4. TAG
Monticello, UT - Canyonlands NP Needles (Chesler Park & Joint Trail / Solar Eclipse) - Moab, UT
Heute soll es sehr warm werden und wir haben die mit über 20 Kilometern bisher längste Wanderung unseres Lebens auf dem Programm. Jedenfalls können wir uns an nichts Längeres erinnern. Deshalb müssen wir früh los. Wir stehen also um halb sechs auf, frühstücken und kaufen an der Tankstelle nebenan größere Mengen Wasser und Eis. Unser Gepäck dürfen wir freundlicherweise im Hotel deponieren. Wir wollen unser gesamtes Hab und Gut ungern den ganzen Tag unbeaufsichtigt im Auto schmoren lassen. Meine geschwollene Hand von gestern erkläre ich mir jetzt übrigens mit einer stark juckenden Einstichstelle am Oberarm, die ich heute morgen bemerkt habe.
Um 8:30 Uhr sind wir am Needles-Visitor Center. Wir sagen kurz Brad am Backcountry Desk Hallo, unserem netten Ranger von gestern. Es freut ihn sichtlich, dass uns der Lavender Canyon so gut gefallen hat. Die Rangerin vorne lädt uns ein, heute abend um 18 Uhr an der Ranger-Veranstaltung zur heutigen Solar Eclipse am Pothole Point teilzunehmen. Wir berichten ihr von unserem Vorhaben, heute den Chesler Park und den Druid Arch zu erwandern. Wenn wir nicht zu sehr trödeln, könnten wir das unter Einbeziehung des Joint Trail schaffen und wären pünktlich zur Sonnenfinsternis am Pothole Point, sagt sie. Auf der Trailmap zeichnet Sie uns den Weg ein, wie wir am Besten laufen sollen.
Um 9 Uhr erreichen wir den Parkplatz am Elephant Hill Trailhead. Wir packen 10 Liter Wasser und einige Snacks in unseren neuen Rucksack und laufen los. Recht bald sind einige Höhenmeter zu überwinden und so wissen wir schnell, dass das heute kein Spaziergang wird.
Nach einer Stunde machen wir an einem der jetzt noch vorhandenen Schattenplatze erstmal Frühstückspause. Als wir die Ebene erreichen sind wir froh, dass wir jetzt mal eine ganze Zeit lang geradeaus laufen können, ohne dieses ständige Auf und Ab. Der Trail ist bis jetzt auch gut ausgeschildert. Die Gesteinsformationen und Ausblicke sind natürlich die ganze Zeit über phantastisch, so dass wir hier einfach mal einige Bilder sprechen lassen.
Kurz vor Beginn der engen Felsspalte - dem Joint Trail - zweigt der kurze Abstecher zum Chesler Park Overlook ab. Der Aufstieg dahin hat seinen Beinamen "Fat Man's Misery" nicht ganz umsonst, aber der Rundblick ist wirklich genial.
Der Joint Trail begeistert mich vor allem deshalb, weil es in dem schmalen Gang zwischen den meterhohen Felswänden so angenehm kühl ist. Irgendwie kommen wir auch heil die mit einem Baumstamm überwindbar gemachte Stufe hinunter und verlassen durch die "Höhle der 1.000 Steinmännchen" die Felsspalte wieder.
Kurze Zeit später erreichen wir einen Parkplatz mit Toilettenhäuschen. Es ist mittlerweile 13:30 Uhr und das Thermometer zeigt 38°C. Hier steht sogar ein Wagen. Hätte mir nicht jemand sagen können, dass man hier auch mit dem Auto herfahren kann?
So richtig schlau werden wir aus unserer Karte nun nicht mehr. Die von der Rangerin aufgezeichnete Streckenführung passt nicht zu der Stelle, wo wir gerade sind. Und eine Beschilderung gibt es auch nicht. Wir erinnern uns aber an Ilonas letzten Reisebericht, die auch von diesem Parkplatz berichtete und einem anschließenden Weg über eine Jeepspur. So nehmen wir diese also.
Zu dem auf der Karte eingezeichneten Abzweig zum Druid Arch kann uns diese aber auf keinen Fall führen. Dieses Wissen drückt etwas auf die Stimmung. Auch werden vor allem meine Beine jetzt immer schwerer. Ich merke, dass ich mir so langsam Blasen laufe. Nach Verlassen der Jeepspur geht es durch die Felsen wieder bergauf. Wir wissen mittlerweile überhaupt nicht mehr, wo wir eigentlich sind und rennen eigentlich nur noch stupide den aufgestellten Steinmännchen hinterher. Die Landschaft um uns herum bleibt natürlich trotzdem wunderschön.
Nach gefühlten Stunden kommen wir endlich mal wieder an einen Wegweiser: Druid Arch 4,3 Meilen. Na super! Das schaffen wir heute auf keinen Fall mehr. Ich sowieso nicht. Und überhaupt gehen die Wasservorräte auch so langsam zur Neige. Ich bin mittlerweile ziemlich genervt. Die letzten Meilen zurück zum Parkplatz ziehen sich jetzt wie Kaugummi. Ich überlege schon, ob ich mich nicht selbst mal für eine halbe Stunde in die stabile Seitenlage bringe. Aber Caro feuert mich an, weiter zu machen. Schließlich erreichen wir um 17:30 wieder den Parkplatz.
Ich habe mich noch nie so gefreut unser Auto zu sehen. Ich schütte mir erstmal eine eiskalte Flasche Wasser aus dem Coleman über den Kopf und eine weitere in mich hinein. Die mitgenommenen 10 Liter Wasser haben wir komplett ausgetrunken. Mir tut jetzt eigentlich alles weh und einen Wolf habe ich mir auch gelaufen. Hinzu kommt, dass meine Hände auch wieder ganz schön angeschwollen sind. Ich weiß nicht, ob das an der Hitze und Anstrengung liegt? Bis heute weiß ich das nicht. Ich weiß nur, dass ich mich in dem Moment gefühlt habe wie ein Wrack. Der Apotheker wird sich morgen freuen.
Caro ist erstaunlich frisch. Sie hat eine ziemlich gute Kondition. Ich rede mir das immer damit schön, dass ich auch das doppelte Körpergewicht mit mir rumschleppen muss. Und dazu noch den schweren Rucksack.
Jetzt müssen wir aber auch schnell zum Pothole Point. Die Sonnenfinsternis - auf die ich jetzt totale Lust habe
- steht vor der Tür. Mit uns sind da noch ca. 50 andere Leute und drei Ranger. Sie erklären anhand von Pappen mit Löchern, wie diese Solar Eclipse heute funktioniert und was genau passieren wird. Außerdem bekommen wir diese Brillen, ohne die man das ganze "Spektakel" nicht sehen kann. Während des Vortrags habe ich ehrlich gesagt die ganze Zeit nur vor mich hin gedämmert. Nur einmal bin ich hellhörig geworden, nämlich als gesagt wurde, dass es eine Stunde dauert, bis der Mond maximal vor der Sonne steht. Na super! Um 18:30 Uhr geht es endlich los. Mit bloßem Auge sieht man genau gar nichts. Nur durch die Brille erkennt man, wie der Mond immer mehr an der Sonne "knabbert".
Auch Fotos lassen sich nur durch diese Brille machen. Und genau dieser Umstand lässt mich die ganze Faszination einer Sonnenfinsternis nicht nachvollziehen. Ohne Brille sieht man einen großen glühenden Ball, der aussieht wie immer. Mit Brille sieht man klar die Sonne und den Mond, drumherum aber nur schwarz. Es ist also vollkommen egal, ob ich dabei am Pothole Point, am Grand Canyon, auf Capri oder in Castrop-Rauxel stehe. Alles außer der Sonne ist durch die Brille schwarz wie die Nacht.
Deshalb brechen wir auch nach einer halben Stunde auf, um schon mal etwas aus dem Park herauszufahren. Um 19:30 Uhr halten wir nochmal, da jetzt der maximale Punkt der Solar Eclipse erreicht ist. Einen geschlossenen Ring können wir hier aber sowieso nicht sehen, da wir dutzende Meilen vom richtigen "Ring of Fire-Gebietsstreifen" entfernt sind.
Wir müssen zurück nach Monticello, um dort im Hotel unser Gepäck abzuholen. Ganz schön spät ist es geworden. Erst um kurz vor neun ist alles verladen und wir fahren los Richtung Moab. Zum Abendbrot gibt es für uns heute Fastfood und um 22 Uhr checken wir endlich in unser Hotel ein. An der Rezeption steht der gleiche Mann, der auch bei unseren letzten beiden Besuchen hier immer da war. Er entschuldigt sich, dass er diesmal kein Zimmer im oberen Stockwerk für uns hat.
Und das sollte sich noch als wirklich ungut herausstellen. Denn unser Nachbar von oben fängt so ab 23 Uhr an, im Stechschritt durch sein Zimmer zu marschieren - ohne Unterbrechung. So kriegen wir kein Auge zu und in mir fängt es immer mehr an zu brodeln. Eine halbe Stunde später platz mir der Kragen. Ich steige auf einen Stuhl und schlage dreimal hart mit der Faust gegen die Decke. Das zeigt Wirkung. Ab jetzt ist Ruhe und wir können endlich in die Erholungsphase von einem anstrengenden aber schönen Tag übergehen.
Hotel: Best Western Greenwell Inn / Moab, UT (144 $/Nacht) > Fotos
Gefahrene Meilen: 167