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Autor Thema: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien  (Gelesen 67112 mal)

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Anti

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #165 am: 12.11.2012, 19:10 Uhr »
Volle Zustimmung!  :daumen:

wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #166 am: 13.11.2012, 07:38 Uhr »
Hallo Ilona, hallo Andrea,

schön, dass Euch die patagonischen Landschaften gefallen. In echt war es fast noch beeindruckender als auf den Fotos. Morgen kommt mehr, und zwar der Höhepunkt unseres Besuches im Torres del Paine-Nationalpark.

Da ich für den Rest der Woche auf Dienstreise sein werde, kann ich selber dann den Bericht nicht einstellen. Allerdings hat sich Katharina bereit erklärt, das zu übernehmen und damit ihr erstes Posting in diesem Forum seit mehr als drei Jahren zu tätigen :D

Ich wünsche jedenfalls jetzt schon viel Spaß beim Lesen!

Schöne Grüße,
Dirk

Nekochan

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #167 am: 14.11.2012, 07:39 Uhr »
Guten Morgen!

Wie Dirk schon angekündigt hat, bin ich für heute euer Tourguide. Heute besuchen wir die Formation, die dem Parque Nacional Torres del Paine seinen Namen gegeben hat:

17.11.2011: Hotel Las Torres
Für unseren letzten Tag im Parque Nacional Torres del Paine haben wir uns wieder eine schöne Wanderung rausgesucht und zwar den rechten vertikalen Strich der berühmten "W"-Wanderung. Dieser startet direkt vor unserem Hotel und führt zu den turmartigen Berggipfeln, die diesem Nationalpark ihren Namen gegeben haben, den Torres del Paine. Aber zuerst geht es zum Frühstück. Dieses ist sehr lecker und zu unserer Freude gibt es auch Dulce di Leche, die typisch südamerikanische Karamellcreme, die wir in den vergangenen Wochen sehr zu schätzen gelernt haben.

Das Wetter ist sehr gut, auf dem fast komplett blauen Himmel sehen wir nur ein paar relativ hohe Schleierwolken und etwas Hochnebel. Wir laufen zunächst über das Hotelgelände ein Stück nach Westen, dann geht es leicht bergab und es werden mit Hilfe zweier sehr wackeliger Hängebrücken zwei Arme des Rio Ascencio überquert.


Beginn des Trails zum Valle Ascencio. Hinten rechts der Monte Almirante Nieto.


Hängebrücke über den Rio Ascencio.

Direkt hinter der zweiten Brücke knickt der Weg nach Norden ab und verläuft ab hier mehr oder weniger entlang des Rio Ascencio in das Valle Ascencio. Mehr oder weniger deswegen, weil der Trail - hier durch baumloses Grasland verlaufend - ziemlich schnell an Höhe gewinnt, während sich der Fluss in eine sehr tiefe Schlucht mit dunkelgrauen Gesteinswänden eingegraben hat. Hier erinnert uns diese Wanderung ein wenig an eine Almwanderung irgendwo in den Alpen. Wir laufen durch ein v-förmig geschnittenes Tal, links von uns die steilen Hänge des 2668 Meter hohen Monte Almirante Nieto. Die Bergkette rechts von uns bildet den Abschluss des Torres del Paine-Massivs und ist mit knapp 1500 Metern deutlich niedriger.


Valle Ascencio.

Wir erreichen eine Art Passhöhe, ab der der Weg wieder langsam bergab führt. Von hier aus ist in einiger Entfernung schon die Berghütte am Campamento Chileno zu sehen, unser erstes Etappenziel für heute. Der Weg dorthin verläuft entlang einer recht steil abfallenden Bergflanke und teilweise recht schmal über frische Lawinenrisse. An und für sich kein Problem, aber extrem höhenempfindliche oder nicht schwindelfreie Wanderer könnten hier leichte Probleme bekommen. Die Hütte hat noch geschlossen und wir trinken nur kurz etwas von unseren mitgebrachten Getränken. Weiter geht es ein kurzes Stück direkt entlang des Rio Ascencio, dann entfernt sich der Weg ein wenig vom Fluss und verläuft in einem lichten Südbuchenwald. Der Rio Ascencio und einige seiner Nebenarme werden über mehr oder weniger wackelige Holzkonstruktionen überquert.


Unterwegs im Valle Ascencio.


Blick auf den Rio Ascencio.

Ab hier gewinnt der Weg auch wieder stetig an Höhe. Sehr interessant ist, dass wir relativ kurz hinter der Hütte am Campamento Chilenico an einem Eingangsschild zum Parque Nacional Torres del Paine vorbei kommen: Unser Hotel und eben auch der erste Teil dieser Wanderung befinden sich auf einem großen halbmondförmigen Privatgrundstück mitten im Nationalpark. Und die Nationalparkverwaltung konnte sich mit den Eigentümern dieses Geländes scheinbar nicht einmal auf eine einheitliche Beschilderung einigen: Die Gestaltung der Wegweiser ändert sich mit einem Schlag komplett. Links von uns ist durch den Wald ab und zu der von beeindruckenden Gletschern bedeckte Rücken des Monte Almirante Nieto zu erkennen. Zudem der Torre Central, der höchste der drei Felstürme, die wir heute besuchen werden. Wir laufen einige Zeit durch den Wald immer wieder bergauf und bergab. In der Summe zieht der Weg aber immer nach oben und letztendlich erreichen wir das Campamento Torres. Hier führt das Valle Ascencio weiter in das noch etwa vier Kilometer entfernte und ausschließlich für Kletterer reservierte Campamento Japones. An diesem Campground schließlich knickt das Tal nach Westen ab und wird zum Valle Silencio. Das ist das Tal, in das wir vor zwei Tagen beinahe einen Blick hätten werfen können, als wir die Schotterhänge oberhalb des Valle Frances weiter hinauf gestiegen sind als ursprünglich geplant.


Gletscherbedeckter Rücken des Monte Almirante Nieto.

Unser Trail dagegen knickt am Campamento Torres nach links ab und führt von nun an relativ heftig bergauf. Zunächst noch durch Wald, dann über Schotter auf die riesige Wand einer Gletschermoräne zu. Auf den ersten Blick lässt sich nicht erkennen, wo entlang über diese Schotterhalde ein Weg führen soll. Die nun folgende Mischung aus zwischen grobem Blockwerk gerade so vorhandenem Weg und leichter Blockkletterei erinnert an den Gipfelaufbau so mancher Berge in den europäischen Zentralalpen.


Letzter Aufstieg zum Aussichtspunkt auf die Torres del Paine.

Was aber nach dem letzten Aufschwung des Weges direkt vor uns liegt, sucht in den Alpen seinesgleichen: Direkt vor uns liegt ein langgezogener türkisgrüner Gletschersee, direkt dahinter ein vom Gletscher glattgeschliffener Felshang, ein teilweise vom Schnee bedecktes Schuttkar und direkt darüber die drei senkrechten Türme der Torres del Paine: Torre Sur, Torre Central und Torre Norte. Der höchste dieser Gipfel ist der 2600 Meter hohe Torre Norte, das ist schon mächtig im Vergleich zu unserem auf 850 Höhenmetern gelegenen Gletschersee. Die senkrechte Steilwand des Torre Central ist 1200 Meter hoch - eine gewaltige und sehr viele Seillängen lange Aufgabe für Kletterer. Die Schönheit dieses Aussichtspunks ist beeindruckend.



Die Torres del Paine mit Gletschersee.


Die Torres del Paine.

Da wir recht früh unterwegs sind, sind wir auch fast alleine hier. Wir suchen uns eine bequeme Stelle und genießen ausgiebig den Ausblick. Nach geraumer Zeit werden wir von einer starken Böe des patagonischen Windes aufgeschreckt und brechen zum Rückmarsch auf. Nun kommen uns größere Menschenmassen entgegen. Zum Teil sind das bis zu dreißig Mann starke Wandergruppen, die den Trail hochmarschieren. So mancher marschiert auch nicht mehr sondern quält sich nur noch. Die Temperaturen haben inzwischen recht hohe Werte erreicht und wir können nachvollziehen, dass das sehr steile Wegstück über die Felsen dadurch nicht unbedingt einfacher wird. Naja, das ist nicht unser Problem und unser Abstieg verläuft gerade in diesem steilen Teil des Weges außerordentlich schnell. Nach ungefähr einer halben Stunde stehen wir wieder am Campamento Torres.

Im weiteren Verlauf des Weges durch den Wald kommen uns hauptsächlich jede Menge Mitglieder einer chilenischen Jugendgruppe entgegen - einer davon trägt ein älteres FC Bayern München-Trikot. An der Hütte vom Campamento Chileno ist inzwischen auch wesentlich mehr los - es stehen auch einige Pferde angebunden herum. Das sind die Transportmittel einer der zahlreichen Touren, die von unserem Hotel angeboten werden. Ähnlich wie vor zwei Jahren am Grand Canyon sind wir sehr froh, nicht auf dem wackelnden Rücken so eines Tieres sondern auf unseren eigenen Beinen unterwegs zu sein. Zudem die Reittouren an dieser Stelle des Valle Ascencio enden und somit den schönsten Teil des Tals verpassen. Bevor wir eine kurze Rast an der Hütte einlegen, freundet sich Dirk mit einem der Pferde an.


Rückweg zum Hotel las Torres mit dem Lago Nordenskjöld.


Ein Ibis.

Trotz zahlreicher Pausen während dem Rückmarsch von der Hütte sind wir relativ früh wieder am Hotel. Wir nutzen die verbleibende Zeit des Tages um uns frischzumachen, auszuspannen und die riesige parkähnliche Anlage des Hotels etwas zu erkunden. Zum Abendessen gehen wir heute in die Bar des Hotels und bestellen je einen leckeren Hamburger mit Pommes. Hier sind die Mengen etwas kleiner als beim gestrigen Buffet - für uns völlig ausreichend und nicht ganz so gesalzen teuer. Von der Bar aus haben wir einen schönen Blick nach draußen. Dort läuft ständig eine kleine Pferdeherde hin und her. Zeitweise werden die Tiere sogar publikumswirksam von zwei Gauchos gezielt um das Gebäude getrieben. Die gestern umherschleichenden Füchse sehen wir leider nicht mehr. Stattdessen treffen wir im Verlauf eines Abendspaziergangs viele Hasen und eine sehr dekorativ auf einem Gartentor sitzende Schwalbe.


Eine Schwalbe.
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Saguaro

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #168 am: 14.11.2012, 11:50 Uhr »
Hallo Katharina,

du machst deine Sache als Vertretung gut  :daumen:. Die drei Torres haben wirklich Ähnlichkeit mit den drei Zinnen (die allerdings noch etwas wachsen müssten :zwinker:).

LG,

Ilona
Liebe Grüße

Ilona

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Anti

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #169 am: 14.11.2012, 16:52 Uhr »
An dem Aussichtspunkt mit dem Gletschersee hätte ich vermutlich ewig mit offenem Mund (nicht nur weil ich aus der Puste wäre  :wink: ) und Pipi in den Augen gestanden. Wunderschön!

Katja

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #170 am: 14.11.2012, 20:37 Uhr »
Wir mussten oben an den Torres eine Stunde in der Kälte warten, bis sich die Wolken verzogen hatten, und wir dann doch noch kurz einen Blick auf alle drei Türme erhaschen konnten. Das hat die Warterei und den beschwerlichen Aufstieg dann doch gelohnt. 8)
Und inzwischen haben wir auch das Gegenstück in den Alpen gesehen. :D Beides sehr imposant.
Viele Grüße
Katja

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #171 am: 15.11.2012, 10:11 Uhr »
du machst deine Sache als Vertretung gut  :daumen:.

Danke   :roll: ! Dann kann ich ja morgen unbesorgt die nächste Etappe posten...

An dem Aussichtspunkt mit dem Gletschersee hätte ich vermutlich ewig mit offenem Mund (nicht nur weil ich aus der Puste wäre  :wink: ) und Pipi in den Augen gestanden. Wunderschön!

Das stimmt, die Türme sind wirklich eindrucksvoll. Es wundert mich immer noch, dass die Torres zwar der namensgebende Teil des Nationalparks sind, die Cuernos aber definitiv die bekanntere Formation sind, die man hierzulande auch häufig auf Postkarten und Postern sieht (und damit für mich zumindest der Grund waren, nach Patagonien zu wollen...).

Wir mussten oben an den Torres eine Stunde in der Kälte warten, bis sich die Wolken verzogen hatten, und wir dann doch noch kurz einen Blick auf alle drei Türme erhaschen konnten. Das hat die Warterei und den beschwerlichen Aufstieg dann doch gelohnt. 8)

Ihr Armen! Ihr hattet wirklich kein Glück mit dem Wetter. Schön, dass sich die Türme dann doch noch blicken ließen...

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unterwegsontour

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #172 am: 15.11.2012, 18:54 Uhr »
du machst deine Sache als Vertretung gut  :daumen:.
Danke   :roll: ! Dann kann ich ja morgen unbesorgt die nächste Etappe posten...


ja, ja, ja   :D

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Nekochan

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #173 am: 16.11.2012, 08:38 Uhr »
Guten Morgen, zusammen!

Heute bin ich noch mal euer Aushilfsreiseführer. Wir werden den Parque Nacional Torres del Paine heute verlassen und erreichen das Südende des amerikanischen Kontinents, wo wir einige Frackträger besuchen werden.

18.11.2011: Hotel Las Torres - Punta Arenas
Wir nehmen unser letztes Frühstück im Parque Nacional Torres del Paine zu uns, packen zusammen, checken aus dem Hotel aus und fahren los. Zunächst geht es über die 7.5 Kilometer lange Hotelzufahrt zurück in Richtung des Parkeingangs an der Laguna Amarga. Dieses Mal bekommen wir unser Auto über die schmale Brücke am Rio Paine, ohne dass einer der Außenspiegel Bekanntschaft mit der Stahlkonstruktion der Brücke macht. Wir verlassen den Park und biegen nach nur sehr kurzer Strecke am Refugio Laguna Amarga wieder von der Hauptstraße ab. Wir wollen zum Abschluss unseres Besuchs in diesem Nationalpark noch die Cascada Paine anschauen - wofür vor fünf Tagen ja keine Zeit geblieben war. Die Straße zu diesem Wasserfall überquert nach ein paar hundert Metern wieder die Nationalparkgrenze. Direkt am Zaun, der Privatbesitz vom Nationalpark trennt steht eine größere Schafherde mit sehr vielen kleinen Lämmern. Zur Hälfte auf der einen Seite des Zauns und zur anderen Hälfte auf der anderen Seite. Dadurch, dass wir mit unserem Auto vorsichtig durch das Tor fahren, treiben wir noch einige Schafe mehr auf das Gelände des Nationalparks. Hoffentlich ist das in Ordnung so.


Torres del Paine im Nebel.


Schafe beim Betreten des Nationalparks.

Das Wetter ist heute um einiges schlechter als in den vergangenen Tagen - der Himmel ist komplett zugezogen. Von der Straße aus auf der wir unterwegs sind müssten wir eigentlich die drei Türme der Torres del Paine klar erkennen können, in der Realität sehen wir nur Schemen durch eine dichte Schicht Wolken bzw. Hochnebel. Die Cascada Paine entpuppt sich als nicht gerade hoher aber dennoch ziemlich beeindruckender Wasserfall. Beeindruckend deswegen, weil die Abbruchkante des Wasserfalls nicht senkrecht zur Fließrichtung des Flusses steht, sondern schräg dazu. Als Folge ist der Wasserfall um einiges größer als er an dieser Stelle des Flusses eigentlich sein müsste. Nach einigen Minuten reißen wir uns los und brechen auf. Kurz bevor wir wieder losfahren trifft ein sehr interessantes Gefährt ein und zwar ein expeditionstauglicher Reisebus mit dem laut Beschriftung Touren in ganz Südamerika durchgeführt werden. Und das ganze mit einem Kennzeichen aus Holland. Auch wenn wir das im Rahmen einer kurzen Begrüßung schlecht definitiv beurteilen können, sind die Fahrgäste wohl auch Holländer.


Rio Paine und Cascada Paine.


Die Cascada Paine.

Wir fahren zurück zur Abzweigung am Parkeingang und biegen dort nach Osten, Richtung Puerto Natales ab. Wieder sehen wir viele Guanacos. Die Straße führt entlang der schön blauen Laguna Amarga und wir treffen bald auf die Straße auf der wir vor fünf Tagen in den Park gefahren sind. Somit kennen wir die Strecke bis Cerro Castillo schon von der Hinfahrt. Wieder sehen wir einige Nandus, dieses Mal aber nur ganz aus der Ferne.


Schotterstraße im Parque Nacional Torres del Paine.

Wir erreichen den asphaltierten Abschnitt der Straße. Hier fällt uns am Straßenrand ein seltsames Denkmal auf, welches aus einem an einer niedrigen Backsteinmauer befestigtem halben Ruderboot besteht. In dem Boot ist eine Stange mit einer kleinen chilenischen Flagge aufgestellt. Ein Boot, hier in der Steppe? Der Sinn des Ganzen ist uns nicht klar, wir vermuten ein militärisches Denkmal im Zusammenhang mit den Grenzstreitigkeiten zwischen Argentinien und Chile, die 1978 beinahe zu einem Krieg geführt hätten.


Patagonische Landschaft.

Hinter Cerro Castillo führt die Straße durch eine viel grüner und mitteleuropäischer aussehende Hügellandschaft als wir das erwartet hätten. Was allerdings nicht so ganz nach Mitteleuropa passen würde, sind die an einigen Stellen am Straßenrand stehenden Schilder, die vor Minenfeldern warnen. Diese Minenfelder sind ein Überbleibsel des schon erwähnten Grenzkonflikts zwischen Argentinien und Chile. Als 1881 die Grenze zwischen diesen beiden Ländern vertraglich geregelt wurde, war man bei der Definition des Grenzverlaufs nicht an allen Stellen ausreichend exakt. Das war zum Beispiel in Patagonien auch nicht wirklich nötig, da dieses nahezu unbewohnte Land niemanden so recht interessierte. Viel später dann kamen Diskussionen und Streit um die Grenze auf, ein Zankapfel waren die Inseln südlich des Beaglekanal, einer wichtige Wasserstraße im Süden von Feuerland. Ein internationales Schiedsgericht entschied 1977, dass diese Inseln weiterhin zu Chile gehören sollen. Logischerweise war die argentinische Militärjunta mit dieser Entscheidung nicht glücklich und begann mit Kriegsvorbereitungen. Die militärisch deutlich schwächeren Chilenen bereiteten sich auf die Verteidigung ihres Landes vor, unter anderem durch das Anlegen der Minenfelder an denen wir vorbei fahren. Letztendlich konnte der drohende Krieg durch Intervention von Johannes Paul II abgewendet werden. Die argentinische Junta suchte sich ein paar Jahre später mit den Falklandinseln ein neues Ziel um ihren Herrschaftsbereich auszudehnen, mit bekanntem Ausgang.


Vorsicht Minen!

Wir kommen an einen Berg vorbei, über dem zwei Kondore majestätisch ihre Kreise ziehen. Einige Kilometer vor Puerto Natales erreichen wir die Abzweigung zur Cueva del Milodon, einer Höhle in der unter anderem die Überreste eines prähistorischen südamerikanischen Riesenfaultieres, auch bekannt als Mylodon, gefunden wurden. Diese Höhle zählt zwar nicht unbedingt zum Pflichtprogramm eines Patagonien-Reisenden. Aber nachdem wir zur Vorbereitung unserer Reise unter anderem den Reisebericht "In Patagonien" von Bruce Chatwin gelesen haben, müssen wir sie uns trotzdem anschauen. Die folgende rund acht Kilometer lange rumpelige Schotterstraße besteht aus einer einzigen großen Baustelle. Wird hier nur hergerichtet und gegradet oder zum asphaltieren vorbereitet? Wir kommen zu einer kleinen Ansammlung von Gebäuden, stellen unser Auto ab und bezahlen den Eintritt für das Monumento Natural Cueva del Milodon. Es gibt eine kleine Ausstellung zur Geschichte der Tierwelt hier in der Gegend und zur Entstehungsgeschichte der Höhle. Zur Höhle selber führt ein 350 Meter langer Trail und vor der Höhle steht ein lebensgroß nachgebautes Mylodon.


Lebensgroß nachgebautes Mylodon.

In der Höhle geben zahlreiche Schautafeln weiterführende Informationen. Alles nicht allzu weltbewegend. Gerade die breite, karge und nicht sonderlich tief in den Berg hineinragende Höhle wäre für sich alleine genommen nicht sonderlich spektakulär. In der Summe aber dennoch ein interessanter Abstecher. Ein weiterer, etwas längerer, Trail führt zu einem Aussichtspunkt oberhalb der Höhle, von dem aus wir eine schöne Aussicht auf den nördlich von Puerto Natales gelegenen Fjord Ultima Esperanza sowie die Berge der hinter dem Fjord liegenden Inseln haben. Da sich der Himmel inzwischen komplett zugezogen hat, ergibt sich ein äußerst wilder und dramatischer Anblick. Da sich die Wolken zudem gerade jetzt dazu entschließen, einen Regenguss loszulassen, verläuft der Abstieg vom Aussichtspunkt zurück zum Auto wesentlich schneller als der Aufstieg vor ein paar Minuten.

Wir fahren weiter nach Puerto Natales. Hier endet die berühmte von Puerto Montt ausgehende Navimag-Fährverbindung. Irgendwie schließt sich hier auch für uns ein Kreis, denn diese Fährfahrt war in der frühen Planungsphase auch für unsere Reise vorgesehen. Den Ausschlag, darauf zu verzichten gaben dann ein unschlagbares Angebot für eine Einwegmiete von Puerto Montt nach Punta Arenas und die deutlich interessantere Streckenführung im Landesinneren. Puerto Natales sieht nach einem sehr netten kleinen Hafenstädtchen aus. Wir legen dennoch nur einen kurzen Tankstop ein und fahren dann auf der Ruta 9 weiter in Richtung Punta Arenas. Ein paar Kilometer außerhalb der Stadt kommen wir an einem kleinen Schrein am Straßenrand vorbei. Neben dem Schrein befindet sich etwas, das auf den ersten Blick nach einem riesigen Haufen nicht fachgerecht entsorgter PET-Flaschen aussieht. Es handelt sich aber keineswegs um illegale Müllentsorgung, sondern der Schrein ist ein der Difunta Correa gewidmetes Heiligtum. Difunta Correa hieß eigentlich María Antonia Deolinda y Correa und war eine argentinische Mutter. 1841 wurde ihr Mann von Soldaten zum Militärdienst gezwungen und verschleppt. In ihrer Verzweiflung folgte sie mitsamt dem Säugling ihrem verschleppten Mann durch die Wüste - ohne ausreichende Wasservorräte. Ein paar Tage später wurde sie tot in der Wüste aufgefunden. Das Kind hatte von der Muttermilch getrunken und wie durch ein Wunder überlebt. Die Difunta Correa ist in Argentinien und Chile eine inoffizielle Heilige und gilt als Schutzpatronin der Reisenden. Zu ihrem Grab bei Vallecito in Argentinien werden ausgedehnte Wallfahren veranstaltet. Und überall entlang der Straßen gibt es Schreine, an denen vor allem Fernfahrer volle Wasserflaschen für die Difunta Correa ablegen.



Schrein für die Difunta Correa.

Ab hier wird die Landschaft richtig eintönig aber dadurch auch wieder richtig interessant. Die Gegend ist zunächst relativ hügelig und von erstaunlich vielen Bäumen bestanden. Hier sehen wir zweimal Gauchos, südamerikanische Viehhirten, die ihre Herden vom Pferd aus direkt an der Straße entlang treiben. Später nimmt die Anzahl der Bäume entlang der Straße ab und die Landschaft wird flacher und steppenartiger. Links und rechts der Straße befindet sich ein dichter Teppich von gelben Frühlingsblumen. Die einzige nennenswerte Ortschaft auf diesem Abschnitt ist Villa Tehuelches - mit 151 Einwohnern die wichtigste Metropole und Hauptstadt im Verwaltungsbezirk Laguna Blanca. Ein paar Kilometer südlich von Villa Tehuelches steht direkt an der Straße eine sehr interessante Installation, bei der auf vier Stahlpfosten Windschaufeln geschraubt wurden. Das Ganze soll ein Denkmal für den Wind sein. So etwas passt auf jeden Fall hier in die Gegend. Gerade jetzt ist die Stärke des über die Steppe tobenden Winds nicht gerade gering, was Dirk am Steuer unseres Pick Ups zu stetiger Konzentration und zum andauernden Gegenlenken zwingt. Wir kommen auch an einigen Lagunen vorbei, kleineren Seen, beeindruckend tief blau in der Farbe. Hier sehen wir viele Wasservögel, darunter auch Flamingos. Dann ist endlich die Kreuzung der Ruta 9 mit der nach Osten führenden Ruta 255 erreicht und damit der weitere Einzugsbereich von Punta Arenas, der mit 120000 Einwohnern bei weitem größten Stadt im Süden Patagoniens. Zu unserer linken Seite sehen wir zunächst das Wasser der großen Laguna Cabeza del Mar und etwa später tatsächlich das Meer, die legendäre Magellanstraße.


Denkmal für den Wind südlich von Villa Tehuelches.

Unser letztes Ziel für heute soll die nördlich von Punta Arenas gelegene Pinguinkolonie am Seño Otway sein. Leider zeigen alle unsere Karten völlig unterschiedliche Verläufe der Anfahrtsstraße an. Gerade als wir dabei sind, unsere Diskussion darüber zu vertiefen, ob wir die Abzweigung verpasst haben und umkehren sollen sehen wir glücklicherweise einen Wegweiser, der nach rechts in Richtung "Pinguinera" zeigt - einige Kilometer weiter südlich als wir das erwartet hatten. Die Pinguinkolonie ist über eine 38 Kilometer lange relativ gute Schotterpiste zu erreichen. Im Verlauf der Fahrt sehen wir, wie nahe manchmal Umweltschutz und Nutzung bzw. Zerstörung der Umwelt beieinander liegen können: Wir fahren über weite Strecken direkt am Gelände der riesigen Mina Peckett entlang. In dieser Mine wird im Tagebauverfahren nach Kohle gegraben und es wurden direkt nördlich vom Seño Otway, nur ein paar hundert Meter von der Pinguinkolonie große Teile der direkt hinter der Küste befindlichen Landschaft weggebuddelt.

Eintritt müssen wir zweimal bezahlen: Für das letzte Stück der Straße zur Pinguinkolonie und dann für die Kolonie selber. Der Wind hat inzwischen eine Stärke erreicht, die sich als brutal bezeichnen lässt - das kann durchaus ein begrenzender Faktor für die Besuchszeit bei den Pinguinen sein - viele andere Besucher hetzen auffällig schnell durch. Bei den Pinguinen handelt es sich um Magellanpinguine. Diese lassen sich von ihren weiter nördlich lebenden Verwandten, den Humboldtpinguinen, leicht dadurch unterscheiden, dass die Zeichnung des Gefieders ein zusätzliches schwarzes Band quer über den Hals aufweist. Durch die Pinguinkolonie führt ein Rundweg, entlang dem es eine Aussichtsplattform auf einen von Pinguinen belagerten Strand sowie zwei Aussichtstürme gibt. Der absolute Höhepunkt ist der sich gleich zu Beginn des Rundwegs befindende Strand. Denn gerade im Moment kehren die Tiere zurück, die den Tag auf dem Meer verbracht und dort nach Nahrung gesucht haben. Hier ist richtig was los - wir sehen jede Menge unherwatschelnde oder auch faul herumliegende Pinguine. Ein tolles Schauspiel. Viele der Tiere sind auch auf dem Weg zu ihren im Landesinneren gelegenen Höhlen. Einer der Pinguine muss dazu sogar den für die menschlichen Besucher angelegten Weg überqueren. Sehr zur Freude der anwesenden Touristen. Ein Teil der Strecke zu den Pinguinhöhlen verläuft auf etwas vertieften Wegen, was zur Folge hat, dass wir von den watschelnden Pinguinen oft nur den Kopf sehen können. Aufgrund der Tageszeit sind an den anderen Aussichtspunkten deutlich weniger Pinguine zu sehen. Wir schließen den Rundweg ab, schauen noch kurz in den winzigen Andenkenladen und brechen dann wieder auf.


Magellanpinguine an Seño Otway.


Magellanpinguin an Seño Otway.

Im Verlauf der verbleibenden Kilometer nach Punta Arenas stellen wir fest, dass die für teures Geld gekaufte Chile-Karte von TomTom im südlichen Teil des Landes völlig unbrauchbar ist: Aufgrund einer missglückten Koordinatentransformation oder etwas ähnlichem sind alle Straße so weit gegenüber der Realität verschoben, dass die Korrekturmechanismen unseres Navigationsgeräts die Flinte ins Korn werfen und als Konsequenz unsere Route irgendwo in den Acker verlegen. Dennoch finden wir mit Hilfe einer altmodischen Landkarte unser kleines Hotel mitten in Punta Arenas. Zum Abendessen spazieren wir die kurze Strecke in die Innenstadt, schauen dort die Plaza und die Kathedrale an und suchen uns dann ein Restaurant. Die Stadt macht einen sehr netten Eindruck - weitere Besichtigungen müssen wir dennoch auf das Ende der Reise in sechs Tagen verschieben. Denn vorher wird uns unsere Reiseroute noch bis ans Ende der Welt führen.
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Saguaro

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #174 am: 16.11.2012, 09:20 Uhr »
Das nennt man eine Alibi-Müllentsorgung mit den Plastikflaschen  :wink:. Die Pinguinkolonie ist beeindruckend! Die Tiere scheinen nicht scheu zu sein.

LG,

Ilona
Liebe Grüße

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Ganimede

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #175 am: 16.11.2012, 21:36 Uhr »
Der Torres del Paine ist wirklich ein grandioser Nationalpark.  :dance: Danke für die Auffrischung meiner Erinnerungen  :wink:

Gruß
Volker

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #176 am: 17.11.2012, 11:39 Uhr »
Die Pinguinkolonie ist beeindruckend! Die Tiere scheinen nicht scheu zu sein.

Stimmt, die Pinguine dort scheinen es gewohnt zu sein, von Touristen angegafft zu werden. Dazu trägt wohl auch bei, dass man als Besucher streng auf die Holzkonstruktionen der Wege beschränkt bleibt und so den Tieren ausreichend Rückzugsraum gegeben wird. Der eine Pinguin, der über den Weg lief, war da schon eine besonders mutige Ausnahmeerscheinung.

Wenn dir die Pinguine übrigens gefallen haben, dann verweise ich schon mal auf den Bericht in ein paar Tagen, wo wir eine fast noch eindrucksvollere Kolonie besuchen...

Der Torres del Paine ist wirklich ein grandioser Nationalpark.  :dance: Danke für die Auffrischung meiner Erinnerungen  :wink:

Gern geschehen  :P!

Morgen übernimmt dann wieder in gewohnter Ordnung Dirk die nächste Etappe.
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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #177 am: 18.11.2012, 09:44 Uhr »
Morgen übernimmt dann wieder in gewohnter Ordnung Dirk die nächste Etappe.

...was ich hiermit auch sehr gerne übernehme.

Heute verlassen wir Patagonien und erreichen das letzte Ziel unserer Reise: Die Isla Grande de Tierra del Fuego, die mit Abstand größte Insel der unter dem Namen Feuerland bekannten Inselgruppe an der Südspitze Südamerikas. Viel Spaß!

19.11.2011: Punta Arenas - Tolhuin
Um kurz nach sieben Uhr gibt es Frühstück im netten Speisesaal unserer Hosteria. Die Hosteria hat Jugendherbergs-Charme, das aber im positiven Sinne und keineswegs zu vergleichen mit dem Massenbetrieb Paine Grande Lodge im Parque Nacional Torres del Paine. Die Qualität des Frühstücks ist hier richtig gut. Wir brechen auf und verlassen die Stadt wieder Richtung Norden auf der Ruta 9, auf der wir gestern angekommen sind. Die Fahrt bis zur Abzweigung der Ruta 255 an der Laguna Cabeza del Mar verläuft ereignislos. Wir biegen auf die Ruta 255 ab, die Richtung Osten und dort zur argentinischen Grenze südlich von Rio Gallegos führt. Im weiteren Streckenverlauf ändert sich die Landschaft neben der Straße kaum: Eine sanft gewellte und mit Gras bedeckte Hügellandschaft. Eine interessante Abwechslung bieten die Tiere, die wir links und rechts der Straße zu Gesicht bekommen: Dabei handelt es sich zum einen um mehrere Nandus. Der erste davon befindet sich direkt neben der Straße und versucht panisch, vor den vorbeifahrenden Autos zu flüchten. Das gelingt ihm aber nicht, da sich in wenigen Metern Abstand von der Straße ein für Nandus unpassierbarer Drahtzaun befindet. Kurz darauf sehen wir einen im freien Gelände herumstehenden Nandu, der folglich kein Problem mit Zäunen hat und wesentlich gelassener drauf ist als sein Artgenosse. Zudem sehen wir viele Flamingos, Guanacos sowie Greifvögel, die sich an den auf der Straße klebenden Überresten von überfahrenen kleineren Tieren - zumeist handelt es sich dabei um Hasen oder Stinktiere - gütlich tun.


Ein windzerzauster Nandu.

Gut 70 Kilometer hinter der Abzweigung von der Ruta 9 erreichen wir die direkt an der Magellanstraße gelegene Estancia San Gregorio. Dieser gigantische Schafzuchtbetrieb wurde 1890 vom Schafbaron Jose Menendez aus Punta Arenas errichtet. Bei der Estancia handelte es sich fast um eine kleine Ortschaft, komplett mit Eisenbahnanschluss und Hafen zum Transport der Wolle. Ihren Höhepunkt erreichte die Ansiedlung im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts. Auf einer Fläche von 13500 Quadratkilometern lebten hier über zwei Millionen Schafe. Heute ist die Enstancia nahezu komplett verlassen, nur am östlichen Rand gibt es ein paar neuere Gebäude, in denen heute noch Menschen leben. Die Straße führt direkt an den alten Gebäuden vorbei. Wir halten an und schauen uns die noch recht gut erhaltenen Ruinen an. Die Gebäude strahlen auch im ziemlich verfallenen Zustand noch eine gewisse Pracht aus. Es gibt Verwaltungsgebäude, eine Schmiede, ein Materiallager, nicht zu vergessen die riesige Halle, in der die Schafe geschoren wurden, und noch vieles mehr.


Alte Schmiede in der Estancia San Gregorio.

Am Strand direkt neben der Estancia liegen zwei Schiffswracks: Der Clipper Ambassador und das Dampfschiff Amadeo. Beide Schiffe gehörten einstmals zur Flotte der Familie Menendez und wurden vor etwa 70 Jahren hier absichtlich auf Grund gesetzt. Die Ambassador ist einer der wenigen weltweit noch erhaltenen echten Clipper in Kompositbauweise: Ein Stahlskelett wurde mit einer Holzhülle beplankt - ein weiteres Exemplar eines solchen Schiffes ist die berühmte Cutty Sark. Natürlich kann man darüber diskutieren, ob man dieses Wrack an der Estancia San Gregorio als erhaltenes Schiff bezeichnen kann: Wir laufen zum Stand hinunter, immer gefolgt von einem kleinen frechen Hund, der auf der Estancia lebt. Am Strand angekommen finden wir von dem Segelschiff nur noch das arg ramponierte Stahlgerippe. Die Amadeo sieht noch ein klein wenig kompletter aus. Besonders interessant finden wir hier den Blick durch die aufgerissene Außenhaut des Schiffes auf die riesigen Heizkessel.


Dampfschiff Amadeo an der Estancia San Gregorio.


Reste des Clippers Ambassador an der Estancia San Gregorio.

Hinter der Estancia San Gregorio sieht die Gegend im Prinzip genauso aus wie vorher, mit der Ausnahme dass sich hier ab und zu neben der Straße Förderanlagen für Erdöl und/oder Erdgas befinden. Nach kurzer Fahrt kommen wir zur Abzweigung der Ruta 257, die von hier aus in südliche Richtung zum Fährhafen Punta Delgada führt. Dieser Hafen besteht aus wenig mehr als zwei, drei Gebäuden der Schifffahrtgesellschaft und der chilenischen Polizei und liegt an der im weiteren Umkreis schmalsten Stelle der Magellanstraße. Hier trennen nur knapp viereinhalb Kilometer das Festland und Feuerland. Neben uns sind nur zwei argentinische LKW da - somit kommen wir problemlos mit der nächsten Fähre mit. Diese legt nur wenige Minuten nachdem wir angekommen sind an der Anlegerampe an - das war perfektes Timing.


Unsere Fähre nach Feuerland.

Wir rollen unser Auto auf die Fähre, bezahlen an einem kleinen Schalter an Bord den Fahrpreis und das Abenteuer Magellanstraße kann beginnen. Die Fahrtzeit beträgt zwar nur 20 Minuten, ermöglicht uns aber zumindest zwei faszinierende Tierbeobachtungen: Nach einigen Minuten Fahrtzeit entdecken wir einen fröhlich neben der Fähre herschwimmenden schwarz-weiß gefärbten Commerson-Delfin. Das Tier kommt mit der Fähre kaum mit und ist zudem schwer zu erkennen, da es größtenteils tief unter der Oberfläche schwimmt und immer nur kurz nach oben kommt. Als wir uns anstrengen, den Delfin im Auge zu behalten, fällt uns auf einmal ein kleiner schwarz-weißer Kopf auf, der direkt neben der Fähre aus dem Wasser ragt und dann untertaucht. Das war ein Magellanpinguin, wie wir sie gestern an der Pinguinkolonie in Seño Otway in großer Menge an Land bewundern durften. Toll. Während der ganzen Zeit beobachten wir, wie wir uns langsam der Küste von Feuerland nähern.


Unterwegs auf Feuerland.

Wir verlasen die Fähre bei Puerto Espora und finden eine Landschaft vor, die sich in nichts von derjenigen auf der anderen Seite der Magellanstraße unterscheidet: Hügeliges Grasland, alles recht karg. Auch die Tierwelt ist dieselbe - neben zahlreichen Schafen, Kühen und Pferden sehen wir wieder viele Guanacos und Flamingos. Bis kurz vor Cerro Sombrero ist die Straße asphaltiert, dann hat uns der Ripio wieder. Es ist wirklich faszinierend: Eine Gravelroad, die in den USA mit keinem normalen Mietwagen versicherungstechnisch überhaupt befahren werden dürfte, ist hier die Hauptverkehrsachse zum argentinischen Teil von Feuerland. Die Menge der uns entgegenkommenden Trucks ist beeindruckend, normale PKW sind schon seltener. Ganz vereinzelt treffen wir Motorradfahrer, vor denen wir einiges an Respekt haben. Ganz tief verneigen wir uns allerdings vor dem einsamen Radfahrer, der hier mitten im Nichts unterwegs ist.


Ölförderung auf Feuerland.

Nach mehr als 120 Kilometer Rumpelei kommen wir durch das kleine Kaff San Sebastian und kurz danach zur chilenischen Grenzstation. Auch wenn der Zollbeamte zunächst ein Dokument von uns sehen will, das wir bisher noch nie gebraucht haben und das wir zudem gar nicht besitzen, verläuft die Ausreise schnell und problemlos. Die Straße zur argentinischen Grenzstation - gelegen in der Ortschaft San Sebastian zieht sich ein wenig. Sobald wir Argentinien erreicht haben, sind wir wieder auf Asphalt unterwegs. Kurz hinter der Grenze steht am Straßenrand ein großes Schild, welches darauf hinweist, dass die Falkland-Inseln zu Argentinien gehören. 30 Jahre nach dem Falklandkrieg halten wir das für eine interessante Feststellung.


Eine Schaffamilie.

Wir wissen, dass der südliche Teil von Feuerland deutlich weniger karg ist als der Norden. Etwas nördlich von den beiden San Sebastians wurde die Vegetation ein wenig dichter und eine in Ost-West-Richtung verlaufende Hügelkette kam in Sicht. Unsere Vermutung, dass diese die erwartete Vegetationsgrenze darstellt hat jedoch getrogen, denn südlich davon geht es weiter durch relativ karges Grasland. Wir kommen an einigen recht wohlhabend aussehenden Estancias vorbei und erreichen einige Kilometer vor der Stadt Rio Grande erstmals die Küste des atlantischen Ozeans. Kurz vor Rio Grande sehen wir auf der rechten Seite der Straße ein altes Salesianerkloster. Die Salesianer kamen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Südamerika, um die dortigen Ureinwohner zu christianisieren, aber auch um deren Kultur zu schützen. Sonderlich erfolgreich waren sie dabei auf Feuerland allerdings nicht. Zum einen starben sehr viele der Indianer an von den Mönchen eingeschleppten Krankheiten. Und zum anderen wurde den Ureinwohnern von den Missionaren der Lebensstil der Weißen aufgedrängt und dadurch die Vernichtung ihrer Kultur eher beschleunigt. Davon zeugen zum Beispiel Fotos, die traurige Indianer zeigen, welche in westliche Kleidung gesteckt wurden.


Das Salesianerkloster bei Rio Grande.

Der Hunger und die darauffolgende Suche nach einem Supermarkt treibt uns nach Rio Grande. Diese Stadt wurde als Handelszentrum und Hafen für die umgebenden Estancias gegründet und erlebte einen Boom als von der argentinischen Regierung auf Feuerland eine Sonderhandelszone eingerichtet wurde und als zudem Öl entdeckt wurde. Die Stadt hat heute 66000 Einwohner und den stressigsten Stadtverkehr, den wir im Verlauf unserer Reise erlebt haben. Der Supermarkt, in dem wir landen hat dann auch gigantische Ausmaße und entspricht damit so gar nicht dem, was wir uns an Geschäften in Feuerland vorgestellt hätten. Frisch mit Sandwiches versehen verlassen wir die Stadt wieder und kommen etwas im Süden von Rio Grande endlich zu dem schon viel früher erwarteten Wechsel der Vegetation. Zuerst stehen ein paar vereinzelte Büsche neben der Straße, dann einzelne Bäume und schließlich ein ganzer Wald. Gleichzeitig ändert sich der Ausblick auf den Horizont schlagartig: Statt ewiger Weite sehen wir nun in der Ferne eine hohe Bergkette, die südlichsten Ausläufer der Anden. Hier hat übrigens jedes zweite einheimische Auto welches wir sehen einen Anhänger oder eine Ladefläche, auf der ein Quad festgezurrt ist. Wir wissen nicht, ob das daran liegt, dass Wochenende ist oder an der Uhrzeit oder möglicherweise daran, dass man auf Feuerland keine anderen spannenden Dinge außer Quadfahren untenehmen kann.


Biberdamm auf Feuerland.

Wir kommen durch die Ortschaft Tolhuin, malerisch am langgezogenen großen Lago Fagnano gelegen und erreichen kurz danach unsere Unterkunft für die kommende Nacht, die Hosteria Kaiken. Hier bekommen wir ein schönes Zimmer mit einem tollen Blick auf dem See. Neben uns ist eine Reisegruppe aus Deutschland da, die ihr Abendessen als geschlossene Gruppe serviert bekommen. Daher müssen wir ein klein wenig länger warten und nutzen die Zeit für einen Spaziergang über das Gelände der Hosteria und zum Ufer des Sees.


Lago Fagnano.


Steilküste am Ufer des Lago Fagnano.

Die Hosteria liegt etwas oberhalb des Sees auf einer Art Steilklippe. Nachdem wir uns den See von oben angeschaut haben, laufen wir um die Klippe herum direkt ans Wasser. Hier soll es einen Wasserfall geben, das behauptet jedenfalls ein Wegweiser. Wir laufen ein gutes Stück entlang der steilen Klippe. Diese erinnert uns ganz entfernt an die Insel Rügen. Als wir fast schon umkehren wollen, finden wir in einem in die Klippe eingeschnittenen kleinen Tal den Wasserfall. Das letzte Stück zu diesem führt in lustiger Kraxelei über Felsen und Baumstämme und dann stehen wir vor einem kleinen aber dennoch hübschen Rinnsal. Zurück an der Hosteria gibt es ein leckeres Abendessen, einen schönen Blick auf den See mit toller Abendstimmung inklusive.

Übermorgen geht es weiter...

Schöne Grüße,
Dirk


Anti

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #178 am: 18.11.2012, 10:39 Uhr »
Zitat
Die Salesianer kamen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Südamerika, um die dortigen Ureinwohner zu christianisieren, aber auch um deren Kultur zu schützen.

Was für ein Widerspruch!  :?

wuender

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Re: Bis-ans-Ende-der-Welt-Tour 2011: Vier Wochen durch Patagonien
« Antwort #179 am: 18.11.2012, 11:03 Uhr »
Zitat
Die Salesianer kamen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nach Südamerika, um die dortigen Ureinwohner zu christianisieren, aber auch um deren Kultur zu schützen.

Was für ein Widerspruch!  :?

In der Tat... :?

Und so ganz scheinen sie es selbst heute noch nicht einzusehen. Wir haben uns am Ende der Reise in Punta Arenas ein Salesianermuseum angeschaut. Das war durchaus interessant - auffällig war aber folgendes: Zwar wurde die fast vollständige Ausrottung der Ureinwohner durchaus differenziert und kritisch dargestellt. Im Gegensatz dazu haben wir aber nirgendwo in dem Museum nur ein einziges kritisches Wort über die damaligen Christianisierungsbemühungen gefunden.

Schöne Grüße,
Dirk