Das Diagramm wurde immer kürzer und mit jeder Meile wurde
das Wetter noch schlimmer. Aktuell lagen zwischen Orlando und Charley noch 54 Meilen,
als plötzlich das TV Bild ausfiel. Nur noch „Schnee“ flimmerte es aus dem TV
Kasten. Angst und Neugier machten sich immer stärker bemerkbar.
Unsere Zimmertür ging gleich nach draußen, ich öffnete sie
um zu sehen, was die anderen Mitreisenden machten, bzw. wie sie sich
vorbereiteten. Jedes Zimmer hatte nach vorne die Tür und ein Fenster. Links von
uns, ein Paar aus Bayern, hatte ihre Tür verrammelt und das Sofa davor
geschoben. Das sagten sie jedenfalls nach dem Hurrikan. Hier war alles dunkel.
Rechts von uns befand sich das Paar aus Castrop- Rauxel. „Hömma, schieb ma ding
Aschtrahlköppa us de Lins, ich bin am filme!“ schallte es aus der offenen
Zimmertür. Er, im Unterhemd mit der Kamera im Anschlag kam sich vor wie ein
Sensationkameramann. SIE, sie war die passende Reporterin dazu. „OLLEN DA!!! Die
Schwatte, die Schwatte!!! Halt druff! (Gemeint war wohl eine Farbige, die
versuchte noch ihre letzten Dinge zu retten, bevor es los ging). Alta is datt
krass, woll!“
Ich hatte genug gesehen und brachte mich in Sicherheit. Am
Horizont blitzte es wie verrückt und nach und nach konnten wir sehen, dass das
keine Blitze waren, sondern umfallende Strommasten. Wie mit einem Schalter
ausgeschaltet sah man, wie plötzlich Stadtteil für Stadtteil dunkel wurde. Je
näher die Blitze kamen umso näher kam der Stromausfall.
Draußen fuhr kein Auto mehr, keine Menschen und auch keine
Tiere mehr waren zu sehen.
Es dauerte keine fünf Minuten mehr, da krachte es
unglaublich laut und auch bei uns fiel der Strom aus. Es goss Bindfäden. So was
hatte ich noch nie gesehen. Es waren keine Tropfen, sondern Fäden von Regen was
da runter kam. Binnen paar Minuten stand der ganze Parkplatz vor uns unter
Wasser.
Es war stock dunkel! Gestern um die Zeit genossen wir die
Sonnen, heute konnten wir die Hand vor Augen nicht mehr sehen. Es regnete immer
schlimmer, sodass unser Parkplatz mittlerweile einem Fluss glich. Schon jetzt
war Treibgut im „Fluss“ welcher einige
Autos demolierte. Aus den „Vorboten“ wurde allmählich ein starker Wind, die
Geräuschkulisse wurde immer lauter. War er das jetzt? Wird es noch schlimmer?
Zu diesem Zeitpunkt ahnten wir noch nicht mal ansatzweise, dass es noch eine
halbe Stunde dauern sollte….
Der Wind wurde zum Sturm, der Sturm wurde zur Hölle. Unser
Anhänger der zum Transport unseres Gepäcks dabei war, war der erste Gegenstand
der den Parkplatz unfreiwillig verließ. Erst wurde er zwischen den Autos
umhergewirbelt und anschließend einfach weggeblasen. Trotz des unglaublichen
Lärmes konnte ich nebenan immer wieder ein „BOA“, „GEIL“ und „WOLL“ auffangen,
bis auch sie übertönt wurden.
Als Nächstes fingen die Wände an zu wackeln. Die
Fensterscheibe bog sich so extrem, dass
ich in Sicherheit ging. Wasser und Palmenblätter wurden unter unsere
Zimmertür ins Zimmer gedrückt. Die Tür krachte in ihren Angeln und es wurde
immer heftiger. Schwarz, es war alles so dunkel dass es schwarz war. Meine Frau
verbarrikadierte sich in der Badewanne. Alles fing an zu wackeln, ein Spiegel
und ein Regal fielen von der Wand und krachten auf den Fußboden. Es war so
laut, dass wir uns nicht mehr unterhalten konnten. Draußen krachte es
unentwegt, es klirrte und schepperte so laut, dass es trotz des Kraches hören
konnten. Mein Gott, wie lange noch? Wird es noch schlimmer? Bitte lass das
Hotel stehen!!! Minuten vergingen. Uns kam es vor wie Stunden. Unser Fußboden
glich einem See (und wir waren im ersten Stock!!!). Die verdammte
Fensterscheibe hielt immer noch. Ich hätte mir nie erträumt, dass sich Glas so
biegen kann. Hätte auch nur ein kleiner Gegenstand die Scheibe getroffen, wäre
sie wohl sofort implodiert.
Die Wände wackelten immer schlimmer. Es fühlte sich wie ein
Erdbeben an! War das nur der „Wind“ oder hatten wir jetzt auch noch ein
Erdbeben? Der Krach wurde plötzlich dermaßen laut, so dass wir uns die Ohren
zuhalten mussten. Das kann nicht mehr lange gut gehen, so was kann kein Haus
aushalten. Nun fiel auch das zweite Regal von der Wand und der Regen schien
plötzlich horizontal an die Tür zu klatschen. Als ob Feuerwehrleute mit fünf
C-Rohren gleichzeitig an die Tür bzw. Hauswand spritzen würde.
Unfassbar aber es wurde noch lauter, noch mehr Wasser lief
in unser Zimmer, noch mehr wackelten die Wände. Wir müssen hier raus schoss es
mir durch den Kopf….. KRACH….VORBEI, AUS, ENDE, RUHE! Es gab einen riesigen
Krach und von einer Sekunde auf die andere war alles es vorbei. Die Wände
wackelten nach, es war mucksmäuschen Still. Von einer auf die andere Sekunde.
Ich lag neben der Badewanne und konnte es nicht glauben. Es ist vorbei.
Plötzlich hörte man überall aus den Hotelzimmern Jubelschreie und auch
verzweifeltes Weinen. Sirenen, erst eine
dann zwei, dann zig Sirenen ertönten
plötzlich von draußen. Die Feuerwehren waren die Ersten, die ihren Dienst
begannen. Es war nach wie vor stock dunkel, draußen wie drinnen. Ich öffnete
unsere Tür und trat hervor. Viel konnte ich nicht erkennen, nur soviel dass die
Palmen, die vor unserem Zimmer einst standen, mittendurch gerissen und
fortgetragen worden waren. Es standen nur noch abgerissene Palmen im Hof. Auch
die Tür vom rechten Nebenzimmer öffnete sich. Die Kamera noch in der Hand, aber
blass wie eine überfahrene Milchschnitte kam „Ollen“ aus seinem „TV Studio“.
„Ähm, hasse ma Feuer?“
Fortsetzung folgt…