Ich habe mal wieder so gegrübelt, wie ich meinen Fotooutput verbessern kann und überlegt: je mehr Bilder man produziert, desto größter letztendlich auch die Chance interessante Fotos zu gewinnen.
Halte ich für einen weit verbreiteten aber grundsätzlich falschen Ansatz. Ein "interessantes Foto" entsteht nicht per Zufall sondern per Gehirn.
Das ist ungefähr so, als würde man dem Biathleten eine weit streuende Schrotflinte in die Hand drücken – die Chance viele Ringe zu schießen, steigt damit natürlich gewaltig, die Qualität leidet aber eher. Und leider übernimmt bei vielen Hobbyfotografen die Digitalkamera die Rolle der Schrotflinte: oft abdrücken ist billig und mit ein wenig Glück sind ein paar Treffer dabei. Nur - kann man auf die Treffer dann stolz sein?
Es gibt natürlich Motivbereiche, bei denen die "Schrotflinte" sinnvoll ist: Sport, Action... überall dort, wo die Zeit, die Ruhe und vor allem die Vorhersehbarkeit des Geschehens fehlen. Das war früher die schnelle Motor-SLR, heute ist es die DSLR mit schneller Bildfolge. Aber weder der Grand Canyon noch das Death Valley neigen zur spontanen Flucht, auch das Tempo der Veränderungen im Antilope Canyon erfordert keine Serienbildfunktion.
Ich will nicht über die "modernen Zeiten" lamentieren (und es gab auch schon in der Prä-digitalen Zeit Millionen von überflüssigen Bildern), aber das Verschwinden des Films aus dem Bewusstsein der Amateurfotografen hat den Output an Qualität eher geringer gemacht. Wenn jedes Bild einen halben Euro kostet, wird scheinbar doch ein wenig bewusster abgedrückt. Diese Prinzip ließe sich ja grundsätzlich auch auf digitale Kameras übertragen, aber irgendwie klappt das scheinbar (wenigstens bei mir) nicht so richtig.
Zur eigentlichen Frage:
Ich habe im Januar in LA genau 60 Rollfilme à 12 Aufnahmen im Format 6x6 belichtet (das sind also 720 Bilder).
Davon habe ich gut die Hälfte gescannt – etwa 380 Bilder, der Rest erschien mir mißlungen.
Von den gescannten 380 Bildern habe ich etwa 300 gedruckt, davon werden es ca. 200 in ein geplantes Buch schaffen.
Rechnerische Ausbeute also knapp 30%.
Gleichzeitig habe ich etwa 800 digitale Bilder mit der Leica M8 gemacht. Von denen gefallen mir knapp 80 einigermaßen gut.
Rechnerische Ausbeute: optimistisch gerechnete 10%.
Konsequenz: mein Experiment mit der digitalen Fotografie ist für gescheitert erklärt, die M8 werde ich verkaufen. Um ein Thema realisieren zu können, auf das ich in LA gekommen bin, habe ich mir gerade eine Mamiya RZ 67II im 6x7-Format gekauft, die über ein Objektv mit Shift-Funktion verfügt (zur Entzerrung stürzender Linien). Das Ding wiegt knapp 3 Kilo, ist nur beschränkt freihandtauglich und verlangt nach konzentriertem Arbeiten. Ich prognostiziere mal ganz mutig, dass damit meine Ausbeute an guten Bildern steigen wird.
Ein Freund von mir arbeitet mit einer 8x10" Kamera (Negativformat also etwa 20x25 Zentimeter!). Eine Kassette enthält zwei Planfilme. Zeitaufwand pro Bild etwa 20 bis 40 Minuten, wenn er auf das perfekte Licht warten muss, auch mal deutlich länger. Von seinen Reisen bringt er meist etwa 20 bis 30 Bilder mit zurück. Ausschuss: 0%. Das liegt natürlich nicht nur an der Kamera, der Mann kann einfach fotografieren. Aber der Zwang zur Beschränkung diszipliniert ungemein.
Damit will ich nun nicht dem Urlaubsfotografen raten, mit einer Plattenkamera zu verreisen. Und für das Festhalten von Familien- und Erinnerungsbildern ist eine Digitale sicherlich ein gutes Gerät. Aber sobald die Ansprüche steigen und man auf der Suche nach dem "interessanten Foto", also dem Foto ist, das über seine Funktion als "Beweisfoto" und auch über den Freundeskreis hinaus Bestand haben soll, ist es sicherlich ratsam, überlegt, gezielt, konzentriert und mit einer adäquaten Technik zu arbeiten. Das muss nicht, könnte aber durchaus, eine Rückkehr zum guten alten Film bedeuten. Wäre zumindest eine Überlegung wert...