15.03. / 16.03. Anreise über Tokyo nach KyotoJapan – ist das nicht die ferne Insel im Pazifik? Wo die Leute den ganzen Tag nur Sushi essen? Wo man zig Schriftzeichen lernen muss, um zu überleben? Ist in Japan nicht alles hektisch? Und jeder fotografiert alles Mögliche? Sind Japaner wirklich alle so klein? Und wird man in der U-Bahn in Tokyo in überfüllte Waggons gequetscht? Sind auf den Straßen nur Kamikaze-Fahrer unterwegs? Und ist die Insel voller japanischer Gärten? Können die Japaner überhaupt Englisch? Und verhungert man in Japan, weil man nicht mit Stäbchen essen kann? Ist Japan überfüllt? Verdrängt die moderne Technik alles Traditionelle? Gibt es da eine Menge Erdbeben? Und haben die nur schlechtes Wetter, weil man im Netz kein einziges sonniges Bild findet? Sind alle Toiletten Hightech-Geräte mit Hinterdusche und Wasserfallmusik? Wie klein sind deren Zimmer? Muss man sich ständig bücken?
Eine Menge Gerüchte, Fragen, Zweifel – doch jetzt wird es mal Zeit, diese aus dem Weg zu räumen. Die vielen Fragen, die ich mir während meiner Kindheit und Jugendzeit gestellt habe, sollen nun endlich geklärt werden.
2005 hatte ich sogar schon mal eine Japan-Reise gebucht, doch ein Umzug verschlang das schöne Urlaubsgeld. Jetzt erfolgt der zweite Versuch, diesen Kindheitstraum endlich zu erfüllen. Nach den bisherigen besuchten westlich orientierten Ländern soll mit Japan ein von der Mentalität her völlig anderes Land bereist werden und für mich erstmalig der asiatische Kontinent betreten werden.
Aus diesem Grund habe ich mich auch für eine geführte Wanderreise entschieden, damit zumindest das Problem „Sprache“ umgangen wird und man die ersten Anfängerfehler lieber in einer Gruppe macht und aus den Missgeschicken anderer lernen kann.
Daher nun auf zum Frankfurter Flughafen. Auf der Fahrt natürlich wieder einmal mehr die oben genannten Vorurteile aufs Brot geschmiert bekommen. Nicht nur im Bekanntenkreis musste ich mir anhören, ich solle mich schon mal daran gewöhnen, jeden Tag nur Sushi zu essen zu bekommen, nein, mein Flugticket ist auch gleichzeitig Bahnticket und so fällt dem Schaffner beim Blick auf mein Endziel Tokyo nichts besseres ein, als mir Glück zu wünschen, ob ich denn auch schon alle Schriftzeichen gelernt hätte.
Am Flughafen angekommen, treffe ich nicht nur meine Reisebegleiterin Melanie, sondern auch noch Anja und Danilo, zwei gute Bekannte aus dem Frankfurter Raum. Irgendwie schon gemein, die beiden wenige Stunden vor einer bevorstehenden Reise zu treffen. Irgendwie schon gemein, ihnen so die Nase lang zu machen, aber da sie beide am Flughafen arbeiten, sind sie es wohl gewöhnt, tagtäglich Menschen mit Gepäck beladen auf dem Weg zu den schönsten Tagen des Jahres aufbrechen zu sehen.
Am Abfluggate geht dann die große Raterei los: Wer könnte wohl alles zu unserer Gruppe gehören? Die dahinten? Ne, das sind Japaner. Und da vorne? Auch Japaner. Aber die da hinten, die haben keine Schlitzaugen. Ne, die sprechen nur Englisch. Wer bleibt denn dann überhaupt noch übrig? Im Prinzip kommt jeder Europäer in Betracht. Naja, in ein paar Stunden wird das große Geheimnis gelüftet werden.
Wir besteigen den Flieger und befinden uns schon in einer leicht fremden Welt. Je nach Gesicht der Stewardessen wird sich entweder verneigt oder auf Englisch gegrüßt. Auch der Geruch im Flieger erinnert schon leicht an scharfe Soja-Saucen.
Den Start bekommen wir in einer völlig neuen Perspektive geboten. Kameras übertragen auf dem Inseat-Entertainment live von der Unterseite des Fliegers, wie sich unser Vogel langsam vom Boden fortbewegt.
Es ist Abend und der erste Urlaubstag schon vorbei, ohne, dass man überhaupt irgendetwas touristisch Interessantes erlebt hätte.
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Nach einer durch die Zeitverschiebung verkürzten Nacht, wo ich eh nicht groß schlafen konnte, weil ich in Flugzeugen einfach nicht schlafen kann, wird das Frühstück serviert. Die Stewardessen tragen eine wunderschöne Küchenschürze und jeder Fluggast, der noch schläft, bekommt einen Zettel an seinen Platz, man habe mit dem Austeilen der Speisen begonnen, wolle ihn aber nicht geweckt haben und wenn er noch Frühstück wünsche, solle er sich melden.
Die übliche Frage „Chicken or Beaf“ wird durch „Western or Japanese“ ersetzt, also ob man ein japanisches oder ein westlich orientiertes Frühstück möchte. So lange ich mit Hunderten anderer in einer schaukelnden Kiste zusammenhocke, möchte ich meinem Magen noch nicht zu viel zumuten und bestelle lieber mal ein westliches Frühstück. Japanische Speisen werden wir im Laufe der nächsten zwei Wochen noch zur Genüge bekommen.
Immerhin gibt es neben dem „normalen“ Besteck auch beim westlichen Frühstück Stäbchen. Und da auf diesem 11,5 Stunden langen Flug jede Ablenkung recht ist, probiere ich doch gleich mal mein Glück.
Endlich ist mein bisher längster Flug vorüber und wir steigen in Tokyo um. Beim Aussteigen passieren wir die erste Klasse und stellen zum Erstaunen fest, dass hier als besonderer Service sogar Pantoffel ausgeteilt wurden. Aber am Ende der Reise wird uns das nicht mehr wundern, wo überall Pantoffel herumstehen.
Im Flughafen fällt sofort die niedrige Decke auf – oder bilde ich mir das nur ein? Nein, in der Tat muss ich 186cm Mensch um einige an der Decke angebrachte Lampen und Schilder einen Bogen machen. Das kann die nächsten Tage ja weiter werden.
Die Wände sind in Pastelltönen und rosa gestrichen und von überall lachen uns die japanischen Zeichentrickfiguren zu. Manga und Anime-Fans würden hier schon direkt leuchtende Augen bekommen, allerdings wirkt das ganze auf mich eher kitschig.
Wir checken zum nächsten Flug ein und warten geduldig, bis wir in die Maschine können. Die letzte Nacht nicht gut geschlafen, total übermüdet. Klingt nach späten Abend. Dann war die letzte (kurze) Nacht ja gerade erst vorbei, also müsste es doch erst Morgen sein. Ein Blick auf die analoge Uhr sagt, wir haben 5 Uhr und zum ersten Mal in meinem Leben bin ich echt am Grübeln, ob es nun 5 Uhr morgens oder 5 Uhr abends ist. Ich bin echt zu müde, um das wirklich mit Gewissheit sagen zu können.
Wir landen in Kyoto und werden am Ausgang von unseren beiden Reiseleitern Michaela und Roland in Empfang genommen und auf zwei Shuttle-Busse verteilt, die uns durchs abendliche? Nächtliche? Jedenfalls dunkle Kyoto zum Hotel bringen werden. Unterwegs werden uns schon mal die ersten Instruktionen, Termine und Benimmregeln erklärt, dass es in Japan zum Beispiel unhöflich wäre, in der Öffentlichkeit ein Taschentuch zu benutzen und man daher lieber hochzieht. Und genau aufs Stichwort lässt der Shuttlebusfahrer mal eine Kostprobe hören. Da er kein Deutsch versteht, weiß er gar nicht, was Roland uns gerade erzählt hat und warum wir so lachen müssen.
Das Hotelzimmer ist größer als erwartet und man muss sich auch nur falten, wenn man zum stillen Örtchen begibt. Halt! Nicht mit Straßenschuhen ins Badezimmer, dafür gibt es extra ein Paar Pantoffel, die angezogen werden müssen, aber natürlich sind die nicht auf die normale Fußgröße 47 ausgelegt.
Aber immerhin ist das Bett lang genug. Man ist hier wohl doch wenigstens so halbwegs auf westliche Touristen eingestellt.
Und schon ist auch der zweite Tag rum, ohne dass man viel von Japan gesehen hat. Es gab zwar schon eine Menge neuer Eindrücke und Details, wie z.B. den abschließbaren Schirmständer für etwa 100 Schirme in der Lobby des Hotels oder den ganzen Getränkeautomaten entlang der Straßen, doch hoffentlich geht es morgen endlich mal „richtig“ los. Was man sonst bei USA Reisen am Ende hat, nämlich dass man durch die Zeitverschiebung zwei Tage unterwegs ist und diese mehr oder weniger verliert, das hat man hier am Anfang der Reise.
Übernachtung: The Palace Side Hotel - Kyoto
Bewertung: Gut!
Kommentar: geräumige Zimmer, großes Frühstücksbuffet, zentral gelegen