4. Tag
Virginia - hört sich für mich irgendwie nach wildem Westen an, nach Cowboys und Indianern. Vielleicht liegt es daran dass ich mich an irgendeinen Virginian erinnere der zusammen mit Trampas auf der Shiloh Ranch die Colts rauchen lassen hat.
Aber noch war ich in D.C. - frühmorgens um 6:36. Wenn niemand neben mir im Bett liegt besteht für mich kein Grund selbiges noch zu okkupieren, schlafen kann ich schließlich auch zuhause. Ein kurzer Anruf an der Rezeption um den Valetparker zu wecken und schon ging’s los - vorbei an den Orten, die ich gestern nur bewölkt gesehen hatte und die jetzt im herrlichsten Morgenrot leuchteten.
Ein paar Probleme später war ich an der Staatsgrenze. Ich hatte nicht mehr viel Sprit im Tank, in D.C. hab ich keine Tankstelle gefunden, eigentlich auch nicht gesucht, aber auch an der Interstate 66, auf der ich unterwegs war, leuchtete mir kein Gas-Exit entgegen. Also fragte ich TomTom und wurde ein bißchen cross-country geschickt, ohne eine Zapfsäule aus der Nähe zu sehen. Sie haben ihr Ziel erreicht - und ich stand mitten in der Pampa. Aber irgendwann war alles gut, das Auto wieder wohlfühlend wohlgefüllt.
TomTom heisst bei mir übrigens TomTom, ein anderer Name hat sich nicht aufgedrängt, auch wenn die Stimme auf den Namen Lisa hört.
Auf meiner weiteren Fahrt nach Front Royal, dem Ausgangspunkt für Fahrten in den Shenandoah National Park besuchte ich den Manassas National Battlefield Park, den Nissan Pavillion, die Mosby Heritage Area , den Sky Meadows State Park, den Shenandoah Battlefields National Historic District und die Skyline Caverns nicht, sondern fuhr Kekse essend und Icetea trinkend immer ab durch die Mitte.
Die Eintrittsfee des Shenandoah National Parks wollte 15 $ - ich kaufte einen Nationalparkpass, weil es nicht der letzte Park in diesem Jahr sein sollte und freute mich auf den vor mir liegenden Skyline Drive, angeblich eine der schönsten Straßen weltweit.
Die nächsten 100 Meilen sahen dann so aus ...
... oder so.
Anfangs habe ich noch an jedem Aussichtspunkt angehalten, in der Hoffnung, dass etwas wirklich tolles, wichtiges, interessantes zu sehen ist. Diese Hoffnung starb nicht zuletzt, sondern nach ca. 20 Meilen. Außer blau und grün war wirklich kein einziger markanter Punkt auszumachen. Bin ich zu verwöhnt oder ist hier wirklich nichts zu sehen?
Immerhin soll es ein paar hundert Meilen Wanderwege geben, aber die wollte ich meinen Füssen nicht alle zumuten.
Versucht habe ich es natürlich trotzdem, wenigstens einen einzigen Trail, am Thornton Gap. Aber nach wenigen Metern wurde ich von einer fliegenden Wand davon abgehalten. Winzige Tierchen stürzten sich auf mich und verursachten ein starkes Jucken auf der Kopfhaut. Ich hatte ganz spontan keine Lust mehr und verbrachte den Rest des Tages im Auto - fliegenfrei.
Da waren die Tierchen in Australien ja noch harmlos gegen, die haben wenigstens nicht gejuckt, die störten nur.
Hatte ich eigentlich schon erwähnt daß ich die Tage vor diesem Urlaub hauptsächlich beim Orthopäden verbracht habe weil mich der Rücken mal wieder zwickte? Jetzt wisst ihr es - und das ist eine gute Erklärung warum ich keine Wanderungen mache, nur leichte Spaziergänge.
Training für meinen Waschbeckenbauch mache ich ein anderes Mal.
Immerhin ist der Skyline Drive eine wunderbare Strecke für Motorräder und Cabrios. Ein paar der ersteren sind mir begegnet, das interessanteste "Stück" ist im Bild zu sehen.
Harleys werden nicht mehr viel verkauft, der Umsatz in in letzter Zeit stark eingebrochen, weil die Jugend ihre Weicheier lieber bequem und luxuriös durch die Gegend schaukelt und die Alten irgendwann auf ihre Bandscheibe achten müssen. Harley verkauft irgendwann nur noch T-Shirts und anderen Kram, den können auch die Omas und Opas noch anziehen.
Der Unterschied zwischen BMW- und Harleyfahrern? Die Ersten tragen eine gepolsterte Motorradhose, eine Jacke und heruntergeklappten Helm. Die Letzteren tragen eine Jeans, alles weitere ist optional, ein nackter Bauch auf dem Tank liegend gern gesehen. Oder das was ich für einen Tank halte.
Helme sind selten, hier und da sieht man eine Sonnenbrille.
Wenn ich daran denke mit welcher Wucht mir diverse Viecher vor die Windschutzscheibe ballern und die alle in meinem Gesicht zerplatzen würden? Nö, dann lieber gar nicht Moppät fahren....
Hättest du in diesem Felsen ein Gesicht erkannt? Vielleicht ein liegender King Kong, aber ein Mensch? Egal - may i intruduce to you: Stoney Man, der mit 4011 Füssen zweithöchste Gipfel des Parks.
Vielleicht sollte man ihm mal die Nase rasieren.....
Nach 3:46 Std war ich durch.
Davon muss man aber mindestens eine halbe Stunde für Dreharbeiten abziehen, ich hab nämlich einen Testfilm gedreht, den ich später in West Virginia fortsetzen wollte. Daraus ist leider nix geworden ...
Mein Fazit: Eine nette Strecke bei Sonnenschein und offenem Cabriodach oder mit Motorrad, bei Regen würde ich hier nicht fahren, es zieht sich nämlich endlos. 100 Meilen können kurzweilig, aber auch sehr sehr lang sein ....
Evtl. lohnt sich ein Besuch der
Luray Caverns, falls man viel Zeit hat.
Der hier beginnende Blue Ridge Parkway sah auf den ersten Metern so aus als wäre hier nur ein neuer Name für eine altbekannte Strecke. Ich verzichtete deshalb leichten Herzens auf die eigentlich geplante Weiterfahrt bis zur
Natural Bridge, von der ich im Nachinein nichts viel Gutes gehört habe und die auch 18 $ Eintritt kostet. Knapp 90 Minuten und 100 Meilen später sass ich in Richmond vor dem örtlichen Capitol.
Hier werden scheinbar viele Besucher erwartet, es gibt nämlich ein Visitor Center, einen Gift Shop und ein Cafe. Eine Tour mit ca. 20 Amis begann gerade, ich schloss mich an. Im bisherigen Verlauf des Urlaubes fing immer alles an, wenn ich in der Nähe war, fällt mir im Nachhinein auf.
Die Reiseleiterin war in einem früheren Leben offenbar Lehrerin, sie fragte nämlich jede Menge Namen und Daten ab - wer wann wo mit wem oder gegen wen gekämpft hatte.
Über die Landeinnahme der Europäer wurde nichts negatives gesagt, die hier lebenden Indianer wurden nur am Rande erwähnt. Ich habe es mir verkniffen zu fragen was wohl passieren würde wenn z.B. ein paar Leute aus fernen Ländern kommen würden und das Land das sie betreten für sich reklamieren würden.
Einzelheiten zum Capitol und zu Virginia im allgemeinen gibt es
hier zu bewundern.
Nach 40 Minuten war alles vorbei und ich machte mich auf den Weg nach - ja wohin eigentlich? Mein geplantes Tagespensum hatte ich schon lange erfüllt, ich fuhr deshalb präservativ in die Richtung, die morgen angesagt war. Unterwegs gab’s endlich mal keine Kekse und Icetea mehr, sondern richtig was auf die Gabel, nämlich ein RibEye Steak mit Shrimps, Parmesan und Apfelmus im Applebees an irgendeiner Ausfahrt der I-95. Schmeckte nicht besonders, aber der Hunger nagte.
Erstmalig seit langer Zeit wurde ich gefragt: Smoking or non?
Ich dachte die Restaurantrauchzeiten wären vorbei - aber in einem Tabakanbaugebiet wie Virginia wäre ein Verbot ja blöd. Das wäre ja - wie Alkoholverbot rund um eine Whiskeyfabrik.
Undenkbar.
Bis zum Urlaubsende blieb es bei der Raucherlaubnis, erst in Illinois waren wieder “normale” Zustände.
Nach der postkulinarischen Erleichterung fuhr ich weiter bis zur Grenze von North Carolina, ein paar Meilen weiter bis zur nächsten Highwayausfahrt, wieder zurück nach Virginia, um die dortigen Welcome-Schilder zu knipsen, wieder zurück nach North Carolina und hatte dann keine Lust mehr - 350 Meilen sollten reichen. Zwecks Übernachtung durfte mich heute das Motel 6 in Roanoke Rapids begrüßen. Preis: 65 $, fast so teuer wie das Courtyard in D.C. - welches zu dem Preis natürlich billig war. Das Zimmer war dreckig, laut und hatte ein durchgelegenes Bett. Ich schwor mir ab jetzt nur noch bei Priceline vorzubuchen, mindestens 8 Sterne.
Den Abend verbrachte ich mit Vorbereitungen auf den morgigen Tag, einem weiteren RibEye-Steak - im direkt neben dem Motel liegenden Outback, und ein paar kleineren Einkäufen im Walmart.
Im Fernsehen gab es einen Sender namens Wild Bar TV, der nachts ähnliche Werbung zeigte wie fast alle privaten Sender in Deutschland. Call me - now.....
Der Unterschied zu Deutschland: die nackten Tatsachen werden natürlich überbalkt - und da fast nur Nacktes zu sehen gewesen wäre blieb ausser den Balken so gut wie nichts mehr übrig. Dazu dann die Pieptöne bei “bösen” Worten - und davon gibt es viele. Im Radio wurde sogar das Wort “Ass” aus dem Lied “Rockstar” von Nickelback ausgeblendet. Die spinnen, die Amis......
5. Tag - 353 Meilen oder 567 km gefahren