15.06.2006 Egmont – Princess Louisa Inlet Tageschart (Punkt9 >>10) Gegen morgen ist es frisch und feucht und ich werde fröstelnd vor der Zeit wach. Torkelnd, - - warum torkele ich eigentlich? - schwanke ich Richtung Standheizung und lege den Schalter um. Hach ich liebe diese Zufälle die das Leben schreibt. In dem Moment wo ich den Schalter umlege, um die Standheizung einzuschalten, rummst es, das es mich fast aus den Latschen haut, (obwohl ich keine anhabe) knallt und knistert es wie bei einem Kurzschluss und ich sehe blauen Rauch aufsteigen. Im Affekt schalte ich die Heizung wieder aus. Frau kommt nun auch aus der Koje getaumelt und fragt entsetzt: Was war denn das? Ich habe keine Ahnung!
Ich zieh mir den Sweater über und hetze auf Deck und sehe die Bescherung – die Bugleine ist los! In der Nacht hat sich die Strömung ja wieder geändert und fließt nun wieder Richtung Skookumchuck Narrows, das bedeutet für uns vom Bug zum Heck. Die Leine die der Tankwart festgemacht hat ist los. Ja, Ja, man sollte ja auch Vor- und Achterspring legen, dafür gibt es die ja. Hatten wir aber nicht. So wurde der Kahn nur noch von meiner Heckleine gehalten und hat sich einmal gedreht. Aber nicht 180°, sondern nur um 90°, denn wir lagen ja in der Ecke wo der Steg zum Ufer beginnt.
An diesen ist die Yacht mit Schmackes angeschlagen, das war das Rums. Das Stromkabel ist aus der Anschlussdose gerutscht und ins Wasser gefallen, das war das Zischen, verbunden mit dem Getöse, die dann die Umschaltung von Netz- auf Bordstrom(Batterie) veranstaltet, wenn man dies nicht zuvor manuell erledigt, was man machen soll. Gut das ich das Stromanschlusskabel nicht in der Buchse arretiert hatte, denn sonst wäre nun die Buchse herausgerissen worden. Der blaue Rauch ist ganz normal übrigens. Der kommt immer zuerst aus dem Auspuff wenn die Standheizung eingeschaltet wird, Dieselabgase eben. Zieh Dir was Warmes an und komm ruf, rufe ich frau zu und öffne den Schapp wo die Reservetaue verstaut sind. Ich schnapp mir die Achterleine und lege sie auf die Steuerbordbugklampe, den Rest drücke ich Frau in die Hand. Ich selber springe auf den Steg und nehme dort das Tau in Empfang. Dann drück ich erstmal die Yacht vom Steg ab, damit frau einen Fender zwischen Rumpf und Steg stecken kann, dann schnapp ich mir wieder das tau und renn auf den anderen Steg. Nun heißt es den Kahn gegen 10 Knoten Strömung zurück in die alte Position zu drehen, frau drückt von anderem Steg aus dem Rumpf ab. Ganz langsam bewegt sie sich in die gewünschte Richtung. Mittlerweile ist auch der Tankwart aufgestanden und mit vereinten Kräften liegt der Kahn dann wieder an Ort und Stelle, nur diesmal mach ich ihn fest, als ich den Festmacher zu fassen bekomme. Unsere „Zugseil“ wird dann gleich als Vor- und Achterspring verwurstet. Puh, Schwein gehabt.
Passiert ist sonst nix, keine Delle am Rumpf, nicht mal ein Kratzer. Ich fisch noch das Stromkabel aus dem Wasser, und stöpsele es wieder ein und schalte den Strom ein, die Sicherung am Stromanschluss auf dem Steg hat ja den Strom abgeschaltet, als das Kabel baden ging. Zurück an Bord den Schalter für die Netzwahl wieder umgelegt, Mikrowelle hat wieder Saft, also alles in Ordnung. Nun noch die Standheizung. Wieder blauer Rauch und als sie warm gelaufen ist, ist der Rauch auch nicht mehr blau, dafür puste ich nun blauen Dampf aus, auf den Schrecken hin. Frühstück ist erst danach angesagt und pünktlich legen wir ab. Schon mal in einer Strömung von 10 Knoten vom Steg abgelegt? Wir jedenfalls nicht, aber irgendwie passt Theorie mit der Wirklichkeit zusammen und ohne Schrammen, Kratzer und weiterer Kollisionen legen wir ab. Auch kein Getriebe beschwert sich, in der Ruhe liegt die Kraft.
Nun muss nur noch das Wetter besser werden. Nach hinten, also westlich zur Malaspina Strait sieht es ja sonnig aus,
nach vorne hüllen sich die Berge noch in Wolken.
Es kann nur besser werden. Mit 6 Knoten Fahrt geht es nun Richtung unserem Ziel des heutigen Tages: Prinzess Louisa Inlet. Bis 15:00 müssen wir dort sein um das kleine Zeitfenster, Slack Tide, für die Malibu Rapids zu erwischen. Schaffen wir das nicht, so haben wir ein Problem, denn dann müssen wir den ganzen Weg nach Egmont zurück, den die Inlets sind sehr tief und fallen steil ab, schon 2 Meter vom Ufer, hat es über 20 Meter. Der Jarvis Express (Fallwind aus den Bergen) hat heute wohl Ruhetag, es ist völlig windstill. Bläst, soll es einem die Socken von den Füßen ziehen. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, das man sich auf einem Bergsee befindet. Würden nicht Robben vorbeikommen und bestätigen, jawohl, wir sind immer noch auf dem Meer.
Nachdem wir die Vancouver Bay im Prince of Wales Reach passiert haben, wird es voll auf dem Wasser, starker Gegenverkehr.
Am Ende vom Reach kommt uns dann die gesamte Sunsail Flotte der Vancouver Basis entgegen, die hatten also Egmont Marina belegt! Ein deutsches Seglerforum hat die alle gechartert, wie wir später erfahren.
Als uns die Armada passiert hat, macht das (der?) Inlet wieder einen 90° Knick, führt nach Ost und nennt sich nun Princess Royal Reach. Wir liegen gut in der Zeit und so reduzieren wir die Fahrt auf nur noch 5 Knoten.
Nach 8 Meilen ändert es wieder um 90° die Richtung und den Namen, nun sind wir auf dem Queens Reach. Der gestrige Regen und in der heutigen Nacht sorgt für zahlreiche Wasserfällchen an den steilen Berghängen, ja es sieht so aus als hätten die Berge die Wolken aufgeschlitzt und die Fälle kommen direkt aus den Wolken.
Gegen 14:30 erreichen wir die Malibu Rapids. Ein grandioser Anblick wie über den Rapids auf der Halbinsel die Malibu Lodge liegt. Als rustikales Ressort für Hollywoodstars während des 2. Weltkriegs erbaut stand es danach lange leer, bis Young Life, eine christliche Organisation es in ein Sommercamp für Jugendliche verwandelte. Für US Jugendliche, Kanadier kennen keine Sommercamps. Das Princess Louisa Inlet, das seinen Namen nach der Mutter von Queen Viktoria erhielt, wurde von eiszeitlichen Gletschern gegraben und sein Eingang wird von 2000m hohen Bergen bewacht. Das Wasser des Inlets ist sehr tief und wunder friedlich. Die Indianer nannten es Suivoolot Chinook – Sonnig und warm. Wenn mit warm das Wasser gemeint war, nun das ist relativ, heute sind es 14.5°, ich nenn das eisig.
Wir drehen Kreise und machen „Bilder“. Da wir ja zu früh da sind, frag ich mal höflich auf Kanal 16 an ob wir schon passieren können. Ob wir das Motorboot sind? – Nee, die Yacht. – Oh, dann müssten wir noch mindestens 15 Minuten warten. Na denn. 15 Minuten später tasten wir uns langsam vor. Man kann ja nicht einfach geradeaus fahren, sondern man fährt erst einen Bogen nach rechts, und dann einen engeren Bogen nach links, wobei die Durchfahrt dabei immer schmaler wird, bis sie nur noch 2-3 fache Bootsbreite beträgt. Immer schneller strömt das Wasser vorbei. Wieder so ein merkwürdiges fahren, als wenn man auf einem Topf heißen Wassers unterwegs ist. Wo es noch breit genug ist, drehen ich erstmal noch einmal ab. Zweiter Anlauf. Wieder taste ich mich langsam vor. FULL SPEED schreit einer von oben und ich drücke den Gashebel nach vorne. Der Druck auf dem Ruder wird besser, um uns rum brodelt es und vor uns ragt eine Wassertreppe auf. Die Felsen treten immer näher zusammen, als könnte man sie mit Händen greifen, wenn man an der Reling steht, der Kahn schlingert und giert und dann isser durch und das Princess Louisa Inlet empfängt uns mit spiegelglattem Wasser. Huiii, puh, geschafft. Gemächlich tuckern wir nun durch das Inlet Richtung Chatterbox Falls an seinem Ende, ungefähr 4 Meilen von den Rapids entfernt. Dort ist ein Steg des Chatterbox Marine Parks. Auf halber Strecke kommen wir an der Mac Donald Insel vorbei, dort gibt es 6 Moorings, aber alle sind frei. Kurz darauf erreichen wir das Ende des Inlets aber der Steg ist belegt und mit Heckleine zum Ufer wollen wir nicht. Also das kleine Stück zur Mac Donald Insel zurück und an einer Mooring festgemacht. Motor aus, wir sind angekommen. Die Insel hat ihren Namen nach James F. „Mac“ Macdonald. Er kaufte 1927 das Inlet der BC Regierung ab. Sein Traum war es die Schönheit des Fleckchens für sich und zukünftige Generationen zu bewahren. Dieser friedliche wunderschöne Ort solle niemals nur einem gehören, sagte er mal. 1964 wurde Princess Louisa Inlet dann endlich der Princess Louisa Marine Park und eine gemeinnützige Stiftung übernimmt die Verwaltung.
Man soll Schwarzbären auf der Insel sehen können, wie auch immer, ich spring erstmal ins Dinghi, rudere zum kleinen Badeanleger am Ufer und lichte erstmal unseren Liegeplatz ab. Von Bären keine Spur. Frau, winkt, Abendessen ist fertig, also wieder zurück gepaddelt.
Nachts trommelt es, nein nicht die Indianer, sondern der Regen aufs Dach, äh Deck. Das kann ja morgen heiter werden.