10. Tag / Sonntag, 29.05.2005Guten Morgen Canada!
Der strahlende Sonnenschein wird wirklich zur Gewohnheit.
Wir wollten uns ein schöneres Plätzchen zum Frühstücken suchen, überquerten den Highway und fuhren einige Meter(!) in die Seitenstraße hinein.
Genau das hätten wir schon gestern Abend machen sollen.
Noch um ein Haus herumgefahren und wir standen – natürlich an einem See.
„Wieder eine Aussicht, für die man bei uns jederzeit hätte Eintritt verlangen können. Und auch bekommen hätte!“ Soweit das Zitat aus unseren spärlichen Reisenotizen.
So macht doch das Frühstück erst richtig spaß.
Den Einheimischen beim slippen ihrer kleinen Motorboote zusehen und dabei einen knusprigen Toast, dick belegt mit gekochten Schinken, knabbern. Unser Outdoor-Toaster hatte sich schon mehr als bezahlt gemacht.
Wenn man sah, wie geschickt und schnell die ihre Boote zu Wasser ließen, dann wusste man, die machten das mindestens jedes Wochenende.
Bestimmt wollten alle jetzt zum Angeln raus fahren.
Wir hatten sowieso schon den Eindruck gewonnen, 90% der Canadier würden sich ausschließlich von selbstgeangelten Fisch ernähren.
Überall und zu jeder Zeit sah man irgendwo einen Angler. Männer, Frauen, Junge Alte – alles war vertreten. Wir bekamen langsam Komplexe, weil Angeln nicht unser Ding war.
Hätten aber viel Geld bei der Verpflegung gespart.
Wir rissen uns los und gingen wieder auf „unsern“ Highway 11 Richtung Norden.
In New Liskeard wollten wir nach Westen auf den 65 abbiegen. Taten wir aber nicht. Da hatten wir wohl etwas geträumt und die richtige Ausfahrt verpasst
(sollte aber das einzige Mal auf der Reise bleiben).
Es war ja Sonntag und auf den Straßen nichts los.
Nach einigen Kilometern änderte sich die Landschaft total.
Landwirtschaft prägte jetzt das Bild. Wiesen wechselten sich mit – jetzt nur noch kleinen – Waldstücken ab. Ab und an standen sogar Kühe auf den Wiesen.
Der nächste Ort, der aber nur aus einer handvoll Häusern bestand hieß Kenabeek. Dann kam über 40 km gar nichts mehr.
Trotzdem kam uns hin und wieder ein Pickup entgegen. Die Insassen hatten sich immer „fein gemacht“. Waren bestimmt auf dem Weg zur Kirche. Was dafür für Strecken in Kauf genommen wurden.
Plötzlich sagte meine Frau: „Entweder war das eben ein schwarzer Stein oder
ein Bär.“ Na, das wäre es ja. Das lohnte sich doch umzudrehen und nachzusehen.
Erst mal eine Möglichkeit finden, um unser 7,50 m langes Haus auf Rädern zu wenden.
So, jetzt zurück und die Wiese suchen.
Gar nicht so einfach. Es sah irgendwie alles gleich aus. Immer abwechselnd, Wiese und Wald.
Prompt fuhr ich fast daran vorbei.
Vorsichtig bremsen, damit die Teller nicht aus dem Schrank fliegen und vor allem, damit der Schwarzbär, der auf der Wiese am Waldrand stand sich nicht erschreckte.
Ein Bär in freier Wildbahn. Wir waren völlig aus dem Häuschen.
Meine Frau machte den Fotoapparat klar. Und ich machte den entscheidenden Fehler.
Um ihr eine bessere Fotoposition zu ermöglichen legte ich den Rückwärtsgang ein und setzte den Wagen zurück.
Der Schwarzbär erhob sich in voller Größe, brummte einmal laut und lief in den Wald.
Ich hatte völlig vergessen, dass unser tolles Wohnmobil beim Zurücksetzen einen Warnton von sich gab, um Personen, die sich im toten Winkel hinter dem Wagen befanden zu warnen.
Jetzt hatte es den Bären gewarnt. Ich war sauer auf mich.
Egal, wir hatten ihn ja gesehen. Ein Schwarzbär in freier Natur. Das hatten wir nicht zu hoffen gewagt. Und wenn, vielleicht im Algonquin Park. Aber hier?
Nur ein vernünftiges Beweisfoto hatten wir eben nicht. Lediglich ein ganz persönliches „Bärenfoto“, das wir aber nicht öffentlich zeigen, weil man nur einen schwarzen Punkt auf der grünen Wiese sieht.
Aber wir wissen es ja – das war der Bär. Einige Kilometer vor Elk Lake.
Der Ort war ja noch kleiner und noch toter als der vorangegangene. Dabei hatten wir gerade beschlossen, dass etwas Toast gut zu unserem Abendessen passen würde. Mal sehen, vielleicht hatten wir in Gowganda, das ca. 50 km vor uns lag, Glück.
Tatsächlich, Gowganda war zwar auch nicht viel größer, aber hier konnte man am Sonntag um 11.00 Uhr in einem General Store einkaufen. Deutschland muss noch viel lernen!
Hier gab es nicht nur Kitsch und natürlich Angelausrüstung (der Ort lag schließlich am Gowganda Lake) sondern auch einige Lebensmittel. Vor allem auch Toast.
Richtig erstaunte uns aber die Ecke, in der wirklich schöne (und preisgünstige) Fleeceteile hingen.
Alle natürlich mit aufgesticktem Namen: GOWGANDA
Wir stellten uns das für Deutschland vor (was eigentlich unmöglich ist, weil es hier in Orten dieser Größe überhaupt keinen Laden mehr gibt, auch keinen „Tante-Emma-Laden“). Da würden dann Sweatshirts hängen mit DUMSDORF oder BÜTTENWARDER. Unglaublich.
Leider konnten wir nichts kaufen, weil wir sonst beim Rückflug Übergepäck gehabt hätten.
Mich faszinierte daher jetzt ein Schild im Laden
„Motorboat Rental“ Da konnte man doch mal fragen.
Nach kurzen Preisverhandlungen saßen wir in einem flachen Aluminiumboot mit drei Sitzen und Außenborder.
Schnell bekamen wir noch eine kopierte Karte vom See in die Hand gedrückt, damit wir auch wieder zurück finden.
Schon flitzten wir über das Wasser. Der Motor mit seinen geschätzten 20 PS verlieh dem flachen Boot ganz schön Geschwindigkeit.
Als die Basis außer Sicht war hatten wir wieder das Problem, das wir schon vom Paddeln kannten. Am Ufer sah alles gleich aus. Nur Wald, Wald, Wald. Und die Inseln waren auch nicht immer als Inseln zu erkennen.
Eine kleine Abwechslung hatten wir wenigstens, als uns ein Motorboot mit richtig Speed entgegenkam. Die kamen bestimmt vom – richtig, vom Angeln natürlich.
Es war einfach nur geil Nach zwei Stunden waren wir wieder zurück. Das war auch gut so, weil sich am Himmel beängstigend dunkle Wolkenberge auftürmten.
Für 28,50 Dollar ein gigantisches aber günstiges Vergnügen (= 18,- EURO für 2 Stunden, dafür bekommt man hier auf dem Maschsee gerade mal ein Tretboot geliehen).
Der nächste Blick zum Himmel ließ uns eigentlich ein kräftiges Gewitter erwarten und wir wollten lieber weiter.
An der Einmündung von der 560, auf der wir uns befanden, auf den Highway 144 war ein Parkplatz eingezeichnet. Vielleicht bot der sich ja für die nächste Übernachtung an. Das waren noch ungefähr 100 km.
Das Wetter hielt sich zum Glück.
Die Landschaft war jetzt wirklich ein Traum. Dichte Wälder links und rechts der Straße. Ab und an eine Stelle zum Slippen der Boote, denn Seen gab es weiterhin reichlich. Und die Fahrzeuge, die wir jetzt sahen, zogen fast alle einen Trailer mit Boot.
Einzelne Häuser gab es nur noch sehr selten und die nächste „Ortschaft“ (Shining Tree) nahmen wir kaum wahr.
Dann hatten wir die 144 erreicht.
Der Parkplatz auf der Westseite, als „Picnic Area“ ausgewiesen, war wie schon üblich mit einem Tor versehen und hatte das Schild ..für WoMo’s verboten.. – der auf der Ostseite war nicht eingezäunt, bedeutend größer und erinnerte schon eher an einen Autobahnparkplatz. Bis auf einen Super Travel Camper (5th Wheel), der auch noch ein Boot auf einem Trailer dahinter hatte, war er leer.
Wir wollten gerade unseren Einmal-Grill zum Einsatz bringen, als endlich der Schauer runter kam.
Die Sonne war gerade wieder vorgekommen, als ein irres Brummen unseren Wagen erschütterte. Wir dachten, zwei bis drei Propellerflugzeuge wären auf unserem Parkplatz gelandet.
Als wir raus sahen staunten wir nicht schlecht. Fünf riesige Trucks hatten uns förmlich „umzingelt“. Fast alle mit Holz beladen.
Wie klein war doch unser 25ft Wohnmobil.
Nach einer kurzen Kaffee- und Pinkelpause donnerten sie wieder los. Im wahrsten Sinn des Wortes. Jetzt wussten wir, warum der Parkplatz diese Ausmaße hatte.
Eine Straßenkreuzung mitten in der Wildnis. Mindestens 50 km von der nächsten Ortschaft, sofern man die überhaupt so nennen durfte, entfernt.
Was wir auf der Karte nicht gesehen hatten war, dass sich auch noch eine Tankstelle neben dem Parkplatz befand. Da hatte das Personal aber einen weiten Weg zur Arbeit.
Wie bereits oben zu sehen, hatten wir die 5 Riesen-Trucks fotografiert.
Die anderen, die noch in der Nacht kamen und ihre Motoren schön lange warm laufen ließen, natürlich nicht.
Wir hätten lieber in Gowganda übernachten sollen.
Hinterher ist man oft schlauer.
Fortsetzung folgt