Hi zusammen,
es folgt Teil 4 der Nordwest-Tour
7. Tag Mittwoch 16.06.04
Boulder Creek und Marymere FallsAn diesem Tag hatten wir Bilderbuchwetter, denn zu keiner Zeit war auch nur die kleinste Wolke zu sehen. Wie fast jeden Morgen starteten wir gegen 8:00 Uhr und fuhren zum Ende der Parkstraße, um von dort zu den Hot Springs zu laufen. Der ganze Weg verlief nur durch Wald, kein einziger Aussichtspunkt und so mussten mal wieder ein paar Pflanzen "Modell" stehen. Halt, die Natter hätte ich fast vergessen, die sich auf dem Asphalt in der Morgensonne aufwärmte. Dieses Highlight wollte ich ausgiebig fotografieren, allerdings war die Schlange da ganz anderer Meinung und bereits nach zwei Schuss verkroch sie sich ins Unterholz.
Nach ca. 2,5 Meilen erreichten wir dann die Hot Springs, jedenfalls rochen wir sie. Gesehen haben wir sie nicht und da wir von der Wanderung sowieso ein klein wenig enttäuscht waren, traten wir, ohne nach den heißen Quellen zu suchen, den Rückweg an. Jetzt kamen uns auch die ersten Wanderer entgegen und da Amerikaner ja gerne das Gespräch suchen, kommt da manchmal unsere Kameraausrüstung sehr gelegen. Einer der uns entgegenkommt grinst und meinte was für eine tolle Ausrüstung wir da hätten, aha eine Nikon. Digital oder mit Film? Na mit Film, antworteten wir und dann hielt er uns seine Minikamera von der Größe einer Zigarettenschachtel unter die Nase. Manchmal, aber auch nur manchmal würden wir gerne unsere 10 kg Ausrüstung eintauschen.
Am Nachmittag trafen wir auf einem 1,8 mi Rundweg zu den Merymere Falls auf einen weiteren Scherzbold. Wir wieder mit 2 Rucksäcken unterwegs, Kamera geschultert und Stativ in der Hand, kommt einer mit dem Spruch daher, ob wir denn vor Einbruch der Dämmerung wieder zurück sein wollten. OK, die Hälfte der Leute, die wir auf dem Trail sahen, kamen uns in Badelatschen entgegen, irgendwie wirkten wir schon etwas exotisch.
Nachdem wir in Port Angeles unsere Vorräte wieder aufgefrischt hatten, fuhren wir weiter zum Lake Crescent im Olympic N.P. und liefen den oben kurz erwähnten 1,8 mi Trail zu den Marymere Falls. Eine Wanderung durch den Wald, die zwar kein Highlight aber interessant war. Überall lagen kreuz und quer umgestürzte Bäume, teils frisch gefallen, andere lagen bestimmt seit Jahrzehnten, denn sie waren bereits stark vermodert. Auf den "gesunden" Bäumen machten sich Moose und Flechten breit und der Waldboden war bedeckt mit Klee und Farnen. Auffällig waren die Rotzedern, deren Holz – nicht die Rinde – wirklich sehr rot ist. Nach einer halben Stunde erreichten wir den Wasserfall, den wir nicht so berauschend fanden. Aber nun gut, Schönheit ist Geschmackssache und so schossen wir unsere Fotos und gingen zurück.
Da es bereits 17:00 Uhr war, wollten wir uns einen Stellplatz am See sichern. Also, hier im Olympic N.P. können wir unsere gesamten Erfahrungen aus dem Südwesten hinsichtlich der CG Belegung vergessen. Dort hätten wir um diese Uhrzeit nur mit Glück noch einen Platz bekommen. Was war hier los? Wir trauten unseren Augen kaum, auf allen 3 Loops mit zusammen 64 Stellplätzen waren weniger als 10 belegt. Wo übernachten nur die ganzen Touris, die man tagsüber trifft? Uns soll es recht sein, denn eine ruhige Nacht ist uns sicher.
8. Tag Donnerstag 17.06.04
OzetteHeute verließen wir bei unverändertem Kaiserwetter den CG bereits gegen 7:00 Uhr in Richtung Westen zur Pacific Küste. Geplant war eine Wanderung in einer Exklave des Olympic NP bei Ozette und anschließend noch den Besuch des Aussichtspunktes Cape Flattery, im äußersten Nordwesten der Olympic Peninsula. Zuerst fuhren wir auf dem Hwy 101 bis es auf dem State Hwy 113 und später auf dem Hwy 112 nach Norden ging. Im Nirgendwo bog eine Straße zur Ranger Station am Lake Ozette ab, an der 2 Wanderwege zur Küste starten: Der Sand Point Trail führt südl. zum Strand mit der Chance Seeotter zu beobachten, auf dem Cape Alava Trail geht es weiter nördl. zum Strand. Da jeder von uns einen anderen Weg laufen wollte, ergab es sich glücklicherweise, dass man aus beiden One-way Trails einen Loop machen konnte, wenn man die Trails durch den Weg über den Strand verbindet. Damit bildet man ein Dreieck dessen Seiten jeweils 3 mi lang sind, soll heißen, dass eine 9 mi lange Wanderung vor uns lag.
Eine Frage blieb für uns noch offen, ist der Strandabschnitt nur bei Ebbe oder auch bei Flut durchgängig begehbar? Dafür gibt es ja Ranger, doch das Visitor Center öffnete erst um 9:00 Uhr. Die Zeit überbrückten wir mit Wasser abfüllen, Verpflegung vorbereiten, usw. um dann kurz nach neun einer jungen Rangerin unsere Frage zu stellen. Erst versuchte sie uns in deutsch zu antworten, blieb dann aber doch lieber bei englisch. Es stellte sich heraus, dass der Strandabschnitt immer begehbar ist, man jedoch bei Flut an zwei markierten Stellen den Strand verlassen und über Land gehen muss. Nachdem die Rangerin in einer Gezeitentabelle nachgesehen hatte und uns sagte, High Tide wäre um ca. 12:30 Uhr, bedankten wir uns, nahmen die Gezeitentabelle mit und marschierten Richtung Sand Point Trail. Dies ist ein Boardwalk (Brettersteg), der sich 3 Meilen durch feuchten Küstenwald windet. Kaum waren wir im Wald verschwunden, wurden wir auch schon von "Fliegzeug" eingehüllt. Zum Glück waren es keine Stechmücken.
Nach 1 Stunde war der Strand erreicht und wir orientierten uns erst mal. Rechts ging es zum Cape Alava, also schauen wir erst was es links so alles gibt.
Als wir nach wenigen Minuten einen Weißkopfseeadler auf einem Felsen im Meer sahen, wurde sofort die Kamera mit Tele und Konverter (wer es wissen will: Telezoom bis 400 mm + 1,4fach Konverter = 560 mm Tele) bestückt und Stativ aufgebaut. Obwohl der Adler im Sucher immer noch recht klein war, wurde erst mal abgedrückt und näherten uns dann vorsichtig. Der Abstand war immer noch sehr groß und der Adler störte sich auch nicht an uns. Aber bis ich alles wieder neu eingerichtet hatte, mochte er seinen Felsen nicht mehr und flog in einen Baum. Hätte er auch früher machen können, grrrr. Auch in der Folgezeit gelang kein weiterer "Schuss", obwohl noch Weißkopfseeadler Nr. 2 auftauchte, vielleicht war es ja ein Pärchen.
Wo waren jetzt die erhofften Seeotter, das Meer war weit und der Strand kilometerlang? Da wir gerne Tierfilme sehen, darunter war auch mal einer über Seeottern, wussten wir, dass sie sich gerne in Seetangfeldern aufhalten. Nach kurzem Absuchen mit dem Fernglas, entdeckten wir weiter südlich ein großes Seetangfeld. Wir stiefelten dort hin und versuchten auf Steinen und Felsen so weit als möglich dem ansteigenden Wasser zu entgehen. Mit Fernglas und Tele suchten wir den Seetang erneut ab und tatsächlich, gelegentlich konnte man einen Seeotter erkennen. Leider war bei aufkommenden Wind und 560er Tele kaum an fotografieren zu denken, zumal die Entfernung doch recht groß war. Ich drückte ein paar mal ab und hoffte auf einen Glückstreffer.
Schreibe ich heute zu detailliert? Na egal, nicht alle Tage sieht man Weißkopfseeadler und Seeotter live.
Uns lief die Zeit weg und wir hatten erst ein Drittel der Wegstrecke hinter uns gebracht. Während wir nun die Küste nordwärts liefen, hielten wir ständig Ausschau nach interessanten Dingen. Die Seeanemonen in den Tidepools fotografierte ich nicht, da das Wasser nicht sehr sauber war. Bei den Krabben war das einfacher, diese erwischte man auch mal auf einem Felsen und gelegentlich sah man die Köpfe der Robben aus dem Wasser auftauchen. Die Wanderung am Strand war durch den tiefen Sand bzw. Kies sehr anstrengend und zusätzlich brutzelte uns die Sonne vom wolkenlosen Himmel auf die Köpfe. Dann kamen wir an die erste markierte Stelle, an der wir bei Flut den Strand verlassen sollten. Uhrzeit: 12:00 Uhr, High Tide soll um 12:30 Uhr sein, also weg vom Strand. Aber ups, was war denn das? An einer Böschung hingen Seile herunter und bei genauerem Hinschauen sahen wir, dass die Böschung sehr, sehr steil war. Ich schätze mal zwischen 70 und 80° und so kämpften wir uns und unsere Fotoausrüstung in zwei Etappen dort hinauf.
Oben angekommen und nach einem Blick auf den umgangenen Küstenabschnitt mussten wir feststellen, dass der Strand noch trocken war, nix Flut. Der Abstieg war ähnlich mühsam, aber alles blieb heil und am Leben. Petra schaute sich jetzt die Gezeitentabelle etwas genauer an und stellte fest, dass die uns genannte Zeit von 12:30 Uhr a.m. war und nicht wie im Augenblick p.m. Dies war wohl ein amerikanisches Eigentor mit ihren 12 und nicht 24 Stunden, denn die Flut erreichte an diesem Nachmittag erst um 14:00 Uhr ihren Höchststand.
Jetzt kürze ich aber mal etwas ab. Außer ein paar Küstenfotos kam uns nichts mehr vor die Linse und der Spaß am Laufen wich dem Ärger über das schleichende Vorankommen im Sand.
Da alles länger dauerte als angenommen, ging uns zu allem Überfluss noch das Wasser aus. Nach einer weiteren halben Stunde und einigem Suchen fanden wir dann auch den Boardwalk des Cape Alava Trail und schleppten uns noch 3 Meilen bis zum rettenden WoMo. Da dieser Boardwalk etwas weniger Schatten bietet als der erste, quälte uns die Sonne auch weiterhin. Für diese 3 Meilen brauchten wir (ohne auch nur ein Foto zu schießen) 1h 15 min und mit hängenden Zungen, vielleicht waren sie auch schon am Gaumen angeklebt, erreichten wir den Camper gegen 17:00 Uhr.
Nach einer halben Stunde kehrte das Leben in uns zurück und wir beschlossen, dass Cape Flattery gestrichen wird, nix mehr Beach und Küste. Ein aufgeheiztes Wohnmobil und eine schwülwarme Küste bedeuten keine Erholung nach diesem anstrengenden Tag und da für den nächsten Tag der Hoh Rain Forest auf dem Programm stand, entschieden wir uns für den dortigen, bestimmt kühleren Campground. Um 20:00 Uhr erreichten wir den Campground und waren uns in einem Punkt einig, der morgige Tag wird sehr viel ruhiger verlaufen, ist ja schließlich Urlaub.