15. bis 21. Januar 2008 Einen ausführlichen Bericht spare ich mir an dieser Stelle, schon deshalb, weil ich nicht wirklich konsequent Tagebuch geführt habe. Und auch, weil der Südwesten hier ja reichlich vertreten ist. Deshalb die ganze Woche im Schnelldurchlauf:
Wir starten in LA (logisch) gegen Mittag, nachdem wir noch meine Filme aus dem Labor geholt haben und ziehen eine Schleife um den Salton Sea, mit einem Abstecher nach Salton Sea City und Bombay Beach: es sieht hier nicht mehr ganz so schlimm aus wie vor Jahren, selbst gegenüber letztem Jahr scheint es mir, als würde man sich bemühen, ein bisschen Ordnung zu schaffen. Trotzdem: immer noch ein bedrückender Ort und nicht wirklich die Umgebung, ich der ich gerne Urlaub oder Wochenende verbringen würde – was aber eben eine Menge Leute tun, vermutlich aus Mangel an Alternativen, weil sie sich vor Jahrzehnten hier ein Häuschen gebaut haben, das sich nun nicht mehr verkaufen lässt. Angesichts der im salzverkrusteten Schlamm versinkenden Wohnwagen und der grünlich-schaumigen Wellen des Sees nachvollziehbar. Für diejenigen, denen „Salton Sea“ nichts sagt: es handelt sich hier um einen (künstlich entstandenen) sehr großen Binnensee (knapp 1000 qkm!), der stark salzhaltig ist, über keinen Abfluss verfügt und in den seit Jahrzehnten die umliegende, meist überdüngte Landwirtschaft ihre Brühe einleitet. In den zwanziger Jahren als Urlaubsparadies entdeckt, mit Marinas und diversen Siedlungen, Motels und Ferienhäusern ausgestattet und seit vielen Jahren mehr Kloake als See. Wir übernachten in Indio (Motel 6, ist ganz OK).
In einem gemütlichen Sessel vor dem eigenen Häuschen sitzen und auf den Salton Sea blicken... tja....Der nächste Tag gehört weitgehend dem Joshua Tree National Park, wo ich für 80 Dollar meinen 2008er Pass kaufe. Wie immer wunderschön, auch wenn wir ihn nur durchfahren (den Park, nicht den Pass) und keine Wanderungen machen. Am Nachmittag erreichen wir 29 Palms, und zum ersten Mal seit Jahren habe ich Glück, und wir bekommen einen der wunderbaren Bungalows mit einem kleinen Innenhof, einem offenen Kamin und einem herrlichen Blick in die Wildnis. Wir speisen sehr gut im Motel-eigenen Restaurant, bechern diverse Margaritas und verbringen den restlichen Abend vor dem prasselnden Kamin (der durchaus Sinn hat: es ist ganz schön kalt). Nachts funkeln die Sterne durchs Fenster und am Morgen weckt uns ein wunderbarer Sonnenaufgang. Gutes "Complimentary Breakfast" im 29 Palms Inn, beim Check Out drückt mir der Boss noch seine Visitenkarte in die Hand und versichert mir, dass eine Mail direkt an ihn meinen nächsten Aufenthalt sichert.
Von unserem kleinen Bungalow im 29 Palms Inn schauen wir in die Wildnis.Der Donnerstag vergeht mit einer Fahrt über Amboy (hier tut sich was: die Tanke ist wieder in Betrieb, das Motel wird offenbar renoviert und vielleicht wird ja auch Roy’s Cafe im Zuge dessen wiederbelebt), Needles, Lake Havasu City (ich sehe zum ersten Mal die London Bridge: ich habe irgendwie nix versäumt), Parker, Salome, Wenden (Mist: mein Lieblingscafe in Wenden ist closed) nach Wickenburg, wo wir downtown im Best Western angenehm übernachten. Wickenburg ist ein nettes, eher touristisch geprägtes Städtchen mit einem hübschen historischen Kern... recht Western-mäßig.
Vermutlich das meistfotografierte Schild der Welt: Roy's in Amboy scheint aber wieder reanimiert zu werdenFreitag geht’s über Phoenix (mit einem Lunch in Bill Johnsons’s Steakhouse an der Van Buren Ave), Apache Junction und Florence nach Tucson. Phoenix scheint mir jedes Jahr um ein ganz gewaltiges Stück größer und auch „schöner“ zu werden. Früher war es deutlich verkommener (und deutlich spannender). Übernachtungstipp für Tucson: das Frontier Motel (227 West Drachman) wird von reizenden Indern nett und sauber geführt und liegt schön zentral. Kostet rund 45 $ plus Tax. Abends lecker Mex-Food nach einer langen Cruiserei.
Den Sonnabend bleiben wir noch in Tucson, besuchen eine grandiose Ausstellung im „Center for Creative Photography“ (1030 N Olive Rd ist die offizielle Adresse, finden tut man’s aber auf dem Speedway bei der Uni), in der man z.B. Ansel Adam’s „Moonrise“ nicht nur in drei verschiedenen Fassungen aus verschiedenen Jahrzehnten sieht, sondern auch seine Labornotizen dazu und sogar das Original-Negativ. Hochinteressant, mal zu sehen wie Adams und auch die anderen Großen der amerikanischen Fotoszene gearbeitet haben. Auf dem Weg in Richtung Saguaro NP stoppe ich noch an einem exzellent sortierten Workwear-Laden, der vor allem eine gigantische Carhartt-Auswahl hat. Eine Hose und ein Flanellhemd springt dabei raus. Danach langes Cruising bis in den Abend hinein durch den immer wieder wunderschönen Saguaro National Park (East).
Die Nationalparks bieten wirklich besondere Schönheiten: z.B. diesen alten Chevy...Sonntag müssen wir uns leider langsam wieder auf den Rückweg nach LA machen, mit einem Abstecher über den Organ Pipe National Park und einer Zwischenübernachtung in Thousend Palms, wo es vermutlich genau so wenig 1000 Palmen gibt wie in Twentynine Palms 29. Thousend Palms kann man sich schmerzfrei schenken, der Organ Pipe ist wieder ein Erlebnis. Hier gönnen wir uns auch einen kurzen Trail von vielleicht 45 Minuten. Das Wetter benimmt sich so, wie man es direkt an der Grenze zu Mexico erwarten kann: warm, sonnig, prima.
Ein mächtiger Saguaro (im Organ Pipe NP), der Anzahl der Arme nach einer von den ganz alten Burschen (150 Jahre oder älter)Montag vormittags sind wir wieder in LA, mittags gibt’s Pastrami-Sandwich bei Canter’s, am Nachmittag geht’s ins Hotel: Die letzte Nacht, bevor mein Schatz zurück nach München fliegen muss, gönnen wir uns in Santa Monica das sehr nette Bayside Motel (2001 Ocean Ave, Santa Monica, ca. 130 USD), mit einem feinen, wenn auch nicht ganz hindernisfreien, Blick auf den Ozean, bummeln am Strand entlang und über den Pier, gehen sehr gut und reichlich Sushi essen und schlafen dann dem Tag des Abschieds entgegen.
Blick aus unserem Zimmer im Bayside MotelAm Santa Monica Beach: meine Süße verabschiedet sich vom OzeanDie Frage der Woche: warum lassen sich die Vorteile des Allein-Reisens eigentlich nicht mit dem Spaß des Zu-Zweit-Reisens verbinden? Blöde Frage, ich weiß.