@ Charles-Henry: die multiplen Grüße lassen mich vermuten, dass es langsam eng wird im Mustang
Was Universal Studios und Hollywood Blvd betrifft: das sind genau die Ecken, die ich am liebsten meide, denn da sind (glaube ich) die Enttäuschungen vorprogrammiert.
Das ist vermutlich so, als würde man jemanden, der Hamburg kennen lernen will, nur die Reeperbahn zeigen.
@ Palo: sehe ich in jeder Beziehung so wie Du.
Und schon ist:
Sonntag, 6. Januar 2008 Sonntag: den Tag, den jeder ordentliche Gläubige mit dem Beichten der Sünden beginnt, nutzt der Heide zum Begehen derselben (daher der Ausdruck „Heidenspaß“). In meinem Fall kommt die Sünde französisch daher, genauer als French Toast, liebevoll umlegt mit gebratenem Speck, zugedeckt von zwei Eiern (over easy) und satt mit Ahornsirup übergossen – hoffentlich liest meine geliebte Ernährungsberaterin nicht mit! Ist nur, weil heute Sonntag ist, Schatz. Ehrlich! Das Ganze gibt’s bei Bob’s Big Boy auf dem Wilshire Blvd (5050). Den Big Boy, der am Ausgang steht, hätte ich gar zu gerne geklaut, den suche ich schon seit Jahren und langsam werden die Dinger rar.
Ein leichtes Frühstück macht fit für den TagDas Wetter ist immer noch grau, aber immerhin trocken, sodass ich nach dem Frühstück wieder Richtung downtown fahre und dort weitere 3 oder 4 Rollen Film belichte. Warehouse District und Art District: beides letztlich auch nur mehr oder teils weniger heruntergekommene Industriebrachen (ich mag ja so was), aber es scheint, als würde da langsam wieder Leben einkehren; viele der alten Brickstone-Bauten mit ihren wunderbar großen, eisengefassten Fenstern sind entweder schon bewohnt, vor allem vermutlich von Künstlern, oder sind verkäuflich, respektive zu vermieten. Dort in einem der alten Lagerhäuser ein 350-qm-Loft zu bewohnen ist keine wirklich garstige Vorstellung und entspräche meiner Idee von Lebensqualität entschieden mehr (und vermutlich für ein Zehntel des Preises) als irgendeines dieser Pseudo-Schlösschen in Beverly Hills.
Beim Cruisen durch’s Viertel lande ich schließlich relativ weit draußen bei einem gewaltigen, bunten, lauten Swap Meet, auf dem hunderte von Ständen bestückt sind mit allen Scheußlichkeiten dieser Welt, zugeschnitten auf den hispanischen Geschmack. Von nahezu lebensgroßen, knallfarbenen Guadelupe-Madonnen, über strassbesetzte Batik-T-Shirts, vergoldete Chromfelgen und Plüschdecken in rosa Tigermuster bis hin zu Baseball-Caps aus hellblauem Aligatorleder (not kiddin‘!). Aber auch durchaus Anschaffenswertes, wie sehr coole Cowboyboots, echte Stetsons, lässige karierte Westernhemden und meine geliebten Converse Chucks sind zu sehen – letztere leider bis maximal Größe 9,5 –, was vermutlich für den doch eher niedrig bauenden Mexikaner schon als Elbkahn gilt, mir aber leider eine Nummer zu klein ist. Schade, sehr schade, es hätte welche in grau gegeben, für 22 USD, was ziemlich genau einem Viertel des deutschen Preises entspricht.
Allerhand unverzichtbare Ware lässt sich an den mexikanischen Ständen erstehen.Was mir aber von der Größe her genau passt, sind die überall gebrutzelten Churros, in Zucker gewälzte, schmalzgebackene Stangerln, die aussehen wie die Stämme von Säulenkakteen, (allerdings ein Stückchen kleiner). Wie gesagt: Sonntag, Zeit zu sündigen...
Der Tag tut, was er als Einziges richtig gut kann: er vergeht. Und er wird regnerisch. So lenke ich denn den Mustang wieder mal in Richtung Hollywood, relativ ziellos. Auf der Fairfax beschließe ich spontan einen Besuch auf dem Farmer’s Market.... aber die Flausen vergehen mir schnell, als ich feststelle, dass ringsum das komplette Verkehrschaos herrscht und sämtliche Parking Lots voll sind. Dann halt nicht, muss ja auch nicht am Sonntag sein. An der Fairfax Ecke Melrose überrascht mich ein kleiner Antik- und Flohmarkt, rasch den Mustang an eine Parkuhr gebunden und rein ins Vergnügen. Wetterbedingt ist das Angebot etwas dünne, aber ich brauch‘ ja auch eigentlich nix. An einem Stand kaufe ich mir eine Tasse Kaffee (das Muffin erwähne ich jetzt lieber nicht), hocke mich auf eine Bank und höre mit Vergnügen der kleinen Combo zu, die richtig guten Swing und Jazz spielt.
Irgendwann schüttet es dann wieder richtig (ein Anruf in Deutschland informiert mich über die Tatsache, dass der kalifornische Regen es sogar in die deutschen Nachrichten geschafft hat) und ich husche unter den Tropfen durch zu meinem Auto zurück.
Den Tag beschließe ich in Korea Town, in einem sehr guten, sehr authentischen und recht edel gestylten Restaurant (Wako, 3377 Wilshire Blvd). Ich bin das einzige Rundauge, die Karte ist in fließendem koreanisch abgefaßt, lediglich die Preise sind lesbar. Aber netterweise hat der kluge Wirt bunte Bilder in seine Karte gedruckt, anhand derer ich mich für eine Combo mit Suppe und Huhn entscheide. Für 11,95 bekomme ich folgendes: einen Bottich Suppe, in dem etwa ein Pfund fingerdicke Nudeln schwimmt, dazu das Fleisch von etwa drei erwachsenen Hühnern, in den Bröseln von einem Dutzend Brötchen gewälzt und frittiert, dazu einen Salat aus einem kompletten Weisskohl und einen, ebenfalls frittierten, etwa hummergroßen Shrimp sowie etwas Klops-artiges, dass sich als frittierter Kartoffelbrei entpuppt. Zum Tunken gibt es eine sehr leckere Soße, die in ein Schälchen gekippt wird, in dem der geneigte Gast vorher die anfangs dargereichten Sesamkörner kurz- und klein gemörsert hat. Dass der Koreaner das so tut, konnte ich mir rechtzeitig am Nachbartisch abgucken. Praktisch. Ach ja: ein Liter-Kännchen kalter (Sesam?)Tee ist auch inklusive.
Im Wako, schick und lecker!Auf dem Rückweg zum Motel wird der Regen zum Wolkenbruch. Pfui, damit muss jetzt aber langsam Schluss sein. An einer Ampel steht links und recht von mir jeweils ein BMW mit asiatischer Besatzung... beide preschen schon bei Rot los und verursachen beinahe einen kapitalen Crash. Deppen! Saupreußen, japanische...
Was mich zum Schluss zur Frage des Tages bringt: wieso ist der Prozentsatz an rüpelnden BMW-Fahrern eigentlich grenzüberschreitend in allen Ländern gleichermaßen signifikant hoch? Bauen die in München irgendwas ein? Dünstet das BMW-Plastik halluzinogene Substanzen aus? Kommen da konstruktionsbedingt Abgase ins Auto, die sich auf der Großhirnrinde niederschlagen? Fragen über Fragen...