Alles was ich tat war mich bedanken.
Wir sind dann noch weggegangen und ab dort hat es mich geärgert und beschämt, dass ich ihm keinen Tip gegeben habe.
Vielleicht war es aber auch richtig so. Geld ist nicht alles auf der Welt.
Ich erinnere mich an einen Hotelurlaub in einem sehr guten Hotel auf Gran Canaria. Am Pool hatte morgens immer der gleiche Bademeister Dienst, und der hat natürlich seine Gäste stets im Blick und kennt schnell deren Bedürfnisse. Nach nur zwei Tagen hatte er natürlich herausbekommen, dass wir eine bestimmte Stelle am Pool ptäferierten und am dritten Morgen war dort schon um 9 Uhr morgens, wie wir auf dem Weg zum Frühstück sehen konnten, ein Sonnenschirm und zwei Liegen mit je zwei Badetüchern aufgebaut.
Nach dem Frühstück gingen wir dahin, da wir aber nicht wußten, wer sich dieses "Angebinde" aufgebaut hatte, schauten wir selbst nach freien Liegen und einem Schirm. Da kam der Bademeister herbeigeeilt (ein älterer Spanier) und deutete uns an, dass die fertigen Liegen für uns wären. Man sah regelrecht, welche Freude er dabei empfand uns diesen kleinen Dienst erwiesen haben zu können. Zu der Zeit war ich noch im Rollstuhl unterwegs, weswegen ich vermutete, dass er deshalb besonders hilfsbereit war.
Selbstverständlich war mir vorher bereits aufgefallen, dass andere Gäste ihm quasi schon am ersten Tag teilweise fette Trinkgelde zugesteckt hatten, was ich persönlich widerlich finde, es hat so etwas mit "Menschen kaufen" zu tun, man belohnt keine Leistung, sondern man erkauft sie sich (was aus meiner Sicht auch das gundsätzliche Problem des 20$ Tricks ist).
Jedenfalls hatte ich an diesem Morgen auch keinen Tipp parat und habe mich einfach nur herzlich bedankt. Natürlich fand von nun an dieser Service jeden Morgen statt und ich wurde auch zusehends unsicherer, ob ich nicht doch mal ein Trinkgeld geben sollte. Am dritten oder vierten Morgen in Reihe hatte ich dann endlich ein Herz gefasst und steckte dem Bademeister so selbstverständlich und normal wie möglich einen 10 Euro Schein zu. In dem Moment, wo dieser begriff, was ich tat und in dem Moment, wo er erst zögerlich den Schein einsteckte, mit einem Kopfschütteln begleitet und spätestens, als er ihn wieder herauszog um ihn mir zurückzugeben, begleitet von einer eindeutigen Bewegung dass ich das nicht tun sollte, da wußte ich, dass ich einen Fehler begangen hatte, dass ich etwas "kaputt gemacht" hatte und dass ich ihn in seinem Stolz verletzt hatte.
Ich wäre am liebsten in die Erde versunken und hätte das ganze rückgängig gemacht, aber immerhin hat mich dieser spanische Bademeister gelehrt, dass es nicht immer nur um Geld geht und dass ehrlich empfundener Dank etwas ebenso wertvolles, wenn nicht noch wertvolleres ist. Nicht umsonst sagt ein Sprichwort, dass es die größte Freude eines Menschen ist, einem anderen Menschen eine Freude zu bereiten. Die hohe Kunst besteht offensichtlich darin, zu erkennen, ob jemand mir eine Freude bereiten will, oder ob er nur seinen Job gut machen will. In dem Moment, wo ich jemandem Geld für die Leistung gebe, kann er zwar etwas dafür kaufen, aber andererseits entmenschlicht es die Situation und der Dank weicht dem schnöden Mammon. Man beraubt damit dem Gegenüber damit um die Möglichkeit, mir einfach nur einen Gefallen zu tun und macht daraus eine bezahlte Leistung.