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Autor Thema: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen  (Gelesen 11150 mal)

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Franz Fredinand

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War Anfang März ne Woche in Boston (wie toll ist denn bitte Boston?!) und Ende März 9 Tage in NYC (wie wahnsinnig ist denn bitte New York?!), dazwischen war ein 15-tägiger Roadtrip in bester Steinbeck-Manier geplant. Da ich aber weniger Geld, weniger Zeit, und weniger Pudel als der gute Herr Steinbeck hatte gings allerdings nur durch die halben USA, und statt Rocinante gab´s nur nen handelsüblichen Mietwagen, den ich aber immerhin, aus Mangel eines vierbeinigen Beifahrers, "Charley" taufte. Als grobes Ziel und Umkehrpunkt war White City, Kansas ausgegeben, nicht etwa weil es der langweiligste Ort der ganzen USA ist, sondern weil ich das Glück hatte ein Jahr meines noch jungen Lebens dort verbracht zu haben, und wenn man schonmal in Boston ist bietet sich ja eine Rückkehr nach Kansas geradezu an, vor allem im März, wo weder wilde Schneegestöber noch vereiste Straßen oder Tornados auf den ca. 1200 Meilen auszuschließen sind. Demnach war ich bis zum Abfahrtstag skeptisch, ob ich die Reise überhaupt so antreten würde oder einen Notfallplan in Richtung Florida entwerfen müsste, und Wetterberichte wurden täglich auswendig gelernt. Mit dem Ergebnis, dass mich das Wetter nicht davon abhalten konnte, loszufahren, und ich mich an einem Dienstagmorgen schwergepäckbepackt auf den Weg zur Autovermietung machte. Als ob es noch eines Beweises bedurfte, dass die Amerikaner den Zusammenhang zwischen Benzinverbrauch und stetigem Schlechterwerden unseres Planeten noch nicht so ganz verstanden haben, bot man mir statt meines gebuchten Kleinwagens ein Gratis-Upgrade zum SUV an, das ich natürlich dankend ablehnte und stattdessen einen zwar leicht dreckigen, aber immernoch nicht gerade kleinen, "Kleinwagen" erhielt: "Charley"!

to be continued...

IkeaRegal

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #1 am: 10.04.2006, 21:27 Uhr »
WOW, ich freu mich jetzt schon auf den Bericht. Vor allem, wie kommt man auf die dolle Idee komplett alleine so ne Tour zu bewältigen? Erinnert mich an den Film "Elizabethtown", wo der Kerl hinterher auch quer durch die Staaten fährt um zu sich selbst zu finden.

Franz Fredinand

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #2 am: 10.04.2006, 23:09 Uhr »
Dann mal schnell zum nächsten Kapitel, hoffe ich bringe das ganze in den nächsten Tagen irgendwie zu Ende, sonst müssen Millionen von Forum-Lesern warten bis die extended version in Buchform erscheint  :D

Und zum IkeaRegal: Die Frage nach dem "Wieso mach ich das eigentlich?" habe ich mir natürlich auch oft gestellt, und bin mir immer noch nicht so ganz sicher was die beste Antwort darauf ist. Elizabethtown hab ich nicht gesehen, aber ich bezweifle mal das ich da die Antwort für mich finde. Am ehesten anfreunden kann ich mich mit irgendetwas hiervon:
-Langjährige Nordamerika-Faszination, gepaart mit der Überzeugung dass das "echte" Amerika (oder eins von vielen "echten" Amerikas) für mich viel mit Alltäglichem fernab von Metropolen wie NYC oder LA zu tun hat. Gab auf jeden Fall unzählige Momente unterwegs, die sich in meinen Augen unglaublich "amerikanisch" anfühlten, ganz kleine, unbedeutende Dinge, z.B. Frühstück in nem Diner irgendwo im Osten von Nebraska.
-Faszination Straße: Eins vorneweg: Ich fahre hierzulande kein Auto. Nie! Insofern war die viele Fahrerei, die anderen wohl eher viel zu stressig gewesen wäre, für mich richtig großartig. Ich nehme jetzt nicht so blöde Worte wie Selbst-Therapie in den Mund; es war einfach schön, soviele verschiedene Landschaften und Orte aus dem Autofenster zu beobachten.
-Für Leute, denen das nicht aufregend genug ist (und für den Teil von mir, der überzeugt ist dass ich mir mit den vorangehenden Erklärungsversuchen nur selber was vormache): Vielleicht war es auch einfach der Versuch, einem einsetzenden Anflug von Alltags-Lethargie mit einem großen Abenteuer entgegenzuwirken, oder doch ein (erfolgloser?)Selbstfindungsversuch, oder gar der verzweifelte Wunsch, meine allererste große Liebe wiederzusehen???
Auf jeden Fall bin ich mittlerweile eigentlich soweit, die Frage nach dem Warum fallenzulassen und der Tatsache, dass ich einen unvergesslichen Trip hinter mir habe, einfach so ins Auge zu sehen.

Jetzt aber, wo war ich stehengeblieben... jetzt merke ich gerade dass ich nicht dazu fähig bin, Fotos hochzuladen, dass tut mir ja jetzt etwas Leid, aber: es wurde kein Bild hochgeladen. Wie auch immer...

Nach einer Woche in Boston hatte ich natürlich schon ein Bild von dem Wahnsinn, den die Leute dort Straßenverkehr nennen, und war deshalb auch heilfroh, als ich auf direktem Wege via Interstate die Stadt hinter mir ließ. In Charleys CD-Player sang die beste Boston-Band aller Zeiten, The Dresden Dolls, über schwarze Jeeps auf den Straßen von Boston, während ich mit einem silbernen Chevy Monte Carlo ebendiesen Jeeps und Straßen den Rücken kehrte. Schon nach den ersten Metern auf der Interstate ein unbeschreibliches Gefühl von Euphorie und vor allem die Bestätigung, dass der Gedanke, dass ein solcher Trip wirklich unglaublich sein würde, nicht ganz falsch war. Erstes Ziel, das ich auf dem Weg nach Kansas unbedingt ansteuern wollte, war Pittsburgh. Da mir das aber für den ersten Fahrtag dann aber doch eine zu lange Fahrt zu sein schien, hatte ich vorher im Internet auf ungefähr halber Strecke ein Örtchen in den Bergen von Pennsylvania entdeckt, dass den Namen des amerikanischen "Athlete of the (20th) Century" trägt: Jim Thorpe, Pennsylvania. Da diese Strecke wiederum nicht zuviel Fahrerei für einen Tag versprach, nahm ich nicht den direkten Weg Richtung Westen, sondern fuhr erstmal ein wenig die Küste entlang, um immer wieder an kleinen oder großen Einbuchtungen entlang des Highways den Atlantik zu sehen. Oft waren diese Buchten mit teils atemberaubenden Brücken zu überqueren, und wenn man sich nicht auf dem Highway befunden hätte wäre man am liebsten auf jeder dieser Brücke angehalten, um die schöne Aussicht zu genießen. So aber ging es mit dem Auto erst durch Massachusetts, dann durch Rhode Island, wo der erste Schnee an den Straßenrändern vereinzelt zu sehen war, der aber so aussah, als würde er schon immer dort liegen, und nicht als wenn er Vorbote düsterer Schneestürme wäre. Überhaupt war das Wetter perfekt, um im warmen Auto durch das kalte, aber sonnige und blauhimmlige New England zu fahren. In Connecticut schließlich Zeit für eine erste Pause, und laut Karte sah New London wie das genau richtige kleine Küstenstädtchen für eine Pause aus. Nach einem kurzen Spaziergang am Wasser (spätestens hier wäre das nächste Foto fällig, wenn ich wüsste wie´s geht), machte ich die erste von vielen zufälligen Entdeckungen während meines Trips: In New London steht, relativ unscheinbar zwar, aber immerhin, das Geburtshaus von Eugene O´Neill! Eugene O´Neill!!! Ein bischen mehr Begeisterung bitte! Vielleicht war es auch garnicht das Geburtshaus sondern nur eins von vielen Wohnhäusern, aber auf jeden Fall ein Stück Leben des genialsten Dramatikers aller Zeiten (und Namensgebers meiner Katze). Nach dem langsamen Abklingen meiner Begeisterung über diese unverhoffte Überraschung, und nach einem kleinen Imbiss, ging es weiter auf vier Rädern, rein in den Staat New York, einen kleinen Bogen um NYC machend, aber trotzdem ein wenig im New Yorker Stau steckenbleibend. Dann ein kurzes, ereignisarmes Stück New Jersey, ehe mir die Kassierstation des Pennsylvania Turnpike nahelegte, dass ich nun in Pennsylvania war (wegen $.50 halten die da jeden extra an, sowas Lächerliches...). Nach soviel Meer am ersten Fahrtag merkte ich erst langsam, dass es immer hügeliger wurde. Nachdem ich mich mit dem Gedanken angefreundet hatte, dass ich den Atlantik jetzt erstmal für eine ganze Weile nicht mehr sehen würde sondern stattdessen erstmal die Appalachians durchqueren würde, genoss ich die wunderschöne Berglandschaft. Als es langsam dunkel wurde fragte ich dann doch mal einen dubiosen Asiaten an einer dubiosen Tankstelle mitten im Nichts nach dem Weg nach Jim Thorpe, und eine halbe Stunde war ich auf dem Broadway jenes Bergdorfes. Mein angepeiltes Guesthouse (Mary´s Guesthouse... besser geht´s nicht... unbedingt hinfahren... SCHLEICHWERBUNG!!!!) fand ich allerdings erst, nachdem ich erfuhr, dass es gleich zwei Broadways in diesem Ort gab. Natürlich war ich der einzige Gast im Gasthaus, dass eigentlich der umgebaute Teil eines Wohnhauses zweier netter Einheimischer ist, obwohl mir diese versicherten, dass im Sommer Jim Thorpe vor Wanderern und Anglern geradezu wimmle. Die beiden erzählten mir noch einiges über sich, ihr Gasthaus, und ihren Ort, ich über mich, meine Heimat, und meinen Trip, und schließlich schickten sie mich in die bester Bar der Stadt, die immerhin eine erstaunliches Auswahl von sieben Bars zu bieten hatte. Die Geschichte, wie ich in jener Bar einen jungen perspektiv- und hoffnungslosen Einheimischen traf, der am nächsten Tag ins Gefängnis musste und so am vorerst letzten Abend in Freiheit mit mir Rumpel Minze trank (fieser Pfefferminz-Schnaps, aber was tut man nicht alles für einen Mann, der seinen letzten Abend in Freiheit verbringt...), erspar ich euch mal aus Zeitgründen. Nur soviel, dass wir irgendwann getrennter Wege gingen, schließlich hatten wir ja beide am nächsten Tag viel vor...

to be continued...

Kauschthaus

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #3 am: 10.04.2006, 23:42 Uhr »
Hallo Franz Ferdinand,

wegen Bilder einfügen schau mal hier.

Ganz klasse geschrieben, und die Ausführungen über Sinn und Zweck und gedankliche Rationalisierungen sind herrlich.

Mit dem einen oder anderen Bild, und - wenn Du mir diese Anmerkung bitte nicht verübelst - dem einen oder anderen Absatz im Text, wird der sowieso schon interessante Bericht dann vollends zum Genuss.  :wink:

Viele Grüße, Petra
Wenn DAS die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!

Westernlady

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #4 am: 10.04.2006, 23:55 Uhr »
Super Stil  :D  :!:  
Ich freue mich auf die Fortsetzung.

Stephan_

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #5 am: 11.04.2006, 06:27 Uhr »
Hallo Franz Ferdinand,

Dein Reisebericht gefällt mir seht gut, er hebt sich im Stil deutlich von allen anderen ab. Ich bin schon gespannt, wie es weiter geht :-)

stephan
1991 San Francisco - 1993 Dallas - 1995 Seattle - 1997 Atlanta / Mexiko / Kanada - 1999 Seattle - 2001 Detroit / Chicago - 2004 Los Angeles - 2006 Los Angeles - 2008 Los Angeles - 2010 Denver 2012 Seattle - Boston 2013 Las Vegas - 2017 Las Vegas

KarinaNYC

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #6 am: 11.04.2006, 06:48 Uhr »
Bin begeistert von diesem "etwas anderem" RB  :daumen:  - feu mich auf die Fortsetzung!  :D

mrh400

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #7 am: 11.04.2006, 09:05 Uhr »
Hallo,
mal was anderes, macht richtig Spaß beim Lesen.

Allerdings möchte ich mich der Bitte von Petra anschließen: mach ein paar Absätze rein, so habe jedenfalls ich das Problem, daß einem allmählich vor dem Bildschirm das große Flimmern kommt (nicht jeder hat noch perfekte Augen und möchte dennoch Deinen Berichtsstil genießen)
Gruß
mrh400

Doreen & Andreas

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #8 am: 11.04.2006, 10:00 Uhr »
Der Bericht ist super, der Schreibstil brilliant, schreit förmlich nach einer Veröffentlichung in Buchform  :daumen:
Bis es soweit ist, folgen wir dem Geschehen hier im Forum  :wink:
Viele Grüße,
Andreas
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Schneewie

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #9 am: 11.04.2006, 10:47 Uhr »
Danke für den Bericht. Hoffentlich geht es bald weiter!  :arrow:
Gruß Gabriele

atecki

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #10 am: 11.04.2006, 11:35 Uhr »
Hi FF,

der Bericht liest sich toll! Trotzdem eine kleine Anregung: Füge mal eine Zeilenschaltung und eine Absatz ein, dann liest es sich viel leichter...

Grüße

Axel

cleoxx

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #11 am: 11.04.2006, 20:35 Uhr »
Hallo,

super Reisebericht - mal was ganz anderes: Sowohl vom Schreibstil als auch von der beschriebenen Gegend her. Mal wieder etwas ursprünglicheres USA, das gefällt mir gut! Und ein paar Deiner besuchten Staaten stehen auch noch auf unserer "Wunschliste". Da koennen wir uns bestimmt ein paar Geheimtipps abgucken...
Bin auf jeden Fall schon sehr gespannt auf die Fortsetzung und die Bilder!

Grüßle
cleoxx


Franz Fredinand

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #12 am: 11.04.2006, 22:44 Uhr »
So, da bin ich wieder.

Das mit den Absätzen finde ich durchaus nachvollziehbar, hab aber gerade mal probiert es zu ändern, das geht wohl hinterher nicht mehr, aber ich gelobe Besserung für alle zukünftigen Beiträgen.

Nach einigem Hin und Her habe ich jetzt auch die Hoffnung, dass das mit den Fotos jetzt doch klappt; waren, wenn mich nicht alles täuscht, einfach noch zu groß.

Wenn meine mangelnden Multimedia-Kenntnisse mir nicht einmal mehr einen Strich durch die Rechnung macht, hier jetzt mal zu Testzwecken ein Foto von Charley, während seiner wohlverdienten ersten Pause in Connecticut:


Franz Fredinand

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #13 am: 11.04.2006, 23:56 Uhr »
Wooohoo, es funktioniert, jetzt kann mich nichts mehr aufhalten. Aus lauter Freude und Überschwang noch mal schnell ein Foto aus New London nachgereicht



Und zur Belohnung gleich noch mal schnell einen Tag vorgespult:

Nach einer Woche im Jugendherbergsbett in Boston, das zwar nicht komplett unbequem war, aber den großen Nachteil hatte, mit 7 anderen, meist ebenfalls belegten Betten in einem Raum zu stehen, war die erste Nach "on the road" großartig. In Mary´s Guesthouse hatte ich ein Zimmer mit vier großen, bequemen Betten zur Auswahl, und Rumpel Minze trug wohl auch seinen Teil dazu bei dass ich so gut wie lange nicht schlief und am nächsten Morgen beim Aufwachen dachte, dass die nächsten zwei Wochen gerne so weitergehen könnten wie die ersten 24 Stunden.

Zum Frühstück ging´s in das einzige echte Diner von Jim Thorpe (vielleicht sollte eine der 7 Bars mal ne Umschulung in Erwägung ziehen), wo einem wie im Film das (vorsichtig ausgedrückt) einfache Highschool-Mädchen die Eier, den Speck, sowie Toast und Tee an den Tisch brachte, während der dicke und nur begrenzt appetitliche Chef hinter der Theke seinen Chefsachen nachging. Für $2.50 ging´s also wohlgestärkt in den Tag, was ja einerseits nicht wirklich viel ist, andererseits hätte man dafür aber auch fünfmal übern Pennsylvania Turnpike fahren können...

Da ich im Gegensatz zu meiner Rumpel-Bekanntschaft vom Vorabend keinerlei verpflichtende Verabredungen mit irgendwelchen Staatsangestellten hatte, entschloß ich mich mir das anzusehen, was im Sommer angeblich Unmengen von Touristen nach Jim Thorpe zog: Mauch Chunk Lake. Sowohl auf dem ca. 30-minütigen Wanderpfad

als auch am See selber

begegnete mir nicht eine einzige Menschenseele, was zum einen diesen Morgen wunderschön ruhig und friedlich werden ließ und zum anderen dafür sorgte dass mir dass unscheinbare Örtchen mit dem komischen Namen Jim Thorpe als perfektes amerikanisches Berg-Idyll in Erinnerung bleiben wird.

Dann war aber erstmal wieder Schluss mit Idyll, denn ich wollte ja noch nach Pittsburgh. Und zwar aus einem ganz einfachen Grund: Wonder Boys! Sowohl das großartige und empfehlenswerte Buch von Michael Chabon als auch der nicht ganz so großartige aber dennoch empfehlenswerte Film mit Michael Douglas spielen in Pittsburgh und hatten mir den Gedanken in den Kopf gesetzt, dringend mal nach Pittsburgh fahren zu müssen.

Während Charley und ich die entzückenden Landstraßen in Richtung Pittsburgh befuhren, tauchte auf einmal ein Ortsschild mit der Aufschrift Centralia auf, was mich sofort an einen Artikel erinnerte, den ich irgendwann mal über diesen Ort und den dort befindlichen "Highway to Hell" gelesen hatte.Und tatsächlich war es nicht schwer, in dieser mittlerweile beinahe komplett verlassenen, ehemaligen Minen-Stadt, die Warnschilder zu finden, die mich darauf hinwiesen dass die Straße, die vor mir lag, jederzeit einstürzen könnte und überhaupt irgendwie gefährlich wäre.

Da aber jener Artikel dazu aufgefordert hatte, diese Hinweise zu ignorieren, ließ ich Charley stehen und machte mich zu Fuß auf den Weg das verlassene und gesperrte Stück Highway hinunter, während ich mir gleichzeitig vorzustellen versuchte, mir ein Bild von dem zu machen, was mich laut Artikel gleich erwarten würde.

Wenn ich ehrlich bin, wäre ich wohl ein wenig enttäuscht gewesen, wenn ich extra hierfür nach Centralia, Pennsylvania gefahren wäre. Aber da ich absolut zufällig hier gelandet war gab es keinen Grund zu großer Enttäuschung, und eigentlich war es sogar ganz nett, es gesehen zu haben: Das Tor zur Hölle!

Bei dem es sich eigentlich nur um ein unterirdisches Minenfeuer handelt, dass seit 30 Jahren in dieser verlassenen Mine ununterbrochen vor sich hin brennt. Aber selbst wenn man eigentlich nur eine an Ostdeutschland erinnernde Straße (bitte mir keine Bösartigkeit gegenüber Ostdeutschland unterstellen, nichts läge mir ferner), ein wenig Rauch, und einen leichten Schwefelgeruch sieht bzw. riecht, erinnert das ganze in Echt mit ein bischen Phantasie schon ein bischen an irgendeinen Hollywood-Weltuntergang.

Aber genug mit derart Nebensächlichkeiten aufgehalten (die eigentlich wesentlicher Bestandteil meiner Reise waren, wie hätte man das je planen können?), schließlich wollte ich ja noch möglichst im hellen in Pittsburgh ankommen. Was ich auch tat, wobei ich allerdings in einer Eisdiele nach dem Weg fragen musste, den mir der dicke und nur begrenzt appetitliche Chef auch gerne und viel zu schnell verriet, während mir das für ihn arbeitende, (vorsichtig ausgedrückt) einfache Highschool-Mädchen mit einem um Nachsicht bittenden Lächeln schnell seine wirren Anweisungen in verständlicher Form zu Papier brachte, so dass ich dann doch recht bald mein Ziel fand.

Auf welches ich sehr gespannt war, für Pittsburgh sowie die nächsten zwei angedachten Stationen meiner Reise hatte ich nämlich auf der genialen Internet-Seite hospitality club Unterkunft gefunden. Dahinter verbirgt sich ein weltweites Netzwerk von Leuten, die sich grundsätzlich bereit erklären, Reisende für einen kurzen Zeitraum einen Schlafplatz anzubieten. Natürlich muss man nicht jeden dahergelaufenen Fremden in sein Zuhause lassen, aber da ich bei diesen drei Stationen vorher nett angefragt hatte war ich nun doch sehr gespannt, wer sich da eigentlich bereit erklärt hatte, mich zu beherbergen.

Und falls ihr auch sehr gespannt sein solltet (oder auch nur ein ganz kleines bischen), wer mich in Pittsburgh begrüßen würde, was mich sonst noch so wundersames in dieser Stadt erwarten würde, und wieso ich nur wenige Tage später mit einer Außerirdischen vom Planeten Venus durch St. Louis schlendern sollte, dann schaltet auch morgen wieder ein wenn es heißt... obwohl, morgen Abend sehe ich meinem kleinen Stadtteilverein zu, wie er ins Finale des großen DFB-Pokals einzieht, also müsst ihr vielleicht doch ein wenig länger warten. Aber eine Fortsetzung folgt, sofern sie irgendjemanden interessieren sollte, ganz bestimmt. Aber jetzt muss ich dringend ins Bett, gute Nacht und gute Reise(n) allerseits!

KarinaNYC

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #14 am: 12.04.2006, 07:17 Uhr »
Toll das jetzt Absätze drin sind & Fotos!  :daumen:
Der Bericht ist genial....

americanhero

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #15 am: 12.04.2006, 08:51 Uhr »
Ein klasse Bericht!! Ich bin total begeistert und habe jetzt erste inmal alles in Einem gelesen.
So lernt man wenigstens male ien ganz andere Ecke der USA kennen, das ist toll.
Freue mich jetzt schon darauf, wenn es weitergeht, dann habe ich immer ne schöne Lektüre zum Lesen. MIt Absätzen und Bildern ist das Ganze auch echt viel anschaulicher geworde, danke.


Greetz,

Yvonne

Doreen & Andreas

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #16 am: 12.04.2006, 09:34 Uhr »
Zitat von: Franz Fredinand
Aber eine Fortsetzung folgt, sofern sie irgendjemanden interessieren sollte, ganz bestimmt. Aber jetzt muss ich dringend ins Bett, gute Nacht und gute Reise(n) allerseits!

Na aber 100%ig sind wir interessiert (auch wenn wir ebenfalls die Daumen drücken, daß die Frankfurter Eintracht einen norddeutschen Gegner im Finale bekommt  :wink: )
Viele Grüße,
Andreas
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Schneewie

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #17 am: 12.04.2006, 10:09 Uhr »
Na klar interessiert uns Dein Bericht.
Ist absolut super geschrieben.  :D
Gruß Gabriele

Utah

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #18 am: 12.04.2006, 16:46 Uhr »
Zitat von: Franz Fredinand
Aber eine Fortsetzung folgt, sofern sie irgendjemanden interessieren sollte, ganz bestimmt.


Natürlich sind wir interessiert! :-)
Schöner Schreibstil!
Viele Grüße
Utah



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emmipiel

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #19 am: 12.04.2006, 23:03 Uhr »
Hallo Franz Ferdinand,

ich oute mich als "in einem Rutsch Leserin" und erwarte gespannt deine Fortsetzung.

Absätze und Foto´s sind gut gelungen, dein Schreibstil gefällt mir, die richtige Mischung aus Reportage und Entertainment.

Bis zum nächsten Teil :P
Viele Grüße

emmi

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sonny

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #20 am: 13.04.2006, 18:26 Uhr »
Klasse Reisebericht...... und nun mit Fotos !!!!!  :lol:

Weiter so !!!!

super Schreibstil

Grüße

Sonny
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John D. Rockefeller

KarinaNYC

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #21 am: 21.04.2006, 12:46 Uhr »
HUHUUUU? Wann gehts weiter???? Bin schon gaaaaaaaanz neugierig!!!

Doreen & Andreas

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #22 am: 21.04.2006, 13:04 Uhr »
Genau?! Nur weil es St. Pauli nicht geschafft hat, ist das noch lange kein Grund, uns hier warten zu lassen ... :twisted:  :wink:
Viele Grüße,
Andreas
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KarinaNYC

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #23 am: 21.04.2006, 13:32 Uhr »
Zitat von: Doreen & Andreas
Genau?! Nur weil es St. Pauli nicht geschafft hat, ist das noch lange kein Grund, uns hier warten zu lassen ... :twisted:  :wink:
:D  :lol:  :lachen07:

susan

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #24 am: 21.04.2006, 14:06 Uhr »
Super, bin eben auf Deinen Bericht gestoßen.
Beneide Dich um Deine Schreibweise. Zeugt von viel Phantasie und einer gehörigen Portion Humor. :lol:  :groove:

Freue mich schon auf's weiterlesen
Gruß Susan

emmipiel

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #25 am: 21.04.2006, 20:12 Uhr »
ich will ja nicht drängeln, nachdem ich noch in dein Auto gequetscht habe, aber wann geht es weiter? ich hab doch nur noch ein paar Tage und würde gerne noch ein wenig in deinem Bericht lesen. :rotor:
Viele Grüße

emmi

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Franz Fredinand

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #26 am: 22.04.2006, 00:47 Uhr »
Richtig, da war noch was... Kann ja nicht warten bis St. Pauli das nächste Mal im Pokal-Halbfinale steht, auch wenn´s nächste Woche wieder so weit sein könnte!

Nun denn... meine Schlafgelegenheit für Pittsburgh sollte sich als viel mehr als eben nur eine solche herausstellen. Als ich ankam wartete sie (Violet, um die 30, ursprünglich aus Hongkong, Journalistin) schon auf mich und hatte es sich in den Kopf gesetzt mir nicht nur einen Schlafplatz, sondern trotz meines kurzen Aufenthaltes auch eine kleine Stadtführung zu bieten.

Nach einem leckeren Essen in einem kleinen ukrainischen Restaurant hatte sie schließlich noch eine kleine Überraschung parat: Ich hatte ihr in meiner vorangegangenen E-Mail natürlich auch erzählt, dass ich in erster Linie wegen Wonder Boys nach Pittsburgh kommen wollte, und natürlich kannte Violet unter ihren vielen Journalisten-Freunden scheinbar auch welche, die genau wussten an welchen Orten in Pittsburgh die Verfilmung gedreht wurde, so dass sie mich jetzt in eine kleine, unscheinbare Kneipe führte, die dann von innen aber umso vertrauter aussah.

Der Barkeeper guckte erstmal nicht schlecht, als ein Weißer und eine Asiatin in seine sonst vor allem von Schwarzen frequentierte Kneipe kamen, erzählte dann aber doch große Stories vom Filmdreh mit Michael Douglas & Co. und schien dabei froh zu sein, dass diese Geschichten ausnahmsweise mal auf richtiges Interesse zu stoßen schienen.

Nach so einem tollen Programm störte es mich auch keineswegs dass mein Schlaflager auf einer viel zu kurzen Matratze auf dem Wohnzimmer-Fussboden war, eigetnlich fand ich es sogar umso bemerkenswerter dass Violet als alleinstehende Frau in ihrer 2-Zimmer-Wohnung noch Platz für einen dankbaren Deutschen wie mich hatte.

Am nächsten Tag war Indianapolis als Tagesziel angepeilt, also blieb noch genug Zeit, um sich noch ein paar Stunden Pittsburgh im Hellen anzugucken, vor allem aber noch das Warhol-Museum, welches mich schwer begeisterte. Bin weder ein großer Kunst-Kenner noch regelmäßiger Museumsgänger, aber die $6 waren auf jeden Fall sinnvoll investiert, wirklich ein schönes und vielseitiges Museum.

Dann gings aber gegen Mittag doch endlich auf die Straße, um noch im hellen in Indianapolis anzukommen. Die Landschaft war natürlich aus Mangel an Meer oder Bergen nicht mehr ganz so atemberaubend wie in den Tagen zuvor, aber dafür hatte ich wenigstens mal das große Vergnügen, quer durch Ohio zu fahren:

Eins vorneweg: Ich möchte keinesfalls abstreiten, dass Ohio auch seine guten Seiten haben mag; vielleicht sind die Wiesen dort die grünsten auf der ganzen Welt, die Hunde die zufriedensten und die Menschen die intelligentesten. Aber die Schlaglöcher waren auf jeden Fall mal die größten, die mir während meines ganzen Trips unter die Räder kamen, die Laster-Fahrer waren nirgendwo furchteinflößender als hier, und vor allem habe ich wahrscheinlich selbst am Lake Michigan nicht annähernd soviel Wasser gesehen wie hier in Ohio vom Himmel fiel. Wirklich schlagartig nachdem ich die Grenze von West Virginia nach Ohio überquert hatte fing es an zu regnen, und nach und nach wurde es so sintflutartig dass ich irgendwann nur noch den verschwommenen Rücklichtern meines Vordermannes hinterherschwomm und wusste dass mich kein Unwetter dieser Welt mich aufhalten würde wenn ich es nur irgendwie durch Ohio schaffen würde.

Und irgendwie schaffte ich es durch Ohio, zwar später als gedacht, aber immerhin wurde der Regen auch gleich weniger nachdem ich Ohio verlassen hatte, als wenn der Buckeye State mir noch den gedachten Mittelfinger hinterherstrecken wollte.

In Indianapolis fand ich meine Unterkunft sofort, diesmal stellte sich meine Schlafgelegenheit als ein großes Haus einer kleinen Frau namens Kathy heraus, die allerdings ursprünglich aus Ohio kam und somit von Anfang an einen schweren Stand bei mir hatte. Andererseits konnte ich gut verstehen, warum sie aus Columbus, Ohio nach Indianapolis gezogen war, wo sie als High School Counselor tätig war und gerade nicht nur mir, sondern auch einem ecuadorianischen Gastschüler namens Jorge Unterschlupf bei sich gewährte. Nachdem wir abends noch lange bei Erbsensuppe und Würstchen uns ein wenig aus unseren Leben erzählt hatten machte Kathy mir irgendwann klar dass sie am nächsten Morgen um 7 aus dem Haus müsse, was dann auch hieß dass ich um 7 aus dem Haus musste.

Was zwar schade war ob dem gemütlichen AirBed, auf dem es sich deutlich besser schlafen ließ als auf der halben Matratze vom Vortag, aber andererseits genug Zeit ließ, um morgens noch ein wenig durch Indianapolis zu schlendern, das mir seine Schönheit, sofern vorhanden, aber eher nicht offenbaren konnte oder wollte:



Um punkt zwölf ging es dann zum Pflichttermin ins ausverkaufte Conseco Fieldhouse:



Big Ten Conference Championship, zwei Viertelfinals, nämlich Ohio  :evil:  State gegen Penn State und Indiana gegen Wisconsin. Da ich nicht weiß ob hier auch nur ein einziger Basketball-Enthusiast mitliest nur soviel: Es war großartig.

Und wo wir gerade bei großartig sind: großartig war auch der nächste Stopp auf meiner Reise, Name: Louis, Vorname: St.
Aber davon soll an anderer Stelle in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft die Rede sein...

americanhero

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #27 am: 22.04.2006, 00:56 Uhr »
Ja, unsere Bitten und Drängen wurde erfüllt!!

Das waren ja wieder zwei interessante Tage gewesen und ich habe natürlich jede Zeile verschlungen. Gerade diese unkonventionelle Art der Unterkunft hat es ja bisher in noch keinen Reisebericht gegeben und ich war schon sehr neugierig, was das so auf sich hatte. :lol:

Bitte lass uns aber nicht wieder so lange warten wie beim letzten Mal. Ich warte gespannt auf die Weiterfahrt, und damit bin ich sicherlich nicht alleine.


Greetz,

Yvonne

Filou

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #28 am: 22.04.2006, 18:35 Uhr »
Hallo Franz Fredinand,

mehrmals habe ich herzlich gelacht. Du hast einen phantastischen Schreibstil. Ein wirklich super Bericht. Mach weiter so.  :applaus:

Liebe Grüße
Annette

Franz Fredinand

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #29 am: 24.04.2006, 20:37 Uhr »
Und weiter geht die wilde Fahrt. Obwohl sie von Indianapolis nach St. Louis eigentlich weder wild noch besonders ereignisreich, aber zum Glück auch nicht besonders lang war. Einmal quer durch Illinois via I-70, das spannendste war dabei noch das Überqueren der Zeitzonen-Grenze, auch wenn ich erst hinterher erfahren habe wo die eigentlich war. Hatte ja eher auf so ne rote Linie oder sowas gehofft, wo man mal anhält und ein paar Mal in der Zeit vor- und zurückspringt.

Von St. Louis hatte ich ziemlich hohe Erwartungen, und wenn ich mich richtig erinnere auch wieder in erster Linie wegen eines Buches: "The 27th City" von Jonathan Franzen ist ein fürchterlicher Roman, aber die Art und Weise wie in ihm diese Stadt dargestellt wird hatte ihn mich doch bis zum Ende durchlesen lassen, und seitdem wollte ich einmal "The Arch" sehen. Wer weiß, vielleicht war STL sogar das eigentliche Ziel meiner Rundreise, und Kansas dann einfach zu nah, um nicht nochmal hinzufahren? Vielleicht sage ich das aber auch nur, weil meine (zwar kurze) Zeit in St. Louis so unglaublich war.

An dieser Stelle jetzt aber erstmal ein kurzer Ausdruck der Großartigkeit von Hospitality Club: Ich behaupte nicht dass es für jeden und in jeder Situation das Richtige ist. Wer mit mehreren Leuten reist will vielleicht etwas mehr Privatsphäre, wer wirklich unabhängig reist weiß natürlich vorher noch überhaupt nicht, wann er wo und für wielange sein wird. Aber die Idee, einen Reisenden, der so oder so eine Unterkunft braucht, mit Menschen zusammen zu bringen, die nicht nur eine solche Unterkunft anbieten können, sondern auch noch eine für beide Seiten mal mehr, mal weniger interessante Bekanntschaft, ist genauso genial wie sie einfach ist. Natürlich kann man hierbei nichts (außer irgendeine Schlafmöglichkeit) als selbstverständlich ansehen, möglicherweise hatte ich auch einfach nur Glück; aber irgendwo kann ich sogar nachvollziehen dass man es spannend findet, einen weitgereisten Fremden kennenzulernen, und ihm nicht einfach nur stumm das Sofa zuweist. Aber natürlich würde ich das nicht erzählen, wenn ich in St. Louis nicht wirklich ausgesprochen außergewöhnliche Menschen kennengelernt hätte, also:

Trotz der vergleichsweise kurzen Fahrt kam ich erst nach Einbruch der Dunkelheit in St. Louis, fand aber dennoch ohne Probleme, wonach ich suchte: Ein schönes Haus in einer schönen Straße in einem überschaubaren Randbezirk von St. Louis, in dem Dana und Jerry sowie ein nach einem Philosphen benannter Schäferhund und ein nach meinem Auto benannter Kater wohnten (wobei Charley, die Katze, möglichweise seinen Namen schon länger trug als Charley, der Chevrolet).

Ich wurde mit einem leckeren selbstgekochten Essen empfangen (welcher Amerikaner kann schon kochen - noch dazu so lecker  :wink:  ), und anschließend saßen wir noch Stunden beieinander und redeten über alles Mögliche: über Jerrys dänische Mutter aus Las Vegas, über seinen im Irak stationierten Sohn, über die Anti-Kriegs-Demonstrationen, die die beiden in St. Louis organisierten, über Ultimate Frisbee, eine Sportart, die beide exzessiv ausübten (Jerry spielte außerdem noch Frisbee-Golf) und über meine bisherige Reise und meine zukünftigen Pläne. In meinem Kopf entstand während dieser Unterhaltung ein Bild von Dana und Jerry als die unamerikanischsten und gleichzeit doch typischsten Amerikaner, die mir je begegnet sind (was jetzt nicht heißen soll, dass alle anderen Amerikaner alle genau gleich sind, aber bestimmt auch nicht genau so, wie diese beiden Exemplare). Vor allem waren die zwei aber wirklich unglaublich gastfreundliche und liebenswerte Menschen, und bevor jetzt hier irgendjemandem die Tränen kommen lassen wir den Abend einfach mal ausklingen, diesmal in einem Riesen-Bett in einem Gästezimmer ganz für mich alleine - was für ein Luxus!

Der nächste Tag sollte meinen Eindruck von Dana und Jerry nur noch bestätigen: Es war Samstag, und aus irgendeinem Grund war an jenem Tag in St. Louis die St. Patrick´s Day Parade, knapp eine Woche bevor sie in den meisten anderen amerikanischen Städten zelebriert wurde. Dana und Jerry waren Teil eines Teams, dass für einen der Wagen der Parade zuständig war, so dass ich schon gespannt war, die Parade hautnah miterleben zu können.

Aber dazu später mehr, erstmal empfahl mir Dana einen kurzen Abstecher in den nahegelegenen Botanischen Garten, was nicht nur wegen des unglaublich sonnigen und sogar warmen Wetters ein guter Tipp war:


Na gut, zugegeben, dieser Teil war jetzt in so nem irren Gewächshaus, aber auch draußen gab es da echt viel zu sehen, wäre gerne noch ein bischen länger da lang geschlendert.

Aber St. Patrick rief, und ich kam, und ihr glaubt garnicht wie gerne ich euch davon jetzt erzählen würde, nicht nur aus reiner Nächstenliebe sondern eher aus dem egoistischen Beweggrunde des Erinnerns heraus. Aber die Zeit wird grad ein wenig eng, also schnell auf eine baldige Fortsetzung gehofft, und er hier

ist dann auch wieder mit dabei, versprochen!

Kauschthaus

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #30 am: 24.04.2006, 20:46 Uhr »
Hallo,

aber ja keine zu lange Pause bitte!  :wink:

Viele Grüße, Petra
Wenn DAS die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!

aeschbi

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #31 am: 29.04.2006, 19:32 Uhr »
Hallo
Fahre gerne auch noch mit  :D


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BigFreddy

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #32 am: 18.05.2006, 20:34 Uhr »
Ich hol den Bericht mal wieder nach oben - so ein schöner Reisebericht -
wär schade wenns nicht weitergeht. :heulend:

Schöne Grüße
Alfred

Kauschthaus

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #33 am: 18.05.2006, 21:51 Uhr »
Zitat von: BigFreddy
Ich hol den Bericht mal wieder nach oben

...


Das war gemein, ich dachte es geht weiter und habe mich ganz umsonst gefreut!  :cry:

Aber hast recht, so ein schöner Bericht sollte weiter gehen.
  FRAAAAAANZ :lol: :wink:  

Grüße, Petra
Wenn DAS die Lösung ist, dann will ich mein Problem zurück!

Franz Fredinand

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #34 am: 21.05.2006, 23:14 Uhr »
Jaja, das schlechte Gewissen plagt mich ja auch so schon, aber die literarische und gedankliche Aufarbeitung des Erlebten stellt sich als sehr langwierig heraus. Aber es geht schon weiter, wir waren in St. Louis, wenn ich mich nicht irre...

Wie bereits erwähnt fand an jenem Samstag in St. Louis die St. Patricks Day Parade statt, eine Woche früher als in den meisten anderen Städten in den USA, auch wenn keiner mir sagen konnte warum das so war. Dana und Jerry sind Mitglieder in einer dubiosen Vereinigung namens "The Mystic Knights of Purple Haze", deren Mitglieder alle mehr oder weniger intensiv Frisbee spielen, mehr oder weniger gerne Jimi Hendrix hören. Einige der Mitglieder schienen mir auch bewusstseinserweiternden Drogen gegenüber eher weniger als mehr abgeneigt.

Aber wie auch immer, der Float der MKPH war seit Jahren fester Bestandteil der Parade. Jerry hatte mir schon am Vorabend erzählt, wie lange er und ein paar Bekannte an dem Teil rumgeschraubt hatten, aber so richtig etwas darunter vorstellen konnte ich mir nichts, bis ich das Ding am nächsten Tag sah:



Aus irgendeinem Grund hatten sich die MKPH das Motto "Lost in Space" ausgesucht, und jeder der schonmal eine der schönen, grünen und meistens auch sehr ordentlichen St. Patricks Day Paraden  gesehen hat kann sich wohl vorstellen das dieser Wagen ein bischen aus der Reihe tanzte.

Da Jerry an dem Tage nach Illinois gefahren war um eine Gitarre zu kaufen (!) ging ich mit Dana alleine zu der Parade, getreu dem Space-Motto in (Jerrys) silbernen Turnschuhen und silbernem Jackett. Was allerdings nichts war im Vergleich zu Danas Outfit: Silber-glänzendes Mini-Kleid, schwarze Stiefel, und eine türkise Perücke - irgendwo zwischen Miss Venus und Weltraum-Nutte.

Da die Parade mitten durch Downtown St. Louis verlief gab es eigentlich keinen besseren Weg, einen ersten Eindruck von der Stadt zu kriegen als neben unserem Raumschiff herlaufend. Aus den Lautsprechern dröhnte abwechselnd Purple Haze von Jimi und irgendein irisches Volkslied, das Wetter war das beste was ich während meines ganzen Urlaubs hatte, und überall im Hintergrund dieser ohnehin schon sehr schönen Stadt ragte der Gateway Arch hervor und zeigte sich aus immer wieder neuen Perspektiven:



Nachdem dann alle Plastik-Perlenketten verteilt waren und uns die Füße vom vielen Herumlaufen wehtaten wurde das Raumschiff in seine Garage geflogen und Dana und ich kehrten in einem der unzähligen Restaurants ein, die an diesem Tag Kohl und Roast Beef als irisches Nationalgericht (?) servierten.

Mit zumindest wieder halb aufgeladenem Akku gab es dann noch eine etwas ausführlichere Führung durch die Stadt - welche bestimmt immer lohnt, aber gerade dann besonders lustig wird, wenn die persönliche Stadtführerin von allen wie eine Außerirdische angeguckt wird, und dazu noch jeden zweiten Menschen in St. Louis zu kennen scheint. Nach einem kurzen Abstecher ins City Museum - wer hätte gedacht dass sich hinter so einem langweiligen Namen ein so bunter Abenteuerspielplatz steckt



ging es dann endlich zum Gateway Arch. Diesem schlichten Torbogen ist es irgendwie gelungen, meine ohnehin schon recht hohen Erwartungen zu übertreffen. In natura und von Nahem sieht das Ding einfach total faszinierend aus, und ich wurde auch nicht müde ihn aus allen möglichen Perspektiven zu fotografieren:





Von innen ist das Ganze dann zwar ein bischen weniger spektakulär, aber trotzdem ganz nett: Ein Museum in Sachen Westward Expansion, der obligatorische Souvenirshop, und die Möglichkeit, in einer Art Raumkapsel im Bogen nach oben zu fahren (leider war für diesen Tag alles ausgebucht, so dass ich erst am nächsten Morgen hochfahren konnte und da dasa Wetter nicht mehr ganz so gut und die Sicht dementsprechend nicht ganz so atemberaubend war - von draußen gefällt mir das Teil auf jeden Fall besser als von innen).

Nach diesem langen Tag waren Dana und ich beide ziemlich kaputt - und zumindest ich geradezu begeistert von dieser wunderschönen Stadt und von der Gastfreundlichkeit meiner "Fremdenführerin".

Als wir abends auf der Veranda saßen - Jerry bastelte an seiner neuen Gitarre herum, Dana machte sich darüber lustig, das er wegen einer Gitarre extra bis nach Illinois gefahren war, und das schwüle Wetter entwickelte sich langsam zu einem Gewitter, welches 20 Meilen weiter südlich zu einem verheerenden Tornado wurde - kam es mir so vor als ob ich die beiden schon seit Ewigkeiten kennen würde. Ich weiß nicht ob ich schon die Vorzüge des Hospitality Clubs erwähnt habe, und später auf meiner Reise habe ich auch einsame Abende in Motelzimmern voll und ganz genossen, aber ich bin echt froh Leute wie Dana und Jerry kennengelernt haben, auf meiner Liste der ungewöhnlichsten Amerikaner stehen sie von allen Nicht-New-Yorkern am weitesten oben.

Nach einem gemeinsamen Pizzaessen und einer trotz Beinahe-Tornado sehr erholsamen Nacht hieß es dann am nächsten Morgen Abschied nehmen - und auf ging´s - nach dem kurzen, bereits erwähnten Abstecher ins Innere des Gateway Arch - Richtung Kansas.

Als ich Mittags durch Kansas City fuhr regnete es noch, aber je weiter ich ins ländliche Kansas vorstieß desto wärmer und trockener wurde es.
Ich habe auf meiner ganzen Reise, abgesehen von ein paar Interstates vielleicht (z.B. in Ohio!), nicht eine Straße gesehen, die mich nicht irgendwie fasziniert hätte. Und auch die Straßen von Kansas, die viele vielleicht als langweilig bezeichnen würden, waren für mich einfach unglaublich schön. Und das beste an ihnen war, dass sie oft so verlassen waren, dass man ohne Probleme während der Fahrt aus dem Fenster gucken konnte.

Am frühen Abend kam ich dann an in White City, wenn man so will dem Ziel, eigentlich aber eher dem Umkehrpunkt meiner Reise. Zufällig kommt und will man auch nicht hierhin, aber wenn man wie ich viele Erinnerungen hier hat, dann ist man auch froh mal wieder hier zu sein. Die drei Tage, die ich hier verbracht habe, verschweige ich euch jetzt aber mal, und kehre zurück zum Abenteuer auf der Straße. Das allerdings nicht heute sondern ein andernmal, und zwar hoffentlich früher als ihr jetzt alle denkt.

susan

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Re: 1 Mann - 4 Räder - 15 Tage - 18 Staaten - 4000 Meilen
« Antwort #35 am: 23.05.2006, 08:11 Uhr »
JUHUUUUUUUUUUUUUUUUUU es geht weiter.  :applaus:  :applaus:

Bin mit Begeisterung dabei.
Gruß Susan