Mittwoch, 10. OktoberGnadenlos werden wir heute morgen um zehn nach vier von unserem Guide geweckt. Ich habe nicht gut geschlafen, bin immer wieder hochgeschreckt und einmal hat mir der auffrischende Wind den losen Teil des Swags ins Gesicht geschlagen. Als ich aufstehen muss, bin ich eigentlich gerade in einer Tiefschlafphase. Aber es hilft nichts, ich krame meine Sachen zusammen, gehe mich im nahen Waschhaus anziehen und rolle dann so, wie der Guide es uns gestern abend gezeigt hat, den Swag zusammen. Nach einem kurzen Frühstück fahren wir dann um zehn nach fünf los zum Sunrise Point, von dem man aus auf den Uluru und auf die Kata Tjuta schauen kann.
Hier hat sich erstaunlicherweise schon die Ladung mehrerer Kleinbussen eingefunden. Gemeinsam schauen wir zu, wie es heller wird, sich der Himmel rötlich verfärbt und schließlich die Sonne aufgeht.
Die Kata Tjuta bleiben leider ziemlich blass.
Für heute morgen steht eine Wanderung durch die Kata Tjuta im Valley of the Winds an, aber als wir dort ankommen und die Wanderung beginnen, könnte man meinen, dass wir durch ein Valley of the Storms wandern. Ich bin froh, dass ich meine Fleeceweste anhabe, denn der Wind ist eiskalt und teilweise so heftig, dass er Sand und kleine Steine aufwirbelt und man sich richtig dagegenlehnen muss. Aber die „vielen Köpfe“ - das ist die Übersetzung von Kata Tjuta – leuchten in der Morgensonne und machen den Wind und die Kälte wieder wett. Und offenbar hat der Wind auch die lästigen Fliegen vertrieben.
Auf dem ersten Teil der Wanderung durchs Valley of the Winds begleitet uns der Guide, erklärt einiges zu verschiedenen Pflanzen, aber auch zur Bedeutung der Kata Tjuta für die Aborigines. Die Kata Tjuta haben für die Aborigines einen noch höheren Stellenwert als der Uluru, und das Wissen über die hier präsenten Wesen darf nicht an Uneingeweihte weitergegeben werden. Wenn ich es richtig verstehe, werden die Kata Tjuta auch heute noch für Zeremonien genutzt. Es darf mit den Kata Tjuta auch nicht geworben werden, sondern sie dürfen nur als „Anhängsel“ zum Uluru erwähnt werden.
An einer Stelle zeigt uns der Guide die Spuren von Speeren, die hier am Fels gewetzt werden.
Von hier aus laufen wir alleine weiter auf dem Wanderweg, und natürlich kann ich mal wieder den Finger kaum vom Auslöser nehmen. Der Wind hat nachgelassen, der Himmel ist nach wie vor wolkenlos, und langsam wird es wärmer. Perfektes Wetter für eine solche Wanderung.
Gegen halb elf kommen wir zum Bus zurück, wo der Guide mit frisch geschnittenem Obst auf uns wartet. Lecker. Dafür helfen wir dann auch später bei der Zubereitung des Mittagessens kräftig mit. Traditionsgemäß versammeln sich die Männer um den Grill und braten Fleisch, und wir Frauen schneiden Gemüse für die Wraps. Beim anschließenden Abwasch reißen wir uns dann quasi gegenseitig die gespülten Teller aus den Händen, um sie abzutrocknen. Es ist eine nette Truppe, mit der ich da unterwegs bin, und von der Familie mit zwei Töchtern aus Alice Springs über den Studenten aus Japan bis zu zwei Frauen im fortgeschrittenen Rentenalter aus England sind alle Altersstufen und viele Länder vertreten.
Nach dem Mittagessen fahren wir weiter, und werfen noch einen letzten Blick auf den Uluru, der aber trotz des klaren Himmels merkwürdig dunstig aussieht. Kurz darauf tauchen dann am Horizont Sandstürme auf.
Ich habe schon Angst, dass wir heute mitten in einem Sturm landen werden, aber als wir weiter Richtung Kings Canyon fahren, lässt der Wind nach. Und schließlich kommt von unserem Guide die Bitte, ein wenig Holz fürs Lagerfeuer zu sammeln. Lagerfeuer? Super, darauf freue ich mich schon.
Am späten Nachmittag erreichen wir die Kings Creek Station, und hier übernachten wir auf einem schönen, ziemlich einsamen Campground am Rande der Wildnis. Das gesammelte Holz wird neben der Feuerstelle aufgeschichtet, und wir schauen uns ein wenig an der Station um. Hier gibt es lärmende Kakadus und Papageien in den Bäumen, und von einem Aussichtspunkt aus kann man auf eine Wasserstelle schauen, zu der gerade Pferde, Rinder und Kamele zum Trinken kommen. Ich fühle mich fast wie auf einer Safari.
Als wir zurückkommen, brennt das Feuer schon, und jetzt wird „traditionell“ gekocht: Aus einem Knetteig, der erstaunlicherweise auch eine Dose Bier enthält, wird ein Brot geformt und in einen Topf gelegt. Das so gebackene Brot nennt man Damper. In den anderen Topf kommen Kartoffeln, Zwiebeln, Käse und Sahne. Unser Guide sammelt am Rand der Feuerstelle ein wenig Glut an, stellt die Töpfe darauf und schaufelt auch ein wenig Glut auf den Deckel.
Während das Brot backt und die Kartoffeln gar werden, gönne ich mir noch eine erfrischende Dusche und ziehe schon mal meinen Swag zu meinem Schlafplatz. Gestern hatte ich in der Dunkelheit einen Stein oder eine Wurzel erwischt, heute schaue ich mir lieber schon vor Sonnenuntergang an, wohin ich meinen Swag lege.
Zwischenzeitlich hat der Guide Würstchen gebraten und legt jetzt Känguru-Steaks auf. Das Brot ist fertig, und auch wenn es außen ziemlich schwarz ist, schmeckt es lecker, genauso wie das Känguru-Steak und das Kartoffelgratin à la Outback. Später sitzen wir ums Lagerfeuer, rösten Marshmallows und schauen in die Sterne. Als ich nach dem berühmten Kreuz des Südens frage, wird das Sternbild von jedem anwesenden Australier woanders lokalisiert. Unser Guide meint schließlich, es wäre noch gar nicht aufgegangen.
Auch heute liegen wir wieder früh in unseren Schlafsäcken. Ich schaue in den Sternenhimmel, der heute nacht richtig funkelt. Man sieht die Milchstraße, und ich halte noch nach Sternschnuppen Ausschau, aber dann fallen mir doch bald die Augen zu, ich ziehe meinen Swag weit zu und kuschele mich tiefer in den Schlafsack. Heute nacht soll es richtig kalt werden.
Gute Nacht!