Tag 11: Snowshoeing Peyto Lake
Was für eine Ruhe, die Schulklasse ist gestern noch abgereist und das Hostel hat sich auch nicht wieder gefüllt. Niemand ist auf unser Zimmer gekommen, von Ricks Rückkehr habe ich nichts mitbekommen.
Heute bin ich spät dran, das ist aber gewollt. Heute Nacht ist nochmal ein wenig Schnee gefallen, also erst einmal Auto frei machen und dann geht es zur Wilson Mountain Sports (
http://www.wmsll.com/). Hier leihe ich mir ein Paar Schneeschuhe für eine Wanderung in ungerührten Tiefschnee. Früh am Morgen ist es im Verleih schon recht voll, aber schnell werde ich nach meinen Wünschen gefragt und dazwischen geschoben, dauert ja nicht lange. KK-Nummer hinterlegen, Hotel angeben und schon bekomme ich ein Paar sehr große Schneeschuhe in die Hand gedrückt und die Bindung erklärt.
Vorgestern hatte ich an den Paint Pots ja eine Gruppe mit Schneeschuhen gesehen, die hatten aber nur relativ kleine Schuhe aus Kunststoff. Meine sind mit Alu-Rahmen und mit Gummibespannung und haben unter den Fußballen eine fast 5 cm lange Doppelkralle, die sich beim Abrollen des Fußes rausdrückt.
Man wünscht mir einen schönen Tag und viel Spaß. Auf dem HW 93 geht es Richtung Norden. Die Ranger haben mit den Herbert oder Hector Lake an Herz gelegt. Allerdings sind die Parkplätze geschlossen und auf der Seite, wo noch Parkbuchten wären, ist leider noch nicht der Schneepflug her gefahren. Da habe ich mich dann nicht getraut zu parken. Mit dem Wagen wäre ein auch noch so kleiner Schneehügel nicht zu überwinden. Also geht es weiter. Je weiter es nach Norden und höher in die Berge geht, je mehr Neuschnee liegt. Bow Lake sollte wegen der Schneehühner gemieden werden, also nehme ich den Abzweig zum Peyto Lake. Der Weg ist bis zum Parkplatz geschoben, kein Problem da hoch zu kommen. Ich nehme auch gleich die erste Parkbucht, von dort geht es leicht bergab zur Straße.
Alleine bin ich hier nicht, noch 5-6 Auto kommen fast gleichzeitig an. Viele wollen Skiwandern machen. Ein älteres Pärchen möchte auch zum See, Sie mit Schneeschuhen, Er mit Skiern. Sie schlagen allerdings den Weg runter direkt vom Parkplatz ein. Da möchte ich dann hoch kommen.
Ich gehe erst mal den normalen Weg Richtung Aussichtsplattform.
Das mit den Schneeschuhen funktioniert einfacher als gedacht, man läuft etwas breitbeiniger, aber das ist minimal. Der Alu-Rahmen gibt guten Halt im Schnee und die Bespannung verhindert ein tiefes Einsinken, die Krallen geben berghoch noch zusätzlichen Halt. Ich rutsch nicht und komme schnell den Berg hoch.
An der Aussichtsplattform sieht man wie viel Schnee hier liegt. Die obere Holzbohlen, ca. 1 m über dem Boden hat ist nur noch knöchelhoch und er Schnee ist fest, hier könnte man auch ohne Schneeschuhe gut laufen.
Ist irgendwie ein irres Gefühl dort zu stehen, ohne etwas vor sich. Der Blick in das wolkenverhangene Tal zeigt aber die typische Form des Sees.
Von dort nehme ich den Weg runter, der Sonst zum Peyto Glaicer und Caldron Lake und der Peter and Catharine Whyte (Peyto) Hütte geht.
In Wald auf dem Weg runter lerne ich dann die Tücken der Schneeschuhe kennen und mach nähere Bekanntschaft mit dem frischen Schnee, der hier gut 15 cm hoch ist. In Kurven muss man doch etwas breit beiniger gehen und kleine Schritte machen, denn sonst tritt man sich selber auch die Schneeschuhe in liegt kopfüber im Schnee. Nach der zweiten Einlage packe ich die gute Kamera in den Rucksack, sie hat noch keinen Schnee abbekommen unter der Jacke, aber ich möchte auch nicht drauf fallen und mir die Rippen wehtun.
Ich komme aus dem Wald und stehe vor der Entscheidung dem Weg zu folgen oder einfach, haha, die Rinne runter zu gehen, die direkt zum Anfang des Sees führt (zumindest im Sommer).
Ich entschließe mich für den direkten Weg und schon nach wenigen Metern bereue ich das. Das Stück ist steiler als gedacht und voll allen ist durch den Wind die Oberfläche sehr fest und teilweise vereist. Zweimal lade ist unsanft auf meinen Allerwertesten, einmal rutsche ich auch noch ein Stück den Hang runter und schiebe mir den Schnee bis unter das Unterhemd. Das kühlt zumindest die Prellung am Rücken, die mir ein Stein hinterlässt.
Ich quere einmal die Rinne und dort, im Windschatten geht es deutlich besser und ich komme ohne weitere Zwischenfälle zum See runter. Ich schaue nochmals zurück und bin froh hier nicht hoch zu müssen. Laut Wanderkarte sind hier gut 170 Höhenmeter auf knapp 100 m Länge zu überwinden, also gut 60 Grad Steigung bzw. 170 Prozent.
Das Laufen auf dem See ist recht einfach, man muss nur weit genug vom Ufer weg bleiben, da dort die Baumstämme unter dem Schnee liegen. Die Spur die ich hinterlasse ist nicht sehr tief, eigentlich ist das nur der Neuschnee aus der Nacht.
Dafür fängt es jetzt heftig an zu schneien, obwohl auf der anderen Talseite die Sonne scheint und sogar ein Stück blauer Himmel zu sehen ist.
Trotzdem macht es echt total Spaß hier zu laufen, der Schnee ist unberührt und man fühlt sich in mitten der Wildnis, obwohl der HW max. 1,5 km weg ist. Kurz vor der Bucht verändert sich der Schnee bzw. die Oberfläche und bevor ich das so richtig wahrnehme liege ich mit dem Gesicht im Schnee. Hier hat der Wind eine kleine Eisschicht entstehen lassen. Man bricht aber mit dem Schneeschuh durch ohne des groß zu merken, nur wenn man dann den Schuh wieder normal hochzieht bleibt die Spitze hängen und plumps bekommt man eine kostenlose Erfrischung. Gut das ich die Kamera im Rucksack habe, denn ich liege fast mit dem gesamten Körper unter dem Schnee. Selbst bis in den Nacken findet dieser seinen Weg, trotz eng zugemachter Kapuze.
Ich muss über mich selber lachen, bleibe kurz liegen, um zu Luft zu kommen und stehe dann mit einer eleganten Meisterleistung wieder auf. Ok, es sieht wohl eher wie der verzweifelte Versuch eines Mistkäfers aus der auf dem Rücken liegt und versucht auf die Beine zu kommen. Aber die Schneeschuhe sind dabei einfach echt unhandlich oder besser unfusslich.
In der Bucht ist der Schnee dann nochmals anders, total weich, luftig und sehr tief. Teilweise sinke ich bis zu den Hüften ein, meist aber mindestens über die Knie. Das ist total ansträngend und so muss ich alle 20 Schritte erst mal kurz eine Pause einlegen. Immerhin bin ich ja auch auf gut 2000 Meter über dem Meer. Aus 20 Schritten werden 15, dann 10. Dann erst mal 2-3 Minuten Pause, etwas trinken und in den Schokoriegel beißen. Nur, ich finde den blöden Weg hoch nicht und im Wald mit Unterholz wird es immer schwieriger zu Laufen. Nochmals gehe ich auf und ab und bin leicht frustriert. Wollte nicht das ältere Pärchen hier runter kommen? Ich finde einfach keine Spuren und mach nochmals eine Essenpause.
Was tun? Hier weiter suchen hat keinen Sinn (Ich war ja an der richtigen Stelle, ja sogar schon auf dem Weg, laut GPS, zuhause nachgesehen, nur war der Weg einfach nicht zu erkennen), zum HW laufen?, auch keine echte Alternative, 500 m quer durch Wald, sicher machbar, aber auch total schwer. Also ein Blick auf die Uhr, erst 12.00, also genug Zeit den gleichen Weg wieder zurück zu gehen, auch wenn da die nette Rinne auf mich warten würde.
Der Rückweg bis zur Rinne verläuft unproblematisch, außer das noch mehr schneit und teilweise die Spuren zugeweht sind. Auch merke ich, dass die Beine nicht mehr so fit sind, ich schaffe es nicht die Abdrücke vom Hinweg zu treten, die Schritte sind fast 10 cm kürzer.
Die Rinne hoch ist dann ein Erlebnis für sich. Erst geht es gut bergan, doch dann fängt wieder das Schrittzählen an. 20 Schritte, 15, 10, 5, na, komm schon wenigsten 3 direkt hintereinander. Irgendwann brennen die Oberschenkel und die Lunge, der Schweiß läuft den Rücken runter. Ich muss länger Pause machen. Selbst einfach stehen zu bleiben fällt schwer, aber hinsetzten auf dem steilen Hang, dazu mit den Schneeschuhe ist irgendwie unmöglich.
Man hört seinen Atem, als der sich beruhigt hat, hört man seine Herzschlag im Ohr, als der wieder normal wird hört man…., nichts, total Stille kehrt ein. Kein Wind, kein anderes Geräusch einfach nur absolute Stille. Ein genialer Augenblick. Ein paar Meter weiter den Berg hoch schaue ich nochmal zurück und sehe meine Spuren im Schnee.
Wieder auf den Waldweg zeigt sich ein idyllisches Winterbild.
Die Sonne kommt kurz raus und die Strapazen des kleinen Kletterstückes sind vergessen, waren ja auch nur 100 m, hat aber über ½ Stunde gedauert.
Wieder oben wird das Wetter immer besser, daher nochmals ein Blich runter zum See.
Am Parkplatz steht mein Auto dann alleine, irgendwie sind alle anderen schnell wieder abgefahren. Zwei neue Wagen stehen da. Das Pärchen in dem einen Auto steigt noch nicht mal aus, macht aber ein Foto vom erschöpften aber glücklichen Torsten.
Hier oben sind in den 4 Stunden die ich unterwegs gewesen bin ca. 20 cm Neuschnee gefallen. Und das rächt sich dann auch gleich. Ich komme zwar gut vom Parkplatz auf die Straße, aber in der ersten Kurve sind die Spuren so tief eingefahren, dass der Frontspoiler den Schnee vor sich her schiebt und ich dann stecken bleibe. Also nochmals zu dem Pärchen gelaufen, die auch direkt zur Hilfe kommen. Erst schieben wir zwei Männer und die Frau lenkt und gibt vorsichtig Gas, doch das bringt nichts. Also lege ich mich vor und halb unter das Auto und beseitige den festgepressten Schnee. Dann nochmal schieben und es geht, bis die Hinterräder an der Kante hängenbleiben. Also nochmals halb unter das Auto, ein kleiner Schubser und dann war das Auto frei.
Der HW war frisch geschoben, so hatte ich keine weiteren Probleme. Auf der Rückfahrt kam dann die Sonne vollständig durch und ich hatte eine wunderbare Aussicht auf die Berge.
Der nette Mann bei Wilson fragte ob ich Spaß gehabt hätte und ob es anstrengend gewesen wäre, beide Fragen konnte ich mit „Yep „ beantworten. Dann fragt er mich, ob ich „Beer“ mögen würde. Wenn ja, dann sollte ich mir eins gönnen. Ich sage ihm meine Pläne für den heuten Tag: „A hot shower, something to eat and whisky“. Das wäre eine gute Alternative sagte er. Für 10,50 CAD Leihgebühr hatte ich einen sehr anstrengenden aber super genialen Tag.
Mir kam dann der alte Werbespruch einer KK in den Sinn.
4€ für Benzin, 7€ für Schneeschuhe und der Rest des Tages war einfach unbezahlbar.
Der Nachmittag und Abend verlief dann wie geplant. Nur der Kampf gegen das Buch wurde nicht in Angriff genommen und der Angriff die Flasche verlief eher kläglich.
Zumindest hatte ich eine sehr ruhige Nacht, den das Zimmer hatte ich für mich allein.
Gruß Torsten.