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Autor Thema: Railroad Crossing - mit dem Zug quer durch die USA von NYC nach San Francisco  (Gelesen 37412 mal)

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mannimanta

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  • USA Reisevirus - nicht heilbar....
Hey, diese Hub-Brücken vom Chicago River gefallen mir.
Und dann die Wolkenkratzer im Hintergrund...
Da lacht das Fotoherz, gelle...?

Zitat
Hilft dennoch nicht, dass ich mal wieder einen Smoking-Stop verpasse,

Wie muss man das verstehen?
Hält der Zug mal zwischendurch für 'ne Raucherpause an? :shock:
Das fände ich ja ätzend.
Aber wir sind ja im Anti-Smoke Country... :platsch:


GreyWolf

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Hey, diese Hub-Brücken vom Chicago River gefallen mir.

Hey, die kennt man doch aus Blues Brothers. Als Elwood Jake fragt: "Du magst den Wagen nicht?". Und Jake antwortet: "Nein, ich mag ihn nicht".
Wer schon immer mal wissen wollte, wie man früher gereist ist: Alte Reiseberichte

Scooby Doo

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Gestern ist der Server meiner Homepage ausgefallen, konnte da keine Bilder hochladen und auch die bereits hochgeladenen waren hier nicht zu sehen.  :|
Deshalb geht es, funktionierende Technik vorausgesetzt erst heute Abend weiter.

Sind solche 90°-Kreuzungen denn sooo selten?

In Deutschland ja,denn hier werden Strecken meist mittels Brücken ausgefädelt. Und zwei Hauptstrecken kreuzen sich auch meist mittels Brücken, damit der Verkehr auf der einen Linie nicht der der anderen beeinträchtigt.

http://www.eisenbahnsignale.de/Strecken1/LeipzigProbstzella/Zangenberg1106-35k.jpg

An so einem Ort könnte ich USA eine Kreuzung liegen. Nach meiner diesjährigen Tour habe ich dann erkannt, dass in USA diese 90° Kreuzungen absolut nicht selten sind, aber das wusste ich ja auch nicht vorher. Zwischen Chicago und Joliet beispielsweise gibt es entlang der Amtrak Strecke bereits 4 verschiedene Stellen, aber nicht alle sind so gut zugänglich zum Fotografieren.

Zitat
Hilft dennoch nicht, dass ich mal wieder einen Smoking-Stop verpasse,

Wie muss man das verstehen?
Hält der Zug mal zwischendurch für 'ne Raucherpause an? :shock:
Das fände ich ja ätzend.

Natürlich hält der Zug unterwegs mal an. Ist ja kein Schnellzug, der nur von A nach B fährt. Unterwegs wollen ja auch noch Leute ein- und aussteigen. Insgesamt gibt es mehrere Arten von Stops:
- Halt auf Verlangen: Der Zug hält nur, wenn jemand ein- oder aussteigen will
- normaler Halt: Der Zug hält für die Dauer, wie die Leute zum Ein- und Aussteigen benötigen und fährt dann weiter.
- Smoking-Stop: Der Zug hält etwas länger, damit nicht nur der Fahrgastwechsel statt finden kann, sondern auch Weiterreisende sich die Beine vertreten können, die Raucher ihrem Laster nachgehen können und Fotografen wie ich mal ein paar Fotos vom Zug machen können.
Viele Grüße, Markus

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Scooby Doo

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27.05. mit dem California Zephyr quer durch Colorado

Herzlichen Glückwunsch, Sie haben unseren Hauptpreis gewonnen! Sie sind mit unserem erstklassigen Zug soeben von Nebraska nach Colorado gefahren und haben damit eine ganze Stunde zum Ausschlafen gewonnen, weil Colorado in einer anderen Zeitzone liegt.

Das sind doch mal gute Nachrichten. Die schlechte: Meine Erkältung ist im letzten Stadium Husten angekommen. Ich denke, nun sind alle in diesem Wagen wach. Ich geh noch kurz runter in die untere Etage des Doppeldeckerwagens zur Dusche, um die Herrschaften dort auch  alle zu wecken. Prompt, bekomme ich auch eine Antwort zugerufen: „Hatschiii!“ Naja, der hat noch einiges vor sich, da bin ich schon weiter…



Hatte ich gestern noch richtig Lust, über die Größe der landwirtschaftlich genutzten Felder in Iowa Scherze zu reißen, so bin ich von der Landwirtschaft in der hügeligen Prärie Ost-Colorados doch schwer beeindruckt. Soweit das Auge reicht eine riesige Grünfläche. Kein Baum, kaum Büsche, pure langweilig faszinierend große Felder. Alle 10 Minuten huscht mal ein feiger Zaun durchs Bild, dazwischen auch mal ein Bauernhof, meist weit hinten am Horizont, aber sonst nur grün wie unsere Signale. Kein Ort, kein Wald, noch immer kein Ort, noch immer nur grün.

Endlich fahren wir in den nächsten Bahnhof ein und die Spannung steigt: Wo sind wir denn überhaupt? Da man sich nicht 100%ig auf den Fahrplan verlassen kann, ist es immer ein heiteres Raten, wenn man am Morgen erwacht. Ich möchte gerne den Publikumsjoker nehmen. Erst Fort Morgan, CO? Mmmh, anhand der Höhe der Gebäude hatte ich echt auf einen Vorort von Denver getippt. Dann eben weiter trödeln.

Der Bahnhof von Denver ist ein Kopfbahnhof, das heißt, wir fahren eigentlich erst daran vorbei und parken dann rückwärts ein. Wie beim Auto, nur alles etwas größer. Da sich mein Abteil im letzten Waggon des Zuges befindet, habe ich mich einfach mal an der hinteren unbenutzten Verbindungstür aufgebaut, um das Schauspiel mit anzusehen. Ein Rangierer mit Funkgerät erscheint auf der Bildfläche und weist den Lokführer ein. Ununterbrochen hält er Funkkontakt mit dem Stellwerk. „Dürfen wir noch 200 Yards?“ „Bitte geben Sie uns weitere 100 Yards“ Wie gut, dass die Schneckenautobahn nebenan gerade gesperrt ist, es wäre sonst peinlich geworden, von so einem Vieh überholt zu werden. Können die denn keine Signale aufstellen, dann das Ding auf grün und so lange rückwärts bis es kracht?



Im Bahnhof haben wir mal wieder einen von meinen geliebten Smoking-Stops, wo ich vor zur Lok kann, um diese zu fotografieren. Hektisches Treiben auf dem Bahnsteig. Familien liegen sich in den Armen, vor Freude über ein Wiedersehen oder Trauer wegen des bevorstehenden Abschieds, Gepäck wird verladen, Fenster geputzt, nur der Lokführer hat als einziger Pause und hält ein Schwätzchen mit seiner Ablösung. Leider dauert der Aufenthalt nicht lang genug und die Fenster meines weil letzten Wagens bleiben unberührt.

Nach Denver verziehe ich mich zu einer Runde Frühstück in den Speisewagen und freue mich anschließend auf die Eroberung der Rocky Mountains. In mehreren Kehren schrauben wir uns den Berg hinauf. Wie bereits erwähnt, mein Abteil befindet sich im letzten Wagen, also habe ich zumindest in Rechtskurven eine perfekte Sicht auf den Zug in der Landschaft.
In einer großen Schleife überholen wir einen Güterzug und ich kann weiter oben am Berg unsere Strecke ausmachen. Moment, diesmal werden davon auch Fotos gemacht und ich vergesse sicher nicht schon wieder, den Auslöser zu drücken. Klick, bitte lächeln.
Von oben herab hat man aber auch eine schöne Aussicht. Unten in der Schleife steht noch immer der Güterzug und dahinter die weite Prärie, aus der sich in der Ferne ein paar Spitzen erheben: Denver.



In der nächsten Ausweiche bleiben wir unvermittelt stehen. Kommt ja häufiger mal vor, dass wir auf einer eingleisigen Strecke einen Gegenzug abpassen müssen, doch meine Überraschung ist groß, als uns der Güterzug von eben überholt. Was soll das? Und wir dürfen jetzt hinter dem herschleichen? Nach geraumer Zeit endlich wieder Bewegung, aber nicht unsererseits. Der nächste Güterzug überholt uns. Mir ist langweilig und ich döse ein wenig, während ich etwas Musik höre. Als ich nach etwa einer Stunde erwache, stehen wir ja noch immer hier. So toll ist die Aussicht nun auch wieder nicht. Ich habe sie zur Kenntnis genommen, könnten wir also bitte weiterfahren?
Draußen auf dem Gang werkelt der Schaffner herum und ich frage ihn mal direkt, was denn los sei. Haben wir etwa einen Platten? Kleiner Scherz, das natürlich nicht, aber von unseren zwei Loks ist eine ausgefallen und wir warten nun auf Ersatz. Nach über zwei Stunden geht es weiter. Wir haben vor den Amtrak-Loks eine von der Union Pacific geborgte Diesellok vorgespannt bekommen.



Jetzt beginnt ein landschaftlich sehr interessanter Teil und ich nutze es schamlos aus, im letzten Waggon unterbracht zu sein. Mehrmals pendele ich zwischen Abteil und letzter Wagentür hin und her. Die Aussicht auf die Strecke, wie sie durch teils enge Täler geführt wird, mit den Wasserläufen mal rechts, mal links und den wunderschönen grünen Bergen mit Schneebedeckten Gipfeln ist einfach zu schön. Es müssen nicht immer rote Steine sein, aber die kommen ja auch noch. Demnächst.



Durch unsere nun schon 4-stündige Verspätung sind natürlich auch die geplanten Raucherstopps durcheinander gewürfelt und ich erkundige mich beim Schaffner nach dem aktuellen Schlachtplan. Granby, ok, so lange werde ich wohl noch auf Lokfotoentzug bleiben können. Also wieder seitlich aus dem Fenster gestarrt, übrigens auch praktischerweise an der Nordseite. So werden die schönen grünen Berge von der Sonne nett angestrahlt, sie scheint mir aber nie direkt in die Augen. Perfekt. Einfach nur perfekt.



Wir nähern uns Granby und Ansagen werden gemacht, dass wir hier länger halten, so dass es für eine kleine Zigarette reichen würde, aber zu lange nun auch wieder nicht. Nun zeigt sich ein großer Nachteil, im letzten Waggon zu sitzen, aber ich bin ja nicht blöd. Als Passagier der ersten Klasse darf man sich ja frei im Zug bewegen. Ich darf die Sitzklassewagen betreten, nur die Zweitklässler dürfen umgekehrt nicht in unsere Schlafwagen. Also laufe ich einfach während der Fahrt durch den kompletten Zug bis zum ersten Wagen und habe es auf dem Bahnsteig nicht mehr weit bis zur Lok. Clever, gelle?
Ich bin bereits mit meinen Fotos fertig, da sehe ich noch genügend müde Krieger, wie sie mit ihren Handfeuerwaffen, in Fachkreisen Fotoapparate genannt, angewetzt kommen. So ein Foto von einer Union Pacific Lok vor einem Amtrak-Zug wollen sich halt viele nicht entgehen lassen. Selbst der Lokführer ist ausgestiegen, um einige Fotos zu machen.
Es wird zum Einsteigen gerufen und alles rennt wieder los. Nur ich nicht. Ich trotte gemütlich zur ersten Wagentüre. So lange die noch rennen, fährt der Zug schon nicht ab.



Zurück in meinem Waggon begegne ich dem Schaffner, der ganz enttäuscht ist, dass ich wohl meine Raucherpause verpasst habe, wo er doch extra die Tür für mich geöffnet hatte. Armer Kerl, ich erkläre ihm die ganze Geschichte und schon ist’s wieder gut. Er drückt mir eine Visitenkarte in die Hand und würde gerne ein paar Abzüge der Fotos zugeschickt bekommen haben.



Mit der Zeit perfektioniere ich auch meine Technik, andere Züge zu fotografieren. Die letzten Tage versuchte ich mein Glück durch mein Seitenfenster, doch ergab dies meist unscharfe, verwischte Ergebnisse, doch nun ist mir etwas aufgefallen: Um die Zugkraft der Loks innerhalb eines hundert Wagen langen Güterzugs optimal zu verteilen und so ein Überqueren der Rockies zu ermöglichen, befinden sich meist zwei Loks vorne, zwei in der Mitte und zwei am Zugschluss. Und so werde ich bei jedem Zug, dem wir begegnen, hellwach: Da sind nur zwei Loks vorne. Also in aller Ruhe nach hinten gelaufen, denn bis wir an Hundert Wagen vorbei sind, das dauert. Kamera bereithalten und ein schönes Bild geschossen von den Loks am anderen Zugende. Super! Als ob ich mich irgendwo in der Landschaft gesetzt hätte und extra auf diesen Zug gewartet hätte.
Das ganze noch zwei bis dreimal wiederholen und die Fotos können sich echt sehen lassen. Einziger Nachteil: Die Scheibe ist dermaßen dreckig, denn wer denkt schon daran, die Fenster der Verbindungstür zu putzen. Wichtiger sind ja die Seitenfenster. Aber inzwischen war ich schon so oft hier hinten, ich kenne jedes Schmutzpartikelchen mit Namen und habe sie auch aufgefordert, wenigstens einen kleinen Bereich frei zu lassen, durch den man Fotos machen kann. Und die hören auch auf einem, wenn man sie nett bittet. Über die Qualität der Bilder bin ich selbst höchst erstaunt.




Am Abend erreichen wir Grand Junction. Genaue Terminplanung vorausgesetzt habe ich es mal wieder geschafft, während dieses Stopps nicht im Speisewagen zu sitzen. So langsam brauche ich eine Sekretärin, die solche Termine für mich macht. Das wird ja zur reinsten Wissenschaft. Jedenfalls kann ich live mit ansehen, wie die Union Pacific Lok abgekuppelt und eine weitere Amtrak-Lok angekuppelt wird. Natürlich habe ich auch hier meine bewährte erst-durch-den-ganzen-Zug-laufen-Methode benutzt.
Und jetzt kommt wieder der magische Moment – was sagt uns das? Genau, nicht Holzklotz bedient mich heute, sondern wieder die charmante Speisewagenfee. Nach dem Dessert könnte ich mir eigentlich noch einmal die Beine auf dem Bahnsteig vertreten, denn wir stehen noch immer in Grand Junction. Ein Möchtegerneisenbahner erklärt mir, dass es so lange dauert, weil mit der neuen Lok erst noch eine Reihe Tests durchgeführt werden müssen. Komisch, das Ankoppeln der Union Pacific Lok heut Vormittag hatte nicht so lange gedauert.



Mit etwa 6 Stunden Verspätung verlassen wir kurz nach 20 Uhr Grand Junction. Utah werde ich dieses Jahr wohl nicht zu Gesicht bekommen, denn jetzt heißt es Vorhänge zu und ab ins Bettchen. Eigentlich sollten wir schon kurz vor Salt Lake City sein. Bin mal echt gespannt, ob und wie viel Verspätung wir morgen früh aufgeholt haben und wo wir dann überhaupt sind.



Übernachtung: Schlafwagen im California Zephyr
Bewertung: noch immer sehr gut









Viele Grüße, Markus

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OWL

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Hei, das eine Bild kenne ich doch vom Kalenderwettbewerb? :D


Quid licet Iovi, non licet bovi

Scooby Doo

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@OWL
Nö, da irrst du dich. Kein Bild aus dem Kalenderwettbewerb taucht in meinem RB auf (nochmal vergleichen)  :D

Edit: Jetzt, wo der Kalenderwettbewerb vorbei ist, ist das schönere Bild in den RB eingefügt worden.
Viele Grüße, Markus

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OWL

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"Fahrt entlang dem jungen Colorado River" ist dann einem Wettbewerbsbild sehr ähnlich.

Egal, schön ist es so oder so! :D

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mannimanta

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  • USA Reisevirus - nicht heilbar....
Zugfahren in den USA scheint ja eine sehr gemütliche
Angelegenheit zu sein, Klasse!
Die Landschaft gefällt mir immer besser, jetzt wo es in den
Westen geht.
 :clap:

americanhero

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wenn ich den Bericht so in allen Zügen(wie passend) lese und genieße, dann freue ich mich schon auf meine Zugfahrt im nächsten Jahr mit dem Zephyr. Und die BIlder sind ja auf jeden Fall klasse.
Ein toller Bericht, ich hatte jetzt beim nachlesen der einzelen  Tage das Gefühl, selbst mit dabei gewesen zu sein.


Greetz,

Yvonne

Angie

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Deine Beschreibungen, was du während der Zugfahrten erlebst, sind so nahe, als wäre man selbst dabei. Die Aufnahmen sind nach wie vor klasse:!: (diesmal schreibe ich nicht "...und nebenbei, deine Fotos sind klasse", denn dann gibt's wieder den weinenden Smiley von dir :wink: Übrigens sorry, wenn das unlängst so bei dir angekommen ist, war keinesfalls so gemeint und sollte nicht so sein.
Viele Grüße,
Angie

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Micky McBenz

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Hallo Markus!

Toll, dass es endlich weitergeht! Ich habe schon tagelang alle 15 Minuten ins Forum gesehen und gehofft, weiterlesen zu können. Die Bilder vom jungen Colorado sind Dir sehr gut gelungen  :D! Wow, ich bin von der Landschaft begeistert!

wernerw

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Ja, endlich geht es weiter. Ich hatte schon Entzugserscheinungen.
Bald geht's wieder los. Leider nur kurz: 26.8. bis 27.9.

Scooby Doo

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Zugfahren in den USA scheint ja eine sehr gemütliche
Angelegenheit zu sein, Klasse!
Die Landschaft gefällt mir immer besser, jetzt wo es in den Westen geht.

Ja, ist sehr gemütlich. Es geht echt nicht um Schnelligkeit. Wer in USA Bahn fährt, braucht viel Zeit.
Und ja, die Landschaft war klasse. Die Querung der Rocky Mountains war ein Höhepunkt auf meiner Tour. Und auch das Wetter war da phantastisch.

Die Bilder vom jungen Colorado sind Dir sehr gut gelungen  :D! Wow, ich bin von der Landschaft begeistert!

Danke und ehrlich gesagt, habe ich mich selber sehr gewundert, dass sie recht gut geworden sind, weil alle Aufnahmen durch dreckige Scheiben, teilweise mit enormen Spiegelungen gemacht wurden.

Ja, endlich geht es weiter. Ich hatte schon Entzugserscheinungen.

Hihi, wie treffend.
Viele Grüße, Markus

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Scooby Doo

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28.05.2007 mit dem California Zephyr quer durch Nevada und Kalifornien nach San Francisco

Bestandsaufnahme: Uhr – zeigt die falsche Zeit an, wir sind wieder in der nächsten Zeitzone, also wieder eine Stunde mehr Zeit zum Schlafen gehabt. Daran könnte ich mich gewöhnen. Was noch? Wüste! Wir scheinen aus Colorado heraus zu sein. Fahrplan? Ja, vorhanden zur Dekoration. Laut diesem sollten wir Winnemucca, Nevada, schon längst hinter uns gelassen haben. Rechnet man die wahrscheinliche Verspätung mit ein, müssten wir gerade in der Gegend um Elko, Nevada sein. Wo ist meine Sekretärin?



Frühstück. Wieder einer dieser magischen Momente, diesmal aber ein ganz anderer: Holzklötzchen lacht! Das gibt’s doch gar nicht, unter der Fassade steckt ja ein Mensch! Man hat ihm soeben für seine treuen Dienste gedankt und eine kleine Abschiedsfeier veranstaltet, denn diese Zugfahrt ist die letzte vor der Pensionierung. Ich bin eher der Meinung, wir feiern, dass er bald weg ist.



Die Landschaft vor dem Fenster hat sich stark verändert. Wir durchqueren nun die Wüste Nevadas. Zwar sind noch immer keine roten Steine zu sehen, für die Hinz und Kunz in den Südwesten aufbricht, sondern dieser Teil der Wüste überzeugt durch andere Details. Begrenzt durch braune Berge rechts und links fahren wir durch ein weites Tal, durch das überraschenderweise sogar ein kleiner Fluss fließt. An dessen Ufer gedeihen die schönsten Pflanzen, doch etwa 5 Meter davon entfernt setzt sich der sandige Boden wieder durch. Sand, soweit das Auge reicht. Zeit, hier eine kleine Sanduhrenfabrik zu bauen. Rohstoffe liegen genügend vor der Haustür.



Parallel verläuft im Süden in einiger Entfernung ein weiteres Gleis. Ich sitze minutenlang mit eingeschalteter Kamera da und warte auf einen Zug. Nichts. Hier wäre so ein schönes Foto möglich, denn das Gleis hat genau den richtigen Abstand zu unserem. Nicht zu nah, so dass man gar keine komplette Lok auf ein Foto bekommt, aber auch nicht zu fern, wo man ohne die Lupenindustrie anzukurbeln nichts erkennen kann. Wirklich schade. Irgendwann gebe ich es auf und finde mich mit meinem Schicksal ab, dass Züge nie dann irgendwo auftauchen, wenn man sie am meisten benötigt. Ich lehne mich zurück, stecke meinen Kopf zwischen meine Kopfhörer und genieße die kühle Brise der Klimaanlage.



Draußen verändert sich die Wüste. Kein Abschnitt ist wie ein anderer. Einige Hügel werden mittels Tunnels durchquert, teilweise nehmen die beiden parallel führenden Gleise total verschiedene Wege, treffen sich am Ende der Einsamkeit aber wieder. Flogen bei den weiten Feldern Colorados wenigstens noch ab und an ein Bauernhof vorbei, so ist hier rein gar keine Bebauung anzutreffen. Keine Siedlung weit und breit. Nur braune Berge, brauner Boden, Sand und der kleine Fluss, der uns wacker begleitet, ohne vorher auszutrocknen. Bleib stark, Kleiner.



Wir werden langsamer und tragen uns scheinbar fürs nächste Schneckenrennen ein. Wir schleichen über Meilen nur so dahin. Das muss eine der bereits im Internet angekündigten Baustellen sein. Wir wurden zwar nicht, wie befürchtet, durch Wyoming umgeleitet, wahrscheinlich, weil am Memorial Day Wochenende niemand arbeitet, aber die Langsamfahrstelle macht keinen Urlaub. Die ist auch am Wochenende fleißig und zwingt alle Züge zum Schleichen.
Endlich erreichen wir den nächsten Bahnhof und es ist: Elko. Hier sollten wir um 3:21 Uhr morgens durchkommen. Jetzt ist es fast Mittag. Wir haben nun 8 Stunden Verspätung. Meine abendlichen Pläne für San Francisco kann ich über den Haufen werfen. Ich hoffte, wenigstens noch ein wenig die Füße vertreten zu können, doch jetzt muss ich ja heilfroh sein, wenn wir überhaupt im Hellen noch über den Donner Pass kommen.



Nur mal nebenbei bemerkt: Zwischen Salt Lake City, Utah und Elko, Nevada, befindet sich im Netz der Amtrak der längste Streckenabschnitt ohne Haltepunkt. 5 Stunden und 22 Minuten ohne Bahnhof. Wenn man das mal auf Deutschland umrechnet, das würde bedeuten, ein Zug hält nicht zwischen Düsseldorf und Stuttgart. Und das nicht, weil er ein Schnellzug ist, sondern weil dazwischen praktisch überhaupt kein größerer Ort ist. Macht euch mal die riesige Entfernung klar: Düsseldorf – Stuttgart ohne größere Orte! Wahnsinn! Und das ist nur eine kleine Ecke von Nevada bisher. Weitere einsame Landstriche folgen.



Als wir am Nachmittag Reno erreichen, haben wir knapp 9 Stunden Verspätung. Obwohl schon spät am Abend, ist es draußen noch immer brüllend heiß. Wie kann man nur freiwillig in so einem Backofen Urlaub machen, geschweige denn hier wohnen? Ich mache meine obligatorischen Fotos und bin wieder dorthin verschwunden wo es angenehm kühl ist.

Hinter Reno überqueren wir die Grenze zu Kalifornien und mit einem Schlag wird die Landschaft grün. Bäume, meine Freunde, die ich schon lange nicht mehr gezählt habe, zählen nun wieder zu meinen Wegbegleitern. Viele sind davon sicher schon so alt, sie könnten noch einen Schwank vom Eisenbahnbau zum Besten geben, wovon sie Augenzeuge waren. Wenn Bäume sprechen könnten…
Und so höre ich nur die mitgebrachte Musik und versuche mich an den Bergen zu erfreuen, doch irgendwie fehlen die weit herausragenden hohen Spitzen. Ich bin ein wenig enttäuscht. Unter dem Donner Pass hatte ich mir den spektakulär schönsten Pass einer Eisenbahn über die Berge schlechthin vorgestellt, doch außer vielen Bäumen und dem lang gezogenen Donner Lake gibt’s an dieser Landschaft nichts Besonderes.

Wir durchqueren etliche Tunnels und ich kämpfe stark mit den Druckverhältnissen. Die Ohren gehen zu und es breiten sich Kopfschmerzen aus. Bei jedem Huster Kopfschmerzen. Bei jedem Versuch, die Nase zu putzen, Kopfschmerzen. Und Ohrenschmerzen, so stark, das habe ich noch nie zuvor erlebt. Ich weiß nicht mehr, wie ich mich drehen oder wenden soll. Ich rufe den Schaffner herbei, er soll die Sitze noch einmal zu einem Bett umfunktionieren. Ich versuche, etwas zu schlafen, in der Hoffnung, die Ohrenschmerzen würden mit der Zeit zurückgehen.



Draußen ist es dunkel geworden. Wir fliegen durch das nächtliche Kalifornien, als wir plötzlich sehr abrupt stehen bleiben. Der Schaffner steht in meiner Tür und will schon mal das Abteil aufräumen, sprich Kissen einsammeln für die Wäsche etc, damit der Zug schnell für die Rückfahrt morgen nach Chicago fertig gemacht werden kann. Ich finde dieses Vorgehen eigentlich eine Frechheit. Warum können die das nicht machen, wenn alle Fahrgäste ausgestiegen sind? Ich bin bestimmt nicht verwöhnt, auch, wenn ich erster Klasse fahre, aber ich denke, den Komfort, bis zur Endstation gut gepolstert und mit einer Tüte im Mülleimer fahren zu können, gehört einfach zum Service dazu. Ich bezahle immerhin viel Geld dafür.
Er ist gerade noch in meinem Abteil beschäftigt, da kommt eine Durchsage, warum wir hier über eine Stunde auf der freien Strecke stehen werden. Angeblich würden Polizeibeamte auf der Strecke nach Spuren oder Beweismittel suchen. Der Schaffner brummelt nur ‚Bull Shit’ und dieser Meinung schließe ich mich an. Wäre da draußen wirklich jemand offiziell auf den Gleisen, hätte jemand dem Stellwerk Bescheid gegeben und wir hätten vorher schon sanft an einem Signal gehalten. Die wären doch nie das Risiko eingegangen, dass jemand uninformiert in eine Truppe Arbeiter rast.

Gegen halb eins erreichen wir Emeryville. Aus einer 53-stündigen Zugfahrt ist eine 62-stündige geworden. Zwei Anschlussbusse stehen bereit, uns nach San Francisco zu bringen. Und wieder diese Hektik. Auf beiden Bussen steht groß San Francisco und doch rennen einige hin und her und wissen nicht so recht, welchen der beiden Busse ihnen sympathischer ist. Ich will einfach nur noch ins Bett, so wie viele andere auch, die aber nun mit den Busfahrern herumzustreiten, ob und wie sie nach San Francisco kommen. Viele haben nur eine Bahnfahrkarte nach Emeryville und gingen davon aus, der Anschluss nach San Francisco sei eine freundliche Zugabe ihrer Zug-Band. Also müssen wir noch eine Runde warten, bis alle ihre Tickets haben.

Der erste Bus setzt sich in Bewegung, doch wir stehen noch immer hier. Ich will ins Hotel, ich will nicht mehr. Mein Ohr tut unheimlich weh. Ich bin auf einer Seite praktisch taub. Dennoch bekomme ich mit, wie eine ältere Dame uns nun aufhält. Sie muss noch bis San Meteo. Amtrak-Mitarbeiter würden sie gerne hier in ein Taxi sitzen sehen, weil sie befürchten, in San Francisco findet sich keines mehr und da ist dann kein Amtrak-Ansprechpartner mehr, aber die Dame besteht darauf, entweder bezahlt Amtrak die Taxifahrt oder sie will ab San Francisco fahren, weil es dort billiger ist. Sie begründet ihre Forderung damit, dass Amtrak sie nicht pünktlich abgesetzt hat und somit für verpasste Anschlüsse aufkommen müsste. Amtrak beharrt aber darauf, dass sie ein Ticket bis San Francisco erworben hatte und wenn sie in der Stadt ist, wäre die Sache für die Amtrak erledigt. Mensch einigt euch, ich bin müde.

Endlich lenkt Amtrak ein und bezahlt das Taxi ab Emeryville. Wir fahren los. In San Francisco wieder ratlose Gesichter. Die meisten steigen am Ferry Building aus, ohne überhaupt zu wissen, wie es weitergeht. Kein Taxi da, kein Bus, keine Straßenbahn. Der Rest wird nun einer nach dem anderen zu den gebuchten Hotels gebracht. Endlich, etwas nach 2 Uhr erreiche auch ich mein Hotel in Chinatown und falle wie ein Stein ins Bett.

Übernachtung: Grant Plaza Hotel, San Francisco
Bewertung: durchschnittlich








Viele Grüße, Markus

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pierremw

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Hi Markus,

diese extremen Verspätungen und lange, vermeintlich grundlose Stops 'in the middle of nowhere' halten mich eigentlich von geplanten, weiteren Bahnreisen in den USA ab. Wenn schon der teure Renommierzug Acela-Express von NYC nach Philadelphia bei einer 1:15 Fahrt 20 Minuten aufreisst... :wink: 

Ansonsten: Großes Kompliment zum RB, fahre gerne weiter mit! :D
Never underestimate an old man with drumsticks!