TAG 1 – Mittwoch, 12. September 2012
Strecke: Wiesbaden-Bingen am Rhein-Frankfurt am Main-San Francisco
Gefahrene Meilen: äh, viele. Und nicht gefahren, sondern geflogen. Gottseidank.
Zuhause: Holiday Inn Golden Gateway
Natürlich bin ich um 6 Uhr wach. Nach vier Tagen bügeln, sortieren, aufräumen, last minute Einkäufen und diverser Organisation ("Ähm, Schatz, ich fahr noch mal kurz in die Agentur, ich hab vergessen, die Campgroundliste auszudrucken ...") bin ich zwar fertig wie das sprichwörtliche Brot, aber eben auch uffgereecht wie sonstwas. Was zur Hölle haben wir uns eigentlich dabei gedacht??? Es liegen ja ehrlich gesagt drei Wochen vor uns, von denen wir absolut keine Ahnung haben: USA – ja, kennt man aus Film und Fernsehen. Aber Wohnmobil? Die aus dem Internet ausgedruckten Checklisten zu den Themen "Übernahme", "Unterwegs mit dem WoMo" und "Fachbegriffe rund ums WoMo" rufen bei mir Schweißausbrüche aus. Und Schlaflosigkeit. Aber ich hab ja den Männe dabei, der kennt sich zumindest mit Autos aus. Und ist technisch und mechanisch fit. Und wenn ich mit dem Katzenblick komme und auf was zeige und sage "Schatz, reparierst du das bitte?" klappt das schon.
Tiggers Stubentiger schnarcht neben mir. Hachja, wenn man die mitnehmen könnte ... Wer verstopft mir morgens das Bett so, dass ich nicht rauskomme? > Der Männe, es wird nur 1,40 m breit sein ... Wohnungscheck. Haben wir alles? Ist alles da, wo es hingehört (die Katzen NICHT im Koffer!)? Sieht gut aus, also los gehts!
Wir fahren Männes S80 zu seinen Eltern und lassen uns da vom Transfer abholen. Das Ganze klappt trotz der etwas unorganisierten Dame ganz gut, gottseidank habe ich schon so viele Freunde zum Flughafen gebracht, dass ich den Weg prima erklären kann. Punkt 12 Uhr stehen wir am Check in und beantworten merkwürdige Fragen wie "Wie alt ist Ihr Koffer?" "Sind Sie sicher, dass Sie ihn alleine gepackt haben?" und so weiter. Anscheinend haben wir alles richtig beantwortet, wir bekommen einen "Security Check"-Bapper auf unsere Pässe geklebt. Beim Security Check an sich ist nix los und auch sonst wirkt das alles hier recht ausgestorben – kein Wunder, wir starten vom noch nicht vollständig geöffneten Terminalteil Z. Dementsprechend langweilig ist die Warterei bis zum Boarding, hier haben einfach noch keine Läden auf.
Dann kommt der Vogel an – eine Boeing 747 in Star Alliance-Beklebung. Mir schwant Böses ... richtig: Das ist ein echt alter Vogel von 1998. Also ziemlich durchgesessene Sitze und natürlich KEIN In-Seat-Entertainment. Su-per. Klar gehts auch ohne, aber bei 11 Stunden Flug mach ich mir halt gern die Welt, wie sie mir gefällt. Mann!
Der Blick ins Heft: Men in Black 3 (hab ich schon gesehen), ne dämliche Kinder-Kriegen-Komödie (so uninteressant, dass ich den Titel vergessen habe), The Avengers (ähm, ok) und Mirror, Mirror (joah, weiß nich ...). Hör ich dann halt den 80er-Hits-Kanal, wa? Neben mir am Fenster sitzt ein Mädel, das für ein Austauschsemester nach Hawaii fliegt ... wow, das ist doch mal was Feines!
Der Flug in Kürze zusammengefasst:
Snack (Brezeln und Getränk) – 1. Film zum Training auf Englisch geguckt – Hauptessen Kichererbsencurry mit Spinat und Reis, Salat und Kuchen (SUPERLECKER! Ehrlich!) – 2. Film Scheiße, also Lesen, Mukke hören und Poofen – Ein paar Folgen 30 Rocks und The Big Bang Theory, die ich noch nicht kenne (GEHT DOCH!) – Vanilleeis mit Cracker und Frischkäse, Kaffee – beim 3. Film eingepennt – und auf den 4. Film dann keine Lust mehr gehabt – ich will RAAAAAUUUUUS hier.
11.41 Stunden ist echt lang. Wir hatten es auch stellenweise mehr als unruhig dank Luftlöchern und Co., ich hab mir halt oft die Füße vertrapscht, wenn wir uns nicht im angeschnallten Zustand befinden mussten.
Und dann: Herzlich willkommen in San Fancisco! Das Wetter macht einen guten Eindruck, die Sonne scheint.
Doch noch trennt uns von wirklich amerikanischen Boden die ... (hier sich sich die erfrischende Melodei aus Der Weiße Hai vorstellen) IMMIGRATION.
Was hab ich monatelang dem Männe immer wieder vorgebetet: Flipp nicht aus, bleib ruhig, egal, wie doof die Fragen sind. Antworte ruhig, geh da hin, wo sie dich hin haben wollen. Egal, ob das die längste Schlange ist. Keine schlechten Witze, kein Starren auf die Maschinengewehre ... usw. Ich hatte 2x in Boston echt fast die Hosen voll deswegen.
Wir kommen in die Halle und dürfen uns selbständig (! OMG!) dort anstellen, wo wir wollen. Aha. Nach 10 Minuten waren wir auch schon dran. Ein lächelnder älterer Herr empfängt uns.
"Where do you stay here in San Francisco?" "Holiday Inn Golden Gateway." "Do you know the address?" "Sure, 1500 Van Ness Avenue ..."
" Ahhh, Van Ness Avenue! ...." Er erklärte uns ausführlichst (!), dass es da um die Ecke eine total abgefahrene Bier-Kneipe gibt und dass die Biere aus der ganzen Welt am Start haben und dass er da letztes Wochenende total betrunken raus kam! Aber es wäre der Hit. Sollten wir unbedingt machen!
Äh, ... weiter gings, er starrt in meinen Pass (Oh Gott, bitte nicht meinen persischen Vornamen ansprechen ...):
"Oh, where the hell is Mutlangen (mein Geburtsort)?" "That's near Stuttgart ..." "Ah, they bulid the VW there, right?" "Äh, no, it is Mercedes and Porsche." "Yeah, you're right!" Krieg ich jetzt zur Belohnung ein Kaugummi, oder wie? Ich schwitze trotzdem. Wann kommt denn jetzt der unangenehme Teil?
"So, what is Mutlangen famous for?" ... Da war es. Pershing-Rakten. USA gegen die Russen. Kalter Krieg. Demos. ... UAH!
"Ähm, the Army was based there with their famous pershing missiles ..." " Good girl!"
Es macht 4x BÄM und wir haben alle Stempel in unseren Pässen, die wir brauchen. "Have a wonderful time in the U.S., folks!"
Völlig geflashed laufen wir weiter zur Gepäckausgabe.
Männe: "Und wegen so was mach ich mir seit 2 Stunden Gedanken???"
OK. Es ist San Francisco. Offensichtlich tragen die hier immer noch mental "flowers in their hair." Und die Ostküste, New York und all das 9-11 ist ja auch ordentlich weit weg. Ich verstehs zwar nicht, lache aber noch bestimmt eine Stunde lang in mich rein ... Pershing ... die 80er ... jaja.
Das war wohl die coolste Immigration in meinem ganzen Leben. Danke, Officer .... den Namen wollte ich eigentlich merken. Ich würd nie mehr zu jemand anderes wollen.
Unsere Koffer sind auch schon da und wir machen uns auf die Suche nach 1. ner Toilette und 2. den Shuttle-Bussen, von denen ich weiß, dass sie im Gegensatz zu Taxis nur 17-18 Dollar kosten sollen. Auf dem Weg da hin quatscht mich ein African American an: " You need a Shuttle?" "Äh, yes, no, ... how much is it to the Holiday Inn Golden Gateway?"
Oh Mist, Mist, Mist, der zockt uns ab und ich fall drauf rein. Männe trapscht schon weiter ... Der Typ hält mir eine eingeschweißte Tarifkarte unter die Nase: 17 Dollar pro Person. Und die beiden Österreicher hinter ihm sind auch schon dabei. OK, aber ich muss noch aufs Klo. So warten alle vor der Toilette auf den Tigger, wir trapschen dem Schwarzen ins Parkhaus hinterher und stehen vor einem riiiiieeeesigen schwarzen Escalante mit Glitzi-Glitzi-Chrom allüberall.
Männe schaut mich an und fragt flüsternd: "Himmel, was kostet uns das denn?" 17 Dollar pro Person. Ich glaubs erst, wenn wir da sind.
Und das war auch so. Nach einer dreiviertel Stunde super angenehme Fahrt in einem unglaublich bequemen Auto drücken wir ihm 40 Dollar in die Hand und er wünscht uns einen ganz wunderbaren Urlaub. Wow. Echt super. Also: Falls ihr den mal am Flughafen erwischt - zugreifen! Die Shuttlebusse sehen nämlich Scheiße aus ...
Unser Blick ausm Fenster: Welcome to California and have a nice day!
Ab dem nächsten Tag gibts dann mehr Bilder, ich hatte keine Energie, mehr zu knipsen ...
Das HI Golden Gateway ist ein ziemlich alter Hochhausschuppen, aber für eine Nacht ganz ok. Unser Zimmer ist leider ziemlich weit unten und zur falschen Seite raus, aber wir sind eh viel zu fertig, um deswegen traurig zu sein. Das Zimmer ist sauber, das ist wichtig. So. Und jetzt? Jetlag-Überwindung! Um die Ecke im Telekomladen erstehen wir kurz vor Ladenschluss eine Prepaid-Karte für unser altes iPhone. Die Karte ist für Notfälle, Spontan-Vorreservierungen und Co. gedacht. Kostet 50 Dollar (Flat in alle amerikanischen Netze und 100 MB Download pro Monat). Dann machen wir uns in der Lobby schlau, wie wir am besten zum Fishermans Wharf/Pier 39 kommen. Futter! Wir brauchen Energie! Mir ist jetzt nicht nach kreativer Lokalitätssuche und da bin ich mir sicher, findet sich was. Falls nicht, ist da ein Hard Rock Cafe, in dem es in jedem Fall anständiges Futter gibt. Futter ...
Für 2 Dollar pro Nase (ACHTUNG: Beim Bezahlen im Bus selbst un-be-dingt passend dabei haben. Sonst wird das nix! Deswegen fuhren wir erst mit dem ZWEITEN Bus ... grrrrr ... Futter ... aber das hatte ich ja schon erwähnt) fahren wir mit dem Bus runter zum Pier 39. Der Busfahrer war übrigens ein echtes Original: Der sagte JEDE Haltestelle "von Hand" an, mit allen Umsteigemöglichkeiten und begrüßte und verabschiedete jeden Gast! "Hey, have a nice night and sleep well, my dear!" Hammer!!! Wenn der noch beim Fahren gesungen hätte ... wär ich umgekippt.
Am Pier 39 angekommen hatten wir wirklich keinen Bock, lang zu suchen. Spontan zog es uns ins "Wipeout", das hatte ich immerhin schon mal auf ner Website (diese super Monsterseite nur für SF) für lecker empfunden gelesen. Innen total "versurft" fühlten wir uns aber direkt wohl. Für jeden gabs einen leckeren Burger mit Pommes und Salat. Ich gönnte mir ein Sam Adams (uah, endlich mal wieder!!!). Wir hingen aber echt wie zwei Schluck Wasser in der Kurve ... "Are you all right?" "Äh, yeah, it is just the jetlag hitting us directly in our faces" ...
6.00 Uhr CET bis 22.00 Uhr Pacific Time. Macht 26 Stunden auf den Beinen. Igitt. Nach "ein bisschen" Wartezeit an der Haltestelle schafften wir es immerhin, ohne Einzuschlafen an der richtigen Haltestelle wieder auszusteigen. Hurra. Bett. Wecker stellen (der El-Monte-Shuttle kommt um 7.15 Uhr)
Gute Nacht, Freunde.
Hotel: 124 Euro
Shuttle: 34 Dollar (ohne Tip)
Bus: 4 Dollar
Telekom-Karte: 50 Dollar
Vielleicht noch interessant für El Monte User: Man muss nicht mehr am Vortag dort anrufen, um die Ankunft und damit das Shuttle zu bestätigen.
Geht auch so. Denn bei uns war das Büro gar nicht mehr besetzt, der Typ von der allgemeinen Hotline hatte keine Ahnung und ich war wieder am Schwitzen. UAH!
Also: Keine Panik, der Shuttle kommt trotzdem. Das weiß ich aber erst am nächsten Tag ...