Tag 3 - Touren ins San Francisco für SparfüchseBereits um 7.00 Uhr bin ich wach. Ich nutze die Gelegenheit, mit meinen Reiseberichten ein wenig voranzukommen. Da ich zwar körperlich aber geistig noch nicht wirklich wach bin, erweist es sich das aber als zähe Angelegenheit. Gegen 9.00 Uhr und nach einem Intermezzo in der Dusche mache ich mich mit Laptop auf in das abends zuvor entdeckte Café namens "The Grove". Ich bestelle das "Breakfast Special" ohne zu wissen, um was es sich da handelt, und lasse mich an einem Tisch nieder. Steckdose vorhanden, Computer aufgestartet und in dem Moment kommt auch das Essen auf dem Tisch. Da mache ich erstmal grosse Augen, denn während die Dame neben mir gerade genüsslich ein tolles Müsli mit Joghurt und Bananen verspeist, bekomme ich Kartoffeln, Speck, Ei und French Toast vorgesetzt. Na gut, bestellt ist bestellt und schliesslich ist das ja quasi das amerikanische Parade-Frühstück. Während ich also mehr oder minder genüsslich frühstücke stelle ich fest, dass das WLAN gar nicht wie erwartet kostenlos ist. Kurzerhand die Dame neben mir angesprochen, ob sie da Genaueres wisse und siehe da, Amber weiss wirklich Bescheid. Sie hat früher nämlich öfters von hier aus gearbeitet. Ich komme mit ihr ins Gespräch und stelle fest, dass sie eine Wanderfrau ist. Da werden natürlich Geschichten und Erfahrungen ausgetauscht und zufällig habe ich auch die Fotos von der letzten Reise durch Washington auf dem Laptop. Nachdem ich ihr erzählt habe, was ich in San Francisco noch vorhabe, rät sie mir, unbedingt noch North Beach und das Ferry Building anzuschauen. Kurze Zeit später muss sie gehen und ich logge mich ins WLAN um $5.95 für 24 Stunden ein. Was tut man nicht alles, um die Leserschaft zu Hause bei Laune zu halten.
Ein kurzer Blick ins Programm der San Francisco City Guides verrät mir, dass heute Abend um 19.00 Uhr eine Führung "North Beach by Night" stattfindet. Da bin ich doch prompt dabei. Erstmals überarbeite ich den morgens geschrieben Bericht, lade ein paar Fotos hoch und als ich mehr oder minder zufrieden bin, packe ich meine sieben Sachen, und kehre zum Hotel zurück.
Von dort mach ich mich auf zur nächsten Haltestelle der 45er Buslinie, die mich in die Stadt bringt. An der Market Street steige ich in den nächsten Bus, der mich in der Nähe meines endgültigen Ziels, der Anchor Steam Brewery, bringt. Ich bin ein wenig zu früh aber das macht nichts, denn zu einer kostenlosen Führung durch eine Bierbrauerei mit anschliessender Verkostung aller gebrauten Biere will man schliesslich nicht zu spät kommen. Immerhin muss man seinen Platz schon rund einen Monat vor der gewünschten Führung reservieren.
Um 14.00 Uhr geht es los. Lindsay, die eben noch als Security Guard am Eingang einen Stock tiefer gesessen ist, erläutert uns im Ausschankraum die Geschichte der Brauerei, ihrer Biere und erklärt auch, wie der Brauprozess genau funktioniert. Dann geht die eigentlich Tour los, Fotos dürfen nur im ersten Raum mit den Kesseln gemacht werden, wo Lindsay wieder fleissig am Erklären ist.
Die Tour führt durch die gesamte Brauerei. Leider ist der heutige Arbeitstag, was das Brauen und Abfüllen anbelangt, schon vorbei, die Arbeiter sind nur noch mit der Reinigung beschäftigt. Lindsay erklärt, dass man in der Regel um 14.00 Uhr fertig sei. Deswegen wurde die Tour wohl seit August von 13.00 Uhr auf 14.00 Uhr verschoben.
Nach der interessanten Runde durch die kleine Brauerei endet die Tour im Ausschankraum wo der gemütliche Teil beginnt. Hier können alle sechs derzeit gebrauten Biere frisch vom Fass probiert werden. Dies zudem nicht aus Fingerhüten sondern aus Gläsern, die ich im 2 dl Bereich einordnen würde. Ausserdem sagt niemand etwas, wenn man sich ein Bier ein zweites mal einschenken lässt. Es geht dabei zu wie in einer Bar.
Man kommt ins Gespräch, redet über dies und das und die Zeit geht vorbei wie im Flug. Mein Podest: Das Porter gewinnt vor dem Summer Ale und auf Platz drei das Steam. Ein Blick ins Gästebuch zeigt mir, dass ich der einzige Ausländer bin. Abgesehen von einer Familie aus New York und einer Dame aus Washington State, alles Kalifornier. Das gefällt mir. Nach dem Kauf eines T-Shirts (been there, done that, got the t-shirt) mache ich mich auf zu R.E.I, einen Geschäft mit Wanderutensilien.
Da komme ich mir immer vor wie ein Kind im Spielzeugladen. Ich mache ein paar keine Einkäufe und spaziere weiter zu Nordstrom Rack. Ich schaue kurz durch das Angebot, habe dann aber keine Lust, irgendwas anzuprobieren oder mich gar durch irgendwelche Sachen zu wühlen. Stattdessen mache ich mich auf den Weg zum Ferry Building. Zu Fuss geht es zur Market Street, wo mir die Strassenbahn F vor der Nase wegfährt. Weil die Haltestelle direkt neben einem Walgreens liegt versuche ich dort, das scheinbar überall ausverkaufte Motorola C139 von Tracfone zu kaufen. Und siehe da, sie haben wirklich noch eins um $14.99 plus Steuern. Wieder an der Haltestelle dauert es eine Ewigkeit, bis endlich die nächste F kommt. Wieder mal typisch, dass ich in die Gegenrichtung fünf Strassenbahnen zähle bis meine endlich auftaucht. Dann entpuppt sich das Teil auch noch als absoluter Bummelzug. Endlich am Ferry Building bleibt nur noch Zeit, um schnell ein paar Fotos zu schiessen.
Dann geht es schon zu Fuss weiter zum Treffpunkt der "North Beach by Night" Führung der San Francisco City Guides, die um 19.00 Uhr beginnt. Unterwegs schiesse ich noch schnell ein Foto der "Transamerica Pyramid".
Die Führungen der San Francisco City Guides, sind vollkommen kostenlos und werden von Freiwilligen gemacht die die Stadt lieben und sie anderen zeigen möchten. Am Ende der Tour kursiert ein gelber Umschlag in den man monetäre Unterstützung (für die Organisation San Francisco City Guides, nicht den jeweiligen Guide selber) stecken kann. Niemand wird aber dazu gezwungen. Die Führerin Gail sieht ein wenig "geschüttelt" aus und Führungen sind sicher nicht ihr grösstes Talent, aber sich macht sich gut und gestaltet die Führung wirklich interessant. Da einige Locals bei der Führung dabei sind, gestaltet sich die Führung unterm Strich sogar sehr unterhaltsam und informativ. Sie erzählt uns von Tosca, wo zu Zeiten der Prohibition ein House-Cappuccino serviert wurde, der aus aufgeschäumter Milch, Schokolade und Brandy besteht, oder wahlweise war auch die White Nun zu haben, die sich ebenfalls aus aufgeschäumter Milch, Kahlua und Brandy zusammensetzt. Im Wurlitzer sind nur Opern zu finden und den Haus-Cappuccino und die Weisse Nonne kann man sich noch immer bestellen. Die Tour führt weiter vorbei an ehemaligen Strip-Clubs, Kabaretts und Gefängnissen, zur ehemaligen Spaghetti Factory, in der einst Fritz Maytag beschlossen hat, die Brauerei Anchor Steam zu kaufen (das habe ich vor wenigen Stunden schon bei der Anchor Steam Tour gehört). Eine Strasse weiter läuft uns noch die lokale Prominenz Carol Doda über den Weg, ihres Zeichens die erste Oben-Ohne-Tänzer in San Francisco. Das passt natürlich toll ins Programm, weil wir zwei Strassen weiter vor dem Condor Night Club stehen, wo sich dieses "historische" Ereignis am 19.06.1964 zugetragen hat. Auch bei dieser Führung bin ich der einzige Ausländer, wenn man mal die Kanadierin aus Toronto aussen vor lässt.
Nach der Führung und nachdem fünf meiner Dollar im gelben Umschlag gelandet sind, mache ich mich auf dem Weg zur nächsten Haltestelle des 45er Busses. Wie es der Zufall so will, hält direkt vor meiner Nase ein Cable Car. Die Chance lasse ich mir nicht entgehen und hüpfe gleich an Bord ohne zu wissen, wohin die Fahrt geht. Wie sich herausstellt, endet die Fahrt an der Van Ness, also nicht schlecht. Auf dem restlichen Weg zum Hotel will ich noch etwas zu Essen besorgen und gehe deswegen zu Pacific Catch, einem wirklichen Insider Tip an der Chestnut Street. Ich lasse mir einpacken, was immer die Dame hinter der Kasse empfehlen kann, und zu Hause muss bzw. darf ich feststellen, dass das wirklich exzellent schmeckt. Eigentlich möchte ich noch einen Tagesbericht schreiben, der fällt aber meiner Müdigkeit zum Opfer.
Gefahrene Meilen: 0.0