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Autor Thema: Viele Dellen, heiße Quellen: Denver - Yellowstone - Denver im Sommer 2016  (Gelesen 24468 mal)

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Flicka

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Dienstag, 9. August


Heute verbringe ich den letzten Tag rund um den Old Faithful. Die meisten Geysire und heißen Quellen habe ich gesehen, das Fountain Paint Pot Basin immerhin zum Sonnenuntergang besucht, doch das Biscuit Basin fehlt mir noch, und eine kleine Wanderung würde ich gerne noch unternehmen. Da passt es doch, dass am Biscuit Basin der Weg zu den Mystic Falls beginnt.

Ich parke also gegen 9 Uhr am Biscuit Basin und sehe ein paar Autos weiter ein kleine Wandergruppe, die gerade die Schuhe schnürt. Ja, sie wollen auch zu den Mystic Falls, sehr schön, dann bin ich nicht alleine auf dem Weg und muss mir keine Sorgen wegen der Bären machen.

Der Trailhead liegt oberhalb des Biscuit Basin. Der Trail selbst ist nicht lang, 4 km sind hin und zurück zu bewältigen, man kann aber auch eine Runde zu einem Überblick gehen und so den Weg verlängern. Ich will unterwegs mal schauen, wie mir der Weg so gefällt. Anfangs bin ich etwas enttäuscht, denn der Weg ist breit und nicht mit den Pfaden zu vergleichen, die ich bisher hier gewandert bin, aber als er dann an einem Flußtal entlang führt, wird er richtig malerisch, mit saftigem Gras unter den Bäumen.




Ich sehe ein Reh, das aber schnell flüchtet, und viele andere Wanderer und Spaziergänger. Eine Frau kommt mir in Joggingkleidung entgegen. Mit meinem Wanderschuhen und dem Bärenspray komme ich mir hier schon fast overdressed vor. Aber der Pfad wird schmaler, die Flussufer felsiger, und dann sind schließlich die Mystic Falls erreicht. Sehr schön.










Den Anstieg zum Overlook nehme ich nicht in Angriff, sondern gehe auf dem selben Weg wieder zurück. Da stoppt mich plötzlich eine Frau. Ich soll hier mit ihr warten, da vorne wäre gerade ein Grizzly auf dem Weg gewesen. Ach du liebe Güte, mit einem Bär hatte ich jetzt bei dem Verkehr auf dem Trail gar nicht mehr gerechnet. Ihr Freund, der ein Stück weiter vorne steht, winkt uns schließlich und meint, der Bär wäre wohl runter zum Fluss gelaufen. Ein bisschen frage ich mich ja, ob sie nicht Show für mich und die entgegenkommende Familie machen, aber dann müssten sie es ja echt schwer nötig haben.

Ich schaue noch ein wenig runter in die Wiesen, sehe aber nichts, und als ich weitergehe, rufe ich lieber mal vor den Wegbiegungen „Hey Bear“ und warne entgegenkommende Wanderer. so wirklich glaube ich nicht an den Bär, aber schaden kann es ja nicht, wenn man auf der Hut ist.

Ein bisschen Wildlife gibt es dann noch, allerdings kein großes gefährliches, sondern kleines, goldiges. Ein Chipmunk sitzt unbeeindruckt auf dem Boardwalk und posiert anschließend noch ein wenig auf einem Ast als Yellowstones next Topmodel.






Und heiße Quellen und Geysire hat das Biscuit Basin auch noch zu bieten. Am besten gefallen mir der Jewel Geysir, der alle paar Minuten eindrucksvoll ausbricht, und natürlich der wunderschöne Sapphire Pool mit seinen gelben Ausläufen.
















Anschließend schlendere ich noch ein wenig am Flussufer entlang und genieße das Gefühl, einfach Zeit vertrödeln zu können. Hätte ich vorgestern gewusst, wie schön das Wetter gestern und heute werden würde, wäre ich da nicht im Gewitter auf dem Geysir Hill unterwegs gewesen.

Eigentlich sind es nur noch zwei Geysire, die ich gerne noch sehen würde: Den Riverside Geysir, den ich bisher nur ohne Sonne gesehen habe. Und den Great Fountain Geysir, der mir bei meinem ersten Besuch hier am besten gefallen hat. Nach der Rückfahrt zur Lodge und einem Mittagessen auf einer Bank während eines Old Faithful-Ausbruchs stelle ich fest, dass ich zumindest den Riverside Geysir heute im schönsten Sonnenschein sehen kann, denn der bricht voraussichtlich um 14.30 Uhr aus, und jetzt ist es viertel nach eins. Der Great Fountain Geysir hat aber wieder eine Ausbruchsprognose für nach Sonnenuntergang um 21.45 Uhr. Egal, ich habe heute abend ja nichts vor, und vielleicht habe ich ja Glück.

Zuerst schaue ich mir aber noch ein wenig das gut gemachte Visitorcenter an, in dem einiges über Vulkane, Geysire und heiße Quellen erklärt wird. Geysire gibt es nur, wenn mehrere Faktoren zusammenkommen, unter anderem Risse und Spalten im Gestein, die oben schmaler werden.








Ein Schaubild zeigt auch die Ausbreitung der Magmakammer und die bisherigen Ausbruchsorte des Supervulkans, der unter dem Yellowstone NP liegt.






Ich mache mich schließlich auf den Weg zum Riverside Geysir und finde noch einen Platz auf einer Bank. Der Geysir lässt schon eifrig Wasser von der unteren Terrasse sprudeln, und bald steigt Dampf auf dem Kegel. Und mit nur einer Minute Verspätung geht es dann auch los, im schönsten Sonnenschein.






Ein wenig traurig bin ich trotzdem, denn später am Tag, wenn die Sonne tiefer steht, soll der Geysir die schönsten Regenbögen produzieren, aber na ja, so habe ich halt einen Grund, wiederzukommen.

Der Grotto-Geysir bricht zum meinem Abschied auch nochmal aus.




Und welcher Geysir hier sein Unwesen treiben soll, habe ich leider vergessen. Na ja, er zeigt sich ja auch nicht.




Auf dem Rückweg zur Lodge komme ich wieder an der Chromatic Spring und am Beauty Pool vorbei. Der Chromatic Spring kann ich ja nicht widerstehen, aber der Beauty Pool sieht irgendwie ungesund aus. Gerade schwimmt ein Stück der braunen Bakterienmatte langsam auf dem Wasser Richtung Poolmitte. Fast wirkt es, als würde der Pool sich häuten.






Am Grand Geysir ist wenig los, denn der soll erst heute abend ausbrechen. Ich versuche, ein paar Details, unter anderem die weißen „Geisterbäume“ zu fotografieren. Dabei werde ich sofort angesprochen, ob ich gerade einen Bär fotografiere. Wenn jemand eine Kamera auf einen Baum richtet, statt auf einen Geysir, muss da ja einfach ein Bär sein, ist doch logisch.






Den Abschluss meines Spaziergangs macht dann der Sawmill Geysir, der gerade ausbricht.




Nein, natürlich macht den Abschluss dann doch der Old Faithful. Ehre wem Ehre gebührt!




So, Zeit für eine Pause. Ich lege mich mal zwei Stunden aufs Bett und schaue mir an, was mich in der Canyon-Region so erwartet, denn dorthin werde ich morgen umziehen. Eigentlich will ich auch Postkarten schreiben und das Formular für das Cook-out übermorgen ausfüllen, aber leider ist mein einziger Kugelschreiber verschwunden. Immerhin entmülle ich noch das Auto, denn da hat sich in den letzten Tagen leider so einiges angesammelt. Beim Entmüllen finde ich dann zufällig auf der Suche nach meinem irgendwo herumfliegenden Kofferschloss das zuvor schon vermisste Benutzerhandbuch des Autos. Das liegt nämlich originalverpackt unter der Abdeckung neben dem Reserverad. Toll, da sucht man ja auch zuerst.

Um kurz nach sieben fahre ich dann mit Snacks, Getränken und meinem Kindle zum Great Fountain Geysir, um auf den Ausbruch zu warten. Dort sitzt schon eine asiatische Familie mit zwei goldigen Kindern ruhig und wartet. Ich mache schon mal ein paar Fotos zum Warmwerden, aber eigentlich ist mir jetzt schon klar: Das wird heute nix mit dem Ausbruch, denn der Great Fountain dampft zwar ein bisschen vor sich hin, aber kein Wasser sprudelt über die Terrassen. Egal, ich setze mich in Ruhe hin und lese. Ein wunderschöner Abend, auch ohne Geysir-Ausbruch.

Als die Sonne langsam untergeht, schnappe ich mir die Kamera, stelle mich an die Straße und mache ein paar Fotos von der Sonne und den Wolken, die sich langsam gelb und rot färben und sich in den Wasserbecken des Geysirs spiegeln.




Danach warte ich noch bis kurz vor neun, aber der Geysir rührt sich nicht. Immerhin sieht der Dampf auf den Fotos doch wenigstens ein bisschen wie ein Ausbruch aus.




Schade, aber trotzdem war es ein schöner Abend. In der Dunkelheit fahre ich zurück zur Lodge und gebe ganz besonders acht, wer oder was sich da um die Cabins bewegt: Als ich vorhin losgefahren bin, haben sich zwei Leute über einen Grizzly unterhalten, der hier irgendwo herumgeschlichen sein soll. Heute scheint der Tage der Phantombären zu sein, denn zum Glück sind nur Leute auf dem Weg zu den Waschräumen unterwegs.

Ich schreibe noch ein wenig Reisebericht und sichere die Fotos des Tages. Beim Gedanken, morgen die Cabin zu verlassen, beschleicht mich ein wenig die Wehmut. Fünf Tage habe ich hier „gewohnt“ und fühle mich schon ein bisschen daheim. Mal schauen, wie mir die Canyon Lodge gefällt.

Gute Nacht!

KarinaNYC

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Bin gerade mal hinter hergereist. Wir waren im Juni 2015 5 Tage im Yellowstone und hin & weg.  :D
Sehr, sehr schöne Aufnahmen!

Flicka

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Bin gerade mal hinter hergereist. Wir waren im Juni 2015 5 Tage im Yellowstone und hin & weg.  :D
Sehr, sehr schöne Aufnahmen!

Na dann: Welcome back!  :D

Und hier gibts auch schon den nächsten Reisetag:

Flicka

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Mittwoch, 10. August


Ich habe schlecht geschlafen, bin trotzdem gegen halb sieben wach und arbeite mich aus dem Bett. Ein Blick aus dem Himmel zeigt: Sonne, keine Wolken, Regenbogenwetter! Zumindest wenn man weiß, wo. Also raus aus der Cabin, rein ins Auto, Schlüsselabgabe nicht vergessen, bye bye Old Faithful, welcome Canyon. Bis dahin fahre ich dann aber doch deutlich über eine Stunde und komme schließlich gegen halb neun am Artist Point an.

Ups, was ist denn hier los? Ein paar Autos stehen da, aber vor allem drei Reisebusse, die gerade große Mengen asiatischer Menschen ausspucken bzw. wieder einsaugen. Als ich den View Point erreiche, kann ich mich aber trotzdem in der äußersten Ecke häuslich einrichten und das Stativ aufbauen, auch wenn ich mich dabei etwas schuldig fühle, denn jetzt haben die Asiaten es noch schwerer, sich gegenseitig vor den Lower Falls im Hintergrund zu fotografieren. Aber außer mir ist niemand so dreist, einen wertvollen Platz mit einem Stativ zu belegen, also kommen wir dann letztlich doch gut aneinander vorbei.

Der Blick durch den Canyon auf die Lower Falls ist wirklich klasse. Hm, sind wir vor neun Jahren nicht hier gewesen oder vielleicht zur falschen Tageszeit? Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, dass der Blick mich damals beeindruckt hätte. Aber vielleicht war ich damals schon so mit den bunten Farben der heißen Quellen übersättigt gewesen, dass mich nichts mehr beeindrucken konnte.

Dass man am Fuß der Lower Falls morgens von hier aus einen Regenbogen sehen kann, hatte ich schon vor einiger Zeit gelesen, aber Michael (danke!) hat mir die genauen Zeiten verraten, und so warte ich in Ruhe. Hm, noch nichts. Aber vielleicht da unten in der Ecke? Nein, Wunschdenken. Aber jetzt! Langsam schieben sich die Regenbogenfarben vor den Fuß des Wasserfalls. Nur ein paar Minuten kann man das Spektakel sehen, und die volle Regenbogenpracht zeigt sich kaum länger als ein paar Sekunden. Dann verschwindet die Farbpalette nach und nach, die letzten Farben verblassen und es ist, als wäre nie etwas gewesen. Aber ich habe es gesehen – und fotografiert. Cool!






Danach mache ich noch ein paar Fotos von den bunten Canyon-Wänden. Auch die habe ich nicht so in Erinnerung, heute schwelge ich in Formen und Farben. Irgendwann muss ich mich dann aber doch von dem Artist Point trennen, ich kann ja schließlich den Asiaten nicht alles wegfotografieren.














Als nächstes steuere ich den Parkplatz am Uncle Toms Point an. Hm, eigentlich hatte ich den Plan, morgen früh den Uncle Toms Trail zu sehen, weil dort morgens ein Regenbogen zu sehen sein soll, aber hier hängt ein offensichtlich ganz aktuelles Grizzly-Warnschild. In aller Frühe und alleine werde ich mich also definitiv nicht runtertrauen. Vielleicht ein bisschen später, wenn mehr andere Touris dabei sind.

Der Blick vom View Point in der Nähe des Parkplatzes auf die Upper Falls ist dann enttäuschend, jedenfalls im Vergleich zum Artist Point. Aber dafür gibt’s hier ein goldiges Murmeltier zu sehen, das dem Wasserfall doch glatt die Schau stiehlt.






Okay, fast halb zwölf, ich beschließe, heute mal ein frühes Mittagessen einzuschieben und fahre ins Canyon Village. In der Cafeteria bestelle ich mir „Italian Sausages“, die mit Tomaten und Paprika serviert werden. Ich hatte mir so eine Art Tomaten-Paprika-Gemüse als Beilage vorgestellt, aber das ganze sieht dann so aus, dass ich Reis, Würste und ein wenig Tomaten-Paprika-Sauce bekomme und als Beilage Püree mit Bratensauce. Okay, die Kombination finde ich zwar merkwürdig, aber der Hunger treibts rein.

So, mein Plan sieht vor, den North Rim Drive zu nehmen, von dort aus zur Kante der Upper Falls zu spazieren und dann den Weg hinunter zur Kante der Lower Falls zu nehmen. Leider ist der Trail zu den Upper Falls aber gesperrt, also geht’s doch sofort runter zu der Kante der Lower Falls.

Hier kann man ganz tief unten am Fuß der Fälle auch einen, nein sogar zwei Regenbögen erkennen, sehr schön!




Während ich hier stehe und fotografiere, wandern die Regenbögen höher. Wahrscheinlich könnte man den ganzen Tag hier stehen und zuschauen, wie sich der Blick verändert. Eine Weile tue ich das auch und genieße entspannt den Blick durch den Canyon. Unten kann man auch Mini-Wasserfälle erkennen, die den Rand des Canyons hinabfließen.










Die Kante der Upper Falls steuere ich dann doch noch an, und zwar per Auto zum offiziellen View Point. Und was finde ich hier? Natürlich wieder einen Regenbogen!




Nach einem kurzen Spazierweg erreiche ich dann auch noch die Crystal Falls, aber der Weg lohnt sich nicht wirklich. Was sich dann eigentlich auch nicht lohnt, ist der kurze Stopp auf der Weiterfahrt, als irgendein gehörntes Tier zuerst über die Straße hüpft und dann gegenüber einen Hang hinaufklettert. Ich lenke das Auto neben die Fahrbahn, aber als ich genauer schaue, ist das Tier schon verschwunden. Also weiter.

Tja, und an dieser Stelle kommt der Teil aus dem Reisebericht-Titel wieder zum tragen, der von den vielen Dellen handelt. Ich schaffe es nämlich nicht, mit dem Auto wieder unfallfrei auf den Asphalt zurückzufahren. Stattdessen gibt es plötzlich ein übles Geräusch und ich weiß: Ich habe irgendwo aufgesetzt. Sch....!

Hektisch lenke ich das Auto auf die Fahrbahn zurück. Am liebsten würde ich sofort anhalten, aber wo denn bitteschön? Etwa wieder im Schotter? Nein, ich muss mir einen richtige Parkplatz suchen. Also fahre ich weiter zum Lookout-Point am North Rim, finde zum Glück sofort einen Parkplatz und springe aus dem Auto. Aha, da vorne. ich bin mit dem metallic-blauen Frontspoiler - oder wie auch immer man so ein unnötiges Teil nennt - offenbar voll im Schotter gelandet, denn auf dem kunstvoll geformten Teil liegen noch Steine. So ein Mist! Andererseits: Besser mit dem Frontspoiler im Schotter als mit irgendwas Wichtigem.  Und gegen den Hagelschaden sind das auch nur noch Peanuts. Ich kann mir die Gesichter schon vorstellen, wenn ich das Auto mit diesen Macken zurückbringe, aber daran kann ich jetzt auch nichts ändern.

Stattdessen wandere ich ein Stück am North Rim entlang. Eigentlich wäre ich gerne weiter Richtung Observation Point gegangen, aber der Point ist gesperrt, weder die Straße noch der Trail dürfen benutzt werden. So bleibt es bei einem Spaziergang und weiteren schönen Blicken in den den Canyon.








Anschließend checke ich in der Canyon Lodge ein und bekomme mein Zimmer in der Dunraven Lodge zugewiesen. Die liegt ziemlich weit vom Hauptgebäude zusammen mit anderen Lodge-Gebäuden im Wald.




Und im Wald gibt’s auch wilde Tiere. In diesem Fall ein Bison, das sich gerade gemächlich über die Wiese neben dem Eingang der benachbarten Cascade Lodge frisst. Huch, das ist aber nah! Jedenfalls keine 100 Meter weg, sondern eher 20.




Ich stehle mich mit dem Koffer durch den Eingang meiner Lodge, der einladend offen steht. Falls das Bison Lust bekommt, sich die Lodge mal von innen anzuschauen, dann kann es problemlos durch die ebenerdige Eingangstür spazieren und sogar linker Hand bequem den Fahrstuhl in die oberen Stockwerke nehmen.

Ich bringe erst mal den Koffer und mich vor dem Bison in Sicherheit und ins Zimmer. Die Lodge sieht ziemlich neu aus, sehr schön, ein totaler Gegensatz zur rustikalen Cabin, und auch die Zimmer im Westflügel des Old Faithful Inn und des Mammoth Hotels waren deutlich schlechter gewesen.

Als ich wieder herunterkomme, steht das Bison ein paar Meter vom Eingang der Cascade Lodge entfernt. Ich treffe auf eine Mitarbeiterin, der ich das Bison zeige, und sie ruft erst mal an der Rezeption an und warnt mich, bloß nicht zu nahe an das Bison zu gehen. Als ich ein wenig später meinen Kram hochgeschafft habe und aus dem Fenster schaue, steht sie aber selbst nur 10 Meter vom Bison entfernt und macht Fotos mit dem Handy. Da muss ich doch grinsen.

Kurze Zeit später taucht ein Park Ranger mit Auto auf, und ich bin gespannt, was er macht. Die Antwort: Nichts. Er fährt wieder. Aber anscheinend bezieht eine Frau Posten und passt auf, was das Bison so macht.




Ein wenig später liegt das Bison neben der Lodge und schläft. Anscheinend fühlt es sich hier ganz wohl.




Ich fahre erst mal zurück zum Hauptgebäude, suche mir ein Plätzchen in der Lounge, bestelle Nachos und gönne mir eine Stunde bezahltes Internet. Zugriff auf den E-mail-Account zu haben ist fast sowas wie die erste Rückkehr in die Zivilisation.

Danach fahre ich Richtung Hayden Valley, um Ausschau nach Wildlife zu halten. Zuerst sehe ich am Fluß etwas weißes und hoffe auf einen Pelikan, aber es sind Schwäne. Ein Stück weiter stehen ein paar Autos, und als ich hier aussteige, finde ich dann doch den erhofften Pelikan.




Mehr Wildlife gibt’s für mich im Hayden Valley heute nicht zu sehen, von den allgegenwärtigen Bisons mal abgesehen, aber so eins habe ich ja quasi neben der eigenen Haustür. Zwar haben an einigen Pullouts Leute auf Campingstühlen Platz genommen und berichten von einem Wolf, aber den könnte man nur mit dem Fernrohr sehen. Ein Stück weiter gibt es anscheinend einen Bär, aber der ist mit dem bloßen Auge auch nicht zu erkennen. Als ich dann in einen Stau gerate und erst mal mindestens 10 Minuten überhaupt nichts geht, habe ich die Wahl: Weiter im Stau bleiben und hoffen, dass ganz vorne am Stauanfang das Fotoerlebnis des Jahres auf mich wartet. Oder drehen und schauen, ob ich noch was anderes finde. Weil es schon acht ist und das Fotoerlebnis des Jahres bei diesem Tempo vermutlich ohnehin in der Dunkelheit stattfinden würde, drehe ich und fahre nochmal am North Rim vorbei, denn ich will das Falkennest finden, das ich vorhin einfach nicht gesehen habe. Nach ein bisschen rumgesuche kann ich es dann doch unten auf einem Felsen erspähen. Es ist ein Falke im Nest, der gerade frisst. Durch den vergrößerten Live-View der Kamera kann man das ganz gut erkennen, aber auf den Fotos ist kaum mehr als ein Nest zu sehen. Na ja, vielleicht morgen.

Als ich nach Sonnenuntergang im Canyon Village ankomme, ist das Bison gerade auf dem Heimweg. Oder will es noch in die Cafeteria? Es spaziert jedenfalls dicht an meinem Auto vorbei Richtung Hauptgebäude.

Ich für meinen Teil verschiebe den nächsten Cafeteria-Besuch auf morgen und gehe ins Bett.

Gute Nacht!

Flicka

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Donnerstag, 11. August


Ich wache wieder gegen halb sieben auf und beschließe, nochmal ins Hayden Valley zu fahren, und anschließend noch ein wenig im Canyon auf Regenbogen-Suche zu gehen – Sonnenschein vorausgesetzt. Mit dem Sonnenschein sieht es heute morgen aber noch nicht so so gut aus, heute nacht hat es geregnet, und der Himmel ist immer noch teilweise bewölkt.

Ich fahre bis hinunter zur Fishing Bridge, halte auch das ein oder andere mal an, aber was ich mit bloßem Auge sehen kann, sind nur ein paar Enten und Gänse in einiger Entfernung, und natürlich das ein oder andere Bison neben oder auf der Straße.




An einer Parkbucht, in der sich viele Autos drängeln, will ich mir mal genauer anschauen, worauf alle so gebannt schauen. Vorne stehen Menschen mit Ferngläsern auf dem Feld, aber auch direkt in der Parkbucht haben einige ihre Stative aufgebaut. Einer zeigt mir auf dem Smartphone, das an das Fernrohr angeschlossen ist, was da zu sehen ist: Eine Wolfsfamilie bzw. die jungen Wölfe. Die Mutter hat sich schon vor einiger Zeit vom Acker gemacht, aber die Jungen sind noch da, laufen herum und spielen miteinander.

Auf dem Rückweg zur Canyon-Region besuche ich dann aber viel gefährlichere Wesen: Ich mache Halt am Drachenland, besser gesagt am Gebiet um den Mud Vulcano. Hier sind an fast jeder Quelle oder Schlammtopf gut gemachte Hinweistafeln angebracht, die auch erläutern, wie sehr sich dieses Gebiet in den letzten 100 Jahren verändert hat. Es gab Zeiten, in denen die riesigen Schlammtöpfe wie Vulkane oder Geysire regelmäßig ausgebrochen sind. Heute blubbern sie eher vor sich hin.






Besonders gut gefällt mir die Dragon Mouth Spring. Der Name ist gut gewählt, wie ein Drachenmaul entlässt die Quelle Dampf und heißes Wasser aus ihrem Bauch.




Boardwalks führen an den einzelnen Blubbertöpfen vorbei und hinauf in den Wald. Vor einigen Jahrzehnten lag hier alles friedlich, dann brach der Black Dragon Caldron aus und fegte den Wald hinweg.












Heute ist es wieder friedlich, überall zwitschern kleine Vögel, die sich zumindest ab und zu auch fotografieren lassen, bevor sie wieder ihrem Tagesgeschäft nachgehen.








Bedrohlich blubbert allerdings der Churning Caldron, der ständig kleinere Ausbrüche zeigt.






Noch einen letzten Blick werfe ich auf den Mud Geysir, dann fahre ich zurück zum Canyon. Am North Rim will ich doch nochmal einen Blick auf das Falkennest werfen, baue das Stativ auf und beobachte das Falkenküken durch den vergrößerten Live-View der Kamera. Das Küken gibt ständig hohe Rufe von sich, wahrscheinlich hat es Hunger. Das muss doch gleich mal ein Elternvogel mit etwas Futter anrücken, finde ich. Aber das Küken ist allein zu Haus, und so langsam wird es müde. Ich kann erkennen, dass es immer wieder im Halbschlaf den Kopf sinken lässt und wieder hochschreckt, genau wie ein Mensch, wie süß. Als es windiger wird, plustert es sein Gefieder auf und duckt sich tiefer ins Nest.

Das wird heute wohl nichts mehr, denke ich, baue das Stativ ab, und prompt sehe ich einen Falken angeflogen kommen. Also schnell die Kamera in die Hand, und immerhin, man kann erkennen, dass der Falke das Nest anfliegt – und es wieder verlässt. Das Küken hat nichts bekommen, es schaut dem Elternvogel nach und piept dann wieder ungeduldig.




Ein paar Fotos mache ich noch von den Canyon-Wänden, aber heute verdecken ständig Wolken die Sonne. Bin ich froh, dass ich gestern früh am Old Faithful gestartet bin und noch die Regenbogen-Fotos machen konnte, denn heute hätte ich damit wohl keinen Erfolg gehabt.




Nach einem letzten Blick in den Canyon fahre ich zur Lodge, gönne mir ein Mittagessen in Form einer Reisschale mit Mais und Bohnen, Fajita-Rindfleisch und Käse, dazu eine Zimtschnecke, und schaue mich noch im Souvenirladen um, wo mir aber nichts so richtig gefallen will. Nach einer kurzen Rast im weichen Bett packe ich den nötigsten Kram reittauglich zusammen und mache mich gegen viertel nach zwei Uhr auf den Weg zur Tower-Roosevelt-Kreuzung, denn da soll um halb vier die Reittour zum Cook-Out starten. Wie üblich habe ich das Gefühl, unglaublich früh dran zu sein, und wie üblich dauert die Fahrt dann doch länger als gedacht, vor allem über den Dunraven Pass. Kurz nach drei bin ich dann aber doch bei den Corrals, wo gerade die Kutschen der vorangegangenen Tour angekommen.






Nach einer kurzen Wartezeit bekommt unsere Gruppe die erste kurze Einweisung. Das wichtigste: Keine Fotoapparate während des Ritts. Man sei da viel zu beschäftigt damit, die Pferde im Griff zu behalten. Okay, das sehe ich ein. Zumindest für den Moment.

Gegen halb vier dürfen wir dann entscheiden, ob wir Reithelme tragen. Das mache ich natürlich. Dann bekommen wir eine weitere Einführung – keine Fotos während des Ritts, und wenn das Pferd während des Ritts fressen will, dann muss man stark an diesen Dingern namens Zügel ziehen. Hm, das klingt jetzt nicht wirklich, als wäre das eine Tour für fortgeschrittene Reiter. Ich bekomme schließlich mein Pferd zugewiesen. Ich hatte ja auf einen schneidigen gescheckten Mustang gehofft oder ein edles Quarter-Horse, aber was führt man mir zu: einen Haflinger. Super, da reise ich um den halben Globus und bekomme dann ein Pferd aus Südtirol.

Der Haflinger heißt Dopey, was ich sofort wieder vergesse. Auf die Test-Frage, welches Pferde ich reite, überlege ich: Dumpy? Gumpy? Der Wrangler gringst und fragt, ob ich vielleicht Humpty Dumpty meine. Ich erfahre, dass Dopey einer der sieben Zwerge bei Schneewittchen ist (aha, wieder was dazu gelernt), merke mir dann aber einfach "Dope". Eigentlich bin ich schon fast durch die Einweisung durch, da mache ich einen schwerwiegenden Fehler: Ich verrate auf die Frage nach meiner Reiterfahrung, dass ich ein paar Jahre geritten bin, aber mit englischer Reitweise. Böser Fehler, denn: Keine Reiterfahrung wäre völlig okay gewesen. Aber jetzt sitze ich da auf einem unschuldigen italo-amerikanischen Haflinger und traktiere ihn mit meiner europäischen Kolonialisten-Reitweise, das geht ja gar nicht. Nein, nicht die Zügel in beide Hände nehmen, große Katastrophe. Nein, die Zügel länger, man will ein großes Smile sehen. Drei Meter weiter heißt es, nein, die Zügel kürzer, sonst fängt Dopey an zu grasen.

Als Dopey und ich aus dem Corral entlassen sind, stellen wir aber fest, dass wir hervorragend miteinander klar kommen. Wie ich im Verlauf des Ritts feststelle, ist es Dopey auch völlig egal, mit wie vielen Händen man die Zügel hält oder ob man sie sich vielleicht nur über den Ellbogen hängt, weil man die Hände für was anderes benutzt.

Der Ritt zum Cook-out lässt sich wohl am besten unter der Überschrift „Wandern zu Pferde“ zusammenfassen. Wir reiten hintereinander auf einen Pferd durch schöne Landschaft, aber geritten wird nur Schritt, außer wenn Dope mal wieder etwas trödelt und ich ihn zum Leidwesen der hinter mir reitenden Frau ein paar Meter traben lasse, um wieder aufzuschließen. Mit seinen stämmigen Haflingerbeinen ist er halt nicht so flink wie die anderen Pferde. Wie gesagt, die Landschaft ist schön, Dope ist brav, meine Ellbogen-Zügelexperimente schluckt er ohne mit den Ohren zu zucken, da könnte man ja dann doch mal die kleine Unterwasserkamera rausholen. Tue ich auch, und während ich sie nach den ersten Fotos immer wieder mühsam in die Hosentasche stopfe, lasse ich sie schließlich am Sattelknauf hängen. Sehr praktisch, so ein Westernsattel mit Sattelknauf, da können sich die Herren und Damen Kolonialisten-Reiter mal eine Scheibe von abschneiden.




Natürlich bleibt mein Treiben nicht unbemerkt von den mitreitenden Wranglern, aber erst als wir uns einer Straße nähern, werde ich ermahnt, den Fotoapparat wieder wegzupacken.




Zwischendurch regnet es ein wenig, hört aber zum Glück bald wieder auf. Als wir den Platz des Cook-outs erreichen, bin ich doch etwas baff. Ich hatte mir ja doch irgendwie heimelige Lagerfeuerromantik vorgestellt, aber das hier hat die Dimensionen eines kleinen Volksfests. Während Dope verschnaufen darf, stelle ich mich beim Essen an und holte mir mein eigenes Futter: Salat, Puree, Bohnen, Mais, irgendwas undefinierbares, aber leckeres, in dem wohl Birnen sind und ein Steak wandern auf meinen Blechteller. Das Essen schmeckt lecker, ich komme mit meinen Tischnachbarn ins Gespräch, der Cowboy mit der Gitarre stimmt Wildwestromantiksongs an.








Um mich herum schwärmen Menschen, die mit dem Planwagen gekommen sind, von diesem Ausflug, als wäre er ein Meilenstein ihres Lebens. Ich will ja nicht überkritisch sein, mir gefällt es auch gut, aber ich tue mich dann doch schwer damit, mich von dieser Welle der Begeisterung mitreißen zu lassen. Manchmal sind die Amerikaner mir doch ziemlich fremd. Warum muss hier eigentlich immer alles mit Superlativen belegt sein? So habe ich auch nichts dagegen, als wir nach gut eineinhalb Stunden wieder die Pferde erklettern und uns auf den Rückweg machen. Diesmal reiten wir auf direktem Weg zurück, und nach dem Überqueren der Tower-Roosevelt-Kreuzung sind wir auch schon wieder am Corral. Zum Abschluss schwören die Wrangler uns noch auf die Exklusivität des Ereignisse ein und stimmen mit uns ein "Yehaa!" an.

Müde aber zufrieden mache ich mich auf den Rückweg, kaufe mir im Geschäft an der Canyon Lodge noch ein Bier und hüpfe unter die Dusche, während ich schon merke, wie der Muskelkater durch meinen Körper kriecht. Als Abschluss für den Aufenthalt im Yellowstone war es insgesamt jedenfalls ein schöner Nachmittag und Abend. Morgen werde ich den Grand Teton NP durchqueren und dann in die Zivilisation zurückkehren und in Jackson übernachten.

Gute Nacht!

Flicka

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Freitag, 12. August


Heute morgen schaffe ich es nicht aus dem Bett, jedenfalls nicht um halb sieben, als ich aufwache. Gegen halb acht wuchte ich mich unter der Decke hervor. Mein Körper fühlt sich genauso an, wie man sich halt nach einem zweistündigen Ritt fühlt, wenn man vorher jahrelang nicht geritten war. Außerdem fühle ich mich irgendwie fahrig und zittrig. Alles dauert heute morgen ewig. Die letzte Fahrt ins Lamar Valley wird also gestrichen, stattdessen checke ich gegen halb neun aus und mache mich auf den Weg nach Süden.

Im Hayden Valley gibt es wieder Phantom-Tiere und echte Bisons zu sehen, aber auch ein Wapiti, das im Fluss Wasserpflanzen frisst. Und dann trabt am gegenüberliegenden Hang ein Koyote mit Beute im Maul vorbei. Da schaut auch das Wapiti lieber mal genauer hin und lässt vorsichtshalber schon mal ein wenig Ballast ab.








Als der Koyote schließlich im Wald verschwindet, kehrt auch bei dem Wapiti wieder Ruhe ein, und es widmet sich dem Frühstücksbuffet.




Weiter geht die Fahrt. Nur einen Stopp gibt es noch, an den Lewis Falls.






Und dann ist auch bald die Parkgrenze erreicht. Jetzt heißt es: Goodbye Yellowstone, hello Tetons.






Schon heute morgen war es bewölkt, und inzwischen hat es sich immer mehr zugezogen, manchmal kommt die Sonne raus, meist liegt aber Schatten über der Landschaft, und auch auf den Bergen zeigen sich große Schatten. Ich halte trotzdem für ein paar Fotos am See und an der Colter Bay Marina und stoppe anschließend noch am Oxbow Bend.






Ein Stück weiter südlich liegt die Cunningham Cabin, da versuche ich auch nochmal mein Fotoglück mit Bergen, Cabin und Pferden, aber die Sonne verschwindet immer länger hinter den Wolken. Der Blick über die weite Prärielandschaft mit den zerklüfteten Bergen im Hintergrund ist aber auch mit Schatten toll. Das Gebirge ist - zumindest geologisch gesehen - mit ca. 9 - 13 Millionen Jahren noch sehr jung. Auf unserer Tour 2007 waren wir entlang der Seen auf der westlichen Route Richtung Süden gefahren. Erst heute, auf der östlicheren Route, wird mir der Gegensatz zwischen der flachen Prärie und den hoch aufragenden Bergen richtig bewusst.












Die Mormon Row, Schwabachers Landing und die kleine Kapelle will ich mir für morgen früh aufheben, jetzt fahre ich weiter nach Jackson. Irgendwie habe ich richtigen Zivilisationshunger, und die Zivilisation wirft ihre Schatten voraus: Erstens kann man hier tatsächlich 55 (!) Meilen pro Stunde fahren, ich denke erst, ich habe mich verkuckt. Dann erschrecke ich, weil schräg neben mir ein Flugzeug im Landeanflug auftaucht. Und zum ersten mal seit fast zwei Wochen hole ich auch wieder das Navi aus dem Handschuhfach.

In Jackson habe ich mich in der Virginian Lodge etwas südlich der Innenstadt einquartiert und kann netterweise jetzt um halb drei schon ins Zimmer. Hier gibt es einen Fernseher, einen Kühlschrank, einen Gefrierschrank und eine Mikrowelle, eine lärmende Klimaanlage, Mülleimer ohne Mülltrennung und – ganz wichtig – Internetzugang!

Ich haue mich erst mal aufs Bett, schalte den Fernseher an, ach ja, Olympia läuft ja schon, daran hatte ich gar nicht gedacht, und weide mich am Internetzugang. Der hat mir doch gefehlt.

Nach einer Rast fahre ich dann nach Jackson. Wie ich vorhin schon gesehen habe, findet dort eine Art Fair statt. Ich finde zum Glück schnell einen Parkplatz, löhne 5 Dollar für den Besuch der vielen Zeltstände auf der Art Fair und schaue mir an, was da so angeboten wird. Viel Schmuck, viele Fotos und Gemälde, aber auch Hängematten oder handgebaute Kanus aus tollen Hölzern. Letztere gefallen mir ja sehr gut, aber sowas lege ich mir erst zu, wenn ich mir mal ein Ferienhaus am See kaufe.






Jackson ist so ziemlich genauso wie ich es in Erinnerung habe, eine Mischung aus Geschäften, Touranbietern, Galerien und Restaurants. Nach so viel Natur in den letzten Tagen genieße ich es richtig, mich durch die Souvernis zu wühlen. Da gibt es schon einiges, was mir gut gefällt. Anscheinend hat der Aufenthalt in der Wildnis aber auch zu einer bedenklichen Entscheidungsschwäche geführt: Ich kaufe letztlich überhaupt nichts.


















Abends esse ich der Einfachheit halber Burger und Waffle Fries im Saloon, der zur Lodge gehört.






Einfach ist hier aber gar nix: Als ich das bestellte Bier bekomme, werde ich vor die Wahl gestellt: Entweder halte ich mir weitere Bestellungen offen, dafür muss ich aber meine Kreditkarte an der Bar hinterlegen. Oder ich bezahle jetzt sofort, bevor das Essen kommt. Ich denke zuerst, die Kellnerin will mich verarschen, so abgehalftert sehe ich wirklich nicht aus, ich habe mir doch extra für die Rückkehr in die Zivilisation ein stadttaugliches T-Shirt angezogen. Aber sie erklärt mir, heute abend hätten sie noch Live-Musik, und an solchen Abenden sei das bei ihnen üblich. Nachdem mir die Hinterlegungs-Variante eindeutig nicht gefällt, und ich auf die Variante, aufzustehen und woandershin zu gehen, auch keine Lust habe, bleibt nur die Sofortzahlung. Die leiste ich mit besagter Kreditkarte, und als die Kellnerin zurückkommt, bringt sie außer der Karte und dem Zettel zum Unterschreiben auch noch Bargeld mit. Meine Rechnung mache 15,50 Dollar, sie müssten aber mindestens 20 Dollar abbuchen, also bekäme ich hier noch 4,50 Dollar raus. Sagenhaft.

Na ja, Burger und Fries schmecken wenigstens, und weil die Live-Musik dann doch sehr lange auf sich warten lässt, gehe ich schließlich ins Zimmer zurück. Halb im Dämmerschlaf schaue ich noch ein wenig Olympia, natürlich alles aus amerikanischer Sicht, da kommen Deutsche höchstens als Beiwerk vor.

Morgen früh will ich nochmal in den Grand Teton Nationalpark, dann steht eine längere Fahrt nach Vernal an.

Gute Nacht!

Gitania

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Hallo und guten Morgen,
du warst ja richtig fleißig und ich kann am Montag morgen 3 Tage nachlesen.
Vielen Dank an dieser Stelle schon mal von mir für deinen tollen Bericht und die schönen Fotos. Ich bleib dabei und freue mich auf weitere Erlebnisse.
Wir wussten damals gar nicht, dass der Regenbogen an den Upperfalls nur zu einer bestimmten Zeit sichtbar ist. Haben halt einfach Glück gehabt und waren zur richtigen Zeit da.
Weiter so!
LG
Gitania

U2LS

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Hallo,

da ich aus eigener Erfahrung weiß, welche Arbeit das Schreiben eines RB macht, gibt es wieder mal ein Lebenszeichen von mir. Wettertechnisch hat es ja im Yellowstone prima geklappt. Auf meiner persönlichen Beliebtheitsskala der Nationalparks rangiert der Yellowstone auch ziemlich weit oben.

Freue mich auf weitere Tage.
Gruß
Lothar

I work bloody hard at work so that I can get home early

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Flicka

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Hallo ihr LIeben,

schön, dass ihr noch dabei seid. Übers Wochenende habe ich mal ordentlich Tempo gemacht, denn in 12 Tagen geht es nochmal nach Japan, und bis dahin will ich euch wohlbehalten zu Hause abliefern.


Wir wussten damals gar nicht, dass der Regenbogen an den Upperfalls nur zu einer bestimmten Zeit sichtbar ist. Haben halt einfach Glück gehabt und waren zur richtigen Zeit da.


Ich muss jetzt mal überlegen, welchen Regenbogen du meinst. Der Regenbogen, auf den ich morgens gewartet hatte, war der am Fuß der Lower Falls, den man vom Artist Point aus sieht.  Der ist nur so kurz sichtbar, weil die Sonne nur kurz im richtigen Winkel auf die Wasserfälle scheint.

Ich glaube, von der Kante der Wasserfälle aus hat man bei sonnigem Wetter insgesamt ganz gute Chancen auf länger sichtbare Regenbögen, so lange man die Sonne im Rücken hat. Das ist überhaupt das Geheimnis der Regenbögen, das mir vor der Reise auch nicht ganz klar war. Man muss sich zwischen der Sonne und dem Dampf oder den Wassertröpfchen befinden, an denen sich der Regenbogen bilden kann. Nur dann kann man einen Regenbogen sehen. Bei Geysiren klappt das meistens nur morgens oder ab dem späten Nachmittag. Mitten am Tag steht die Sonne zu hoch. Dann könnte man die Regenbögen nur aus der Luft sehen.

Flicka

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Samstag, 13. August


Netterweise wacht mein Körper um halb sieben auf, auch ohne Wecker, und so bin ich zwanzig Minuten später auf dem Weg zurück in den Grand Teton Park. Die Mormon Row will ich heute auf jeden Fall besuchen und dann mal schauen, was noch so passt, denn heute will ich noch bis Vernal fahren.

Der Himmel ist klar – bis auf die Wolken im Osten, das passt natürlich gar nicht zu Fotos in der Morgensonne. Immerhin scheint die Sonne die Farmen an der Mormon Row an, aber die Berge sind teilweise von Wolken beschattet. Überhaupt ist das Licht nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Schon gestern hatte ich den Eindruck, dass es diesig ist, heute morgen ist es nicht anders. Vielleicht hängt Staub in der Luft oder es gibt irgendwo in der Nähe Waldbrände? Aber immerhin, die Wolken geben schließlich doch mehr Licht für die Berge frei, und bevor der Parkplatz an der Moulton Barn sich langsam füllt, kann ich das bekannte Motiv noch ohne herumspazierende Konkurrenzknipser ablichten.




Weiter geht’s zu Schwabachers Landing. Dort sind schon mehr Leute unterwegs, und vor allem scheinen die Enten langsam aufzuwachen. "Little Critters", schimpft ein Konkurrenzfotograf. Ich schaffe es noch, ein paar Bilder mit glatter Wasseroberfläche zu machen, dann arbeiten sich die Enten langsam den Fluss entlang, und das Wasser kräuselt sich.






Als letztes Ziel für heute Morgen habe ich mir die kleine Chapel of the Transfiguration ausgesucht. Die finde ich sehr pittoresk, und dazu gibts sogar schon ein wenig herbstliche Laubfärbung.








Damit ist der Besuch im Grand Teton NP abgeschlossen. Auch auf die Gefahr, dem Park nicht gerecht zu werden: Ein bisschen eintönig ist es hier ja schon. Die Berge im Hintergrund sind ja immer die gleichen, was ändert es da schon, ob man eine Scheune oder eine Ente in den Vordergrund schiebt. Außerdem hatte der Park es in der Hand, mich für sich einzunehmen, indem er mir ein paar Elche präsentiert hätte. Die Chance hat er nicht genutzt, Pech gehabt. Ich bin jedenfalls froh, dass ich bei meinem ursprünglichen Plan geblieben bin und alle verfügbare Zeit im Yellowstone NP verbracht habe. Wenn es mich nochmal in die Berge zieht, dann wird es wieder Südtirol. Dort kann ich dann auch gleich wieder auf einem Haflinger reiten. ;-)

Zurück im Hotel skype ich noch ein wenig, dann checke ich aus und mache mich gegen viertel nach zehn auf den Weg nach Vernal. Das Navi erklärt mir, dass ich bis dahin 5 Stunden 19 Minuten brauchen werde, inklusive 6 Minuten Verzögerung, wobei ich keine Ahnung habe, welche 6 Minuten Verzögerung das Navi meint, aber vielleicht meint es die gefühlten 6 Minuten die ich brauche, um vom Hotel aus nach links auf die Hauptstraße abzubiegen. Dann ist das endlich geschafft und die Fahrt beginnt.

Ich höre eine Best of - CD von John Denver und singe eifrig bei „Country Roads“ mit, während die Country Roads mich nach Süden führen. Viele Orte liegen nicht auf der Strecke. Einer der ersten ist Hoback (wenn ich mich nicht irre) mit ein paar hundert Einwohnern, aber immerhin einer Grundschule und einem Postamt. Später komme ich nach Pinedale. Der Ort mit über 2000 Einwohnern kündigt auf einem Schild bei der Ortseinfahrt an, er biete „All the civilization you need“. Das passt mir gut, denn es ist jetzt halb zwölf und Zeit für ein frühes Mittagessen. Leider erspähe ich beim Durchfahren nichts, was mir wirklich passt, und plötzlich liegt der Ort hinter mir. Huch, schon vorbei? Okay, dann fahre ich halt 99 Meilen bis Rock Springs.

Auf dem Weg nach Rock Springs läuft zum dritten mal „Country Roads“, das geht gar nicht mehr, jetzt muss ABBA ran. Ich drehe laut auf und singe mit und komme durch einen Ort namens Farson mit ein paar Einwohnern. Am Straßenrand auf einem Feld steht ein riesiges Schild mit der Aufschrift „You could live here“, was ich eher als Drohung empfinde, aber offenbar will man mit diesem Schild das Grundstück an den Mann bringen, denn darunter steht noch eine Telefonnummer.

Gegen ein Uhr erreiche ich endlich Rock Springs und kehre kurz vor der Abbiegung auf die Interstate beim mexikanischen Schnellimbiss Taco Time ein. Frisch gestärkt und mit weiteren 2 Stunden 15 Minuten Fahrzeit vor mir nehme ich für ein paar Kilometer die Interstate nach Westen, dann geht die Fahrt weiter auf der Landstraße Richtung Süden. Die Straße ist hier ziemlich rumpelig, und die Dancing Queen geht mir inzwischen auch auf den Keks. Jetzt darf mal Kiss ran, der schräge Gesang passt besser zu ruppigen Straßen. Die Landschaft ändert sich, ich passiere den Staudamm am Flaming Gorge und kann schon mal unterschiedliche Gesteinsschichten bewundern. Inzwischen bin ich schon in Utah, und die Leute hier haben am Straßenrand informative Schilder dazu aufgestellt, auf welcher Gesteinsschicht man gerade fährt und was dort früher war, z.B. Sanddünen oder Ozeanboden oder der Boden, auf dem Raubsaurier jagten. Am besten gefällt mir ja die Humbug Formation. Ich weiß zwar nicht mehr, was dort war, aber es klingt jedenfalls, als hätte diese Gesteinsschicht lange darum kämpfen müssen, allgemein anerkannt zu werden.

Etwa 20 Minuten bevor ich Vernal erreiche will ich noch eine kleine Wanderung unternehmen, und zwar im Red Fleet State Park zu Dinosaurierfußspuren am Seeufer. Während ich mich bemühe, dieses Fotos aus dem Auto zu machen,



hätte ich besser mal auf die Ausschilderung achten sollen (auch wenn ich bezweifele, dass es eine gab), denn ich fahre an der richtigen Abbiegung vorbei.

Ein paar Meilen weiter ist zwar eine Abzweigung zum State Park, aber zum südlichen Ufer des Sees. Als ich dort ankomme, erklärt mir die Mitarbeiterin den richtigen Weg und schickt mich wieder zurück. Die Straße führt von der Hauptstraße aus hinein in tolle Gesteinsschichten, da müssen dann gleich schon die nächsten Fotos her.




Am Trailhead parke ich, lade zwei Flaschen Wasser ein, setze den Hut auf und wandere los. Hier ist es deutlich heißer als gestern nachmittag in Jackson, aber gerade versteckt sich die Sonne hinter Wolken, so sind die Temperaturen erträglich. Der Weg führt über Felsen und vorbei an kleinen Juniper Trees (?), und nach einer halben Stunde ist das Seeufer erreicht. Passenderweise kommt jetzt auch die Sonne wieder raus. Am Ufer sind auch andere Leute, die sind von dort, wo ich vorhin drehen musste, mit dem Kajak rübergepaddelt, das wäre ja auch ganz nett gewesen.








Die Dinospuren finde ich zuerst überhaupt nicht, dabei zeigt eine Schautafel, wo man suchen muss, und der Wasserstand im See ist jetzt im Hochsommer auch so weit gesunken, dass man einige Spuren sehen müsste.

Dann entdecke ich aber doch den ersten, großen und tiefen Fußabdruck.




Danach weiß ich, wie ich suchen muss und finde noch einige andere. Je mehr Zeit vergeht und je tiefer die Sonne steht, desto besser sind die Spuren auch zu erkennen.








Gegen halb sechs mache mich auf den Rückweg und komme ganz schön ins Schwitzen, aber die Landschaft ist einfach toll, da kommt man doch gerne ein wenig außer Puste. Man kann die Gesteinsschichten erkennen, teilweise läuft man über die Gesteinsgrate. Wahrscheinlich berührt man da mit jedem Fuß mehrere hunderttausend Jahre gleichzeitig. Auch die Bäume sind äußerst fotogen.










Trotzdem bin ich froh, als ich schließlich die Straße erreiche. Die Felsen auf der anderen Straßenseite müssen natürlich auch noch auf die Speicherkarte,



dann mache ich mich auf die Weiterfahrt und erreiche gegen viertel vor sieben Vernal. Während des Eincheckens im Best Western Antlers erwähnt die Mitarbeiterin einen Pool. Pool? Der kommt mir jetzt gerade recht. Es ist immer noch über 90 Grad heiß, also plantsche ich fröhlich im Wasser und bekomme natürlich schnell mit, dass die Familie, die sich hier auch austobt, aus Deutschland ist. Ja, sie fahren in den Yellowstonepark erklären sie auf meine Frage, also schenke ich ihnen meinen Bärenspray.

Abends kann ich mich zu nichts mehr aufraffen, sondern schaue noch ein wenig Olympia, schreibe Reisetagebuch und helfe mir mit ein paar Snacks über den kleinen Hunger. Die mexikanische Mahlzeit heute mittag war doch ziemlich reichhaltig gewesen.

Morgen geht’s wieder aufs Wasser.

Gute Nacht!

Culifrog

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Da hat man mal ein paar Tage keine Zeit und schon ist der Yellowstone Geschichte. Die Fotos von dort sind super, ich hätte grad wieder Lust hinzufahren. Schade, dass Du für die Tiere im Grand Teton (Bären, Biber z.B) und bei Rock Springs (Wildpferde) keine Zeit hattest, aber man kann nicht überall sein. Dafür hast Du Dir ausreichend Zeit im grandiosen Yellowstone gegönnt und einiges gesehen und erlebt.

Dein Schreibstil ist sehr unterhaltsam. Bei der Stelle, wo Du ohne Hose dastandest, und das Bärenspray befestigen wolltest, musste ich laut lachen. Bin gespannt, was noch folgt :-)

Liebe Grüsse
Gaby

Flicka

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Freut mich, dass mein Bericht wieder Lust auf den Yellowstone NP macht. Ich hätte selber auch Lust, bald wieder hinzufahren. Zuletzt hatte ich sogar mal nach Wintertouren geschaut...

Den Grand Teton NP habe ich zugegebenermaßen etwas stiefmütterlich behandelt, und der Teil bis Vernal war dann reine Transitroute, aber wie du schon schreibst, irgendwo muss man halt Abstriche machen. Irgendwie hatte ich trotzdem insgeheim auf Tiersichtungen gehofft, vor allem auf Elche im Grand Teton NP, aber da hatte ich kein Glück.

Tja, und die Sache mit der Hose kam mir in dem Moment selbst vor wie eine Slapstick-Szene.  :D

NähkreisSteffi

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 Am Straßenrand auf einem Feld steht ein riesiges Schild mit der Aufschrift „You could live here“, was ich eher als Drohung empfinde, aber offenbar will man mit diesem Schild das Grundstück an den Mann bringen, denn darunter steht noch eine Telefonnummer.

Das finde ich mindestens genauso gut!!!   :lachroll:

Wieder tolle Bilder. Weiter so.

Viele Grüße

Steffi

U2LS

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Schade, am Red Fleet State Park bin ich damals ahnungslos vorbei gefahren; wäre mit Sicherheit einen Besuch wert gewesen.

In Vernal habe ich damals im Super 8 genächtigt, wobei genächtigt eigentlich etwas übertrieben ist. Mitten in der Nacht bin ich nämlich aufgewacht, da aus dem Nachbarzimmer eindeutige Geräusche kamen, die einfach nicht aufhören wollten. Das Pärchen hatte sich scheinbar jahrelang nicht gesehen und musste ausgerechnet in dieser Nacht  einiges nachholen ;-).

Gruß
Lothar

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Flicka

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Solche "Bespaßung" hatte ich in meiner Unterkunft zum Glück nicht.  :D

Aber wir lassen uns jetzt zusammen auf der heutigen Tour bespaßen: