DI, 26.06. Noch mehr Kirchenburgen und ein Nachmittag in SighisoaraIch gebe zu, ich hätte besser gleich zwei Nächte in Brasov verbracht und nur eine in Sighisoara. Insofern wird es heute recht entspannt, aber vielleicht ist das ja auch mal nötig.
Das Frühstück hier im Hotel ist nicht ganz so phantastisch wie die letzten Tage. Das liegt aber vor allem daran, dass nicht mehr genug Kaffee da ist, da vor mir gerade erst eine Gruppe von 8 Personen fertig wurde mit dem Frühstück.
Ich mache mich auf zum ersten Ziel, der Kirchenburg im Apold. Auch hier wieder nix los, aber die Kirchenburg ist offen. Irgendjemand scheint hier das eine oder andere zu arrangieren, damit es mehr hermacht. So ist beispielsweise ein Tisch mit Gräsern und alten Haushaltsgegenständen hergerichtet.
Apolds Kirchenburg ist nett, aber einen Ausflug für sich nicht wert, maximal einen kleinen Umweg auf dem Weg zum nächsten Ziel.
Es geht weiter nach Malancrav (Malmkrog). Die hiesige Kirchenburg ist auf einem Hügel gelegen. Vor mir laufen drei Leute hoch, zwei rüstige Holländer im Rentenalter und ihr rumänischer Fahrer. Sie fahren nicht selbst und haben für einen halben Tag ein Taxi gemietet. Und nach einigen Besichtigungen in Siebenbürgen machen sie dann später noch organisiert eine mehrtägige Wanderung. Wandern kann man hier übrigens wohl sehr gut von Dorf zu Dorf.
Auch der Fahrer ist sehr nett, spricht mit den Holländern Deutsch, sodass es kein Sprachenproblem zwischen uns allen gibt. Von ihm erfahre ich, dass die Winter hier extrem kalt seien und die Sommer oftmals sehr, sehr heiß. Dass es die letzten Tage aber so sehr sommerlich war, ist ein Glücksfall. Übrigens ist es heute wolkig, und auch für morgen ist Regen angesagt, bisher bin ich aber trocken geblieben.
Die Kirchenburg ist verschlossen, und wie so oft, hängt ein Hinweis an der Tür, wie man sie aufschließen lassen kann. Da das der Fahrer der Holländer in Angriff nimmt, warte ich die 10 Minuten mit den Holländern, bis ein altes Mütterchen die Stufen heraufgestapft kommt und mit einem riesigen Schlüsselbund aufschließt. Gut, dass ich gewartet habe, denn diese Kirche ist absolut sehenswert und schnuckelig: Verblichene Fresken an den Wänden erzählen Geschichten aus der Bibel. Die Kirche habe eine Gemeinde von noch 120 Dorfbewohnern, aber viele seien in den 90ern ausgewandert nach Deutschland. Die Kissen auf den Bänken hätten sie zurück gelassen, sodass sie heute noch hier liegen.
Sehr interessant, was die Frau zu erzählen hat. sie ist absolut herzlich und freut sich offenbar über unser Interesse. Vielleicht sollte ich öfter mal so eine Tür aufschließen lassen. Ich kann es wieder mal nicht fassen, wie viele tolle Sehenswürdigkeiten hier fast unbeachtet am Wegesrand liegen.
Da Malmkrog eine sehr große deutsche Gemeinde ist, in der ein deutscher Pfarrer seinen Dienst tut, der vor vielen Jahren hierher eigentlich nur zum Praktikum kam und “hängen blieb”, findet man gerade über diesen Ort übrigens auch viele Reportagen bei Youtube.
Ich denke, ich habe Rumänien genau zur richtigen Zeit besucht, und lange wird es so nicht mehr bleiben: Die Infrastruktur ist toll: Man muss nirgends verhungern oder verdursten, die Straßen sind überwiegend ausreichend ausgebaut und bei dem wenigen Verkehr super befahrbar, die Hotels sind neu und absolut tip-top, das Auto ebenfalls. Nirgendwo auch nur ansatzweise Abzocke. Die Menschen sind freundlich und scheinen Touristen noch nicht als lohnende Einnahmequelle entdeckt zu haben, sodass Eintritte und Parken meistens in etwa 1 bis maximal 2 Euro kosten. Sie sind gleichzeitig nicht mehr so arm, dass man ständig angebettelt wird. Und die wenigen Male, die ich angebettelt werde, geschieht dieses freundlich und unaufdringlich.
Nun ja, genug der Werbung für das noch unentdeckte Reiseparadies im Osten Europas - es geht weiter zur Sehenswürdigkeit, die sehr wohl schon ausgeschildert ist und einen gebührenpflichtigen Parkplatz aufweist, nach Biertan (Bierthelm). Diese Kirchenburg ist vor allem von außen schön, innen sehr schlicht und fast schon langweilig. Auch hier habe ich Glück. Man sagt mir, um 13 Uhr werde geschlossen, das ist gleich so weit. Also, mein Tipp für potenzielle Rumänienreisende: Recherchiert im Vorfeld die Eintrittszeiten: Im Gegensatz zu vielen anderen Ländern ist es hier nicht selbstverständlich, dass Sehenswürdigkeiten von 9 oder 10 Uhr bis zum späten Nachmittag geöffnet haben. So sehr ist man auf Touristen dann doch noch nicht eingestellt.
Und hier beginnt es nun tatsächlich zu gießen. Ich gehe in die Kirche, und da das nicht gegen das Wetter hilft, gehe ich gleich noch ins Restaurant nebenan essen. Und das hilft gewöhnlich, so auch heute. Ich esse gewissenhaft meinen Teller leer, und als ich das Lokal verlasse, strahlt die Sonne vom Himmel, und das Wetter wird sich auch noch den Rest des Tages halten, wie schön!
Ich beschließe, dass ich für heute wieder mal genügend Kirchenburgen gesehen habe und mache mich auf den Rückweg nach Sighisoara, lieber hier noch ein bisschen schlendern und nochmals genauer ansehen, was ich gestern im Laufschritt abgegrast habe. Ich schummele ein wenig, die hier eingestellten Fotos sind überwiegend schon gestern entstanden. Sighisoara ist eine malerische Kleinstadt, gut für eine Übernachtung, eine zweite Nacht muss es hier nicht zwingend sein.
Hier gibt es den Stundturm, der auch die Wochentage anzeigt, das Haus, in dem der “echte Dracula” angeblich das Licht der Welt erblickte, eine für die Schüler der Stadt vorsorglich überdachte Schultreppe hoch zum Lyceum neben der Burgkirche, Kopfsteinpflasterstraßen und bunte, schön restaurierte Häuser. In der Stadt sind viele Deutsche unterwegs, offenbar auf der Suche nach den Spuren der Vergangenheit. So erklärt ein alter Herr seinem etwas desinteressiert wirkenden vorpubertierenden Enkel Jonathan, dass er hier diese Treppe jeden Tag zur Schule hochgelaufen ist. Und das ist wohl noch heute so, wie die alte Frau in Malanvcrav heute schon erzählt hatte.
Lohnenswerte Sehenswürdigkeiten: Malancrav (Malmkrog) mit toller Kirchenburg (unbedingt von innen ansehen) und Biertan (Bierthelm) von außen, Sighisoara (Schässburg).