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Autor Thema: Unser ewiger Schatten  (Gelesen 3791 mal)

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Red Rocks

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Unser ewiger Schatten
« am: 09.03.2007, 06:42 Uhr »
Hallo Leute!
Ich hoffe ich verderb euch mit den folgenden Zeilen nicht die Laune,aber ich muss wissen,ob an dieser Problematik etwas dran ist,oder ob ich mir doch mehr einbilde als wirklich ist.
Also folgendes:
Das erste Mal passierte es uns in einer Shopping Mall in Vancouver 1999:Wir betraten einen Jeans und Western Store und der graumehlierte Verkäufer nahm prompt eine eindeutige Haltung ein und begrüßte uns mit einem lauten "Heil Hitler". Wir machten natürlich auf dem Absatz kehrt und verliesen den Laden fluchtartig und völlig irritiert.

Naja,fehlgeleitete und ewig gestrige scheint es überall zu geben.
Damit war die ganze Angelegenheit für uns erledigt.

Erst im Jahr 2004 wurden wir wieder auf traurige Weise daran erinnert,als wir versuchten auf dem Stoney Creek Campground in Seward/Alaska ein Plätzchen für unser Zelt zu finden.
Die ebenfalls schon reichlich betagte CG-Host war zuerst superfreundlich und zuvorkommend,bis sie unsere Anmeldung in den Händen hielt.Auf einmal war es unmöglich,dass wir auf dem einzigen vorhandenen Stückchen Rasen unser Zelt aufschlagen. Wir sollten es doch bitte auf dem groben Schotter am Rande des Baches versuchen.
Gefallen hat uns die Sache nicht,aber es sollte noch besser kommen:
Als wir am Abend wieder auf dem CG eintrafen um unsere bereits gezahlte zweite Nacht zu verbringen,wurden wir mit einer neuerlichen Schikane empfangen:Die Herrschaften in den RVs würden 30$ pro Tag bezahlen und da wäre es ihnen unmöglich zuzumuten,dass sie aus dem Fenster sehen und ständig unser grünes Zelt im Blick hätten.Wir sollten doch bitte hinter den Müllcontainern etwas in Deckung gehen.
Soviel dazu.

Leiden wir unter Halluzinationen oder hängt uns dieser Mist von vor über 60 Jahren tatsächlich bis heute an???
Das diese zwei traurigen Erlebnisse die große Ausnahme ist steht natürlich außer Frage.
Trotzdem ist es schon einmal soweit gekommen,dass ich nur so aus dem Gefühl heraus in eine CG-Anmeldung "SWEDEN" statt "GERMANY" eingetragen habe.

Sind wir die einzigen mit derartigen Erlebnissen????

 

playmaker11

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #1 am: 09.03.2007, 07:26 Uhr »
Nö,
kann ich so nicht bestätigen. Gerade (oder selbst) die wenigen Veteranen die im WK II gekämpft haben und eigentlich eine entsprechende Einstellung haben müßten, sagen deutlich, daß sich die Zeiten geändert haben und wir (2. Nachkriegsgeneration) dafür nicht verantwortlich sind. Da schlägt einem in Frankreich mehr Argwohn entgegen.
Einige verblendete Dussels gibts immer noch, aber die hat man überall.....

Im Übrigen hat sich auch schon längst rumgesprochen, daß es die DDR nicht mehr gibt.
No retreat, no surrender !

BettinaW

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #2 am: 09.03.2007, 07:32 Uhr »
Solche Erfahrunge habe ich noch auf keinen meiner USA-Aufenthalte gemacht.

Wenn ich als Deutscher angesprochen worden bin, dann wurde mir meist erzählt wie schön es doch in Deutschland war, das die Großeltern aus Deutschalnd kamen, ein Onkel hier wohnt, wie gut das Essen bei uns ist oder sie doch auchmal nach Europa reisen wollten.....oder daß sie lieber nicht in Deutschland wohnen wollen da es hier soviel Arbeitslose gibt.
Wenn das Gespräch auf die deutsche Politik kam, dann war das immer über aktuelle Themen. Noch nie hat mich wer auf die dunkle Geschichte von Deutschland angesprochen.


Palo

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #3 am: 09.03.2007, 07:40 Uhr »
Ich habe mit meinem Sohn, damals 5 Jahre alt, deutsch gesprochen weil ich wollte dass er zweisprachig aufwächst; die Nachbarskinder haben das überhört und ihn einen Nazi genannt, übrigens waren das Kinder eines Majors in der Luftwaffe.(Air Force)
Er kam natürlich weinend nach Hause und ich habe aufgegeben das wollte ich dem Kind nicht antun.
Gruß

Palo

Antje

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #4 am: 09.03.2007, 07:54 Uhr »
Hallo,

so etwas ist mir auf meinen ganze vielen Reisen niemals passiert - wenn ich nach meiner Nationalität gefragt wurde und "deutsch" sagte, kam etwas von "meine Großvater kam aus xyz" oder "mein Opa war nach dem Krieg in abc" oder "das soll dort schön sein" - bei älteren auch "wir waren da mal vor xy Jahren".

Wenn man sich näher kennt, redet man vielleicht mal über Politik - wobei es da dann eher um aktuelle Politik geht.

Daß mir jemand "deutsch sein" negativ ausgelegt hat, ist wirklich niemals passiert. Eher das Gegenteil.

Antje

Palo

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #5 am: 09.03.2007, 08:00 Uhr »
Hallo,

Daß mir jemand "deutsch sein" negativ ausgelegt hat, ist wirklich niemals passiert. Eher das Gegenteil.


Da hast du Glück gehabt
Gruß

Palo

Kirkesgaard

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #6 am: 09.03.2007, 08:20 Uhr »
Kann ich auch nicht bestätigen. Und ich habe sogar einige Memorials besucht und mit Veteranen gesprochen. Einmal war es sogar so, dass mich einer der Veteranen zu einem anderen auf dem Schiff (in Norfolk) geschickt hat weil er sagte der wäre in München aufgewachsen. War dann auch in der Tat ein sehr nettes Gespräch.

Ich würde sagen das sind eher einzelfälle, ich hab es nie erlebt und kann im Gegenteil sagen, dass mir sowohl in den Tourist Offices als auch bei den Attraktionen auch und gerade die älteren Leute dort immer ausnehmend freundlich zu uns waren.

Die meisten Amerikaner erinnern sich auch eher dran, dass Deutschland ausgesprochen gegen den Irakkrieg war, als dass sie noch dran denken, es mit Hitler zu verbinden. Auch wenn amerikanische und vor allem britische Medien gerne immer noch auf der Welle zweiter Weltkrieg reiten. (zackige Schritte, rollendes Rrr. und so weiter.)

Aber umgekehrt habe ich auch einige amerikanische Freunde, die sich tatsächlich immer wieder in Deutschland anfeinden lassen müssen wegen des Irakkriegs. Geht soweit, das eine nicht-amerikanische Mutter die mit einem Soldaten verheiratet ist in ihrem Auto (mit Kind unterwegs) von ein paar Volldeppen mit zeug beworfen wurde.

WIll sagen, Idioten und eng-stirnige gibts überall. Ist nervig, aber man sollte es nicht verallgemeinern. Und wenn ich es richtig verstanden habe, waren es bei euch zwei negative Erlebnisse unter zweifelsohne auch vielen positiven.

zoostation

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #7 am: 09.03.2007, 08:33 Uhr »
wir haben keine negativen erfahrungen 2005 gemacht. im gegenteil! ich kann von netten und aufgeschlossenen menschen berichten, die sehr interessiert an deutschland waren.

bei einer verhehrskontrolle wegen zu schnellem fahren wurden wir sehr freundlich vom officer behandelt. mit dem vermerk, dass in milen und nicht in KM gerechnet wird, sollten wir doch etwas langsamer machen. auf deutsch noch herzlich willkommen gesagt und dann durften wir weiter fahren...

das war in chicago: später wurde mir mein camcorder in der blue-line gestohlen. im polizei büro hat uns ein sehr freundlicher polizist geholfen. alle formulare mit geduld zusammen ausgefüllt. auch er hatte verwandte in deutschland.

wir wurden immer gefragt aus welcher gegend wir in deutschland kommen. dann konnten sie von ihren erfahrungen berichten. die meissten kamen natürlich aus ehemaligen und aktuellen us-basen.

in san diego haben wir uns mit 3 älteren männern unterhalten. einer wollte etwas zum zweiten welkrieg sagen, doch die anderen zwei sprangen ihm ins wort und lenkten das gespräch wieder auf ein anderes thema.

im endeffekt werden wir deutschen im ausland wohl eher nach dem beurteilt, wir wir uns dort als touristen verhalten. wenn man sich wie ein troll aufführt, muss man auch damit rechnen auf unsere schwarze vergangenheit angesprochen zu werden.

Red Rocks

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #8 am: 09.03.2007, 08:38 Uhr »
Selbstredend waren dies die einzigen "Ausrutscher" unter zig positiven Begegnungen.
Wenn ich eine Prozentzahl angeben müsste,dann würde die wohl mit 0,00... beginnen.

Wir sind den Staaten ja auch über all die Jahre treu geblieben.
Nur irgendwie bin ich etwas sensibilisiert auf dem Gebiet. Damals als wir uns als schwedisches Pärchen ausgegeben haben,hatte ich lediglich ein ungutes Gefühl beim Anblick des CG-Besitzers.
Kann gut sein,dass der an dem Tag einfach nur mit dem falschen Bein aufgestanden ist und sonst ein Pfundskerl ist.

Es freut mich natürlich ungemein,dass im Zuge meines Artikels nicht jede Menge bestätigende Postings kommen,von Leuten denen ähnliches passiert ist.

Letztendlich muss ich sogar zugeben,dass die vielen Amerikaner,die uns derart zuvorkommend und höflich gegenübergetreten sind,dass wir manchmal schon etwas beschämt waren,bei ihren Reisen nach Deutschland und Europa nicht bei uns auf einen unfreundlichen,maulfaulen und verkrampten Zeitgenossen treffen.
Würde ich soetwas mitbekommen,es wäre mir über alle Maßen peinlich... :oops:

Heiko


Palo

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #9 am: 09.03.2007, 08:41 Uhr »
Nun ja, wo ihr als Touristen hin fahrt werden auch die Touristen Dollars gesehen und ihr werdet dementsprechend behandelt
Gruß

Palo

Red Rocks

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #10 am: 09.03.2007, 08:46 Uhr »
@ zoostation:
Von Troll kann echt keine Rede sein. Ich würde uns ohne Zweifel als eine der harmlosesten Touristen dieser Welt bezeichnen  :wink:

Red Rocks

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #11 am: 09.03.2007, 08:48 Uhr »
Nun ja, wo ihr als Touristen hin fahrt werden auch die Touristen Dollars gesehen und ihr werdet dementsprechend behandelt

Dieses Statement würde ich über das Monument Valley ungelesen unterschreiben!!!!!

IkeaRegal

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #12 am: 09.03.2007, 08:51 Uhr »
Mal ehrlich, wenn einem sowas passiert: Wieso nicht denjenigen darauf ansprechen was das ganze soll und ob er nicht gemerkt hat, dass inzwischen 60 Jahre vergangen sind? Dem würd ich was erzählen, glaub mir. Danach würd der sich dermaßen schämen oder aber, wie man sagt "dumm sterben".


groovy

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #13 am: 09.03.2007, 09:01 Uhr »
Nun ja, wo ihr als Touristen hin fahrt werden auch die Touristen Dollars gesehen und ihr werdet dementsprechend behandelt

Palo,
ich habe auf Campgrounds schon Kontakte mit Amerikanern gehabt,die kein finanzielles Interesse hatten.Dort und woanders bin ich ausschließlich interessiert und freundlich behandelt worden.

MfG Volker

Kirkesgaard

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Re: Unser ewiger Schatten
« Antwort #14 am: 09.03.2007, 09:10 Uhr »
ich denke nicht, dass es wirklich viel bringt zu versuchen in einer solchen Situation den "so jetzt sag ich dir mal was für ein verblödeter dinosaurier bist" - Weg zu gehen. Es sei denn, der Gegenüber ist willens mit dir ein bierchen trinken zu gehen und wirklich zu sprechen. ansonsten wird es wahrscheinlich eher kein gutes Gespräch. und schämen wird er sich wahrscheinlich hinterher eher auch nicht. Er hat ja vielleicht auch Gründe warum er so fühlt. Man weiss ja nie, was Sache ist und was vor 60 Jahren passiert ist (ja, ich weiss rational gesehen habe ich nichts damit zu tun gehabt, aber eventl spielt das für ihn nur eine untergeordnete Rolle in dem Moment).
Ich habe vor kurzem einen Artikel in der Welt glaube ich gelesen, von einem polnischen Schriftsteller, der auch über seine Entwicklung im Verhältnis zu Deutschland geschrieben hat und das es eine lange und zähflüssige Entwicklung war.
Und dass es das auch umgekehrt in Deutschland gibt ist auch nicht von der Hand zu weisen. Auch hier hat es den einen oder anderen, der vielleicht eine Meinung zum dritten Reich vertritt, die sagen wir mal nicht unbedingt mehrheitstauglich sein sollte. Ich hab das selbst mal in einem Cuba Urlaub erlebt. Die Cubaner waren höflich und haben ihn mehr oder weniger ignoriert. Mir ging das so dermassen gegen den Strich, dass ich was gesagt habe, aber er hat es weder eingesehen, noch hat er sich hinterher geschämt. Das einzige was oben war, war mein Blutdruck .. na ja, wie gesagt, vollidioten gibts leider immer mal wieder.