Hallo Leute,
ja, ich grabe einen Uralt-Thread aus, das ist mir wohl bewusst. Wer sich dadurch, oder aber durch den Inhalt meines Postings belästigt fühlt, den bitte ich freundlich
um stille Ignoranz. Ich für meinen Teil möchte nur einen Sachbeitrag abliefern und mich nicht zanken.
Ich habe, weil mich das Thema "ungutes Gefühl bei der Einreise" immer wieder subtil belastet, diesen Thread durchgelesen und dabei Standpunkte entdeckt, die nichts an ihrer Aktualität verloren haben.
Derzeit steht bei mir die insgesamt dritte Reise in die USA an und das ungute Gefühl wird jedes mal ein bisschen stärker.
Ich möchte besonders betonen, dass ich, anders als in diesem Thread teilweise vermutet wird, diese Angst nicht auf eine tendenziöse Berichterstattung in den Medien zurückführe.
Ich habe lange darüber nachgedacht, was der Grund ist, dass man immer wieder ein ungutes Gefühl bei der Einreise hat. Schließlich scheine ich da nicht der einzige zu sein.
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die USA unter allen westlichen Demokratien in einer gewissen Art und Weise schon eine besondere Stellung einnehmen, was die Umstände einer Einreise betrifft.
Maßgeblich kommt zumindest bei mir der Eindruck auf, dass man als Einreisender schon sehr genau unter Beobachtung steht.
Es gibt nicht nur ESTA, sondern auch APIS und das Secure Flight Program.
Das Gefühl, das hier vermittelt wird, ist: Das Netz ist engmaschig und suggeriert, dass die Fehlertoleranz beim individuellen Reisenden immer kleiner wird.
Im Moment bereitet mir zum Beispiel der Umstand Bauchschmerzen, dass ich, wie gefordert, bei der Buchung meiner Reise alle Vornamen angegeben habe. Soweit so gut, so muss es ja auch sein.
Nur: Die Airline (Singapore Airlines) hat nun im E-Ticket alle Vornamen ohne Leerzeichen aneinandergeklatscht. Ich habe drei Vornamen! Hieße ich also Martin Hans Jürgen Maier, würde
in meinem E-Ticket "MR. MARTINHANSJURGEN MAIER" stehen.
Ich gehe nicht wirklich ernsthaft davon aus, Probleme zu bekommen, aber irgendwie fühle ich mich schon von einem möglichen Problem belastet und angezählt.
Wir haben es also, wie dieses Beispiel zeigt, inzwischen mit zwei Problemen zu tun: Die Fehlertoleranz ist unklar und zu guter letzt könnte man auch noch wegen Fremdverschuldens Probleme bekommen.
Manch einer wird sagen: "ach, da ist ja keiner blöd, das wird schon kein Problem geben". Ich denke mir: Wo steht das? Gibt es das schriftlich? Nein.
Keiner weiß, wie die gesammelten Informationen wirklich verwertet werden und was für das No-Go beim Officer sorgt. Vielleicht ist es beim einen ein berechtigter Grund und beim anderen der Verdacht, eine unerwünschte politische Ansicht zu vertreten. Keiner weiss es wirklich.
Der unangenehme Eindruck wird nicht gerade besser, wenn man sich nur auf den offiziellen Tenor der USA konzentriert und die Horrorstories aus der Quelle "ich kenne da jemanden, der wen kennt" beiseite lässt: Wer allein den ESTA-Prozess abgeschlossen hat, weiß, dass man nahezu rechtelos einreist. Ich brauche die fraglichen Stellen nicht zu zitieren, ich denke, jeder kennt sie hier.
Die Assoziation, die jedenfalls hervorgerufen wird, ist auf jeden Fall nicht diejenige, dass man eine völlig unproblematische Einreise hat, wenn man selber der Überzeugung ist, mit reinem Gewissen einzureisen. Die Assoziation ist: "Wir entscheiden, ob Du OK bist oder nicht und notfalls brauchen wir dafür noch nicht mal einen Grund".
Das Verfahren ist untransparent und hinterlässt zumindest den Eindruck von großer Unberechenbarkeit.
Die Krone setzt sicherlich der Umstand auf, dass, sollte es mal wirklich zu einem Problem kommen, die Wahrscheinlichkeit nicht allzu gering ist, dass sich für immer die Tore schließen.
Ein Freund von mir bekommt jedenfalls kein Visum und wird es, aufgrund Vorstrafe, wohl auch niemals bekommen.
Keine Frage: Die USA haben ein legitimes Hausrecht und können entscheiden, wer sich auf ihren Hoheitsgebiet befindet.
Doch ich finde, alles muss im Rahmen bleiben und darf nicht zu sehr den Eindruck hinterlassen, dass man es mit einem nicht unerheblichem Maße an Willkür und Unberechenbarkeit zu tun hat.
Ich habe bisher persönlich noch keinen anderen westlichen Rechtsstaat bereist, bei dem ich solche unterschwelligen Bedenken hatte, wie bei den USA.
Die Szenarien für ein mögliches "Kopfkino" sind groß, und das selbst bei einem bekennenden USA-Fan.
Die arabischen Stempel im Pass, die Packung Sudafed, die ich mit Ausweis für meine Erkältung gekauft habe und dann die Sache mit den aneinandergeklatschten Namen.
Hoffentlich nichts übersehen, hoffentlich nichts falsch gemacht oder unangenehm im Raster hängen geblieben.
Ich bin letztes Jahr mit einem Freund eingereist, der ein Zyniker par excellence ist. Ich habe ihm gesagt: "Keine spitzen Bemerkungen bei der Einreise, keine Scherze. Der Immigration Officer ist für fünf Minuten ein kleiner Gott".
Sicherlich ein Tip, den ich an jeder Grenze dieser Welt befolgen würde.
Aber an keiner Grenze in einem westlichen Staat habe ich den Eindruck, dass in der Summe der möglichen Konsequenzen das Eis so dünn ist.