Ich habe keine statistischen Zahlen, aber in den weitlaeufigen laendlichen Gegenden in Texas hat so ziemlich jeder Haushalt mindestens eine Waffe (allerdings macht die Landbevoelkerung nur einen winzigen Anteil der Einwohner aus). Ganz einfach deshalb, weil so ziemlich jeder Livestock hat, welches im Prinzip ganzjaehrig durch Predators oder Tollwut etc. bedroht wird und zum anderen natuerlich zur Jagd. Ab und zu sieht man sicher auch mal noch jemanden mit einem Gewehr im Truck, aber das ist dann halt, weil derjenige wohl auf dem Weg zur Jagd oder zu seiner Weide ist.
Im normalen Alltag in den Communities sieht man faktisch nirgends eine Waffe. Und ich habe auch noch niemanden gesehen, der sich dadurch groeßer gefuehlt hat. Es ist halt ein Haushaltsgegenstand bzw. Werkzeug, das bei korrekter Handhabung genauso gefaehrlich oder ungefaehrlich wie ein Messer, eine Kuechenmaschine, eine Stehleiter, ein Gasgrill oder eine Erntemaschine ist.
Andre, es ist klar, dass der Besitz einer Jagdwaffe in ländlichen Gebieten noch kein Symptom für "Waffenvernarrtheit" bedeutet. Und ich habe sogar Verständnis dafür, dass viele Menschen ihre Jagdwaffe lieben und pflegen - denn auch ich kann mich dem Reiz einer gut gemachten, schönen Waffe nicht entziehen - so etwas ist genau so faszinierend wie jedes gute Werkzeug oder wie eine schöne mechanische Uhr oder eine klassische Kamera.
Aber es geht hier (leider) nicht nur um Jagdwaffen, sondern um die Millionen von Handfeuerwaffen und halbautomatischen oder automatischen Waffen, die teils legal, teils illegal, in vielen amerikanischen Haushalten zufinden sind.
Du schreibst: ".......Und ich habe auch noch niemanden gesehen, der sich dadurch groeßer gefuehlt hat......"
Dann geh mal auf eine der im ganzen Land praktisch im Monatsrythmus stattfinden Gun-Shows: so viele Irre sieht man sonst nur in der geschlossenen Psychatrie. Ich war in den letzten 20 Jahren auf knapp einem Dutzend dieser Veranstaltungen - es ist ziemlich beängstigend zu sehen, wie da ganz legal z.B. halbautomatische Waffen von rotgesichtigen, stiernackigen, kurzgeschorenen jungen Männern in Tarnanzügen und Springerstiefeln erworben werden - die wenigsten machen den Eindruck, als wollten sie damit Füchse aus ihrem Hühnerstall vertreiben. Und auch die Wurfsterne, die Stiletts, die zweiseitig geschliffenen Dolche, die Elektroschocker und die Schlagringe, die man dort ganz legal erwerben kann, deuten nicht auf waidmännische Interessen.
Und warum kann man im schönen Virginia legal Maschinenpistolen kaufen? Zur Entenjagd?
Ich war vor vielen Jahren in Phoenix zwei Abende in einem Biker-Hangout, wohin mich ein Harley-Fahrer eingeladen hatte, den ich bei einem Händler kennen gelernt hatte, als ich eine alte Harley gekauft habe. In diesem Schuppen (in dem ich mächtig viel Spaß hatte und in dem die meisten der tättowierten Jungs ausgesprochen lustig waren) trug fast jeder eine Pistole offen am Gürtel. Ich habe sie gefragt, warum. Von Jagd hat da keiner geredet....
Dein Vergleich mit der "... Kuechenmaschine, Stehleiter, dem Gasgrill oder der Erntemaschine...." hinkt ein bisschen, den eine Küchenmaschine ist zum Teig kneten gebaut, eine Stehleiter ist zum Draufsteigen entworfen, ein Gasgrill zum Fleischbraten und eine Erntemaschine zur Feldarbeit. Eine Schusswaffe hat aber einen einzigen klar definierten Zweck, nämlich den, zu töten.
Wie gesagt: Jagd ist ein anderes Thema (auch wenn es mir auf ewig verschlossen bleiben wird, warum ein Mensch Freude dabei empfindet, einem Reh eine Kugel durch den Schädl zu feuern oder auf einer Safari Elefanten umzunieten).
Ein paar interessanten Zitate habe ich noch:
>> In den USA werden jährlich etwa 350.000 Verbrechen mit Schusswaffen begangen, mehr als 11.000 Menschen werden dabei getötet. Die Rate solcher Morde liegt mit 3,8 pro 100.000 Einwohner deutlich höher als in anderen vergleichbaren Ländern. Insgesamt gibt es über 200 Millionen Pistolen und Gewehre in Privatbesitz.
Eine andere Quelle sagt: 30.000 Menschen sterben jährlich in den USA durch Feuerwaffen, etwa 12.000 davon sind Morde. Weitere 17.000 Amerikaner begehen Selbstmord mit einer Waffe. Knapp unter 1000 Menschen fallen der Kategorie „Unfall“ zum Opfer.
>> Das Waffengesetz in Virgina gilt als eines der liberalsten in den USA. Pistolen mit bis zu 20 Schuss dürfen beispielsweise offen getragen werden - wobei offen bedeutet, dass klar ersichtlich ist, dass eine Waffe mitgeführt wird. Das ist nicht unbedingt eine klare Regelung, man kann die Pistole dann beispielsweise auch unter der Jacke tragen.
Erlaubt ist auch der Besitz von Maschinenpistolen.
>> Wie das Team um Matthew Miller vom Injury Control Research Center der Harvard School of Public Health im Februar berichtete, ist die Rate der Fälle von Mord und Totschlag in den US-Bundesstaaten umso größer, je mehr Haushalte im Besitz von Feuerwaffen sind (Social Science & Medicine, Bd. 64, S.656, 2007).
Die Forscher hatten bei insgesamt 200.000 Haushalten in allen 50 Bundesstaaten nachgefragt, ob Schusswaffen zur Verfügung stünden. Im nationalen Durchschnitt traf dies in etwa jedem dritten Fall zu.