Palo, vielleicht war Santa Fe einfach nicht unsere Stadt. Ich bezweifle überhaupt nicht, dass es dort nicht Großartiges zu sehen gibt. Und ich glaube, du hast auch Recht, wir waren zu diesem Zeitpunkt wirklich schon ziemlich Sightseeing-übersättigt
, und dann noch diese nervigen Internetprobleme, da fällt eine Besichtigung schonmal hinten runter.
Mic, die Socorro Pizza-Story ist ja wirklich herrlich.
Das klingt aber auch wirklich typisch amerikanisch, dass von einem erwartet wird, die Gratispizza dann auch anzunehmen.
So, weiter geht's. In den nächsten Tagen/Wochen folgen einige landschaftliche Highlights!
Tag 25, 12.6.Nach einer eher unruhigen Nacht (Stichwort: wir schubsten uns gegenseitig von der Luftmatratze runter) standen wir morgens zwischen erstaunlich großen Bergen auf. Und ein bisschen kühler als bisher war es auch. Wir machten uns fertig, aßen Frühstück im Freien und checkten dann aus.
Durch Taos hindurch (sah aus wie Santa Fe, nur kleiner) fuhren wir zur Rio Grande Gorge Bridge, die man von weitem überhaupt nicht erahnen kann.
Taos liegt auf einer Hochebene, platt wie eine Pfanne, umrahmt von hohen Bergen, und das Highlight ist dann der Rio Grande, der eine ganz dünne, plötzlich abfallende Schlucht in die Hochebene schneidet. Also fuhren wir über das platte Land und erreichten dann urplötzlich die Brücke, die über eine 170 m tiefe Schlucht führte. Wir parkten, liefen zu Fuß über die Brücke und ließen uns vom schwindelerregenden Anblick berauschen. Weit unten konnte man den tosenden Rio Grande erkennen und links und rechts die senkrecht abfallenden Felswände.
Nichts für Höhenängstliche, denn bei jedem LKW der über die Brücke fuhr, zitterte diese leicht…
Dann fuhren wir über die Brücke mit dem Auto und hielten an einem Rastplatz an, von wo aus man noch einmal die Gorge mit der Brücke sehen konnte, auch ein genialer Anblick.
Schließlich fuhren wir wieder zurück nach Taos, warfen noch einen Blick auf das älteste Pueblo von Taos, was übrigens gleichzeitig auch die älteste Siedlung der USA sein soll (noch älter als St. Augustine in Florida).
Doch wir sparten uns den Eintritt und fuhren gleich weiter Richtung Autobahn – wir waren noch einige Stunden Autofahrt von der Interstate, die nach Colorado führt, entfernt. Dabei fuhren wir durch den Cimarron Canyon, der an einigen Stellen sehr hübsch war, man fuhr am Boden des Canyons entlang, und nicht wie sonst üblich oben drauf. Wir kamen an einem schönen Bach vorbei, an mehreren Seen und an interessanten Felsformationen, die aussahen wie als wären Essstäbchen aus der Felswand gebrochen worden. Auch in dieser Region konnte man übrigens die Dürre spüren, denn einer der Seen hatte so sehr abgenommen, dass das Dorf (was wohl mal am Ufer lag) es jetzt ziemlich weit zum See hatte.
Etwas richtig Besonderes war der Cimarron Canyon jetzt aber nicht, und wir konnten die Interstate eigentlich nicht mehr erwarten.
Verstärkt wurde unsere Genervtheit dann noch durch eine Baustelle, an der wir gefühlte drei Stunden warten mussten (wir waren auch die ersten in der Reihe und es fühlte sich so an, als sei ein Typ mit einem Stoppschild aus dem Wald gesprungen gekommen sobald er uns gesehen hatte
) und den armen Baustellen-Stoppschild-Halter mit unserem Grunzschwein Porki nervten, so dass er sich (vermutlich peinlich berührt von uns Irren) hinter seinem Stoppschild regelrecht versteckte.
Unsere erste Serpentinenstraße („oh Mann, hoffentlich kommen davon jetzt nicht noch viel mehr“ – na ja, Colorado lag ja noch vor uns
) führte uns dann wieder auf die nächste Hochebene und der Cimarron Canyon war endlich zu Ende. An der Interstate aßen wir Mittag bei Sonic (juhu!! Übrigens ein Sonic, bei dem die Angestellten mit Rollschuhen das Essen auslieferten!) und fuhren dann weiter zum Capulin Volcano National Monument. Dort kam der Nationalparkpass zum Einsatz und schon hatten wir gratis Eintritt, als erstes ging es zum Visitor Center. Der Vulkan ist Teil eines größeren Vulkanfeldes in New Mexico und Colorado, das vor 60 000 Jahren aktiv war, weil sich die Magmakammer, die heute unterhalb von Yellowstone National Park befindet damals unter der Region Colorado/New Mexico lag. Die Magmakammer selbst wandert aber gar nicht, sondern die Erdplatten darüber wandern und so verlagert sich die Region des aktiven Vulkanismus mit der Zeit.
Die nächste Serpentinen-/Passstraße wartete schon auf uns: auf den erloschenen Vulkan hinauf führte eine Straße, die sich immer am Berghang entlang um den Berg kringelte wie eine Spirale.
Heikos erster echter (wenn auch erloschener) Vulkan! Oben stiegen wir aus dem Auto aus, genossen den Ausblick auf die weite Landschaft, durchbrochen von einigen Hügeln – alles erloschene Vulkane!
Leider konnten wir nicht nur den Blick auf die Landschaft genießen, sondern wir durften auch Bekanntschaft mit einer Fliegenplage sonder Gleichen machen. Die Viecher setzten sich dermaßen an uns fest, dass es uns den ganzen Aufenthalt vermieste und wir direkt wieder die Serpentinenstraße herab fuhren.
Als nächstes fuhren wir erst einmal eine Strecke ohne anzuhalten und überquerten als nächstes die Grenze zu Colorado. Endlich verließen wir New Mexico – dank der mangelnden Landkarten und Informationen, dank der nicht umwerfenden Sehenswürdigkeiten (na gut, vielleicht hatten wir auch schon zuviel gesehen auf dieser Reise
) und dank der Trockenheit war es nicht gerade zu unserem Lieblingsstaat geworden, aber wir hatten ja auch nur einen Bruchteil davon gesehen.
In Colorado ging’s als erstes ins Visitor Center, wo wir freundlich beraten wurden und uns eine tolle Landkarte mitgegeben wurde. Die beiden Omis im Visitor Center schickten uns auf eine Scenic Road, die nach Nordwesten führen sollte, und wir ließen uns darauf ein. Wir hatten eine bebilderte Broschüre, die uns auf Sehenswürdigkeiten unterwegs hinwies. Während es nur schleppend losging (ein altes Aquädukt und ein paar alte Koksofen und eine Hütte am Fluss), konnte man nach einer Weile die ersten schneebedeckten Gipfel am Horizont sehen. Wahnsinn, endlich sind wir in den „echten Rocky Mountains“ angekommen!
Bald kamen wir zur „Dakota Wall“, einer mehrere Meilen langen, senkrechten Felsformation die aussah wie die chinesische Mauer, nur eben natürlich durch geologische Prozesse entstanden, sie ging einfach mitten durch die Landschaft.
Wir kamen auch vorbei an wunderschönen Bergseen und kamen durch gerade erst grün werdende Pappelhaine – hier zieht der Frühling eben jetzt im Juni erst ein, während die Natur in Südtexas eben schon auf dem Stand von August war.
Die Straße schraubte sich auf einen Pass hoch und wir wurden albern und müde – warum nur, so hoch kann es hier doch gar nicht sein, um uns herum waren ja kaum so hohe Berge. Ein Blick auf die Karte verriet Erstaunliches: der Pass war 3030 Meter hoch und damit 68 Meter höher als die Zugspitze!
Um uns herum waren zwar Berge zu sehen, aber wir fühlten uns von der Landschaft her (bis auf die Schwindelgefühle durch den Sauerstoffmangel auf dieser Höhe) eher wie als kurvten wir im Harz herum.
Und die Berge neben uns, die keinerlei Schnee auf ihren Gipfeln hatten und daher auch eher harmlos aussahen, waren locker Viertausender. Der Mont Blanc, der höchste Berg der Alpen, ist übrigens auch „nur“ ein Viertausender, doch der sieht wenigstens wie einer aus. Überhaupt befanden wir uns seit drei Tagen durchgehend auf über tausend Metern.
Bei der Weiterfahrt kamen wir dann noch an einer überdimensionalen Felstreppe vorbei, Devils Steps oder so, und waren durch die bombastische Landschaft sehr dankbar, dass wir den Tipp der Omis angenommen und diese Route genommen hatten. Überhaupt begeisterte uns Colorado bereits am ersten Tag sehr.
Nun wollten wir aber noch etwas Dampf machen, weil wir noch vor Sonnenuntergang zum Great Sand Dunes National Park wollten, den größten Sanddünen Nordamerikas. Sobald wir die kleine Bergstraße verlassen hatten, erreichten wir eine weitere Hochebene und konnten auf schnurgeraden Straßen fahren.
Wir hatten auch nicht erwartet, dass die Rocky Mountains keine engen Täler wie die Alpen haben, sondern dass sie aus hohen Berggipfeln bestehen, die flächenmäßig ebenso riesige Hochebenen einschließen.
Allein die Fahrt zu den Sanddünen war imposant. In jeder Richtung konnte man Silhouetten von Bergspitzen mit groben Zacken erkennen und, wie als hätte die Natur einen Kontrast schaffen wollen, hoben sich am Horizont auch langsam die weichen, sanften Linien der Dünen davon ab. Dazu das warme, ockerfarben-rötliche Licht des Sonnenuntergangs… wir kamen aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus.
Beim (geschlossenen) Visitor Center holten wir noch schnell eine Map aus einem Kasten und fuhren dann im letzten Licht weiter in den Park.
Wir zogen uns die Schuhe aus und machten uns barfuß auf den Weg in den weichen Sand, der von der Hitze des Tages noch angenehm warm war. Laut der Broschüre sollte sich der Sand am Tage übrigens auf über 60°C aufheizen! Als erstes mussten wir durch einen flachen Bach, eher ein Rinnsal, mit eiskaltem Wasser.
Dieser Bach ist auch für das Entstehen der Sanddünen verantwortlich: er schwemmt Geröll und Sedimente aus den Bergen hinab ins Tal, wo dann die vorwiegend Südwestlich wehenden Winde diese feinen Sandkörner wieder aufschütten, und zwar zu Sanddünen.
Während die Sonne nun endgültig hinter den Dünen verschwand, stapften wir zunächst durch gröberen Sand mit größeren Steinen, später dann durch feinen, weichen Sand der die Füße angenehm massierte – am liebsten wären wir noch Stundenlang weitergelaufen, auch wenn es anstrengend war.
Wir machten Fotos im und vom Sand, setzten uns hin, spielten, genossen die Stimmung.
Als es dann fast völlig dunkel war, kehrten wir gemeinsam mit einigen anderen Tageswanderern zurück zum Parkplatz und sahen im Gebüsch sogar noch ein Mule Deer (Maultierhirsch).
Nach kurzer Besprechung entschlossen wir uns, heute noch etwas zu fahren, nämlich bis nach Salida, da hier unten die Unterkünfte nur sehr spärlich gesät waren.
Etwa anderthalb Stunden Fahrt im Stockdunkeln später erreichten wir Salida (2159m), wo wir bei einem privaten Motel anhielten, in der Hoffnung ein günstiges Zimmer zu bekommen. Stattdessen trafen wir erst einmal auf einen älteren Herrn aus Breslau in Polen, der offenbar nach Amerika ausgewandert ist und ein Motel aufgemacht hat. „Yes, I from Brrrreslau, you know? And I have dog, Swiss dog.“ Was für’n witziger Typ!
Im Hinterzimmer konnten wir einen riesigen Flachbildfernseher mit 2 m Bildschirmdiagonale und polnischem Fernsehen sehen. Ja, er hätte noch Zimmer, billig seien sie nicht, aber es sei im Ort eh alles Günstigere ausgebucht – und überhaupt, auch aus der Richtung wo wir herkämen sei schon alles ausgebucht (gut dass wir dort nichts gesucht haben). Das sei wegen einer großen Radtour oder so (? „bike guy“), die heute bei den Sanddünen Stopp gemacht haben soll, und deshalb sei dort heute alles ausgebucht und auch er morgen ganz ausgebucht. Wir entschieden uns für das Zimmer („oh yes, you book rrrrroom, you pay cash“) und er gab uns einen Tipp, wo es frühs in der Stadt das beste Frühstück gäbe („yeah, you go rrrrrright, you go rrrrright, good brrrrreakfast“). Das Zimmer war dann der Hammer: komplett ausgekleidet mit rustikalem Holz, und statt der typischen Hotelseifen (etc.) gab es ein Sammelsurium an Proben: Travelodge-Kaffeebecher und Holiday Inn Express-Seifenstücke, Zahnpasta-, Haargel-, Vitaminpulverproben und dazu Müsliriegel.
Na dann gute Nacht!
Gefahrene Meilen: 393