15. Juni 2008: Odda – EidfjordAufgrund unserer gestrigen späten Ankunft hatten wir uns entschlossen, einen Wecker zu stellen, damit wir morgens etwas eher in die Gänge kommen. Ausschlafen im Urlaub ist zwar schön, aber wenn sich dadurch die Fahrerei bis in den Abend zieht und letztlich die Laune der Kinder sinkt, ist auch niemandem geholfen.
So kam es, dass an diesem Tage der Wecker ab 7:30 Uhr versuchte, uns durch sein Piepsen wach zu bekommen… gegen 8:15 Uhr hatte er es dann geschafft . Wir standen auf, frühstückten und packten zusammen. Gegen 10 Uhr waren wir abfahrbereit. An der Rezeption hatten wir gestern etwas über eine Wanderung zum Gletscher gelesen und in unserem Reiseführer wurde diese als anstrengend, aber sehr schön beschrieben. Also folgten wir der Ausschilderung zum Buerbreen, wobei sich die Fahrt recht abenteuerlich gestaltete. Die Straße stieg nach dem Ortsausgang stetig an und war sehr schmal. Es stellte sich als gute Entscheidung heraus, dass wir heute so zeitig aufgebrochen waren, dadurch mussten wir noch nicht mit Gegenverkehr rechnen. Nach einem geöffneten Tor mit Viehgittern im Boden, wie wir sie bereits von Australien her kannten, ging die Straße in eine Schotterpiste über und immer wieder lagen Schafe am Straßenrand oder liefen vor uns über den Weg. Nach einer Weile erreichten wir den kleinen Parkplatz, auf dem bisher nur wenige Fahrzeuge standen und von wo aus man schon einen schönen Blick zum Gletscher hatte.
Das Wetter war etwas trübe, aber unten am Fjord zeigten sich bereits einige Wolkenlücken, so dass wir guter Dinge waren, während der Wanderung auch noch etwas Sonne abzubekommen. Wir setzten Lisa in die eigens für diesen Urlaub gekaufte Rückentrage und wanderten entlang des Gletscherbaches bergauf. Vorbei an einigen Häusern führte der Weg durch das Tal, welches uns mit seinen unglaublich hohen, steilen Felswänden und unzähligen Wasserfällen sehr beeindruckte und ein wenig an die grünen Klippen auf Kauai erinnerte. Nach einem weiteren Tor wurde der Weg schmaler, führte über einige Zuläufe des Gletscherbaches hinweg und dann an dessen steinigem Ufer entlang.
Später verlief der Pfad durch dichtes Buschwerk steil bergan. An schattigen Stellen war es zum Teil recht matschig und man musste genau hinsehen, wohin man seine Füße setzte. Vincent rutschte einmal kurz aus und schlug hart mit dem Oberkörper auf einem Stein auf, zog sich aber glücklicherweise keine schlimmeren Verletzungen zu. Der Weg wurde beschwerlicher und vom Gletscher war durch die dichte Vegetation gar nichts mehr zu sehen. Auf etwa halber Strecke erreichten wir einen etwas exponierten Felsen, von dem wir einen tollen Blick zurück in das Tal bis hinab zum Fjord werfen konnten.
Auch den Gletscher und den weiteren Verlauf des Weges konnten wir sehen und genau in diesem Moment kam die Sonne hinter den Wolken hervor und überflutete die Landschaft mit einem herrlichen, warmen Licht; ideal zum Fotografieren, da wir die Sonne nun genau im Rücken hatten. Da sich der Blick auf die Eismassen in absehbarer Zeit nicht verbessern, der Weg aber steiler und schwieriger werden würde, beschlossen wir, dass diese Stelle für uns der Umkehrpunkt sein sollte. Alles andere wäre zu zeitaufwändig und mit den Kindern auch unvernünftig gewesen…
Also kraxelten wir den Weg wieder hinab und trafen nun schon eine ganze Menge Wanderer.
Das letzte Stück nach dem Durchqueren der Bachzuläufe und dem Passieren des Gatters lief Lisa allein und wir hatten viel Spaß, ihr dabei zuzusehen, wie sie Steine sammelte, Blumen betrachtete und Bienen und Schmetterlinge beobachtete.
Zurück am Wohnmobil bemerkten wir, dass es im Inneren außerordentlich unangenehm roch; offensichtlich aus dem Abwassertank. Wir verstöpselten den Abfluss im Spülbecken und fuhren zurück zum Campingplatz, um den Abwassertank zu leeren. Bei der Gelegenheit füllten wir auch gleich noch Frischwasser nach und suchten die Toiletten auf, bevor wir die heutige Tagesetappe in Angriff nahmen. Noch in Odda hielten wir an einer großen Shell-Station, tankten das Wohnmobil auf und fragten, ob wir unsere Mautschulden nachbezahlen könnten. Leider war dies hier nicht möglich und wir mussten es ein weiteres Mal verschieben. Wir verließen den Ort, der uns entgegen anders lautender Beschreibungen im Reiseführer sehr gut gefallen hatte und folgten der Straße, die sich immer am Sørfjord entlang schlängelte. Die Sonne meinte es gut mit uns und mit der Art, wie sich die Häuser der kleinen Ortschaften an den Berg schmiegten, ergab sich zum Teil ein fast mediterraner Anblick. Über allem thronte jedoch der Folgefonn-Gletscher und in der Ferne konnte man viele Schneefelder sehen. Nach einer Reihe von Tunneln kamen wir nach Tyssedal, wo wir zu einem kleinen Abstecher zur Måglibahn abzweigten. Wir hatten von dieser kleinen, privaten Zahnradbahn gelesen, die von der lokalen Energiegesellschaft betrieben wird und in der Nähe eines Staudamms auf den Berg führen sollte. Also verließen wir den Fjord für eine Weile und fuhren in Richtung Skjeggdal. Die steil ansteigende Serpentinenstraße wurde immer schmaler und zweimal mussten wir zurücksetzen, um dem Gegenverkehr auszuweichen. Andreas hatte mehr und mehr Spaß an dieser abenteuerlichen Strecke, während Doreen beim Blick in den Abgrund immer stiller wurde und sich standhaft weigerte, zu filmen. Noch einmal mußten wir dem Gegenverkehr ausweichen, der sich gerade so an unserem Wohnmobil vorbei zwängen konnte. Gegen 13:30 Uhr erreichten wir schließlich die Talstation der Bahn. Leider war diese jedoch seit einiger Zeit für den Touristenverkehr gesperrt; beim Anblick der steilen, nicht ganz fluchtenden Gleise und des offenen Wagens ohne irgendwelche Gurte oder Sicherheitsbügel kamen uns aber ohnehin Zweifel, ob wir eine Fahrt damit wirklich in Betracht gezogen hätten.
Wir nutzten die Ruhe hier oben für eine Mittagspause. Doreen briet Fischfilets für uns und Fischstäbchen für die Kinder und zum Abschluss genehmigten wir uns noch einen Kaffee. Als wir uns gerade zur Rückfahrt rüsteten, zogen dunkle Wolken auf und es begann zu tröpfeln. Während wir die engen Kehren hinunter zum Fjord fuhren, erwischte uns der Regen voll, aber glücklicherweise ging es abwärts ohne heikle Ausweichmanöver.
Wir fuhren weiter nach Ullensvang, wo wir die hübsche Kirche mit ihren sehenswerten Bleiglasfenstern und interessanter Deckenbemalung besichtigten. Uns fielen die vielen Obstbäume an den Hängen auf und beim Nachlesen fanden wir heraus, dass hier eines der größten Obstanbauzentren Norwegens liegt. Auf der Weiterfahrt passierten wir unglaublich viele Tunnel, dazwischen gab es aber immer wieder wunderschöne Ausblicke über den Fjord.
Das Regenwetter ließen wir dabei allmählich hinter uns.
Über Lofthus erreichten wir Kinsarvik, einen lebhaften Touristenort, wo wir zum ersten Mal auch Busse mit japanischen Touristen sahen. Ein Grund für die Popularität der Stadt dürfte auch die Fährverbindung von hier nach Utne, dem gegenüberliegenden Ufer des Hardangerfjordes, sein.
Wir hielten kurz an einer ESSO-Tankstelle, wo Andreas nun endlich die Geschichte mit der nicht bezahlten Maut klären wollte. Mit dem Kfz-Kennzeichen und einem entsprechenden Mautticket hätten wir hier den säumigen Betrag bezahlen können, nur leider hatten wir kein Ticket. Auch kein Problem, dann käme die Rechnung per Post an die Adresse des Fahrzeughalters, wurde uns erklärt. So fuhren wir wieder unverrichteter Dinge weiter, hatten aber nun Gewissheit über den weiteren Lauf der Angelegenheit. Über Brimnes, von wo aus uns am nächsten Tag die Fähre nach Bruravik bringen sollte, fuhren wir weiter nach Eidfjord, einem Ort in traumhafter Lage zwischen Bergen und Fjord. Zunächst folgten wir aber der Straße über Sæbø zum Vøringfossen, einem weiteren sehenswerten Wasserfall. Es ging wieder einmal bergauf, durch einige Tunnel und sogar einen Kehrtunnel hindurch, bis wir den Parkplatz am Souvenirladen erreichten. Wir bummelten kurz durch den Shop und gingen dann für ein paar Fotos zum Aussichtspunkt, von dem man den Wasserfall leider kaum sehen, dafür aber einen guten Blick auf das darüber thronende Fossli-Hotel werfen kann.
Wir fuhren daher noch das restliche Stück bis zum Hotel. Tagesgäste dürfen den Parkplatz gegen eine Gebühr von 30 NOK nutzen, bei unserer Ankunft war das Kassenhäuschen jedoch nicht mehr besetzt und so sparten wir diesen Betrag. Über einen kleinen Pfad erreichten wir eine Aussichtskanzel, wo sich uns ein traumhafter Überblick auf den Vøringfossen und in das Tal Richtung Eidfjord bot, gesäumt von vielen kleinen Wasserfällen, deren Gischt im Gegenlicht das Herz eines jeden Fotofreundes höher schlagen ließ. Doreen wehrte sich wieder standhaft, Bilder und Video so nahe am Abgrund stehend zu machen und übergab die Ausrüstung daher an Andreas, der den Auslöser schließlich glühen ließ.
Als wir alle wieder am Wohnmobil angekommen waren, machten wir noch eine kurze Snackpause mit Obst, Donuts und Pfannkuchen und fuhren dann zurück nach Sæbø, wo wir auf dem NAF Campingplatz direkt am Eidfjord eincheckten.
Nachdem das Auto abgestellt und der Strom angesteckt war, gingen wir mit Lisa und Vincent gleich mal auf den Spielplatz, der zwar kein Hopsefeld, dafür aber zwei Rutschen und einen Sandkasten hatte und damit auch für viel Spaß bei den Kindern sorgte. Vincent lernte dabei den fünfjährigen Karl kennen, der mit seinen Eltern im Wohnmobil neben unserem campierte und den wir in den nächsten Tagen immer mal wieder treffen sollten. Kurz vor dem Abendbrot zauberte ein kurzer Schauer einen tollen Regenbogen über das Tal, ringsherum kamen die Menschen herbei und man hörte die Auslöser im Akkord klicken.
Nach dem Essen riefen wir noch kurz bei Oma und Opa in Pirna an, um mal wieder ein Lebenszeichen von uns zu geben. Anschließend ging Andreas mit Vincent duschen, während Doreen Lisa ins Bett brachte. Nachdem auch Vincent im Bett lag, duschte Doreen und Andreas tippte Reisebericht. Da Vincent noch nicht einschlafen konnte, spazierte Andreas mit ihm noch mal auf einen Steg am Fjord. Um 23:30 Uhr war dann aber Nachtruhe für alle.
Gefahrene Strecke: 125 km
Übernachtung: NAF Camping Sæbø (190 NOK)