roosevelt Dam niemals asphaltiert.
Die spektakulärste Stelle ca. 2,5 Meilen weiter östlich bekommt einen extra overlook: Fish Creek Hill. Hier geht es sehr steil und auf schmaler, kurviger Piste bergab. Unglaublich, mit welchen Gefährten mir manche locals entgegenkommen. Monster-Pickup und Motorboot auf dem Hänger den Fish Creek hoch. Alles klar, aber irgendwie scheint das zu klappen.
Der Apache Trail ist auch an dieser relativ schwierigen Stelle noch problemlos mit einem normalen Straßen-PKW befahrbar, man braucht weder high clearance und schon lange kein 4 WD. Die Strecke ist einfach herrlich und ich genieße die Fahrt in vollen Zügen.
Auf der einen Seite die Horse Mesa und gegenüber der Fish Creek Mountain - der Apache Trail schlängelt sich mittendurch:
Nach weiteren ca. fünf Meilen kommt der Apache Lake in Sicht.
Der Apache Trail entfernt sich wieder ein wenig vom Apache Lake, der zu seiner Linken liegt. Auch dieses ist ein sehr schönes Teilstück.
Im weiteren Verlauf kommt man dem Apache Lake wieder näher, doch er dieser nimmt eher flussähnliche Züge an und geht in den Salt River über. Je nach Lichteinfall bzw. Reflexion sieht der Salt River dunkelblau oder wie hier intensiv grün aus. Irgendwie muss ich bei dem Anblick an Winnetou denken...
Die Straße verläuft mal oberhalb des Salt Rivers, mal etwa auf gleicher Höhe.
Noch ein paar Meilen und man kommt zum Theodore Roosevelt Dam, wo es einen schönen Aussichtspunkt gibt, der menschenleer ist. Mittlerweile ist es schon früher Nachmittag und die Sonne knallt unbarmherzig vom wolkenlosen Himmel. Hier ist zu dieser Tageszeit noch absolut Hochsommer Mitte Oktober.
Hinter dem overlook kommt (leider?) wieder Asphalt, was ich schon ein wenig schade finde. Kurz vor der T-Kreuzung, wo es rechts zum Tonto National Monument geht und links nach Norden kommt der Inspiration Point, ein sehr schöner Aussichtspunkt mit Blick auf das Tonto Basin und die Roosevelt Bridge.
Ich biege nach links ab und folge Lake Roosevelt am westlichen Ufer.
Bei der Bachelor Cove mache ich wieder einen Stopp. Hier stehen Autos und Wohnmobile direkt am "Strand", manche Leute baden sogar, aber das Wasser ist am Rand doch etwas schlammig. Außerdem besitze ich gar kein Handtuch, also bleibe ich trocken und mache nur ein paar Fotos.
Bei der Cholla Recreation Area folgt ein weiterer Stopp und ich werfe noch mal einen Blick zurück zur Roosevelt Bridge im Hintergrund. Da ist aber ein langes Tele im Spiel.
Lake Roosevelt besticht auch nicht gerade mit üppig hohem Wasserpegel. Auch hier hat die langjährige Dürre im Westen der USA erbarmungslos zugeschlagen. Wo so viel Grün ist, sollte eigentlich tintenblau sein.
Ich fahre nun durch Tonto Basin, einen kleinen Ort, der sich mit einem großen Banner über der Straße damit rühmt, dass dort The West still lives. Aber eigentlich ist nur tote Hose abgesehen von ein paar Fast-Food Läden. Danach kommt Payson, wo ich ursprünglich vorhatte zu übernachten, aber dafür ist es noch viel zu früh am Tag.
Etwa zehn Meilen hinter Payson biege ich links ab und schon wird mein nächstes Ziel angekündigt, das ich nach etwa drei weiteren Meilen auf kurviger Straße, die stramm bergab führt, erreiche:
Tonto Natural Bridge State ParkBeim Eingangshäuschen erinnert mich der Ranger, dass mir nicht viel Zeit bleibt, da auch hier um 17.00 Uhr geschlossen wird und die trails nur bis 16.00 geöffnet sind. Es ist jetzt schon ca. 15.30 Uhr. Ist aber kein Problem für mich, auch nicht, dass mein Ticket vom Lost Dutchman State Park hier nicht anerkannt wird. Der Ranger bedauert, dass diese ehemalige Arizona State Park Regelung irgendwann außer Kraft gesetzt wurde.
Ich beeile mich zu den Aussichtspunkten zu kommen, von denen aus man die Natural Bridge sehen kann. Zunächst gehe ich zu den viewpoints #3 und #4 am südlichen Ende der großen Parkplätze, die noch immer rappelvoll sind. Hier ist ganz schön was los. Sehr viele Familien sind unterwegs, die das perfekte Wetter (80° F) für einen Sonntagnachmittagsausflug nutzen und ein bisschen spazierengehen oder Picknick machen.
Schick, schick, aber so richtig erfasst man die gewaltigen Dimensionen der Tonto Natural Bridge erst, wenn man runterwandert und die Felsbrücke aus der Nähe sieht. Also gehe ich anschließend im Schweinsgalapp den Gowan Trail, der sehr steil bergab zu einer kleinen Aussichtsplattform unmittelbar vor der Natural Bridge führt.
Hier unten wacht ein Ranger darauf, dass die Leute keinen Blödsinn machen und zu Schaden kommen, denn die Felsen sind von der ewigen Feuchtigkeit extrem glitschig. Es ist aber erlaubt unter die Brücke zu gehen und das Schauspiel von der anderen Seite zu bewundern.
Langsam wird es Zeit sich von dem Tonto Natural Bridge SP zu verabschieden. War zwar nur eine kurze Stippvisite, aber der Park hat mir sehr gut gefallen und ich bin happy, dass bisher alles so gut geklappt hat. Ich fahre durch eine herrliche Landschaft weiter nach Norden und zweige kurz hinter dem kleinen Nest mit dem schönen Namen Strawberry nach Westen auf Highway #260 ab. Die Straße führt über einen hohen Pass, es wird noch einmal deutlich kühler (67° F), aber auf der anderen Seite des Höhenzuges ändert sich die Landschaft. Es ist nun viel wärmer und trockener.
Bald erreiche ich Camp Verde, das in einem tiefen Tal liegt, und wo das Thermometer wieder 88° F anzeigt, obwohl es schon kurz vor 17.00 Uhr ist. Von hier ist es nicht mehr weit bis Cottonwood, wo ich versuche im Best Western unterzukommen. Ist aber komplett ausgebucht. Beim Quality Inn werde ich fündig und checke gleich für zwei Nächte ein. Die erste kostet mich 100 USD, die zweite nur noch 79 USD. Im Mittel ist das für eine Mega-Touristenregion wie Sedona/Cottonwood ganz ok, zumal das Motel einen sehr guten Eindruck macht.
Ich habe tierischen Hunger und fahre zum China Buffet bei Safeway, aber leider ist das ein Fehlgriff. Lieblose Massenabfertigung erwartet mich, und das Essen ist höchstens zweitklassig. Finger weg von dem Laden! Nach dem Essen kaufe ich bei Safeway noch Batterien und inspiziere schon mal die Deli-Theke, wo ich mich morgen für das Frühstück eindecken werde.
Nun geht es zurück zum Motel, wo ich meine Fotos sichte, ein bisschen im Internet surfe und dann früh schlafen gehe.