Tag 10 - 3. Juni 2011
Banff, AB - Calgary (Olympic Park) - Glacier NP / USA (St. Mary Lake & Many Glacier) - East Glacier, MT
Heute steht wieder ein längerer Fahrtag an. Deshalb stehen wir um 6 Uhr auf, bereiten uns einige Snacks für den Tag zu und verlassen um 8 Uhr Banff. Bald nachdem wir die Ortschaft Canmore durchfahren haben ändert sich die Landschaft völlig. Die schneebedeckten Gipfel der Rockies sehen wir nur noch im Rückspiegel und vor uns liegen bewaldete Hügel und endlose Rinderweiden. Relativ unvermittelt erreichen wir Calgary und den Olympic Park. Die Olympischen Spiele hier 1988 sind mir noch in guter Erinnerung - vor allem natürlich "Eddie the Eagle" und der Jamaica-Bob. Deshalb macht es Spaß hier über das Gelände zu streifen, welches heutzutage auch im Sommer für alle möglichen Outdoor-Aktivitäten genutzt wird.
Calgary Olympic Park
200 Kilometer geht es dann nur geradeaus durch relativ öde Landschaft. Hat das Benzin bisher immer so zwischen 1,25 € und 1,30 € pro Liter gekostet, bezahlt man hier in der Pampa nur 1,15 €. Landschaftlich interessanter wird es, als wir auf den Highway 3 Richtung Westen abbiegen. Denn nun fahren wir direkt auf die schneebedeckte Bergkette des Waterton Lakes Nationalparks zu, die am Horizont imposant wie aus dem Nichts aus der ansonsten grünen Wiesenlandschaft aufsteigt.
Bergkette des Waterton Lakes NP vom HW 3
Kurz hinter der Ortschaft Pincher Creek zeigt uns ein Schild an, dass die US-Border Station am Chief Mountain Highway heute von 9 - 18 Uhr geöffnet ist. Sehr gut! Als wir für eine kurze Pause aus dem Wagen steigen ist es so extrem windig, dass uns schnell klar wird, warum hier überall so immens viele Windräder stehen. Um 13:30 Uhr erreichen wir den Parkeingang des Waterton Lakes NP und machen ein Picknick an dem sehr schönen Maskinonge Lake.
Maskinonge Lake im Waterton Lakes NP
Eine halbe Stunde später fahren wir an dem kleinen Grenzhäuschen vor und erleben unsere allererste Einreise auf dem Landweg. Während die beiden Officer schnell ihren Donut aufessen, müssen wir an einem Stoppschild ein Stück davor warten. Erst auf ein Handzeichen hin darf man vorfahren. Ich weiss nicht, ob man während des Wartens vielleicht geröntgt wird oder fotografiert. Wie auch immer - es folgen die üblichen Fragen und dann die Aufforderung, das Fahrzeug auf den Parkplatz zu stellen und ins Office zu kommen. Die beiden Beamten warten schon auf uns an ihren Countern. Hier legen wir unsere Pässe vor, bezahlen die Einreisegebühr und geben unsere Fingerabdrücke ab und sie tippen unsere Daten in ihre Computer ein. Alles Routine - denken wir. Bis sich die beiden auf einmal anschauen und gleichzeitig sagen: "mismatch". Während ich noch in Gedanken alle meine kleinen und großen Sünden durchgehe und mich frage, was ich wohl angestellt habe, klärt der herbeigerufene Supervisor die Situation auf: die beiden hatten unsere Pässe vertauscht, so dass die Fingerabdrücke nicht mehr gepasst haben. Das folgende allgemeine Gelächter lockert die Atmosphäre wieder auf.
Chief Mountain Highway im Glacier NP
Es ist ein gutes - fast heimatliches - Gefühl, amerikanischen Boden unter den Rädern zu haben. Im St. Mary Visitor Center freut man sich auch uns zu sehen. Wahrscheinlich weil wir die einzigen Besucher sind. Wir checken ab, welche Aktivitäten möglich sind, decken uns mit Kartenmaterial ein und schauen den kurzen informativen Film über den Park im Kinosaal. Das die Going-to-the-sun-Road gesperrt ist, wussten wir vorher. Aber man kann an beiden Enden ein Stück hereinfahren. Die Ostseite ist frei bis zum Jackson Glacier Overlook und an diesem Teilstück liegt der St. Mary Lake.
St. Mary Lake / Glacier NP
Es weht bei 4°C ein eiskalter stürmischer Wind, aber trotzdem verbringen wir hier eineinhalb Stunden, weil es hier wirklich wunderschön ist. Caro sieht an einem spärlich bewachsenen Hang in der Ferne auf einmal einen Grizzly. Ich sehe erstmal gar nichts, mit viel gutem Willen vielleicht einen Busch oder eine Hecke. Aber der Blick durch das Teleobjektiv beweist es: sie hat Recht.
Grizzly am St. Mary Lake
Es ist kurz vor sechs als wir die Going-to-the-Sun-Road wieder verlassen und damit noch Zeit genug für einen Abstecher in die Many Glacier Area ein Stück weiter nördlich.
Many Glacier Area / Glacier NP
Gletscherlilie
Am Lake Sherburne sieht Caro mit bloßem Auge wieder Bären am Hang. Diesmal ist es noch weiter weg und es sollen gleich drei Grizzlys sein. Ich zweifle an meiner Sehkraft. Mit höchster Zoom-Stufe an meiner Videokamera erkenne ich sie dann aber auch. Die beiden Fotografen, die auf uns aufmerksam werden, können es auch nicht glauben. Freudig erregt sind sie erst, nachdem meine Frau ihre riesigen Teleobjektive auf das Ziel eingestellt hat.
Finde die Bären...
Durch die wunderbare Abendsonne geht es dann nach East Glacier - oder East Glacier Park Village wie es vollständig heißt. Der Ort hat vielleicht 500 Einwohner und einige einfache Motels, Restaurants und Shops. Bis zum heutigen Tag war unsere Route fest geplant und alle Unterkünfte vorgebucht. Im Internet hatte uns das Mountain Pine Motel einen ganz netten Eindruck gemacht und mit seinem Besitzer Terry hatte ich von Deutschland aus vor einigen Monaten ein sehr nettes Telefonat.
Als wir um 20:30 Uhr vorfahren begrüßt er uns dann auch sehr herzlich. Das Zimmer ist einfach, aber für den Preis absolut in Ordnung. Die einzigen weiteren Gäste - ein amerikanisches Ehepaar - wohnen direkt neben uns und freuen sich irgendwie auch uns zu sehen. Kann aber auch daran liegen, dass sie schon einige Biere und Spirituosen intus haben. Auf eben diese laden sie uns ein. Das letzte Mal, als wir von einem amerikanischen Ehepaar zum Saufen eingeladen wurden war in Ouray, Colorado. Da waren unsere Zimmernachbarn zwei Whiskey-Fans aus Kentucky und ich hatte noch bis zum nächsten Abend einen flauen Magen und zittrige Hände. Diese Episode im Hinterkopf und weil wir noch etwas essen müssen schlagen wir die Einladung dankend aus. Sie empfehlen uns das Serranos (
http://serranosmexican.com/), ein mexikanisches Restaurant in der Nähe der Hauptstrasse. Terry hatte uns dies auch schon ans Herz gelegt. Und tatsächlich: wir haben einen tollen Abend hier bei super Essen in gediegener Atmosphäre mit einer ganz netten Bedienung. Absolut empfehlenswert!
An der Tanke nebenan wollen wir uns danach noch ein paar kühle Bier holen. Es ist 22:03 Uhr. Hier nehmen sie ihre Öffnungszeiten penibel genau, denn seit drei Minuten ist Feierabend und der Chef ist nicht bereit die Tür noch mal aufzuschließen. Naja, es geht auch ohne. Terry's Motel erweist sich als sehr hellhörig und ständig knackt und knirscht es irgendwo. Die Gedanken an irgendwelche Gruselfilme kann ich meiner Frau irgendwann austreiben und so schlafen wir um Mitternacht ein.
Hotel: Mountain Pine Motel / East Glacier, MT
Gefahrene KM: 636