Freitag, 17.5.: Gen Westen fliegen und gen Süden fahrenUnd wieder mal stand ich zwischen vielen USA-Reisenden mit Weiterflug-Bordkarten nach Washington und sonstwo hin an einem Gate.
Security Check voll und eine Schlange bis zur Passkontrolle, tja, die Reisewelle in Deutschland hatte wohl zu diesem Pfingstwochenende ihren ersten Höhepunkt erreicht.
Aber weiter nach Washington oder sonstwo hin ging es dieses Mal ohne mich. Zwar wollte auch ich (mal wieder) Richtung Westen, aber dieses Mal in den grünen Süd-Westen des Landes, in dem die neuen Häuser so alt waren wie die älteren Häuser in den USA.
Na ja, ich meine, ganz so einen Unterschied wird es nicht machen:
Plymouth, Falmouth und Portsmouth beispielsweise gibt es ja schließlich nicht nur in den USA, sondern auch in? Genau, in England!
Und schlechten Kaffee gibt es hier auch, zumindest verkündete das vor 5 Minuten mein Sitznachbar, als ich mir einen Kaffee bestellte: "Have you ever been to England before?" "Äääääh, yes?" "Well, never do that there!" Sprach's und versank umgehend wieder lautstark im Reich der Träume.
British Airways hieß mich herzlich willkommen und ich saß bequem. Und somit sollte für mich die Anreise schon nach etwa zwei Stunden enden, zwar auch wieder zunächst an einem Rental Car Center bei Hertz, aber dieses Mal sollte ich dann wohl auf der anderen Seite in mein Auto einsteigen.
Genießen wir also wieder mal den Süd-Westen, nur grüner, kühler, sicherlich auch regnerischer, kauziger, enger und mit vielen Küsten, Klippen und Meer. Auf gehts nach Cornwall bis zum Land's End die südliche Küste Englands von London aus bis zum äußersten westlichen Zipfel und dann etwas schneller auf nördlicher Route über Bath und Oxford wieder zurück.
Und kaum waren diese Sätze geschrieben, verkündete ein Flugbegleiter, dessen Gesicht mir bekannt vorkam, musste wohl aus einem Monty Python Film sein, dass ich nun meine Sitzlehne wieder senkrecht stellen und das iPad ausschalten sollte, also mache ich das besser brav.
Haaaach, da habe ich nun einen wunderbaren Tag hinter mich gebracht, leider mit eher bescheidenen Fotos. Irgendwie sind die Fotos so langweilig wie die aus meinen Englischbüchern, die mich von der 5. Klasse ab begleitet habe.
Aber, ich verrate es gerne: In Wirklichkeit ist nämlich alles ganz anders. England ist keineswegs schwarz-weiß und fast unkenntlich wie die Bilder in meinen Englischbüchern aus den 70ern, nein!
England ist grün und bunt. Die Landschaft hügelig wie in Deutschen Mittelgebirgen, ebenso erinnern die vielen Rapsfelder an Deutschland, aber der Himmel ist nicht eng, sondern weit wie an der See und aufgeschlossen und offen wie die Bevölkerung, eben eine Insel.
Die Einreise ein Klacks, sodass ich 20 Minuten nach der pünktlichen Landung bereits mit frisch gekauften britischen Pfund an der Haltestelle des Mietwagenshuttles stand. Und so fuhr mich der Hertz Shuttle zum Autovermieter und dort wartete in Bay 26 das von mir gemietete Auto auf mich. Der laut Ankündigung gemietete Vauxhall irgendwas (auf gut Deutsch Opel Meriva) oder ähnlich entpuppte sich als schnuckeliger, schwarzer, fast neuer Nissan Juke.
Übrigens, soooo einfach war die Autoanmietung noch nie. Dank Gold Service von Hertz musste ich ja nur einsteigen und losfahren. An der Ausfahrt stand ein Schild, ich solle meinen unterschriebenen Mietvertrag vorzeigen. Mangels Stift hatte ich das nicht getan. Nun ja, einen Stift würde er mir schon reichen, also kramte ich Führerschein, Pass und Kreditkarte raus. Aber was passierte? Vertrag abgeben, vorerst ohne Ausweis und das ganze andere Zeug, "Are you Birgit?" Auf mein Bejahen ging die Schranke auf. Wahnsinn!
So stieg ich also in die Jukebox und gehorchte der Navi, immer schön links bleibend. Na bitte, das funktionierte doch wunderbar! Ich Weltreisende,ich mit allen Wassern der sieben Ozeane Gewaschene sollte doch wohl mit einem britischen Schaltwagen klar kommen? Und rummmmmmms machte es und das erste Mal hatte ich mich verschätzt und war mit den linken Reifen über die Bordsteinkante gerappelt. Dass ich beim Einsteigen erst einmal auf den Beifahrersitz steigen wollte, vertuschte ich im letzten Moment vornehm, indem ich nur meine Jacke darauf ablegte und dass ich zumindest heute permanent nach links oben ins Leere griff, wenn ich mich anschnallen wollte, verschweige ich mal gleich.
Und so ging es erst einmal nach Eton, wo reiche Eltern und die Eltern kluger Stipendiaten ihre Kinder zur Schule gehen lassen. Leider war die Schule heute nicht öffentlich zugänglich. Und auf der anderen Seite der Themse wartete Windsor Castle. Dazwischen Dreizehnjährige in einer Art Frack mit weißem Hemd und weißer Fliege, Geschäfte für Golfbedarf (der Sport, nicht das Auto) und jede Menge Pubs.
Irgendwie erwartete ich nur noch, dass Harry Potter und Hermine Granger gleich um die Ecke bogen oder doch zumindest Hugh Grant mir vor die Füße lief, aber das geschah nicht. Dafür fuhren eine Menge anderer Engländer wie aus dem Bilderbuch hier in Oldtimern umher oder liefen in Fracks durch die Gegend.
Ein paar Fotos des grauen Kastens Windsor Castle von außen, sehen genau so aus wie im Englischbuch 7. Klasse, und weiter ging es. Schließlich lag Stonehenge am Wegesrand. Es wird an diversen Stellen im Internet diskutiert, ob man dort gewesen sein muss. Ja, wenn es wie bei mir am Wegesrand liegt, dann sollte man halten. Die Felsen fallen ohnehin bereits aus der Ferne ins Auge, wie sie auf dem grünen Hügel stehen. Die 8 Pfund Eintritt allerdings habe ich mir gespart. Mir reicht ein Beweisfoto durch den Maschendrahtzaun, ohnehin lässt die Völkerwanderung dort keine mystischen Bilder zu, selbst wenn man das Talent hätte diese zu knipsen. Die Schafe drumherum allerdings blieben sichtlich unbeeindruckt sowohl von der Mystik als auch vom Rummel.
Salisbury liegt nur ein paar Meilen weiter, dann nehme ich das auch noch mit. Eine total schöne, belebte Stadt mit Riverwalk und Kathedrale und netten Lädchen und Cafés. Auch hier wieder alles bunt, gar nix in schwarz-Weiß, oh Wunder! Eine Stunde muss reichen, schließlich möchte ich gerne noch bei Tageslicht das Meer sehen. Und so geht es auf und ab über Hügel und mit der einen oder anderen Berührung des linken Fahrbahnrandes über eher schmale Straßen und unzählige Kreisverkehre linksrum im Uhrzeigersinn, also DIE beherrsche ich nun!
Der erste Blick aufs Meer, gleich bin ich da, an meinem ersten Ziel Lyme Regis an der Jurassic Coast. Wow, wirklich fast wie das Original in New England an der Küste nördlich von Boston! Sehr gut kopiert!
Und nun komme ich in meinem ersten Bed and Breakfast an, dem Devonia Guest House mit sehr "possierlicher" Wirtin, Typ immer gut gelaunte und etwas alternativ angehauchte agile Hausfrau um die 50, die sicher auch in mindestens 5 Vereinen tätig ist. Sehr schön, als erstes bekomme ich Kaffee (von wegen "never do that in England"), bewundere mein kleines Zimmer mit dem Mini-Bad und besonders den Blick auf das Meer in der Ferne und allem Schnick-Schnack um sich wie ein willkommener Gast zu fühlen. Kein Vergleich zu dem Hotel gestern in Frankfurt, wo man drei bis fünf routinierte Sätze ohne Luftholen direkt nach dem "Guten Abend" abspulte.
Ich gehe dann ziemlich fix die steilen Straßen runter zum Meer, direkt in ein Public House mit Fishpie mit Salat und zwei Pints des guten Palmers 200. Laut meiner Wirtin schließen die Lokale hier früh und ich habe nach einem Tag mit nix als Keksen nach dem Frühstück nun Kohldampf.
Booaaaaah, warum immer in die Ferne schweifen, wenn das Gute doch so nah ist, so meine bierseligen Gedanken, als ich voll korrekt die genaue Marke und Größe des gewünschten Bieres angebe, die Nummer für das Essen entgegennehme, das dann später an den Tisch gebracht wird und alles gleich zahle. Sogar Reeses gibt es schließlich hier in England zu kaufen und einen SUV als Mietwagen, wenn auch nur in der Miniversion, gab es schließlich auch.
So, und nun geht es zurück in das Zimmer mit dem quietschenden englischen Bett mit den blütenweißen Laken, und morgen wird an der Küste gewandert und nach Fossilien gesucht!
In England regnet es immer? Heute einmal drei Tropfen und einmal eine viertel Stunde, während ich im Auto saß.