Sonntag, 27. Januar 2008 Der letzte Tag vor dem Rückflug bricht an und wie immer überfällt mich eine Mischung aus Wehmut, wieder abreisen zu müssen und der Freude auf Familie, Freundin, Freunde und auch die eigenen vier Wände, die halt doch erheblich schöner sind als die des Stillwell oder jeden anderen Hotels. Außerdem fiebere ich der Selektion und Ausarbeitung der knapp 750 Bilder entgegen, die ich während meiner Zeit in LA gemacht habe. Und trotzdem: bei nahezu allem, was ich heute tue, ist der Gedanke, dass es vorerst das letzte Mal sein wird, dabei.
Anyway: das erste und vorerst letzte Mal gibt es heute Pancakes mit Eiern und Speck im IHOP, dem International House of Pancakes, irgendwo auf dem Wilshire Blvd. Ganz OK, aber nicht so toll wie erhofft, gewohnt, gedacht; vor allem leider nur lauwarm. Egal, danach weiter zur Vermont & Monroe, zu jenem Flohmarkt, der letzten Sonntag direkt vor meiner Nase seine Pforten geschlossen und mir all seine Schätze vorenthalten hatte. Offensichtlich sind aber all diese Schätze auch letzten Sonntag über den Tapezierertisch gegangen, denn ich finde – trotz durch das Abheben von 300 Dollar aus dem ATM deutlich gemachter Kauflust – aber auch so gar nix. Einzig eine schöne, alte, amerikanische Graflex Großformatkamera auf optischer Bank, mit 75 Dollar geradezu lächerlich billig, führt mich kurz in Versuchung. Aber: so was ähnliches hatte ich schon mal und es hat mich schon mal genervt, weil die Fummelei mit Planfilmen einfach nicht mein Ding ist. Also lasse ich sie liegen und verlasse den Flohmarkt mit leeren Händen, während es, wie schon zu befürchten war, wieder anfängt zu nieseln.
Nur, damit man nicht meint, es wäre ständig schlechtes Wetter gewesen: es gab auch solche Tage (unten).
Und hier sieht man recht schön, dass LA direkt in den Alpen liegt... ein eher seltener Anblick, da im Sommer meist der Smog den Blick trübt (unten).Ich cruise ein bisserl durch die Gegend, mache einen längeren Abstecher zu einer Barnes&Noble Filiale auf dem Pico Blvd, wo ich ein weiteres nettes Büchlein zur Architektur von Downtown LA finde, außerdem eine Ausgabe von Lens Work (einer der wenigen wirklich guten Fotozeitschriften) und lande wieder mal auf der Melrose, wo ich (ein letztes Mal) in meinem „Coffee Bean & Tea Leaf“ bei Coffee Latte und nach einem Bagel (Jalapeño+Cheese) mit Frischkäse eine Zigarre entfache und mich meiner Zeitschrift widme. Eine gute Fotostrecke fällt mir auf: Bilder von den „Memorials“, die in den USA (wie auch zum Teil bei uns) an den Straßenrändern von den Angehörigen derer, die hier bei einem Autounfall ihr Leben verloren haben, errichtet wurden. Ein bisschen frustet mich das insofern, als ich seit einem Jahr genau das gleiche Thema fotografiere. „In Loving Memory“ habe ich die Serie genannt, bei Douglas Stockdale (dem Fotografen in Lens Work) heißt sie „In Passing“. Tja... trotzdem daran weiterarbeiten? Vermutlich schon.
Am Nachmittag lasse ich den Mustang noch (ein letztes Mal...) den Santa Monica Blvd in Richtung Ozean galoppieren, weil ich dort einen kleinen Laden für Indianerschmuck gesehen habe, in dem ich ein Mitbringsel erstehen will. Netterweise hat er am Sonntag auf. Der Besitzer, dem ich ein Kompliment für seine schönen Stücke mache, und dem ich erzähle, dass ich so etwas sonst in Gallup kaufe, grinst und nickt. Er auch. Und er selbst kommt aus Albuquerque, was Stoff für ein kleines Gespräch liefert: schließlich eine meiner Lieblingsstädte im Südwesten.
Wieder im Hotel nutze ich eine Trockenphase, um ein paar Bilder vom Dach aus zu machen. Das Abendrot gibt einen manierlichen Hintergrund für die Skyline ab. Und dann schließlich mache ich Bild Nr. 12 auf Film Nr. 60... basta, finito, over and out!
Das Dach des Stillwell: sieht besser aus als es dicht ist...Und schwupps ist es schon wieder fast Dinner Time. Rasch ein frisches Hemd, Fototasche dagelassen (die ich unnötigerweise spazieren gefahren habe) und dann, ein letztes Mal, nach Little Tokyo, diesmal ins ZenCu (Japanese Village Plaza), wo ich zwar ordentlich esse, aber keineswegs besonders toll. Ich hätte meiner Intuition folgen und noch mal ins T.o.T. gehen sollen – aber man will ja immer alles ausprobieren.
Um halb Acht parke ich den Wagen an einer Parkuhr direkt vor dem Hotel. Bis morgen früh um 8 Uhr darf ich da gebührenfrei stehen, dann müssen ein paar Quarter in die Uhr. Aber ich denke, ich werde dann ohnehin bereit sein, zu einem (letzten) Frühstück aufzubrechen.
OK... dann also: die letzte Nacht in LA!
Und die Frage des Tages: würde ich, lebte ich hier in LA, wohl auch jedes Jahr einer Reise nach Deutschland entgegen fiebern (mal die persönlichen Bindungen außer Acht gelassen)?