5.07.2014: Independance Day - die Zweite Heute ist also nun der große Tag auf den Sally und ich uns die letzten Tage durch unsere Aufräumaktionen und Essensvorbereitungen eingestellt haben. Im Laufe des Vormittags trudeln die Verwandten ein, unter ihnen viele, die ich zum ersten Mal treffe. Ramey und die Mädchen kommen als erste. Traditionell ist es bei der Layne Familie so, dass alle Frauen sich zum Lunch im „Peach Tree Restaurant“ in Fredericksburg. Das Restaurant wurde ja von Sallys bester Freundin vor etlichen Jahren eröffnet, die jedoch leider vor etwa 3 Jahren verstorben ist. Ihr Mann führt es nun weiter. Während sich die Frauen also mittags für eine Weile rarmachen, passen die Männer auf Sallys Ranch auf alle Kinder auf und beschäftigen sie mit Golf Cart fahren, Schießen, Angeln usw.
Finde ich wirklich eine schöne Tradition.
Zum Lunch treffen wir uns allerdings erst halb zwei. Sally, die in der Stadt noch einige Besorgungen machen will, setzt mich am Motel ab, wo ich mich mit Susan, ihren Töchtern, Nichten und Schwägerinnen treffe. Denn sie wollen noch vor dem Essen ein wenig bummeln gehen. Die Hauptstraße ist prall gefüllt mit Menschen und alle Läden haben geöffnet. Da ja irgendwie alle in Sallys Familie etwas mehr Geld haben, gehen wir meistens in die teuren Läden, wo eher wenig für meinen Geldbeutel dabei ist, aber so komme ich immer wieder mit jemanden der Familie ins Gespräch, den ich vorher noch nicht kannte. Zum Beispiel mit Sallys Nichte Alana, die zusammen mit ihrem Mann vom Geschäft mit verschiedenen Duft-/Heilölen lebt. Sie ist der Überzeugung, dass man für jede Krankheit bzw. Beschwerde nur das richtige Öl braucht und alles wegreiben kann. Ach ja, und Impfungen braucht man natürlich für Kinder auch nicht - viel zu gefährlich. Anna flüstert mir ins Ohr, dass Otis das als Arzt für völligen Humbug hält.
In einem Laden namens „root“ finde ich aber doch etwas für mich: eine herrliche, nach Wildblumen und Farn duftende Körpercreme (22$) , die ich mir einfach gönnen muss.
Halb zwei machen wir uns dann zu Fuß auf zum Peach Tree, wo wir auf die anderen Frauen aus der Familie treffen, die in der Zeit etwas anderes unternommen haben.
Insgesamt sind wir 13 Personen und werden an zwei Tischen verteilt.
Das Restaurant ist voll ausgelastet. Der Mann von Sallys Freundin, also der Besitzer, begrüßt uns alle höchst persönlich und Sally stellt mich sogar als ihre „zweite Tochter“ vor, was mich wirklich rührt. Ich fühle mich einfach so wunderbar aufgenommen in dieser Familie und wenn ich hier bin fühle mich wirklich, als wäre das mein zweites zu Hause.
Zu Essen bestelle ich mir ein „Sandwich Sample“ (3 Sandwichs mit drei unterschiedlichen Belägen) und dazu gibt es eine kalte Avocadosuppe, die ich mir als Avocado-Liebhaber natürlich bestellen musste.
Dazu gibt es herrlichen hausgemachten Eistee in den verschiedensten Sorten. Zum Nachtisch gibt es noch einen Chcoolate Chip Cookie, aus dem, wenn man ihn auseinanderbricht, noch die flüssige Schokolade läuft. Lecker!!!
Plötzlich fällt Sally (so typischer für Sally) ein, dass ja der Barbecue-Laden „Cranky Frank`s“, bei dem wir unsere zwei Briskets bestellt haben ja schon halb drei zu macht. Also stürzen wir los und machen uns so schnell wie möglich dorthin auf den Weg. Sie waren zwar schon dabei zu schließen, hatten aber unser Fleisch noch bereit stehen. Noch schnell die Soße dazu in einem Literbecher eingepackt und ab geht es zurück zur Farm.
Dort angekommen nimmt mich Ramey mit zum Schießen auf die andere Seite des Grundstücks. Natürlich müssen die 300m mit dem Auto gefahren werden
Es ist schon lustig zu sehen, wie den ganzen Tag immer wieder Jeeps und Trucks vom Haupthaus zur improvisierten Schieß-Range fahren und dabei große Staubwolken hinter sich bilden.
Dort angekommen, waren die Männer schon fleißig am Schießen. Sie hatten ein kleines Zelt aufgebaut, damit man nicht die ganze Zeit der brutalen Sonne ausgeliefert ist und alle reiben sich mit einer Anti-Zecken-Creme ein. Die Kinder, alle bewaffnet mit Ohrenschützern, sitzen entweder auf den Ladeflächen der Trucks, essen Chips und schauen ihren Vätern beim Schießen zu, oder schießen mit deren Hilfestellung auch selbst auf die verrosteten Büchsen, Propangasflaschen und anderen Ziele, die sie an einem kleinen Hang aufgestellt haben.
Da ich Ramey bereits erzählt hatte, dass ich als Kind/Jugendliche selbst Sportschützin und sogar mal deutsche Meisterin in meiner Altersklasse war, muss ich natürlich auch mein Glück versuchen. Spontan wir zwischen den Erwachsenen ein kleiner Wettkampf gestartet. Allerdings schießen wir mit den alten Pistolen/Revolvern von Sallys Vater und ich habe bisher nur mit Gewehren geschossen. Es gilt ein Metallziel auf dem Boden in einer Entfernung von ca. 15 Metern zu treffen. Jeder hat sechs Schuss. Ich treffe erstaunlicherweise die ersten drei Male, die anderen drei gehen leider daneben. Die Waffe hat doch eine ganz schöne Schusskraft und ich muss sie fest zwischen meinen Händen halten.
Dennoch sind sie alle begeistert und gratulieren mir und ich habe das Gefühl nun wirklich aufgenommen worden zu sein
Immerhin mache ich mit meinen drei Treffern den zweiten Platz. Nur Sallys Nichte Hannah trifft noch einen mehr und wir lachen innerlich in uns hinein, dass wir beide die Herren geschlagen haben.
Während weiter geschossen wird sitze ich neben den anderen in einem der bequemen Campingstühle und sage, dass ich mir so einen richtigen texanischen Tag vorgestellt habe. Da müssen sie alle lachen.
Voller Neugierde, was sich da auf dem Grundstück abspielt, kommen nun auch die Lamas näher und lassen sich sogar streicheln. Besonders den Kindern gefällt das. Wir sind erstaunt, dass die Lamas nicht mal wegrennen als weiterhin geschossen wird. (Selbstverständlich sind die Lamas dabei stets außer Schussweite).
Ich muss auch sagen, dass die Väter das Schießen sehr verantwortungsvoll begleitet haben. Die Kinder durften nie alleine an die Waffen und wurden immer wieder ermahnt vorsichtig zu sein und niemals vor der Waffe herumzulaufen.
Circa um sieben gab es dann Abendbrot. Alle haben sich in Sallys uriger Küche versammelt, es wurde ein Gebet gesprochen und dann haben alle buchstäblich rein gehauen. Meine Salate waren nach einer halben Stunde bis auf den letzten Bissen verzehrt, was mich sehr gefreut hat. Das Fleisch, dass von Otis ausgelöst wurde, war himmlisch und Sallys selbstgemachte Limonade ebenso.
Nach dem Essen haben Otis und Gaines (Susans Mann) gemeinsam Musik gemacht.
Danach verteilen sich alle in kleine Grüppchen, man sitzt entweder draußen auf der Veranda oder auf der anderen Terrasse auf der Rückseite des Hauses.
So wie jedes Jahr wird auch ein Foto von den Kindern gemacht. Thora ist von dieser Idee allerdings nicht so begeistert.
Bevor es dunkel wird gehen wir runter zur kleinen Steinbrücke, die über den Bach führt. Dort dürfen die Kinder selbst ein bisschen Feuerwerk und Knaller anzünden und haben dabei ihren Spaß.
Große Aufregung herrscht als plötzlich eine Spinne und eine Red Wasp einen Kampf mitten auf der Brücke führen. Es scheint, als hätte die Wespe die Spinne mit ihrem Gift betäubt, denn sie ist plötzlich wehrlos und wird von der Wespe davon gezogen. Nicht nur die Kinder sind fasziniert. Und gut, dass die Wespen das nicht mit mir gemacht haben.
Langsam werden auch die Campingstühle in einer Reihe aufgestellt und die Trucks mit ihren Ladeflächen in die richtige Richtung justiert, damit sie auf die Weide zeigen, auf denen sonst die Lamas immer grasen.
Denn dort hat David (Sallys Bruder) schon seit dem Nachmittag Feuerwerkskörper miteinander verkabelt und alles für das große Feuerwerk vorbereitet. Als es schließlich dunkel ist und der Mond hell am Himmel steht geht es endlich los.
Circa 20 Minuten geht das Spektakel und wir sitzen nur etwa 20 Meter weit weg. Wir sind alle begeistert und ich kann es immer noch nicht fassen, dass wir hier uns eigenes privates Feuerwerk ganz für uns alleine haben (auch wenn die Bewohner der anderen Ranches mit Sicherheit hören können, dass hier etwas großes vonstattengeht).
Als es schließlich vorbei ist, applaudieren wir alle. Es ist ungefähr halb zehn al sich dann alle verabschieden und wieder auf den Weg in die Stadt machen, denn die meisten Kinder sind noch recht jung und dementsprechend müde nach so einem Tag. Die Verbliebenen räumen noch ein wenig auf. Anna und Sally hatte ich schon seit dem Essen nicht mehr gesehen, jetzt weiß ich auch warum. Denn die beiden Hunde waren so aufgewühlt und verängstigt von dem Feuerwerk, dass sie wie wild im Haus herum liefen und Schutz unter Bänken und Betten suchten. Sally und Anna haben sie dann während des Feuerwerks versucht im Haus zu beruhigen. Bella hatten wir bereits am Nachmittag ihr „thunder shirt“ angezogen. Eine Art Anzug, der eng anliegt und ihr Sicherheit geben soll, aber so richtig scheint es nicht gewirkt zu haben. Aber lustig sah sie darin schon aus
Nun war dieser Tag also auch zu Ende gegangen. Ein wirklich toller Tag, wie ich ihn mir texanischer kaum vorstellen könnte. Anna und ich reden wieder ein Weilchen, bis wir glücklich und zufrieden einschlafen