So, Micky ist im Bett, dann kann ich mich ja wieder dem Reisebericht widmen:
02.06. San Francisco: AbschiedAuf geht’s Kameraden, ein letztes Mal früh aus den Federn gesprungen, San Francisco will zu Ende erobert werden. Mein Hotel liegt inmitten der Chinatown, die gerade zum Leben erwacht.
Souvenirläden werden geöffnet und unermüdlich kiloweise Ramschartikel vor den Läden aufgebaut. Jeden Monat, jede Woche, jeden Tag, in der Hoffnung, dass sie eines Tages tatsächlich von einem Tourist gekauft werden und am Abend nicht wieder eingeräumt werden müssen.
Mich würde das nerven, jeden Morgen 100 Figürchen raus tragen, 20 T-Shirts draußen aufhängen, 5 Postkartenständer raus fahren – wenn man alles draußen hat, kann man eigentlich schon gleich wieder anfangen, alles einzuräumen.
Aber nicht nur in Chinatown ist es kompliziert, seine Waren morgens hervor zu kramen. Auch das Ausrücken der Cable-Cars aus dem Depot kann sich über mehrere Minuten hinziehen. Die Powell/Mason und Powell/Hyde Linien führen ja praktischerweise direkt am Depot vorbei, die California Street Linie aber nicht. Die Wagen müssen einen ganz schönen Umweg fahren.
Innerhalb der Wagenhalle, unter deren Gleise keine Kabel verlaufen, werden die Wagen mit Traktoren verschoben. Die Ausfahrt aus der Wagenhalle erledigt die Schwerkraft, wobei die Ausfahrt an der Washington Street liegt. Damit fährt der Wagen schon mal in die völlig falsche Richtung und muss an der Ecke Powell links abbiegen, was normale Linienzüge nicht tun. Schließlich will man als zahlender Fahrgast selten im Kreis fahren, oder besser gesagt, im Viereck. Der ausrückenden Bahn bleibt aber nichts anderes übrig. Durch die Jackson Street geht es erneut vorbei an der Wagenhalle, diesmal aber bergauf.
Und wer meint, jetzt ist alles in trockenen Tüchern irrt erneut. An der Ecke Hyde Street kann aufgrund der Topographie nicht links abgebogen werden. Eine Linkskurve würde hier bergauf führen, aber man spart an Kabeln wo es geht und ohne Kabel kein bergauf. Daher fahren die Wagen ein Stück die Hyde Street bergab, erneut weg vom eigentlichen Ziel California Street, zu einem Gleiswechsel, wo in den Gegenverkehr übergesetzt wird. Nun kann der Wagen endlich rückwärts zur California Street fahren und benutzt dabei wieder einige nur für solche Dienstfahrten gebauten Gleise.
Uff, und wenn man dann noch bedenkt, dass Ankuppeln, Bremsen, Weichen Stellen usw bei den Cable-Cars durch pure Muskelkraft bewältigt werden, haben die Jungs schon einiges geleistet bevor sie den ersten Applaus von Touristen bekommen.
Der Fisherman’s Wharf – Touristenfalle einerseits, aber zu San Francisco gehörend wie der Prater zu Wien. Und eine gute Gelegenheit, im Supermarkt Briefmarken zu kaufen und endlich die Postkarten zu schreiben - irgendwo am Pier 39, mit angenehmer Geräuschkulisse. „Uhahauahua“ heulen hinter mir die Seehunde. „Uhahauahua“ bedeutet in etwa so viel „Hau ab, gute Reise“. Ob damit die Kollegen gemeint sind, die wieder von ihren Brettern geschubst werden oder etwa ich, bleibt an dieser Stelle ungewiss.
Ok, alle Fotos gemacht, Postkarten geschrieben, Urlaubspflichten erfüllt. Dann können wir ja langsam wieder heim. Eine letzte große Runde mit der Straßenbahn und einigen Unterwegsstopps zurück zum Hotel, den Koffer abholen und mit der U-Bahn raus zum Flughafen.
Checkin verläuft zügig, ebenso die Sicherheitskontrolle. Zeit, dass sich wieder meine lange befürchtete Langeweile breit machen kann, vor allem, da ich jetzt erstmals drei Flüge hintereinander nehmen muss. Und wozu das ganze? Um 3 Stunden länger in San Francisco zu bleiben. Um 15 Uhr wäre eine Maschine direkt nach London geflogen, aber ich habe mich für die Verbindung ab 18 Uhr über Los Angeles nach London entschieden. 3 Stunden mehr Urlaub, die ich nun mit einem zusätzlichen Flug ausbaden muss, doch irgendwie ist alles weit weniger schlimm als erwartet.
Beim Umstieg in Los Angeles muss ich das Terminal wechseln und um genügend Zeit zu vertrödeln, laufe ich ganz unamerikanisch die Strecke. Kann ich nur empfehlen. Da man eh noch einmal durch die Sicherheitskontrollen muss, kann man aber gleich draußen noch mal etwas Frischluft tanken.
Auf dem Übernachtflug nach London kann ich auffallend gut schlafen, so dass der Flug auch nicht als nervend empfunden wird (außer dem Hintergedanken, dass der Urlaub jetzt vorbei ist).
Aufregend bzw. stressig wird es noch einmal in Heathrow. Ich habe nur 75 Minuten Zeit zum Umsteigen, was ich von Anfang an für zu knapp halte. Und dann hat die Maschine aus Los Angeles auch noch 30 Minuten Verspätung, bleiben noch 45 Minuten, um die Sicherheitskontrolle zu passieren und mein Gate zu suchen.
Kurz vor knapp (die Anzeigetafeln weisen schon auf ‚Gate Closing’ hin) erreiche ich mein Gate. In gehecheltem Englisch versuche ich mich zu erklären, da höre ich die British Airways Mitarbeiter in London in bestem Deutsch beruhigt auf mich einreden, ich hätte es doch geschafft, ich solle jetzt ganz ruhig an Bord gehen und erstmal etwas trinken. Sie würden noch auf ein paar weitere Gäste warten, die auch aus Los Angeles kommend hier umsteigen würden.
In der Tat stehen wir noch einige Zeit am Gate, bis es endlich losgeht. Türe zu, Affe tot. Über Lautsprecher kommen die üblichen Sicherheitsbestimmungen, doch noch während des Starts bekomme ich von meiner freundlichen Sitznachbarin vor mir die Rückenlehne in die Knie gedonnert. Boah, geht es noch? Die Sardinenbüchse ist schon so eng genug.
Immerhin vergeht der Flug wie im Flug. Ich habe eine Menge zu tun. Ein paar Mal lehne ich mich weit nach vorne, um in meinem Rucksack zu kramen, dann strecke ich so gut es geht wieder die Beine aus, denn auch ich möchte es bequem haben. Irgendwann ist sie tatsächlich so genervt, dass sie ihren Sitzplatz räumt und sich in die Mitte setzt. Dreistigkeit gehört halt bestraft. Seltsamerweise stellt sie doch tatsächlich die Rückenlehne vor mir wieder senkrecht. Ich hätte angenommen, das hätte sie unterlassen, um sich an mir zu rächen.
Ich lande wieder in Düsseldorf. Der Urlaub ist vorbei. Ach, wäre ich doch jetzt mein Koffer. Der darf noch einen Tag länger Urlaub machen und sich den Flughafen Heathrow ansehen, denn der ist nicht schnell genug gelaufen und hat die Anschlussmaschine verpasst. Und zur Belohnung wird er sogar per Chauffeur zu mir nach Hause gefahren.
Ja, Koffer müsste man sein…
Apropos Koffer: Hinter mir steht schon der Koffer gepackt für morgen. In etwa 10 Stunden geht der Flieger und ich bin auch so langsam müde.
Ich hoffe, der Reisebericht hat euch gefallen und bedanke mich für alle, die bis zum Schluss durchgehalten haben für ihre Treue.
Jetzt freue ich mich auf den nächsten spannenden Trip, von dem es in Kürze auch wieder einen Reisebericht geben wird.