.... Fortsetzung
2.Tag: Mittwoch, 30.11.2005Als ich um kurz nach sieben ausgeschlafen hatte und zum Fenster ging, wurde ich wenigstens angenehm überrascht: Herrlichster Sonnenschein und strahlendblauer Himmel. Genau so liebe ich DC und so macht es dann wenigstens auch Spaß, die Gegend zu erkunden. Na, für mich ist es ja eher wie ein Homecoming, aber Andrea kann all die Impressionen nun zum ersten Mal auf sich einwirken lassen.
Den ersten Schock des Tages erlebte ich in der Dusche: Eisekalt!!! Bäh!
Wer bis dahin noch nicht richtig wach war, der war es jetzt mit Sicherheit.
Nach einem kleinen Frühstück mit Muffins, Orangensaft und Kaffee machten sich Andrea und ich an die Tagesplanung. Letztendlich entschieden wir uns dazu, eine richtige Touristentour zu den ganzen Sights mit der Old Town Trolley Tour zu machen. Der Vorteil dieser Trolleytour war, daß man jederzeit ein-und wieder aussteigen konnte und auch Ecken von DC mit im Programm hatte, die man normalerweise nicht auf der Route hat. Irgendwie begeisterte mich das immer mehr und wir wollten die Metro zur Union Station nehmen, um uns dort die Tickets zu holen.
Im Aufenthaltsraum kam dann der nächste Schock: Während wir beide am PC saßen und für kurze Zeit im Internet herumsurften, kam plötzlich ein Polizist hereingestürmt, schaute sich um und fragte: "Did you call the police? We got a call from here!"
Ich kann gar nicht genau beschreiben, wie blöd ich in dem Moment wirklich geguckt habe, aber es muß sehr blöd gewesen sein. Den anderen Anwesenden im Raum ging es sicherlich nicht anders. Ich erklärte dem Officer, daß ich nicht wüsste, woher der Anruf kam, er sollte doch mal an der Rezeption nachfragen. Dann sprach er etwas in sein Funkgerät und war kurz darauf wieder verschwunden. Komische Geschichte.
Kurz darauf gingen wir dann auch los. An der Metro Center Station kaufte ich mir erst einmal für 10 Dollar eine Multiple Use Farecard für die Metro, damit kann man so lange fahren, bis der Betrag aufgebraucht ist.
Mit der Redline fuhren wir zur Union Station, einem der schönsten Bahnhöfe die ich kenne. Der Bahnhof selbst konnte schon in einigen Spielfilmen bewundert werden und der Beaux Art Baustil ist wirklich beeindruckend. Alleine dieser weiße Granitstein und die riesigen hohlen Decken. Ein paar Läden gab es dort auch sowie ein Food Court. Da wir dort an einem Buchladen vorbei kamen, wurde ich erst einmal wieder schwach. Neben den obligatorischen Ansichtskarten konnte ich auch schon gleich Bücher von meiner Liste streichen, die ich hier nun fand. Dann ging es zum Ticketschalter und für 28 Dollar hielten wir diese dann in den Händen. Draußen vor dem Bahnhof wurde die Zeit erst einmal genutzt, um die ersten Fotos zu machen.
Ebenfalls vor dem Bahnhof befand sich eine Nachbildung der Liberty Bell in Philadelphia, nur wurde sie hier Freedom Bell genannt.
Dann bestiegen wir den nächsten Bus und ließen uns nun durch Washington kutschieren. Vorbei am Capitol und runter zur National Mall, immer mit ausführlichen Kommentaren unserer Fahrerin Jazzy Jane, die immer die eine oder andere interessante Geschichte über die Sights zu berichten hatte. Am Besten aber waren die Quizfragen, die sie uns stellte. Und wer richtig antwortete, wurde damit belohnt, daß sie einmal ausgiebig eine Glocke läutete. So langsam fand ich immer mehr Gefallen an der Tour. Wir hatten uns schon vorweg darauf geeinigt, nur an der National Cathedral und in Georgetown auszusteigen und ansonsten die Tour zu fahren und uns dann bestimmte Highlights für den nächsten Tag herauszupicken.
Nach einer Weile erreichten wir dann auch den Stadtteil Cleveland Park, benannt nach dem ehemaligen Präsidenten Grover Cleveland und sehr bald kam die imposante National Cathedral in Sicht. Erst 1990 wurde sie nach 80 jähriger Bauzeit fertigegestellt und ist nach der St. Patricks Cathedral in New York die zweitgrößte in den USA und immerhin noch die sechstgrößte weltweit.
Hier bemerkte ich auch so richtig, daß es heute merklich kälter war als gestern, denn der Wind hatte enorm aufgefrischt. Man kann halt nicht erwarten, Ende November ständig nur im T-Shirt herumzulaufen.
In der Kathedrale angekommen, war ich erst einmal gespannt auf das Weltraumfenster, in dessen Mitte sich sogar ein Stück Mondgestein von der Apollo 11 Mission befinden sollte. Schnell hatten wir das Fenster ausfindig gemacht und ich fand es schon cool, so ein weltliches Thema wie die Raumfahrt in einem Kirchenfenster mit einzubauen.
Leider fand ich erst ein paar Tage später heraus, wie ich die Einstellungen meiner Kamera manuell für meine Bedürfnisse einstellen konnte. Na ja gut, dumm gelaufen. Wir schauten uns dann noch eine Weile in der Kathedrale um und stellten fest, dass man sogar mit einen Aufzug in den Glockenturm fahren konnte. Aber irgendwie haute das zeitmäßig nicht mehr ganz hin, was ich sehr schade fand. Bestimmt muß der Ausblick von dort über Washington sagenhaft sein und ich habe mir fest vorgenommen, das bei meinem nächsten Besuch nachzuholen. Wieder im Trolleybus ging es nun an der Residenz des Vizepräsidenten vorbei zur Embassy Row. Und wirklich reihte sich eine Botschaft nach der anderen aus aller Herren Länder aneinander. Sehr bald erreichten wir Georgetown und stiegen am Stop direkt am Shopping Center Georgetown Park aus. Wie passend! Erst einmal erkundeten wir die Mall der gehobenen Klasse und schauten mal hier und da. In einem T-Shirt Laden, der ebenfalls Souvenirs hatte, wurde ich dann fündig und erstand ein Shirt, wo Bush sowie eine riesige Aufschrift mit Dumb and Dumber rauf zu sehen war. Hm, hier in Washington werde ich das wohl nicht anziehen können, aber für zu Hause nicht schlecht.
Ebenfalls fiel mir ein Buch in die Hände, was nicht mehr verlegt wurde und ich schon ne Weile suchte. Leider hatte es ein schon recht mitgenommenes Deckblatt, aber ich konnte letztendlich noch 40% Rabatt rausholen.
Dann war erst einmal Essen angesagt, denn es war schon längst über die Mittagszeit hinaus und mein knurrender Magen erinnerte mich wieder daran. Ich entschied mich für ein Philli Cheese Steak, absolut delikat. Und auch Andrea probierte sich erst einmal durch diverse Salate und Beilagen. Gut gestärkt liefen wir dann ein wenig in Georgetown herum.
Unter anderem sahen wir das Old Stone House, das älteste Gebäude von gnaz Washington, eine Häuserreihe, die als Wheatley Row bekannt wurde sowie das Jackie Kennedy House.
Ich finde ja die Häuser in Georgetown unheimlich toll und konnte gar nicht genug davon bekommen. Und auch die alten Straßen, man kam sich doch beinahe vor wie im letzten Jahrhundert.
Nach diesem kleinen Rundgang durch Georgetown gingen wir noch in eine Baglery und holten uns einen Cream Cheese Bagel, den wir mitnahmen. Was duftete der gut, und warm war der auch noch. Aber ich wollte mir den für später aufheben.
Nun warteten wir wieder auf den nächsten Trolleybus und setzten uns solange noch ein wenig in die Sonne, die schon den ganzen Tag so herrlich auf uns herabschien. Auf jeden Fall bin ich voll und ganz für gestern entschädigt worden. Spontan entschlossen wir uns nun doch dazu, beim Weißen Haus noch einen weiteren Stop einzulegen. Am LaFayette Park an der Nordseite stiegen wir dann aus und gingen nun zielstrebig zum berühmtesten Haus der Welt. Sehr schön anzusehen war auch die Statue von Andrew Jackson, besonders wenn man dann noch das Weiße Haus im Hintergrund hat.
Der einzige Nachteil war die tiefstehende Sonne, die es einem nicht leicht machte, ein halbwegs vernünftiges Bild hinzubekommen. Und dann hatten wir die 1600 Pennsylvania Ave. NW erreicht, die wohl bekannteste Adresse überhaupt. Gesperrt für den normalen Verkehr wimmelte es hier natürlich nur so vor Touristen, die alle mit ihren Nasen am Zaun klebten und versuchten, einen Blick auf die Residenz des Präsidenten zu erhaschen. Irgendwie hat es ja auch was, dort zu stehen. Mir persönlich gefällt ja die Südseite besser.
Wir machten ebenfalls die obligatorischen Fotos und gingen dann langsam los, um die andere Seite zu besichtigen. Von der 15th Street Nw hatte man einen wundervollen Blick herunter zur Pennsylvania Ave, die sich wie ein langes Band bis zum Capitol zog.
Und dann standen wir beim South Lawn. Man musste sich beinahe einen guten Platz zum fotografieren erkämpfen, denn unzählige Schulklassen bevölkerten den Bereich.
Seit 1800 hat ja jeder Präsident dieses Gebäude für mindestens vier Jahre sein Zuhause nennen können und irgendwie übt es eine ganz besondere Anziehungskraft aus. Leider kann man noch immer nicht hinein und die wenigen Touren, die es bis jetzt wieder gibt, sind Amerikanern vorbehalten, die diese nach monatelanger Wartezeit auf Anfrage ihres Repräsentanten dann machen können. Zu mehr als der Fall Garden and Grounds Tour hat es bei mir auch noch nicht gereicht, aber ich hoffe ja, irgendwann wird sich das mal wieder ändern.
Auf dem Weg zurück zum LaFayette Square kamen wir auch am Blair House vorbei, der offiziellen Gästeresidenz für Besucher des Präsidenten.
Selbst Tony Blair hatte schon im Blair House übernachtet, wie passend.
Nachdem wir nun den Trolleybus wieder bestiegen hatten, fuhren wir zum letzten Stop für heute am Ford Theater- Dort gab es ein großes Visitor Center mit jeder Menge Souvenirs und wir deckten uns ein wenig mit Mitbringseln ein für Freunde und Familie zu Hause. Nach diesem langen Tag mit vielen Sights und Infos waren wir erst einmal froh, wieder in der Jugendherberge zu sein. Den Abend verbrachten wir dann mit Karten schreiben und ich später noch mit Fernsehen, ehe ich dann auch zu müde war und schlafen ging.
Ich hoffe, ihr habt einen ersten kleinen Eindruck von Washington gewinnen können und begleitet mit dann morgen auf der Tour zum Capitol und Arlington National Cemetary. Auf jeden Fall sind bequeme Schuhe angebracht, denn es werden schon einige Kilometer zusammen kommen.