Hi,
da Marco und Michelle noch schlafen, kann ich noch ein wenig schreiben:
19.8.2004 – Get out your kicks......
Das Frühstück im Canyon-Motel ist eines „echten“ Railroadman würdig. In dem kleinen Office mit der Rock-o-la Music-Box werden Kaffee, Fruchtsäfte, Kuchen, Croissants, Cerlealien, Früchte und Eier (!!!) angeboten. Wir setzen uns vor die Tür in den Schaukelstuhl und genießen: das Frühstück, die Gastfreundlichkeit, die Aussicht – Amerika. Schlechter soll es uns nicht mehr gehen ! Noch einmal fahren wir durch Williams. Am hellen Tag sieht die Stadt anders aus. Überall wird geputzt, umgebaut, angestrichen, erneuert. Williams bereitet sich auf die Zukunft vor. Der Zug der Grand-Canyon Railroad steht schon unter Dampf. In wenigen Minuten fährt er wieder hunderte Touristen zur South-Rim.
Auch wir müssen weiter. Heute ist der Weg unser Ziel. Und der Weg heißt Route 66. In Ashfork verlassen wir schon wieder den Interstate. Doch von dem kleinen Städtchen sind wir enttäuscht – es scheint im sterben zu liegen. Häuser stehen leer und verkommen. Wir vermissen den 66-Flair und müssen auch schon wieder auf den Interstate. Einige Meilen vor Seligmann könn wir dann wieder auf die alte Strecke. Wir treffen eine Gruppe von 10 – 12 Motorradfahrern aus Italien. Sie haben Ihre Bikes aus Europa mitgebracht und sind wie wir neugierig auf die Route 66. Die Strecke geht schnurgeradeaus bis zum Horizont. Aber mit der richtigen Musik und der richtigen Einstellung wird uns nicht langweilig. Auf der nebenanlaufenden Eisenbahnstrecke kommen uns immer wieder lange Güterzüge entgegen. Einmal haben wir 108 Waggons mit jeweils zwei Übersee-Containern, gezogen von fünf Dieselloks, gezählt. America is great.
Auch in Seligman wartet ein Güterzug auf die Weiterfahrt. Der Zugführer winkt freundlich, als wir ihn bzw. seine imposante Lok fotografieren. Vor dem weltberühmten Friseurladen von Angel D. hat gerade ein Bus seine Touristenladung ausgespuckt. Große Gedränge vor und in dem kleinen Shop. Wir fahren erst einmal weiter und schauen uns den Rest von Seligman an. Am anderen Ende des kleinen Ortes finden wir die Westerntown-Kulisse die uns vor 13 Jahren begeistert hat. In einem Pferch haben wir damals einen etwas lethargischen Bison bestaunt. Heute ist der Pferch leer, das arme Tier wohl eingegangen. Schade, ich hätte das Monstrum gerne den Kindern gezeigt. Auf der anderen Straßenseite, in lilos Cafe, haben wir damals, kurz nachdem wir in Las Vegas geheiratet haben, köstliche gegessen. Da werden Erinnerungen wach. Auch diesmal ist der Hamburger delikat und nicht mit den gleichnamigen Produkten der verschiedenen Fast-food-Ketten zu vergleichen. Die Kinder haben offensichtlich Heimweh und ordern eine „German Bratwurst“. Auf dem Glas „Düsseldorfer Löwensenf“ steht noch der Preis drauf: 5,95 $ - in den USA offensichtlich eine teure Delikatesse. Der Chef des Hauses, Mr. Russell, war in Wiesbaden stationiert, erzählt uns, dass er dort seine Lilo kennen und lieben gelernt hat und das er auch Köln kennengelernt hat.
Derart gestärkt besuchen wir Angel D. Der Souvenirshop ist inzwischen größer als sein Friseursalon. Visitenkarten, Geldscheine und Autokennzeichen aus aller Herren Länder sind sein ganzer stolz. Germany ist recht stark vertreten. Allerdings sind die unverkäuflichen Andenken interessanter als die kommerziellen. Schon extrem stark überdreht ist das „Snow Cap“ seines Bruders Juan. Man hat das Gefühl, hier „muss“ alles lustig sein. Mir persönlich hat Williams besser gefallen, aber Angel D. ist wohl der bessere PR Mann.
Nach Seligman geht es wieder weiter auf der Route 66. Die Kinder zählen die Murmeltiere/Prariehunde die aus ihren Bauten schauen. Wieder sehen wir zwei Antilopen. Die Grand Canyon Caverns lassen wir links liegen. In Huckberry treffen wir auf eine Gruppe von 12-15 Bikern. Die Motorradfahrer aus aller Welt machen eine geführte Rundreise durch den Westen auf Harley Davidson Motorrädern. Ein Van transportiert das Gepäck und sogar eine Ersatzmaschine ist auf dem Anhänger dabei.
Irgendwann erreicht die Route 66 Kingman. Wir suchen uns ein Motel und verbringen den sonnigen Nachmittag am Pool.
20.8.2004 – An den Colorado
Nicht nur an den Temperaturen merken wir, dass wir uns Las Vegas nähern. In wenigen Tagen schliesst sich unser Kreis. Bevor wir Kingman verlassen, besuchen wir noch das Visitor Centor im historischen Powerhouse. Marco ist von der Modelleisenbahn fasziniert, die hier ihre Runden dreht.
Wir bleiben auf der Route 66, die wir außerhalb der Stadt fast für uns alleine haben. In unendlichen Kurven zieht sich die historische Straße bis zum Sitgreave Pass. Wieder müssen wir an die Menschen denken, für die die 66 der Weg in ein neues Leben war. Was mag ihnen durch den Kopf gegangen sein, als sie von hier oben schon das grüne Tal des Colorado gesehen haben ?
Wir erreichen Oatmann, als gerade die Esel in den Ort einziehen. Ein gutes Dutzend der Tiere trottet gelassen die Straße hinauf, dahinter vier oder fünf Fahrzeuge, deren Fahrer geduldig auf eine Gelegenheit warten, die Gruppe zu überholen. Die Tiere wissen genau, wo es Leckerchen gibt und suchen gezielt die Geschäfte auf, die Futter bereithalten. Die Mainstreet ist ein einziges Chaos.Mittendrin das historische Hotel, drumherum zahlreiche Hütten und sogar Zelte in denen allerlei Plunder verkauft wird. Nachdem die Kinder sich an den Baby-Eseln satt gesehen haben, suchen wir fluchtartig das Weite. Über eine Gravelroad versuchen wir einen alten Friedhof zu finden. Nach fünf Meilen geben wir auf. Zwar haben wir zahlreiche Minen gefunden, aber keinen Friedhof.
An unserem Tagesziel, in Laughlin herrscht Hochbetrieb. Soviele Boote und Jet-ski auf Anhängern haben wir noch nie gesehen. Wenn die alle gleichzeitig auf dem Wasser sind, kann man den Colorado trockenen Fußes überqueren. Wir kehren in Pioneer ein, das zwar schon etwas älter ist, aber hier können wir mit dem Wagen bis vor die Zimmertür fahren. Nach einem kurzen Spaziergang entlang der Uferpromenade, wird es uns zu heiß – ab in den Pool. Unser „Abendbrot“ holen wir uns bei In `n Out. Die haben zwar nur drei verschiedene Burger auf der Speisenkarte, aber die sind Spitze. Wir hatten schon viel Gutes über diese Fast-Food-Kette gehört und können dieses nun bestätigen. Danach wird es schon dunkel. Trotzdem ist es noch sehr heiß. Also wieder in den nun beleuchteten Pool.
21.8.2004 – The End is near.....
Für das Breakfast-Bufett im Pioneer haben wir alle nicht genügend Hunger. Ein günstiges Angebot finden wir im Regancy, einem kleinen alten Casino ohne Hotelzimmer zwischen dem Flamingo- und Edgewater-Casino. Für nur 1,99 $ gibt es ein komplettes Frühstück mit Eiern, Bacon, Saussage, Hashbrownes, Toast und Kaffee. Genau das richtige für uns.
Schon weisen die Billboards an den Straßen auf Las Vegas hin. Am Mittwoch startet dort unser Flieger in die Heimat. Unsere Gefühle sind gemischt. Richtig Heimweh hat keiner. Als dann noch Louis Armstrong von der Wonderful World im Radio singt, wird es ruhig im Auto.
Heute steht Nelson auf unserem Besichtigungsprogramm. Wir erreichen die Goldgräberstadt über den Highway 95 von dem wir einige Meilen hinter Searchlight rechts abbiegen. Von Nelson sind wir enttäuscht. Einige Häuser sind noch bewohnt, andere stehen leer. Viel Schrott, aber nichts besonderes.
Eine innere Stimme (hört, hört) empfiehlt uns, noch ein wenig weiter zu fahren. Und tatsächlich finden wir etwa eine Meile weiter einen obskuren aber sehenswerten Ort. Rechts von der Straße liegt ein großes altes Goldminengelände, dass man den Schildern nach auch besichtigen kann. Und links – es lässt sich nur schwer in Worte fassen, was wir gesehen haben – finden wir eine Gaststätte oder ist es eine Tankstelle ? Ein Schrottplatz oder ist es ein Museum ? Um das Haupthaus herum stehen mehrere Kabins und eine große alte Scheune. Die Türen sind weit geöffnet. Innendrin sehen wir jede Menge Krimskrams, alte Außenbordmotore, Skelette von Tieren, außergewöhnliche Steine, Kanonenkugeln (!!!), Autoteile, Werkzeuge und und und. Auf dem Gelände stehen Fahrzeuge in allen Zuständen des Verfalls herum, Tanksäulen und immer wieder Knochen, alte Schilder und schön anzuschauende Rocks. Wir finden in dem Sammelsurium Golfschläger, uralte Waschmaschinen und Bettgestelle. Manches Altertümchen sieht man erst beim zweiten Hinschauen. Ein wahres Paradies für Flohmarktbesucher.
Noch 250 Meter weiter sehen wir rechts der Straße auf einem abgesperrten Platz etwa 25 Navy-Kampfflugzeuge aus dem zweiten Weltkrieg, allerdings ohne Tragflächen, sowie weitere Oldtimer.
Merkwürdige Geschichte. Hier scheint ein außergewöhnlicher „Sammler“ am Werk zu sein.
Am Nachmittag treffen wir uns mit Gabis amerikanischer Freundin und deren Familie in Primm. Der Ort an der Staatsgrenze Californien/Nevade ist ein „Ableger“ von Las Vegas und besteht in Hauptsache aus drei großen Hotel-Casinos, den üblichen Fast-Food-Buden und Tankstellen. Bis tief in die Nacht sitzen wir mit den amerikanischen Freunden am Pool, der offiziell längst geschlossen ist und quatschen über Gott und die Welt. Auch die Kinder haben über alle Sprachbarrieren hinweg ihren Spaß. Wendies Familie is great.
Ich denke, ich schliesse an dieser Stelle. Wir haben noch drei Tage in Las Vegas vor uns. Welches Bufett wir geplündert, welche Mall wir leer gekauft und auf welche Zahlen wir unsere letzten Dollars gesetzt haben, ist für Aussenstehende nicht so interessant.
Wir danken allen, die uns auf unserer Reise virtuell begleitet haben. In den letzten beiden Jahren haben wir aus diesem Forum viele interessante Infos „mitgenommen“ und wir würden uns freuen, wenn wir etwas zurückgeben können. Für evt. Fragen stehen wir ab Donnerstag wieder zu hause unter box21@t-online.de zur Verfügung.
Liebe Grüße aus Las Vegas
von Marco und Michelle (die langsam wach werden), Gabi und Wolfgang