Der Hut ist echt prima! Allein um dem nochmals die alte Heimat zu zeigen, lohnt sich doch bestimmt nochmals ein Trip nach Down Under, oder?
Stimmt. Aber ich fürchte, dann will der Schneeleopard auch mit.
Mittwoch, 3. OktoberIch hatte mir fest vorgenommen, an diesem langen Fahrtag vor sieben Uhr morgens wegzukommen, und tatsächlich ist es genau 6.58 Uhr, als ich den Zündschlüssel umdrehe und mit einem etwa fünfzügigen Manöver mein Auto aus der Parklücke befreie, in die der Mitarbeiter vom Valet-Parking es vorhin vermutlich in einem lockeren Schwung hineinbefördert hat. Der Himmel ist bedeckt, aber zumindest regnet es nicht – jedenfalls nicht, bevor ich nach etwa eineinhalb Stunden Fahrt vor Cardwell eine very steep road erklimme. Kaum ist der Kamm erreicht, geht es auch schon los: Es gießt wie aus Kübeln. Willkommen in den Wet Tropics. Ganz so „wet“ hätten sie für meinen Geschmack nicht sein müssen.
In Cardwell kehre ich zu einer Frühstückspause in dem vom Lonely Planet wärmstens empfohlenen Vivia Café zu einer Frühstückspause ein, und weil mir nach dem vielen Regen auch nach etwas warmem ist, bestelle ich mir außer einem Macadamia- und einem Pekan-Schokolade-Törtchen auch einen heißen Kakao.
Weiter geht die Fahrt Richtung Norden. Die Fahrt zieht sich, und ich vertreibe mir die Langeweile damit, die Warnschilder am Straßenrand auswendig zu lernen. Da gibt es „Take a break – stay awake“ und „Survive this drive“, außerdem „Revive – stay alive“ und ganz einfach „Slow down stupid“. Irgendwo soll noch ein etwa 6 Meter hoher Gummistiefel zu bewundern sein, der ja zum Wetter richtig gut passen würde, aber irgendwie verpasse ich das monströse Schuhwerk und biege schließlich Richtung Westen ab: Es geht hoch in die Atherton Tablelands.
Kurz vor Millaa Millaa mache ich dann mit einer unangenehmen Eigenschaft meines Autos Bekanntschaft: Eben noch wurde angezeigt, der Tank sei zu einem Viertel voll, dann gehen plötzlich mehrere Alarmlichter an und zeigen mir blinkend eine Reichweite von 50 km, und 5 km weiter blinken mir nur noch unheilvoll drei nichtssagende Striche entgegen. Ich sehe mich schon irgendwo am Straßenrand mit leerem Tank liegenbleiben, da erreiche ich zum Glück Millaa Millaa und rolle schon beim ersten „Fuel“-Schild von der Straße. Noch während ich das Auto parke, kommt die Inhaberin zum Auto und teilt mir mit, Zahlung sei nur per Cash möglich. Teurer als anderswo ist es natürlich auch. Dafür betankt die Inhaberin mein Auto sogar persönlich.
Aus den Schauern ist inzwischen ein gemeiner Landregen geworden, der mal stärker mal schwächer auf mich niederprasselt, während ich versuche, den drei Wasserfällen des Waterfall Circuits und der typischen Tierwelt der Atherton Tablelands halbwegs brauchbare Fotos abzutrotzen. Zum Glück ist mir ja gestern mein Känguruh-Hut zugelaufen, der wie versprochen ziemlich wasserdicht ist. So muss ich wenigstens nicht mit Schirm oder Kapuze herumlaufen.
Heute morgen hatte ich vor dem Losfahren extra noch ein paar „Pausenbrote“ gebastelt, um am Millaa Millaa Fall ein gepflegtes Picknick einzuschieben. Das fällt jetzt natürlich auch ins Wasser, und stattdessen mache ich mich nach dem Waterfall Circuit auf den Weg nach Ravenshoe. Es gibt eine Route über die normale Landstraße und eine Tourist Route, und weil ich gut in der Zeit liege, gondele ich die fast 30 km nach Ravenshoe über eine kurvige Nebenstraße.
Ravenshoe ist der höchstgelegene Ort in Queensland, und direkt dahinter ändert sich die Vegetation schlagartig. Als ich schließlich an den Millstream Falls aussteige, kann ich kaum glauben, dass ich ein paar Kilometer weiter noch durch üppigen Regenwald gefahren bin.
Leider tröpfelt es auch hier noch, so dass aus einem Picknick wieder nichts wird. Es ist viertel nach zwei, und ich habe noch etwa 140 km bis zum Undara Volcanic Park vor mir, so dass ich nur kurz einen Schokoriegel vernasche und mich auf den Weg mache.
Unterwegs passiere ich Baustellen und schnurgerade Straße, Termitenhügel und Warnschilder. Eins dieser Schilder warnt vor Kühen, die Autos anfallen und fressen. Oder wie soll man das hier sonst verstehen?
Bei dem Gedanken daran, wie nahe ich vorhin dem Killer-Kalb auf dem Waterfall Circuit war, wird mir ganz anders. Bei den nächsten Kuh-Kontakten bleibe ich lieber mal im Auto. Die Kuh auf dem Bild fragt sich vermutlich im Gegenzug, wer denn die blöde Kuh ist, die im Micra durch die Gegend fährt und "Highway to Hell" hört.
Um vier Uhr erreiche ich schließlich die Undara Experience Lodge, wo ich eigentlich in einem restaurierten Eisenbahnwaggon übernachten wollte. Dass mit meiner Buchung irgendetwas schiefgelaufen war, hatte sich erst vor ein paar Wochen herausgestellt, als ich zu meiner Übernachtungen noch zwei Touren buchen wollte und die Mitarbeiter merkten, dass für meine Buchung die falschen Daten erfasst waren. So wurde ich kostenlos in eine der Pioneer Huts upgegradet, und als ich sehe, wie schön meine Hütte mit eigener Terrasse am Rand zur Wildnis liegt, bin ich mit der Änderung sehr zufrieden.
Für heute abend habe ich die Wildlife at Sunset Tour gebucht, und um halb sechs steige ich mit 19 anderen Besuchern und einer Rangerin in einen Bus, und wir fahren erst einmal einen Hügel etwa 15 Minuten entfernt an, von wo aus man einen schönen Blick auf den Sonnenuntergang hat. Dazu köpft die Rangerin dann auch noch mehrere Flaschen Sekt.
Dann geht die Fahrt weiter zu einer der Lavahöhlen, für die der Nationalpark bekannt ist. Die Fledermäuse verlassen die Höhlen bei Sonnenuntergang, um auf die Jagd zu gehen, und als wir am Höhleneingang ankommen, wimmelt es schon überall von kleinen schwarzen blitzschnellen Schatten, die in dem spärlichen Taschenlampenlicht um uns herumwirbeln. Schade, mit Fotos wird es hier nichts werden, denke ich noch, da erklärt die Rangerin das Prozedere: Sie macht die Lampe aus, und wir warten eine Weile in der Dunkelheit, sie zählt bis drei, dann macht jeder mit Blitzlicht Fotos, und dann warten wir wieder kurz ab, bis die Fledermäuse zurückkehren, um es nochmal zu probieren. Ich fingere noch schnell in der Dunkelheit am Objektiv herum, um den manuellen Fokus einzustellen, denn mit Autofokus wird die Kamera wahrscheinlich gar nicht erst auslösen. Dann mache ich jeweils „aus der Hüfte“ ein paar Bilder. Und obwohl ich es nicht geglaubt hätte, bekomme ich am Höhleneingang und etwas außerhalb der Höhle tatsächlich ein paar Fledermäuse halbwegs scharf vor die Linse:
Um halb acht bringt die Rangerin schließlich einen Bus voller zufriedener Besucher zurück zum Camp, wo ich hinunter zum knisternden Lagerfeuer spaziere. Von acht bis neun Uhr hält einer der Ranger hier noch einen unterhaltsamen Vortrag unter dem Motto „Wings and Things“, wo ziemlich viele Vögel und Fledermäuse, aber auch eine Python vorkommen.
Bevor ich zu meiner Hut zurückgehe, mache ich noch schnell ein paar Fotos vom Restaurant- und Barbereich, der wie einige der Zimmer im Eisenbahnwaggon-Stil eingerichtet ist.
Eine Stunde lang halte ich es dann noch mit meinem Netbook und einer halben Tüte Kartoffelchips auf der Terrasse vor meiner Hütte aus, bevor es mir trotz Weste und Jacke zu kalt wird, um weiter draußen sitzen zu bleiben. Ich kann kaum glauben, dass ich gestern noch im tropisch warmen Townsville im T-Shirt unterwegs war.
Gegen halb elf falle ich schließlich todmüde ins Bett und stelle halb im Einschlafen noch den Wecker.
Gute Nacht!