Willkommen, Schneewie! Steig ein und mach's dir bequem.
Und @ Willi: Danke für die schnelle Lokalisierung! Wir sind vom eigentlichen View Point aus noch ca. 50 m weiter südlich gegangen, also war es vielleicht doch der Agua Canyon Overlook?
Aber jetzt erst mal schnell die Koffer zu und frisches Eis in die Kühlbox, denn es geht weiter:
Donnerstag, 13. September 2007Heute morgen beschließen wir spontan, nicht auf direktem Weg nach Salt Lake City zu fahren, sondern den Umweg über das Grand-Staircase-Gebiet zu nehmen. Der Pontiac scheint mit unserer Wahl nicht ganz einverstanden zu sein. Trotzig zeigt er uns nach einigen Meilen an, dass in zwei Reifen wieder zu wenig Luft ist. Aber da muss er jetzt erst mal die Zähne zusammenbeißen. Denn auf dem ersten Streckenabschnitt ist weit und breit keine Tankstelle in Sicht.
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Die Farben der Landschaft ändern sich schnell. Die roten Steine des Bryce Canyons sind kaum noch vertreten, stattdessen präsentieren sich soweit man schauen kann, kleine grüne Bäume auf ockergelben und weißen Gesteinsschichten. Immer wieder halten wir an und machen Fotos und merken langsam, wie uns die Zeit davonrennt.
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Aber bevor wir schließlich nach Nordwesten Richtung I-15 abbiegen und anfangen, Tempo zu machen, gönnen wir dem Pontiac an einer Tankstelle neue Luft für die Reifen und uns selbst einen Schokoriegel. Dann darf ich mal eine längere Strecke fahren. Die Landschaft wird öde, die Straßen verlaufen kerzengerade, aber wir müssen jetzt ohnehin „Meilen fressen". Die einzige Abwechslung sind die kleinen Ortschaften, die wir durchqueren, und das manchmal unverständliche rigide Tempolimit, wenn sich die Straße einer Biegung nähert, die man als Kurve bezeichnen könnte.
Unterwegs schieben wir die erste CD von Hape Kerkelings „Ich bin dann mal weg" ein – das passende Hörbuch für so eine Reise. Hape berichtet von seinen höllischen Knieschmerzen und anderen negativen Folgen seiner Wanderung, und ich leide mit ihm. Mein Freund leidet auch. Aber nicht an Knieschmerzen oder seiner Bandscheibe. Sondern unter akuter Langeweile. Nach ungefähr 100 Meilen übernimmt er wieder das Ruder. Wir schlagen uns zur Interstate durch und erreichen am Nachmittag Salt Lake City, wo wir in Fußweite zum Tempelbezirk im City Creek Inn übernachten. Dort lassen wir jetzt auch das Auto stehen und spazieren zum Tempel.
Richtig viel zu sehen gibt es dort eigentlich nicht. Wir schlendern um die Gebäude im Tempelbezirk, machen pflichtgemäß ein paar Fotos vom Tempel und den Statuen von offensichtlich wichtigen Männern, die bedeutungsvoll ihre Hände in die Gegend recken und schauen ins Tabernacle hinein. Dort werden wir sofort von einer jungen übermotivierten Mormonin abgegriffen, die einerseits aussieht, als hätte sie sich im Kleiderschrank ihrer Oma bedient und die andererseits wirkt wie gedopt. Die Akustik sei so fabelhaft hier drinnen, erklärt sie uns sofort, und ich entgegne freundlich, dass wir das heute abend sicherlich erleben werden, denn wir wollen die allwöchentliche Chorprobe im Tabernacle besuchen. Die Mormonin wird daraufhin noch eine Spur enthusiastischer und berichtet, mit wieviel Hingabe die Chormitglieder immer singen. Wir stellen uns also schon mal darauf ein, heute abend eine ganze Horde von Menschen in Oma-Klamotten und mit diesem irren Glitzern in den Augen zu sehen.
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Die Zeit bis zur Chorprobe am frühen Abend vertreiben wir uns in den Läden am Westgate. Dort holen wir uns erstmal ein sündhaft teures Häagen-Daz-Eis, das ich natürlich gleich auf T-Shirt und Kameratasche tropfen lasse. Schnell noch zurück ins Motel und einen Pullover übergeworfen, dann finden wir uns wieder im gut besuchten Tabernacle ein. Die Mitglieder des berühmten Chores wirken enttäuschend normal, und singen können sie wirklich. Wir haben Glück, denn gerade heute findet die Generalprobe für eine besondere Aufführung am Sonntag statt: Der Chor singt gemeinsam mit einem Kinderchor aus Peking die Hymne, die er schon auf der Eröffnungsfeier der Olympischen Winterspiele in Salt Lake City geschmettert hatte. Mit voller Orchestrierung. Der Kinderchor hängt zwischendurch ziemlich hinterher, und die chinesischen Betreuerinnen werfen sich aufgeregte Blicke zu. Aber der Dirigent hat die Sache im Griff, und zum Schluss kommen dann doch alle gemeinsam an.
Vor dem nächsten Stück beschließen die chinesischen Betreuerinnen, im Kinderchor einige Umstrukturierungsmaßnahmen vorzunehmen und lassen einige Kinder die Plätze tauschen. Das löst dann einen Dominoeffekt aus. Minutenlang steht immer wieder ein Kind auf, klettert über die Stühle nach vorne, verdrängt ein anderes Kind von seinem Platz, das dann wieder nach hinten klettert, ein anderes Kind wegschubst usw. Immer wenn man denkt, jetzt ist es geschafft, springt schon das nächste Kind auf. Das ganze ist so komisch, dass irgendwann der ganze Saal lacht.
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Nach der Chorprobe schnappen wir uns den Pontiac und fahren zum Abendessen ins Hard Rock Café. Wir haben außer Schokoriegeln und Eis heute kaum etwas gegessen und bestellen uns jetzt jeder einen Teller überbackene Taccos. Trotz der Warnungen der Kellnerin und natürlich jeweils noch mit zusätzlichen Saucen und Toppings. Ich schaffe gerade mal den halben Teller, bevor ich erschöpft tief in meinen Stuhl sinke, und auch mein Freund ist nicht in der Lage, den kompletten Tacco-Berg zu bewältigen. Völlig gesättigt schaffen wir es gerade noch, uns ein paar Hard-Rock-Café-Souvenirs zu kaufen (wirklich nur ein paar, denn "Hard Rock Café Salt Lake City", das klingt dann noch nicht ganz so cool), dann fahren wir zurück zum Motel. Morgen geht es erst mal zum großen Salzsee.