Mittwoch, 22. August 2012
Niklas und ich stehen um 8, halb 9 auf, Vincent war schon wieder Einkaufen.
Wir Duschen und Frühstücken, nebenbei fangen wir an unsere Koffer zu packen, denn heute geht es raus aus Toronto und Richtung Niagara.
Um die Grenzfälle zu erreichen haben wir ein Auto gemietet, im Internet auf der Seite Rent-a-wreck, die mit günstigen U25 Tarifen überzeugt (die sonst üblichen 25 Dollar pro Tag Zuschlag fallen weg.)
Die Vermietung befindet sich etwas außerhalb, ist aber vom Hostel gut zu Fuß (40 Minuten Weg) oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.
Während Vincent Ersteres präferiert, entscheide ich mich für den bequemen Weg.
Niklas lassen wir mit dem Gepäck vor dem Hostel zurück.
Queen Street Ecke Broadview Avenue heißt unserer Treffpunkt zu dem Vincent um 11:00 uhr per pedes aufbricht.
Für Niklas und mich heißt es hingegen schleppen. Alle Koffer, Taschen und Lebensmittelboxen müssen aus dem dritten Stock geholt werden, was schweißtreibende 15 Minuten bedeutet.
Dann mache ich mich auf den Weg und lasse Niklas mit dem Schweizer und einem Engländer in guter Gesellschaft zurück.
Für diesmal wieder 3 Dollar (das System erschließt sich mir bis heute nicht…) fahre ich zwei Stationen zur Broadview Avenue, wo ich dann nach kurzer Orientierung das Streetcar nach Süden nehme. Um 12:05 komme ich an der Queen Street an.
Vincent wartet hier leider schon 20 Minuten, da die Fahrt doch länger als erwartet gedauert hat.
Zusammen gehen wir die letzten Meter zur Vermietung, die keinen besonders vertrauenswürdigen Eindruck macht.
Auf dem Gelände stehen viele alte, verschrammte und teils ausgeschlachtete Wagen, ein großer Teil von ihnen Taxen.
Wir begeben uns zum Eingang des Gebäudes, wo wir von dem unfreundlichen Besitzer empfangen werden.
Der gute Herr redet mehr in sein Telefon als mit uns und zeigt sich auch sonst sehr kurz angebunden.
Die Frau, die er vor uns bedient, lässt er wissen, dass die Informationen, die auf der Webseite zu finden sind, nicht unbedingt stimmen würden. Es würde das stimmen, was er ihr sagt.
Das will sie sich aber verständlicherweise nicht gefallen lassen und so entsteht ein längeres Streitgespräch zwischen den Beiden.
Wir stellen derweil fest, dass hier ein Mindestalter von 23 für die Automiete besteht.
Auf der, anscheinend ja irrelevanten, Webseite stand allerdings 21, hatten wir nicht deshalb hier gebucht?
Irgendwann einigen sich die beiden Streithähne dann doch und wir sind an der Reihe.
Wir hatten Compact gebucht, bekommen aber direkt Midsize gezeigt, da er Compact gerade nicht da hätte.
Doch selbst dieser erscheint uns für unsere Koffer gerade so ausreichend und so bekommen wir auch noch die Fullsize zu sehen.
Sein Angebot lautet 650 Dollar für den Fullsize, statt der 588, die auf unserer Reservierungsbestätigung stehen.
Dabei vergisst er anscheinend, dass wir einen Tag verlängert haben und sowieso 625 zahlen müssten.
Bei einem effektiven Aufpreis von 25 Dollar schlagen wir zu und nehmen nach einigen Tests einen „goldenen“ Chevy Malibu, der zwar von außen und innen etwas verbeult und verschrammt ist, sonst aber keinerlei Macken zeigt. (Eine Fehleinschätzung, wie sich zeigen sollte.)
Die blinkende Motorkontrollleuchte sei auch kein Problem, das liege nur daran, dass der Motor nicht mehr Original wäre. Sonst ist er aber in Topzustand. Sehr beruhigend… Außerdem hat der Reifen hinten rechts etwas wenig Profil.
Mangels Alternative nehmen wir den Wagen dann aber trotzdem. Ein paar grobe Kratzer markierte der Mann noch in seinem Heft, die kleinen interessierten ihn gar nicht.
Hoffentlich würde das so bleiben. Nach Vertragsunterschrift (durchlesen unerwünscht) und Geldabbuchung machen wir uns auf den Weg zum Hostel. Fast 90 Minuten hat das Abholen gedauert, bis wir uns mit vielen Don´t Worrys zum Gehen haben bewegen lassen. Das Auto hätte noch nie eine Panne gehabt wurde uns zum Schluss noch erzählt. Na dann !
Bei der Fahrt zum Hostel bemerkt Vincent, dass das Handbremsenzeichen nicht erlischt, selbst wenn man diese zieht.
Ansonsten fährt das Auto sich ganz gut, nur die Bremse sei etwas langsamer als gewohnt.
Trotzdem brechen wir am Hostel mit einem mulmigen Gefühl auf, wir trauen der ganzen Sache nicht so recht, zumal auch immer neue Sachen auffallen. Z.B. lässt sich der Fahrerspiegel nur per Hand verstellen, da der Pinöckel im Auto abgebrochen ist, außerdem findet sich unter dem Auto eine kleine Pfütze bei der es sich wohl aber um Kondenswasser der Klimaanlage handelt.
Wir entscheiden erst mal bis Niagara zu fahren und im Notfall auf dem Rückweg den Wagen zu tauschen.
Mit dieser Rückversicherung geht es via Gardener Highway raus aus Toronto.
Die Strecke bis Hamilton ist unspektakulär. Hin und wieder sieht man links den See, ansonsten Vor- und Industriestädtchen soweit das Auge reicht.
Bei Hamilton überqueren wir eine große Brücke über einen Seeausläufer, das einzige kleine Highlight der ansonsten eher monotonen Fahrt.
Erstaunlich schnell sind wir in Niagara, wo wir uns den sogenannten Whirlpool anschauen, bevor wir in unser 200 Meter entferntes Super 8 einchecken.
Nach Ausräumen und Dusche steuern wir eine Coin Laundry in einer Art Vorstadtviertel an.
Zum ersten Mal habe ich wirklich das Gefühl in Kanada zu sein, während ich mich in der Metropole Toronto noch oft daran erinnern musste. Der freundliche Besitzer hängt eh! an die meisten seiner Sätze und ein junger Mann fragt mich nach einem Loonie für die Maschine.
Ich sitze einige Zeit in der untergehenden Sonne vor dem Geschäft, trinke eine Sprite, lese, schreibe und beobachte die gemütliche Vorortnebenstraße. Gerne wäre ich noch länger einfach hier geblieben, müßig herumsitzend und gefühlsmäßig angekommen auf diesem Kontinent, den ich jetzt schon so liebe. Das Amerikagefühl ist da.
Doch die Wäsche ist fertig und die anderen Beiden von ihrer Entdeckungstour zurück.
Der Besitzer hilft uns noch mit dem Trockner, dann packen wir unsere Sachen zusammen, laden sie im Hostel ab und fahren zu Dennys. Seit letztem Jahr mein Lieblingskettenrestaurant enttäuscht es mich auch dieses Mal nicht.
Zwar ist es in Kanada leider deutlich teurer als in den USA, das Essen ist aber genauso vorzüglich wie auf der anderen Seite der Grenze. Wir teilen Sandwiches, Hashbrowns und das Tangy Chicken, das ich nur wärmstens empfehlen kann.
Dieses Foto brachte uns ein Gespräch mit dem pensionierten amerikanischen Mathelehrer neben uns ein, er wollte wissen, woher wir kämen, dass wir Essen fotografiertenDa wir die einzigen Gäste sind, versichert uns Karen, dass wir unser Auto gerne stehen lassen und zu den Fällen laufen könnten. Mangels kostenfreier Parkplätze in Fallnähe sind wir darüber sehr dankbar.
Wir gehen den Weg über die Vergnügungsmeile an, die uns gar nicht gefällt.
Alles ist bunt, laut, blinkend. Entfernt erinnert es an Vegas, ist aber weniger pompös und hat einen Hauch von billigem Kitsch. Es ist halt nicht das Original.
Die Fälle dagegen sind Original und auch im Dunkel beeindruckend.
Sowohl die länglichen amerikanischen als auch die gebogenen kanadischen Fälle sind beleuchtet.
Amerikanische FälleKanadische FälleWir genießen das Farbenspiel, die Kühle der Nacht (es ist mittlerweile stockdunkel) und das Rauschen des Wassers.
Doch erst direkt an den kanadischen Fällen, nur einen Meter von den Fällen entfernt, bekommt man eine Ahnung davon, wie viel Wasser hier runter rauscht. Es ist wirklich beeindruckend und auf komische Weise hypnotisierend.
Durch die Nähe und das nur hüfthohe Gitter wirken die Niagara-Fälle noch respekteinflößender. Schließlich reißen wir uns los.
Wir entdecken einen Tim Hortons direkt an den Fällen uns nehmen uns vor hier morgen einen Kaffee zu trinken mit Blick aufs Wasser.
Danach schlendern wir das recht kurze Stück bis gegenüber den amerikanischen Fällen zurück und begeben uns wieder in die Stadt und zum Auto, das wir nach falschem Abbiegen und Querfeldeinlaufen finden.
Zurück im Motel geht es schnell ins Bett, schließlich haben wir wieder viel Programm morgen.