Tag 8 (Samstag)Paklenica Nationalpark: Wanderung Pasji klanac - Vidakov kuk - Zoljin kuk - Manita pec - Velika Paklenica - Njivarska strana - Ramici - Pasji klanacDen gestrigen Abend verbrachten wir u.a. mit der Nase auf der Wanderkarte. Die für heute geplante Wanderung in der kleinen Paklenicaschlucht führt auf längeren Strecken durch das Flussbett der Mala Paklenica, nach Regen ist dort Vorsicht angesagt, meint unser Wanderführer und wir verschieben die Schluchtenwanderung auf Morgen.
Alternativen kennt unser Kroatienreiseführer, ab dem Dom Paklenica zum Vidakov Kuk, ins Reich der Felsnadeln. Das klingt gut, allerdings möchten wir nicht erneut durch die Velika Paklenica bis zur Berghütte aufsteigen, da waren wir ja gestern. Ein Blick auf die Karte und wir haben unsere Wanderroute, die von Westen von einer Fahrstrasse nach Jatara und Golubinka via Vidakov Kuk zur Höhle Manita Pec führt, von dort Abstieg in die Velika Paklenica und eine Wanderroute die sich Njivarska strana nennt und über ein nur zu Fuss erreichbares Bergdorf (Ramici) retour zur Fahrstrasse.
Um 9.00 Uhr sind wir abfahrbereit und folgen der immer schmaler werdenden Strasse zunächst über Punta und Dokoze hinauf in die Berge. Durch ansprechende Landschaft zieht sich die Strasse mal in Serpentinen mal in Steilaufschwüngen die uns zum Zurückschalten zwingen hoch in die Berge. An einem geschotterte Platz neben der Strasse stoppen wir und geniessen eine sensationelle Aussicht auf die bleichen Berge des Velebits im Rücken, auf Starigrad und das schimmernde Meer.
Die Strasse schwingt sich weiter steil bergan, vorgbei an Milovci Bristovac. Der Blick auf die zerklüfteten Velebitgipfel ist atemberaubend und wir sind voller Vorfreude auf die Wanderung. Wer nicht wandern möchte, von der Strasse hat man geniale Aussichten und sie führt mitten hinein zwischen die bleichen Berge die aus einer lieblich grünen mediterranen Gebirgslandschaft herauslugen.
In langsamer Fahrt spähen wir den Einstieg Richtung Vidakov Kuk aus, ein unscheinbarer Pfad, den man leicht übersehen kann. Aber das in der Nähe parkende Auto hilft uns bei der Suche. Wir parken unseren Skoda-Kombi neben den Skoda Oktavia mit kroatischem Nummernschild, schultern die Rucksäcke und laufen ein kurzes Stück auf der Fahrstrasse zurück bis zum steilen Einstieg. Ein Wegweiser mit der Aufschrift "Manita Pec 2.30 h" lässt uns stutzen und gibt uns einen Vorgeschmack von dem Gelände was uns erwarten wird. 2,5 Stunden für eine relativ kurze Strecke, da muss es schon durch anspruchsvolleres Gelände gehen.
Nachdem wir ein reichlich unebenes Blockfeld aus scharfkantigem Karst gequert haben, laufen wir durch eine duftende Wiesenlandschaft, entlang der für die Region so typischen Trockenmauern.
Wir passieren ein aufgegebenes Steinhaus das inzwischen zur Ruine verfallen ist und nähern uns mit spektakulärsten Aussichten dem balancierenden Felsen, der neben den Schluchten eines der bekannteren Fotomotive im Paklenica Nationalpark ist. Leider steht die Sonne nicht optimal und wir erwischen den phallusartig aufragenden Felsbrocken nicht von seiner Schokoladenseite.
Der zunächst gut gangbare Weg wird schmaler und holpriger, immer wieder folgen kleinere Klettereinlagen, die ich nach dem Armbruch zunächst noch mit grosser Vorsicht absolviere. Längst haben wir die Grenze zum Paklenica Nationalpark überschritten, die durch ein vom Pfosten gefallenes Holzschild markiert wird. Die spektakuläre Karstlandschaft zieht uns in ihren Bann, wir balancieren über scharfe Karstfelder, kraxeln zwischen und um Felsen herum, immer den Rot-Weissen-Punktmarkierungen folgend.
Der Vidakov Kuk lockt und wir wagen den kurzen Aufstieg durch eine Rinne hinauf auf den Gipfel. Wer Bergwandern in den Alpen gewohnt ist, wird sich auf dieser Strecke umschauen, gesicherte Passagen und Aufstiegshilfsmittel bis dato Fehlanzeige und so sollte man Trittsicherheit und ein wenig Geschick beim Herumkraxeln mitbringen. Ein falscher Schritt und in dem unebenen Gelände mit den messerscharfen Karstfelsen könnte man sich böse verletzen.
Manchmal verliert sich der Weg im Gelände und es scheint, als gäbe es in dem unwegsamen Terrain das sich vor einem ausbreitet, kein Weiterkommen. Dann heisst es die nächsten Markierungen suchen, die teilweise von Büschen zugewuchert sind, insgesamt ist der Weg aber hervorragend markiert und was zunächst ungehbar erscheint wird plötzlich klar, wir wandern auf einer pektakulärer Route durch die Karstberge des Velebits, vielfach mit Meerblick, immer aber mit genialen Aussichten auf die bleichen Berge und grüne Schluchten im Hinterland des Paklenica Nationalpark.
Knubbel, Grate, Gipfel, Felsnadeln, grüne Abhänge und tiefe Täler und das fast ganz für uns Alleine. Seit wir heute Morgen am Wagen losgelaufen sind, haben wir genau einen weiteren Wanderer getroffen. Wir sind so richtig begeistert und können uns nicht satt sehen an dem Festival der Schönheit das die Natur hier veranstaltet.
Der Weg führt auf eine Felsstufung zu. Etwas ratlos stehen wir da und sind uns uneins welches die beste Aufstiegsroute ist. Die Markierung lotst über eine luftige, sehr ausgesetzte Passage, ungesichert. Die möchte ich nicht unbedingt gehen und sehe eine andere Aufstiegsmöglichkeit, aber keine Ahnung wie es oben aussieht, ob nicht unüberwindbare Rinnen im Karst das Weiterkommen auf der Alternativroute verwehren. Stimmen kündigen weitere Wanderer an und wir warten ein wenig um die Wanderer nach dem Gelände oben zu fragen. Eine Gruppe Österreicher, allesamt bergerprobt empfehlen den Aufstieg entlang der Markierungen und beklagen sich über den anspruchsvollen Abstieg und finden sie ausgesetzt und gefährlich. Wohlbehalten steigt Einer nach dem Anderen über den kniffligen Grat ab und die 5 Österreicher warten noch bis auch wir sicher aufgestiegen sind. Puh, erst mal geschafft, und das mit dem noch etwas kraftlosen Arm nach dem Bruch - aber es soll noch eine weitere sehr luftige Stelle geben, die man aber mit einem Drahtseil gesichert hat.
Oben angekommen, machen wir erst mal Mittagsrast, futtern Brötchen, belegt mit Dosenwurst und tanken Energie für den weiteren Weg. Im Verlauf bleiben die Aussichten weiter spektakulär, eine herrliche Felslandschaft, unterbrochen von grünen Wiesen aus denen die Karstgipfel wie Inseln im grünen Meer herausragen.
Die schwierigsten Wegstücke haben wir hinter uns, der drahtseilgesicherte Abstieg veranlasst uns zwar dazu, die Kamera in den Rucksack zu packen, aber die Stelle ist auch nicht schwieriger als die Abschnitte die wir schon hinter uns haben. Wir wandern mit Genuss und Begeisterung, stoppen immer wieder für Fotos oder um Pflanzen und Karst zu bewundern.
In einiger Entfernung sehen wir den Aussichtsbalkon bei Manita Pec sein, wir sind fast bei der Tropfsteinhöhle. Für die laut Beschilderung 2,5 Stunden Weg haben wir mit den vielen Fotostopps und einigen Verschnaufern etwas mehr als 3 Stunden gebraucht. Seit wir losgelaufen sind, sind gar über 3,5 Stunden vergangen. Die Höhle ist jedenfalls geschlossen, aber bei dem sonnigen Tag im Gebirge fällt der Gedanke an Höhlenbesuche eh schwer. Neben der Höhle steht eine Tafel mit dem Wegenetz des Nationalparks. Zusätzlich zu den Wanderwegen hat man die Karte mit Nummern versehen zu der man über die Kartenlegende den Schwierigkeitsgrad abrufen kann. So erfahren wir, dass wir soeben einen der 3 schwierigsten Wanderwege im Park bewältigt haben, Schwierigkeitsgrad 4,5 von 5. :EEK:
Ab Manita Pec ist der Weg hervorragend ausgebaut, breit und eben und wir steigen hinab in die Velika Paklenica die wir von unserer gestrigen Wanderung schon kennen. Da wir aber heute viel besseres Wetter haben, verweilen wir mit Blick auf die Steilwand Anica Kuk und wandern die grosse Paklenica Schlucht hinauf bis zum Abzweig der uns über das Teilstück Njivarska strana nach Ramici führen soll. Unsere Hoffnung, dass das strana in Njivarska nicht von strenous = anstrengend kommt, bewahrheitet sich nicht. Der Weg führt praktisch ab dem Velika Paklenica-Abzweig stramm steil nach oben und erklimmt die Höhenmeter in wenigen steilen Serpentinen. Diese schweisstreibenden km fordern ihren Tribut, der Getränkevorrat schrumpft und wir haben schon Sorgen, dass unsere Wasservorräte nicht reichen. In der Velika Schlucht kann man immer wieder an Quellen nachtanken, aber hier oben auf den Karstflächen versickert das Wasser und Quellen sind Mangelware bzw. nicht vorhanden.
Der Weiler Ramici liegt nicht ganz so verlassen da, wie erwartet. Eines von der Hand voll Häuser wurde liebevoll renoviert, die anderen zumindest stabilisiert, sodass der Verfall nicht weiter voranschreitet. Ins Dorf gelangt man nur zu Fuss und wir stellen uns gerade vor, wie schwierig der Transport von Baumaterial, Lebensmitteln und Alltagsgegenständen in diese entlegene Bergdorf ist. Hubschrauberflüge zur Versorgung kann ich mir im Hinterland der kroatischen Küste nur schwer vorstellen.
Nach dem Dorf laufen wir wieder an den typischen Trockenmauern entlang, über duftende Wiesen die von vielen Schmetterlingen im Tiefflug überflogen werden. Die Anstrengungen des Tages sind vergessen, wir sind einfach nur glücklich und rundum zufrieden mit dem Tag.
Zu sorglos sollte man allerdings nicht werden, denn plötzlich ergeht eine Warnung, Vorsicht Schlange. Bis ich an die Stelle komme, hat sich das Reptil schon vom Weg ins hohe Gras geflüchtet und ich sehe nur noch undeutlich eine sich entfernende gemusterte Schlange. Mein Mann meint, es wäre keine der giftigen Hornvipern gewesen, sehr beruhigend, aber ab jetzt haben wir unseren Blick wieder mehr auf dem Boden und in Höhe der Büsche und Sträucher, denn Hornvipern sollen sich gerne auf Ästen und Sträuchern aufhalten. Ausserdem wenn sie sich bedroht fühlen, bis zu 1,50 m hoch emporschnellen können.
Wir verlassen den Paklenica Nationalpark, die Parkgrenze wird auch hier von einem Holzschild markiert und nutzen dies zu einem abschliessenden Fotostopp entlang des Weges. Der letzte Wegabschnitt ist uns bereits vom Morgen bekannt und als wir nach Stunden unser parkendes Auto erblicken, breitet sich Müdigkeit aus. Noch ein wenig balancieren über ein paar kleinere Karstausläufer und das letzte unebene Stück bis zur Fahrstrasse und dann haben wir es geschafft. Auf dem Asphalt eiern wir mehr als dass wir laufen.
Irgendwie scheint das scharfkantige Gestein unseren Schuhsohlen nicht gut getan zu haben, jedenfalls haben wir das Gefühl, das die Sohlen total verzogen sind. Bis zum Auto gibt sich das, aber im Nachhinein bin ich froh, dass ich meine neuen Wanderschuhe nicht mehr rechtzeitig eingelaufen habe und mit den alten Hanwags nach Kroatien gestartet bin. Im Profil der Vibramsohle hat der messerscharfe Karst deutliche Spuren hinterlassen, einige Stollen sind entweder ausgebrochen oder abgeschnitten, dazu hat das Leder oberhalb des Geröllschutzrandes einige Schnitte und viele Kratzer mehr.
Im Auto wechsel ich auf bequeme Crocs und im Licht der Golden Hour fahren wir die Fahrstrasse zurück nach Paklenica und geniessen im Abwärtsfahren nochmals feinste Aussichten auf die Bucht und das Meer und mit Blick zurück auf die bleichen Felsen des Velebits.
Sollte es bis heute noch irgendeinen Zweifel gegeben haben, dass Kroatien ein prima Wanderrevier ist, so sind die restlos beseitigt. Zurück auf dem Campingplatz und nach einer wohltuenden Dusche, gönnen wir uns zur Feier des Tages eine Pizza to Go aus der Konobia des Platzes und verzehren die lecker belegte und knusprig gebackene Teigflade zu unserer letzten Flasche Wein.
Zu müde für den Sonnenuntergang am Meer, sitzen wir anschliessend noch im Schein der Gaslaterne vor dem Zelt, lesen und überlegen was wir Morgen machen sollen. Nach der 9 stündigen Wanderung heute, schmerzen die Knie und wir wollen unseren müden Knochen einen Erholungstag gönnen. Und dazu haben wir auch schon eine Idee, den Zrmanja Canyon.