Tag 10 – Ding & DungDie Nacht war irgendwie nicht so richtig erholsam. Ja das Hotel ist relativ neu, aber die Klimaanlage brummte doch recht laut vor sich hin und irgendwie haben die da scheinbar nachts noch Bowling auf dem Flug gespielt oder so ähnlich und wenn man dann nur Wände aus Presspappe hat...
Nach dem obligatorischen Schnellfrühstück noch den Wetterbericht gecheckt – ok es kann sein das nachmittags ein paar Wolken reinziehen.
Das ist insofern relevant, da wir heute mal wieder einen (Slot) Canyon besuchen wollen. Dies war u.a. auch der Grund für das etwas merkwürdige Routing.
Neben dem wohl mittlerweile sehr bekannten „Little Wildhorse Canyon“ gibt es in unmittelbarer Nähe dazu den nicht ganz so berühmten „Ding & Dang“ Canyon. Ich möchte jetzt nicht sagen, dass es der ungeliebte kleine Bruder ist – da er aber noch nicht so verkehrsgünstig zu erreichen ist und es auch (noch) keinen befestigten Parkplatz wie beim LWC gibt ist er deutlich weniger frequentiert.
Natürlich hatten wir uns im Vorfeld entsprechend versucht zu informieren, allerdings waren hier die verschiedenen Aussagen von „Familienfreundlich – bin ich mit meiner 3 jährigen Tochter gelaufen…“ bis hin zu „Wer hier keine Kletterausrüstung dabei hat hat verloren…“ irgendwie alles dabei. Insofern konnte man nicht so richtig abschätzen was einen dort denn erwarten würde (mittlerweile gibt es dazu im Netz schon deutlich mehr Infos).
Ding & Dung sind im Prinzip zwei eigenständige Canyons die aber über ein „U“ zu einem Rundweg verbunden werden können. Im Wesentlichen bestand im Netz Einigkeit, dass es einfacher sei wenn man „Ding“ hoch und „Dang“ dann wieder runter läuft.
Im Prinzip lässt sich der Weg auch gut an, es gibt ein paar kleiner Passagen an denen man etwas klettern muss, aber so weit ist alles noch im grünen Bereich.
Falls jemand seine Sonnenbrille vermisst – wir haben sie dort liegen lassen:
Als wir das Ende von "Ding" erreichen sehen wir am Horizont leider ein ziemlich dunkles Wolkenband aufziehen, welches sich dummerweise nun auch in unserer Richtung bewegt. Das hatten die Wetterfrösche so jetzt nicht vorhergesagt.
Ok ein Canyon ist nun nicht unbedingt der beste Ort und auch wenn es nur partiell wirklich enge Passagen gibt – sollte es jetzt hier anfangen zu regnen wollen wir besser nicht im Canyon stecken. Im Endeffekt haben wir also die Wahl zwischen Pest und Cholera – wir stehen genau am Scheitelpunkt und egal ob wir denselben Weg zurückgehen oder die Runde beenden – die Strecke ist die gleiche.
Angeblich ist der Abstieg über "Dang" ja besser, also gehen wir zügig den Rückweg an und wagen uns in den Canyon.
Wir sind jetzt klettertechnisch nicht ganz unbeleckt – allerdings ohne entsprechende Ausrüstung unterwegs. Vereinzelt hat man zwar „Hilfen“ – die teilweise doch recht morschen Seile sind jetzt aber nicht übermäßig vertrauenserweckend.
Such das Seil:
Das Hauptproblem was man hat besteht jetzt nicht unbedingt darin, dass die möglichen Steh- und Trittflächen nun übermäßig schmal wären, sondern vielmehr darin, dass man sich teilweise über die Vorsprünge nach unten ablassen muss ohne das man sehen kann wo man hintritt.
Schön wenn man dann danach sieht, dass es ja eigentlich nur 20 cm gewesen wären um wieder sicheren Halt mit dem Fuß zu finden – blöd nur das einem das in dem Moment wo man am Stein hängt nicht viel bringt.
Und dann passiert es: Ich habe gerade so einen Vorsprung überklettert und will mich auf dem schmalen Grad neu orientieren (rechts geht es so 5 – 6 Meter runter) als sich mein Navi aus der Halterung vom Rucksack verabschiedet und sich in die Tiefe stürzt. Leider nimmt es dabei nicht den direkten Weg um im sandigen Boden zu landen, sondern spielt noch vorher ein wenig Flipper auf den Felsen.
Da auch für den menschlichen Körper ein so rasanter Abstieg wohl eher nicht förderlich wäre, verzichtet ich darauf hinterherzuspringen, sondern klettere auf dem vorgesehenen Weg bis zum Boden und begebe mich auf die Suche.
Ich werde auch schnell fündig und zunächst sieht es so aus, als hätte unser treuer Gefährte den Sturz auch einigermaßen überstanden, dass Display ist zumindest noch heil. Doch bedauernswerterweise muss ich hiermit mitteilen:
Es hat es nicht geschafft und ist an diesem Tag von uns gegangen. Sämtliche Reanimationsversuche schlugen fehl. Mach es gut alter Freund – du hast uns lange gute Dienste erwiesen. Auch ohne Karte oder Kenntnis der jeweiligen Gegend wusstest Du immer wo wir das Auto abgestellt hatten. Mögest Du im Navi-Himmel immer eine direkte Satellitenverbindung haben.
RIP!Viel Zeit an Ort und Stelle zu trauern bleibt nicht – die Wetterfront kommt immer näher und wir sind noch nicht aus der Nummer raus. Im Endeffekt finden wir dann aber doch noch trockenen Fußes zurück zum Auto auch wenn wir doch ein wenig lädiert und zerschrammt und ziemlich kaputt sind.
Mit Zeitdruck im Nacken und ohne jegliche Ausrüstung ist die Tour dann doch eher semi-entspannend.
Wobei wir kurz vor dem Trailhead noch eine Familie treffen, die trotz des mittlerweile nicht mehr zu übersehenden dunklen Wolkenturms uns entgegenkommt. Gut die haben scheinbar Gurte und Seile dabei und die Wetterlage kann man jetzt eigentlich auch nicht wirklich übersehen, insofern verkneife ich mir da irgendwelche gutgemeinten Warnungen – aber das finde ich dann doch schon leicht fahrlässig.
Als wir wieder die asphaltierte 1013 erreichen fallen auch tatsächlich die ersten Tropfen auf die Windschutzscheibe. Es ist wahrlich kein Sturzregen und höchstwahrscheinlich hätte das jetzt auch nicht gereicht um den Canyon zu fluten – aber wie man ja (leider) schon oft genug gehört hat kann auch der Niederschlag in 20 – 30 Kilometern Entfernung eine Flash Flood vor Ort auslösen.
Unterm Strich kann man festhalten: Glück gehabt. Gehört dann in die Kategorie: „Das war toll – lass und das bitte nie wieder machen…“. Und ist für mich noch mal eine eindringliche Warnung sich bestmöglich vorab zu informieren, wenn man abseits der touristischen Wege unterwegs ist und um mal aus „Der blutige Pfad Gottes“ zu zitieren:
"Sag mal hast du sie noch alle?" - "Du A********! Charlie Bronson hatte immer ein Seil dabei."Also lieber etwas mehr an Ausrüstung mitschleppen und es nicht brauchen, als dann an einer Felskante zu stehen und zu sagen „Hätten wir doch mal…“.
Die restliche Fahrt nach Torrey verläuft äußerst ereignislos – für heute haben wir aber auch genug Aufregung gehabt. Genächtigt wird im Days Inn. Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich nicht mehr zusammen bekomme wo wir an diesem Abend gespeist haben. Dafür waren wir wohl schon zu oft in Torrey und außer, dass der Mexikaner an der Tanke definitiv nicht zu empfehlen ist und das Restaurant mit den Kolibris leider etwas nachgelassen hat will mir da nichts weiter zu einfallen.