31. August 09 Yellowstone: Die Nordschleife
Nach einer kalten Nacht erwachten wir leicht fröstelnd. Schnell schalteten wir die Heizung an. Nachdem es warm geworden war, krochen wir aus den Betten und frühstückten rasch, denn wir hatten heute einiges vor. Wir wollten heute die Nordschleife fahren und im Canyon Village übernachten. Dabei standen die Tower Falls, Mammoth Hot Springs und das Norris Geyser Bassin auf dem Programm. Und natürlich hofften wir wieder auf viele Tiersichtungen. Es soll ja so etwas wie eine Bison-Garantie hier geben... und es wurde ein Hammertag!
Wir fuhren zügig nach Norden, vorbei an Bridge Bay und Fishing Bridge. Etwas später würden wir dann aufgehalten. Bisons. Mitten auf der Straße! Ein Bild wie aus einem Werbeprospekt:
Aus Sicherheitsgründen soll man ja nicht aussteigen, wenn einem Bisons den Weg kreuzen. Natürlich hielt sich niemand daran. Auch ich stieg aus, ließ aber die Fahrertür offen und hielt noch einigermaßen Abstand. Nicht so die Leute aus dem Bus. Plötzlich gab eines der Tiere ein nervöses Brummen von sich. In Nullkommanix war die Straße menschenleer und der Bus wieder voll!
Am Hayden Valley warteten schon die nächsten Bisons.
Schon nach kurzer Zeit hatten wir so viele Büffel gesehen, dass wir wegen ein paar Bisons am Straßenrand nicht mehr extra anhielten.
Mud Vulcano und die Yellowstone ließen wir aus, denn die waren für den nächsten Tag vorgesehen. Der Himmel wurde nun immer düsterer. Die Fahrt über den 2700 Meter hohen Dunraven Pass zog sich.
Nächster Stopp war an den Tower Falls. Ein kurzer, bequemer Fußweg führte hin. Schön, aber nicht wirklich beeindruckend.
Danach machten wir einen Abstecher ins Lamar Valley, das als eines der besten Spots für Tierbeobachtungen im Park gilt. Die beste Zeit für Tiersichtungen sind ja die frühen Morgen –oder Abendstunden. Wir waren aber mittags da, dementsprechend gering war die Ausbeute. Ein paar Kraniche in ziemlicher Entfernung zur Straße (nicht im Bild festgehalten) und natürlich auch Bisons, ebenfalls in ziemlicher Entfernung, wie auf dem Bild zu sehen:
Gefunden? Dann geht’s weiter zu den Mammoth Hot Springs.
Am Hauptquartier der Parkverwaltung war mehr Wild zu sehen als Menschen:
Wie alle Sehenswürdigkeiten waren auch die Mammoth Hot Springs durch Spazierwege gut erschlossen. Viele der Terrassen waren jedoch vertrocknet und hatten viel von ihrer alten Pracht verloren.
Dennoch ist Mammoth mit den Sinterterassen unbedingt einen Besuch wert, denn das Thermalfeld unterscheidet sich doch ziemlich von den anderen vulkanischen Erscheinungen im Park. Lediglich an der Main Terrace war noch richtig viel los. Plötzlich prasselte ein Regenschauer über uns herunter. Die Regenjacken hatten wir natürlich im Womo gelassen, so dass wir zunächst unter einem Baum Schutz suchten. Als der Regen etwas nachließ, gingen wir dann an die Besichtigung. Das Zusammenspiel der bunten Quellen mit dem finsteren Regenhimmel schufen eine phantastische, surreal anmutende Atmosphäre.
Weiter ging zum Norris Geyser Bassin. Wir liefen zunächst ins Back Basin, wo sich der Staemboat Geyser befindet. Er ist der größte aktive Geysir der Welt. Bei seinen Ausbrüchen schießt das Wasser über 100 Meter in die Luft. Dumm nur, dass die Ausbrüche nur alle Jubeljahre statt finden. So lange wollten wir nicht warten, und beließen es mit dem Blick auf den auf kleiner Flamme vor sich hinköchelnden Geyser. Das heißt, dass Wasser schoss vielleicht 1,5 Meter in die Höhe, immer noch ein sehenswerter Anblick.
Am Porcelain Basin begnügten wir uns mit einem Überblick.
Unsere Campsite im Canyon Village lag in einem schmalen Loop mitten im Wald. Wir hatten eine Pull-Through-Site neben einem jungen Pärchen aus Chicago und einem etwas älterem Paar vom Lake Tahoe, das Hunde dabei hatte. Nach dem Essen, es wurde schon langsam dunkel, tollten die Kinder herum, spielten Fangen und Verstecken.
Derweil brachte ich den Müll weg. Als ich ihn eingeworfen hatte, lief ich nichtsahnend der verlassenen Straße entlang. Plötzlich entdeckte ich gut 50 Meter vor mir einen großen dunklen Fleck aus dem Wald kommen.
Drei Gedanken schossen mir blitzartig durch den Kopf:
1. Ein Bär!!!
2. Der läuft genau in unseren Loop!!!!!!!
3. Mist! Die Kinder rennen draußen herum!!!!!!!!!!!
Dann tat ich das, was man auf keinen Fall tun soll, wenn man einem Bären begegnet. Ich rannte was das Zeug hielt. Völlig außer Atem kam ich an unserer Site an und berichtete, dass ein Bär auf dem Weg ist. Simone und die Kinder verzogen sich ins sichere Womo, während ich den Amerikaner neben uns Bescheid gab.
Sie fragten mich, ob es ein Schwarzbär oder ein Grizzly wäre. Na, da hatte ich vor Schreck natürlich nicht drauf geachtet. Das ältere Paar schloss erstmal die Hunde weg. Dann taten die 4 Amerikaner das, was man von guten Amerikanern in dieser Situation erwarten darf!
Sie zückten ihre...
Colts oder Gewehre? Nö.
Kreditkarten? Nö, auch Fehlanzeige.
Nein, sie zückten ihre Kameras und gingen dem Bären entgegen.
Ich meinte zu Simone in der Hoffnung auf ein tolles Bärenbild, wir könnten doch mit dem Womo eine Runde um den Loop fahren. Doch meine Frau, übrigens die besorgteste Ehefrau der Welt, ließ das Fenster herunter, reichte mir den Foto raus und erklärte lapidar: „Geh doch mal mit!“
Also ging ich tapfer mit den Amerikanern mit. Und wo war der Bär?
Er lief den schmalen Waldstreifen zwischen dem Loop entlang. Es war ein Schwarzbär. Ein wunderschönes Tier mit glänzendem schwarzen Fell, gut genährt und nicht so zerzaust, wie die Exemplare, die wir im Seqouia und im Yosemite gesehen hatten. Leider war es schon ziemlich düster und der Bär bewegte sich recht schnell, so dass es unmöglich war ein gutes Bild zu schießen.
Die Amis taten im Übrigen das, was man machen soll: Sie riefen laut. Als dann noch der Motor eines Autos neben dem Bären aufheulte, ergriff das Tier die Flucht. Im Endeffekt hatte das arme Tier viel mehr Angst gehabt als wir. Schnell war er verschwunden und ich schlug angesichts seines Tempos drei Kreuze. Nicht auszudenken, wenn er mich zu Beginn verfolgt hätte. Ich hätte nie und nimmer eine Chance gehabt.
Als der Bär verschwunden war, fragte ich die Amerikaner, was sie bei einem Grizzly gemacht hätten. Sie lachten und sagten: „Dann säßen wir schon längst in unserem Motor Home. Nun fragten sie mich, ob es in Deutschland Bären gebe. Ja, es gab mal einen. So erzählte ich ihnen also die Geschichte von Bruno, dem bayrischen Problembären. Die Amis schüttelten nur ihren Kopf über die Reaktion der bayrischen Behörden. Im Laufe des Abends entspann sich noch eine angeregte Unterhaltung.
Jetzt gab es nur noch ein Problem zu lösen, denn die Kinder waren nach dieser Begebenheit etwas ängstlich. Erst als Simone erklärte, es wäre noch ein ganz junger Bär auf der Suche nach seiner Mama gewesen, trauten sie sich wieder im Wald spielen, als wäre nicht geschehen.
Doch, etwas ist geschehen:
Wir sind seit diesem Tag absolute Yellowstone-Fans!
Harald